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22.

Dort weiter draußen braus't das Meer,
Und wagst Du Dich vom sichern Ufer ab,
Reißt Dich der Strom in seine graue Weiten.

Grillparzer.

»Ihr müßt wissen,« begann der Lombarde, »daß es dem Antonio Bandini nicht immer so gut ging, wie jetzt. Noch vor wenigen Jahren hatte er nur einen sehr kleinen Stand auf der Messe, den er auf dem Rücken in der Welt herumtragen konnte und von dessen Gewinn er kärglich sein Leben fristen mußte. Jetzt ist es freilich anders und ich kann es nun, was Geld und Gut betrifft, mit Meister Auffenthaler und selbst mit manchem Herrn der Hansa aufnehmen. Die Thorheit der Menschen hat mich reich gemacht. Die Lust nach Palästina zu wallfahrten und dort sein Leben und seine Haut zu Markte zu tragen oder in einem andern Falle als ein Sklavenhund mit Füßen getreten zu werden, ist vorübergegangen; die blutigen Streite der Guelfen und Ghibellinen haben ihr Ende gefunden, und während der Kriegsteufel nur in einzelnen Ländern noch wüthete, mußte man in andern, wo die Menschenjagd aufgehört hatte, auf weitern blutigen Zeitvertreib sinnen. Da kam die Falkenbeize und der Falkenstaat an die Tagesordnung. Kein zartes Fräulein, kein Junkerlein wurde nun gesehen, ohne den harten Wildlederhandschuh und den stattlichen norwegischen oder gar isländischen Falken auf der Hand. Wohl an zwei hundert Goldgulden zahlte man für ein solches Thier. Ich habe Rittersmänner gesehen, die für einen weißen Edelfalken Hab und Gut versetzten und dann noch obendrein, bei den gastlichen Falkenbeizen, von den Krallen des Vogels fasernackt gerupft wurden. Doch was erzähle ich davon? Das wißt Ihr so gut, wie ich, und könnt Ihr täglich noch sehen. Aber wie ich reich wurde durch diese neue Thorheit; das sollt Ihr jetzt hören. Ich habe einen jüngern Bruder, Anselmo mit Namen. Er wurde bei uns zu Hause nur immer der tolle Anselmo genannt, denn er wollte nichts lernen und sich zu keinem Geschäfte anlassen, er hatte nur sein Vergnügen daran, sich auf der See und in den Gebirgen herumzutreiben. Als der tolle Anselmo ein Mann geworden war, trieb er die Sache ins Große und schwärmte so in der weiten Welt umher, wie früher auf der See und in den Bergen an unserm Heimathstrande. Er lag mir sehr zur Last, denn er verdiente nichts und ich wollte ihn doch nicht darben lassen. Da fiel mir plötzlich ein, daß die beliebte Falkenlust mir Gelegenheit biete, den tollen Anselmo nützlich zu verwenden, indem er zugleich seine Reisebegierde befriedigen konnte. Ich schickte ihn auf die Falkenjagd nach Norwegen und Island. Dort gefiel es ihm bei dem gefährlichen Geschäfte, die klugen Vögel in ihren Felsennestern zu fangen, so wohl, daß er an keine Rückkehr denken mochte. Er schickte mir die herrlichsten Edelfalken, er hat mich zum reichen Manne gemacht; aber ihm soll's auch nicht fehlen in seinen alten Tagen, denn ich theile gewissenhaft mit ihm und bewahre ihm das Seinige.«

Bandini schwieg und sah einige Augenblicke vor sich hin mit einem Ausdrucke in seinen scharfgeschnittenen Gesichtszügen, der erkennen ließ, daß er mit Wohlgefallen an den fernen Bruder denke. Dann nahm er den Becher zur Hand und rief, indem er dem Junker zutrank:

»Er soll leben, der tolle Anselmo! Wer weiß, an welcher Klippe er jetzt hängt, um einen köstlichen Edelfalken im Schlafe zu überraschen und ihn zu fangen, wie das Meer unter seinen Füßen rauscht und die gierigen Wellen nach ihm hinauflecken, wie er aber dann, wenn ihm sein Fang glücklich gelungen, nach seiner Weise wild und spöttisch in die Nacht hinaus lacht und mit einem kühnen Schwunge den festen Boden wieder gewinnt. Er soll leben denn, wahrlich! bei einer solchen Handthierung hat er wohl Noth, daß man ihm Glück und Leben wünsche.«

»Euer Bruder gefällt mir,« sagte mit lebendiger Theilnahme Friedmann. »Das ist ein kühner und ehrenwerther Bursche, der freudig das Leben einsetzt, um eine mannhafte That zu vollführen.«

»Er ist ein Thor! Es ist ein Edelmann an ihm verloren gegangen,« murmelte der Italiener halblaut vor sich hin. »Ich habe seiner nur erwähnt,« sprach er dann laut und in einem gelassenen Tone weiter, »um Euch die Ursache meines gegenwärtigen Wohlstandes zu erklären; denn die Geschichte, die ich Euch erzählen will, fällt noch in die Zeit meiner frühern Armuth, als ich noch mit gebogenem Rücken den Krämerkasten durch die Welt schleppte. Ich handelte damals mit allerlei Dingen. Meinen Hauptgewinn aber hatte ich von dem Verkaufe der Salben und Arzneimittel, die ich selbst verfertigte. Lächelt nicht so spöttisch, edler Junker! In meiner Jugend habe ich mich mehrere Jahre lang bei einem berühmten Arzte in Salerno aufgehalten und bin diesem in der Zusammensetzung seiner heilbringenden Medicamente fleißig zur Hand gegangen. Kurze Zeit vor seinem Tode, den er auf eine wunderbare Weise fand, bei der Verfertigung einer köstlichen Salbe aus mancherlei giftigen Kräutern, erklärte er, daß ich, was die Mischung der Heilmittel betreffe, seines Beistandes nicht mehr bedürfe, und überließ mir nun dieses Geschäft ganz allein. Als er gestorben war, stand ich ohne Hülfe und Unterstützung in der Welt. Von dieser Zeit an begann ich jenen kleinen Handel zu betreiben, der mir viele Jahre lang meinen Lebensunterhalt sicherte. In Deutschland fand ich guten Absatz. Besonders war ich immer wohl aufgenommen am Rheine, wo die Mönche noch nicht solche Erfahrungen in der Heilkunde haben, wie in den südlichen Ländern, die an Italien grenzen. Man nannte mich einen kunsterfahrenen Mann, man mochte meine Wissenschaft leicht höher schätzen, als sie es verdiente; allein ich suchte niemand diesen Glauben zu benehmen, denn er war ja die Quelle meines ohnehin nur spärlichen Verdienstes. Beinahe wäre er auch die meines Verderbens geworden. Habt wohl Acht, Junker von Sonnenberg. Jetzt sollt Ihr die Geschichte hören, mit der ich Euch zu unterhalten versprochen habe.«

Antonio's Antlitz wurde düsterer. Er trank einen Becher Claret mit einem wilden Zuge aus und fuhr dann aufgeregter, als früher, fort:

»Die alten Griechen und Römer sollen viel von bösen oder dämonischen Geistern gehalten haben, die den Menschen, ohne daß er ein Uebel ahnen konnte, in sein Unglück oder in seinen Untergang, durch allerlei tückische Vorspieglungen, verleiteten. Ich kann nicht anders denken, als daß es ein solcher Dämon war, der mir eines Nachts zuflüsterte, am prachtvollen Hoflager des Erzbischofs von Mainz lauere großer Gewinn auf mich und wenn auch meine Arzneimittel dort keinen großen Abgang finden würden, so dürfte ich doch um so mehr auf einen bedeutenden Verkauf von Salben und Spezereien rechnen. Die Mainzer Frauen waren berühmt wegen ihrer Schönheit und ihrer Gefallsucht. Ich sah schon im Geiste meinen ganzen Vorrath verkauft und mich im Besitze einer Geldsumme, die mir in meinen damaligen Verhältnissen bedeutend erscheinen mußte. Viel Seltsames hatte ich auch von dem Erzbischof Gerhard gehört, daß er ein Held sei mit dem Krummstabe; wie mit dem Schwerte, daß er so viel Klugheit wie Falschheit besitze, so viel Ehrgeiz, wie Gewissenlosigkeit in der Wahl seiner Mittel, um jenen zu befriedigen, und eine wunderbare Kunst, in mancherlei Gestalten aufzutreten, um unmittelbar seine Absichten irgend einer Art zu betreiben. Ich war neugierig, diesen sonderbaren Mann kennen zu lernen. Diese Lust habe ich schrecklich gebüßt.«

Die Gesichtszüge des Lombarden verzerrten sich widrig bei dieser Erinnerung. Er unterdrückte aber bald die unwillkührliche Regung und setzte seine Erzählung weiter fort:

»Wie auch eine warnende Stimme in meinem Innern mich abmahnte von dem Zuge nach Mainz und mich, noch während jener schlaflos hingebrachten Nacht, oft ein unerklärliches Grauen bei dem Gedanken daran überfiel, so achtete ich doch dieser düsteren Ahnung nicht, sondern suchte sie mit Gewalt aus meiner Seele zu entfernen und machte mich in der Frühe des nächsten Morgens, mich zu frohen Hoffnungen ermunternd, auf den Weg nach dem Erzbischofssitze. Als ich dort eintraf, fühlte ich mich sehr freudig gestimmt. Der schöne Rheinstrom, an dem sich die thurmreiche Stadt hinzieht, die blauen Gebirge im Hintergrunde des jenseitigen Ufers, die Rebenhügel, wohin das Auge nur blickt, Alles erinnerte mich an Italien und ich glaubte an dem herrlichen Golf von Neapel zu stehen, dem ein wohlthätiges Wunder die Geisel der Umgegend, den feuerströmenden Vesuv, genommen hätte. Ich ging in die Mauern der Stadt ein, ich sah die freundlichen Häuser, die reizenden Frauen auf den Balconen und an den Fenstern, und die Aehnlichkeit schien mir immer größer. Aber die Hoffnungen auf bedeutenden Gewinn wollten sich, als ich schon mehrere Tage in der Stadt mich aufgehalten hatte, nicht verwirklichen. Meine Schönheitssalben fanden keinen Beifall, meine Spezereien schalt man verlegene Waare. Ein bitterer Unmuth ergriff mich, als ich bedachte, daß ich nun bald nothgedrungen die schöne Stadt verlassen müsse, um wieder auf dem Lande und in kleinen Städten die Wunde zu heilen, die der Aufenthalt in Mainz meinem Geldbeutel beigebracht hatte. Da hörte ich zufällig, daß der Liebling der schönen Mainzerinnen, der edle Meistersänger Heinrich, den sie Frauenlob benennen, weil er alle seine anmuthigen Lieder zu Ehren der Frauen dichtet und singt, an schwerer Krankheit darniederliege und daß die Mönche, die bisher ihn mit Rath und Arznei bedient, ihn nun verlassen hätten, da ihnen jede Hoffnung verschwunden wäre, den herrlichen Dichter dem Tode zu entreißen. Ich erkundigte mich näher. Ich vernahm, daß seine Krankheit in einem gefährlichen Halsübel bestehe, dessen genauere Beschreibung mir die Ueberzeugung gab, ich vermöge ihn zu retten durch ein einfaches Heilmittel, das hier zu Lande freilich nicht gekannt und nicht zu finden war, das ich aber über die Alpen mit herübergebracht hatte. Hier bot sich mir, wie ich glaubte, die Gelegenheit auf eine andere Weise in Mainz mein Glück zu machen, als ich früher gedacht hatte. Ich beschloß, sie nicht unbenutzt vorübergehen zu lassen. Ich begab mich in die Wohnung des Meistersängers. Den Hausgang und die Treppen fand ich von schönen Frauen besetzt, die weinend einander die Nachrichten mittheilten, die aus dem Krankenzimmer herab kamen und freilich betrübend genug lauteten. Nur mit Mühe drängte ich mich hindurch in das Vorgemach. Die stattlichen Kleidungen, die Perlen und Edelsteine, welche die hier versammelten Frauen trugen, ließen mich sogleich erkennen, daß ich in der Gesellschaft der edelsten und vornehmsten Mainzerinnen mich befinde. Ich trat mit ehrfurchtsvoller Verneigung vor diejenige unter diesen reizenden Gestalten hin, welche den kostbarsten Schmuck trug und überhaupt von sehr edelm Ansehn war. Ich meldete mich als einen fremden Arzt aus Salerno im Lande Italien, ich sprach von der Krankheit des Dichters, als einer mir wohlbekannten Sache und versicherte, daß ich, wolle man mir anders vertrauen, ihn mit Gottes Hülfe glücklich zu heilen gedächte. Die schöne Frau sah mich, nachdem ich meine Anrede geendigt hatte, mit argwöhnischen und prüfenden Blicken an. »Wie?« sagte sie endlich: »Ihr gedenkt zu bewirken, was den gelehrtesten Patres der Stadt unmöglich scheint, Ihr hofft den edeln Meister Heinrich dem Leben und der Sängerkunst, deren Ruhm er ist, wiederzugeben?« Auf meine bejahende Antwort entgegnete sie sanft, aber immer noch mich nachdenklich anschauend: »Es ist möglich, daß Ihr eine besondere Wissenschaft in der Heilkunst besitzt, aber – deutet mir meine Offenheit nicht übel – Ihr seid uns ein Fremder, wie können wir wagen, ein so kostbares Leben der Willkühr eines Mannes preiszugeben, den wir nicht kennen?« – Da überreichte ich ihr meine wohlerworbenen Zeugnisse von Grafen und Herrn, die mich als einen tüchtigen Arzt, dem manche wunderbare Heilung gelungen sei, beurkundeten. Ihre Augen überflogen schnell die Pergamente und ein Strahl von Freude leuchtete aus ihnen, der sich in den Blicken der übrigen Schönen widerspiegelte. Ohne ein Wort weiter zu sagen, begab sie sich mit den Zeugnissen in das Krankenzimmer. Ich blieb erwartungsvoll zurück. Nach einiger Zeit, während der ich ein Gegenstand besonderer Aufmerksamkeit für die anwesenden Frauen und Jungfrauen zu sein schien, wurde die Thüre des Gemaches, in der jene Schöne mit den Pergamenten verschwunden war, leise geöffnet, sie selbst beugte das anmuthige Köpfchen heraus und winkte mir freundlich zu, einzutreten. Ich folgte sogleich dem Gebote und stand nun in dem Krankengemache. Allenthalben war es mit einer reichen Pracht schöner Blumen, die, wie ich schon früher gehört hatte, der Dichter sehr liebte, ausgeschmückt; aber diese Blumen strömten einen sehr starken Duft aus, der einen kranken und reizbaren Mann betäuben mußte. Ich warf einen raschen Blick auf Meister Heinrich; er lag besinnungslos auf seinem Krankenbette. Zu seinem Haupte und zu seinen Füßen saßen in prachtvollen Anzügen mehrere Frauen, die sich in die Pflege des Kranken zu theilen und tiefen Kummer über seinen beklagenswerthen Zustand zu empfinden schienen. Ich sagte ihnen ohne Zögern, daß der betäubende Duft der Blumen schon allein hinreichend wäre, den schwachen Kranken zu tödten und bat sie, diese schädliche Umgebung sogleich zu entfernen. Erschrocken thaten sie im Augenblick nach meinem Verlangen, indem sie jedoch schüchterne Blicke auf den Leidenden richteten, als fürchteten sie durch diese Handlung seinen Unwillen zu erregen. Indessen öffnete ich die Fenster und ließ frische, belebende Luft in das Gemach strömen. Dann untersuchte ich den Zustand des Kranken; er schien mir allerdings gefährlich, doch nicht ohne Hoffnung. Mein sicheres und entschiedenes Benehmen hatte mir das Vertrauen der Frauen gewonnen. Sie ließen mich in Allem gewähren und betrachteten mich mit einer Art von ehrfurchtsvoller Scheu. Immer aber waren sie bedacht, dem verehrten Meister irgend einen Dienst zu leisten, indem sie seine Kissen gemächlicher zurecht schoben, sonst etwas an seinem Lager änderten oder kühlende Getränke bereiteten. Die frische Luft, von der nach und nach das Gemach erfüllt wurde, brachte auch, wie ich vorausgesehen hatte, dem Kranken seine Besinnung zurück. Er erwachte aus seiner Ohnmacht mit einem heitern Lächeln und schlug die Augen auf, diese wunderschönen blauen Augen, deren offener Blick die Liebe der Frauen und die Freundschaft der Männer gewinnen muß. Habt Ihr ihn je gesehn, Junker von Sonnenberg,« unterbrach Bandini seine Erzählung, indem eine seltsame Begeisterung ihn zu ergreifen schien, »habt Ihr ihn je gesehen, den herrlichen Mann und den Himmelslaut seiner Lieder gehört?«

»Ich kenne ihn nicht,« erwiederte Friedmann, »aber ich kann nicht läugnen, daß ich schon oft gewünscht habe, in der Nähe des hochbegabten Meisters zu sein und seine Kunst zu bewundern.«

»Ich habe ihn gesehn,« fuhr der Lombarde im Tone jener Begeisterung fort, »als einen Todkranken und er lag auf seinem Schmerzenslager, wie ein leidender Engel. Seine jugendliche Gestalt war von himmlischer Zartheit, sein reizend gebildetes Antlitz war bleich, aber nicht verzerrt, und aus den Augen sprach eine Unschuld und Seelenreinheit, die nicht auf Erden ihre Heimath haben. Ich habe ihn gesehen, als er – mit Stolz sage ich es – durch meine Hülfe genesen, als die Blüthe der Gesundheit auf seine Wangen zurückgekehrt war, und ich mußte ihn nur bewundern als den schönsten Mann, den ich je kennen gelernt, nachdem ich, während der Krankheit, ihn seiner tugendhaften und edeln Gesinnungen wegen verehren gelernt hatte. Ich habe dann auch seine wunderbaren Lieder gehört, in der Kirche vor allem Volke, als sie ertönten, der weiblichen Tugend zum Preise, und der Sinn seiner Worte, und die himmlischen Klänge, die seinem Munde entströmten, ließ mich die Welt um mich, mich selbst und alles Andere vergessen, was sonst ein Menschenherz bewegt. Ihr seht mich seltsam und verwundert an, Junker Friedmann? O, ich habe auch Gefühl für das Schöne und Herrliche und es ist in dem üppigen Lande, wo ich das Licht der Welt erblickte, vielleicht feuriger erzeugt und in früher Kindheit mehr genährt worden, als bei vielen Hochgebornen! Der leidige Verkehr mit der Welt hat es nicht abgestumpft; er hat es nur verhüllt. Wie könnte ich sonst noch immer meiner Bekanntschaft mit Meister Heinrich mich erfreuen, wie könnte ich sie als einen Glanzespunkt in meinem Leben ansehen, da er doch die Ursache war, daß ich die grausamste und schrecklichste Behandlung erdulden mußte, die je ein Unschuldiger erfahren hat!«

»Wie?« fuhr der Junker auf: »er konnte, nachdem Ihr sein Leben gerettet, Euch mit Undank lohnen?«

Der Italiener war bei der Erinnerung an das schwere Ungemach, das er widerrechtlich erlitten, heftig bewegt aufgesprungen und sah mit wilden Blicken umher. Bald aber mäßigte sich diese leidenschaftliche Wallung und er erwiederte düster und ernst: »O, nein! Meister Heinrich ist der edelste Mann, den ich kenne, und mein Verhältniß zu ihm führte nur ein unglückliches Zusammentreffen mit einem Andern herbei, der mit Verbrechen und Grausamkeit spielt, der seine Lust an den Qualen seiner Schlachtopfer hat, der nimmer das Gute und ewig das Böse will, dem keine Verstellungskunst fremd ist, kurz! es ist kein Teufel mehr in der Hölle, seitdem Dieser auf Erden wandelt.«

Bandini schwieg, als müsse er frischen Athem schöpfen zu der Fortsetzung seines Berichts. Ungeduldig sah ihn der Junker an und rief endlich, als der Lombarde in Nachdenken zu versinken schien und das Schweigen ihm zu lange dauerte, ermunternd aus:

»Faßt Euch, Antonio, und sprecht weiter! Ihr habt in mir einen Freund gefunden, der an Euern Schicksalen den lebhaftesten Theil nimmt. Bedenkt, daß, so schweres Uebel Euch die Vergangenheit auch gebracht haben mag, dieses nun überwunden ist und daß die Gegenwart und die Zukunft unsere Kräfte in Anspruch nehmen.«

»Ihr habt recht,« erwiederte ruhiger der Italiener, »und Ihr sollt sogleich das Weitere erfahren.«



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