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Die beiden Boten

Volkssage.

Ging einst ein Bote über Land,
Bei nächt'ger Sterne Funkeln,
Es war sein Weg ihm wohl bekannt,
Er hat den sichern Stab zur Hand,
Und graut ihm nicht im Dunkeln.

Frisch naht er sich dem finstern Wald
Und schreitet rasch im Düstern,
Wo keines Sängers Weise schallt,
Wo einsam nur sein Fußtritt hallt
Und leis' die Wipfel flüstern.

Da glaubt er, nah am schilf'gen Moor
'nen Wandrer zu erblicken.
Er steht – er horcht – er spitzt das Ohr
Da tritt er hinterm Baum hervor,
Winkt mit vertrautem Nicken.

»Grüß dich!« – so ruft's ihm freundlich zu –
»Laß dir vor mir nicht grauen!
Bin auch ein Bote, so wie du,
Früh auf, früh auf, spät erst zur Ruh,
Stets unterwegs zu schauen!« –

»›Bist du ein Bote, so wie ich,
Und soll mir nun nicht grauen,
So sag mir an, wer sendet dich?
Wie heißt dein Ort, dein Name? Sprich,
Dann will ich dir vertrauen.‹«

Der Fremde drauf: »Ich bin gesandt
Von dem, den Alle kennen,
Die Heimath mein heißt Ruheland,
Mein Name klingt: aus Gottes Hand!
So magst du auch mich nennen.»

Der Bote denkt: »›Gar wundersam
Klang wohl, was ich vernommen,
Doch was von seinen Lippen kam,
War christlich, wie sein eigner Nam',
Mag wohl der Seele frommen!‹«

Sie gehen schweigend ihren Gang,
Bis sich die Wege theilen.
Dem Boten wird so ahnungsbang,
Als jetzt der Fremde spricht: »Entlang
Des Bachs dort muß ich eilen.

Allein mein Werk ist bald verricht't,
Wo ich bin, gilt kein Säumen.
Auch du, mein Bote, zaudre nicht,
Vollbring' die aufgetragne Pflicht,
Dann darfst du ruhn und träumen!«

Und leise wandelnd, gleitend schier,
Wie West ob Blumenbeeten,
Sieht dort aus niedrer Hüttenthür
Und aus Palastes Pforten hier
Der Bot' ihn ruhlos treten.

Und als nun wieder kommt die Nacht,
Schon tief die Schatten sinken,
Der Bote all sein Werk vollbracht,
Und heimwärts schon sich aufgemacht,
Sieht er den Fremden winken.

»Da bist du ja, du treues Blut,
Nun darf ich mich entdecken;
Du thust dein Werk in frommem Muth,
Dafür erschein' ich mild und gut
Dir heut – darfst nicht erschrecken.

Sieh mir in's Auge! Kennst du mich?
Ich bin der Freund der Müden.
Nach Tageshitze kühl' ich dich
Mit leisem Fittig sänftiglich,
Weh' dich in Schlaf und Frieden!«

Da leuchtet's auf wie Morgenroth;
Der Bote, voll Verlangen,
Ruft laut: »›Du Erdenlust und Noth,
Leb' wohl!‹« – sinkt nieder und ist todt!
Doch lächeln Mund und Wangen.

Millitz


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