Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

26.

Ich kann nicht schlafen, wüste Bilder jagen
Den mohnbekränzten Gott von meinem Kissen.

Immermann.

Wir halten es für überflüssig, hier ein weiteres über den Inhalt der Unterredung mitzutheilen, welche der kaiserliche Ehrenjunker mit Ritter Mainhard hatte. Wir können ihn theils aus den Ereignissen und Entdeckungen der vorhergegangenen Nacht errathen und die Zukunft wird uns über den Entschluß belehren, welchen der Ritter vom Berge faßte, und über die Art und Weise, wie er ihn ausführte. Dagegen glauben wir den Dank derjenigen, die bisher gütigen Theil an dieser Erzählung genommen, zu verdienen, wenn wir sie einladen, uns in die innern Gemächer des Palatiums zu begleiten, zu dem ritterlichen Kaiser, Adolph von Nassau, zu ihm, der durch Wandel und Wirken seine offenen, wie seine heimlichen Gegner beschämte.

Wir finden ihn in dem Zimmer, wo Junker Friedmann ihm durch Herrn Schelm war vorgeführt worden und die Bestallung als kaiserlicher Ehrenjunker erhalten hatte. Die Morgensonne schickt spärliche Strahlen durch die runden Glasscheiben der Fenster. Ihr Licht trifft gerade das Haupt des Marienbildes in der Nische, so daß dieses von einer himmlischen Glorie umgeben zu sein scheint. Der Kaiser ist noch im leichten Nachtkleide. Er hat gebetet zu der Königin des Himmels und erhebt sich eben aus der knieenden Stellung, in der er im Staube vor ihr gelegen. Auf seinem schönen bleichen Angesichte zeigt sich jener Ausdruck des Kummers, der ihm für gewöhnlich eigen ist. Die Spuren einer schlaflos hingebrachten Nacht nehmen wir in den tief einschneidenden Höhlungen unter den sanften schwermüthigen Augen wahr; allein auf der edel gebildeten Stirn ist ein dunkles Gewölk aufgestiegen, das uns ahnen läßt, des Kaisers Gemüth sei von einer besondern Bewegung ergriffen, und die unruhige Hast, mit der er, nach vollendetem Gebete, im Zimmer auf und niederschreitet, widerspricht dieser Vermuthung nicht. Die Liebkosungen, mit denen Aura, das schöne Windspiel, seinen geliebten Herrn begrüßt, werden von diesem kalt und zerstreut aufgenommen, und das artige Thier, dieser Behandlung nicht gewohnt, kehrt winselnd und furchtsam auf sein Lager zurück, von dem es eines freundlichen Winks harrend, jede Bewegung seines Gebieters mit aufmerksamen Blicken verfolgt. Da tritt dieser, indem für einen Augenblick seine Stirn sich erheitert, zu dem Windspiele hin und überläßt ihm eine Hand, an der es freudig in die Höhe springt und die es mit Liebkosungen bedeckt, die sich nicht erschöpfen zu können scheinen.

»Arme Aura,« sagte er mit milder Stimme, »ich war ungerecht gegen dich! Was kümmern dich die Welthändel, jener unglückselige meißnische Vertrag, die Treulosigkeit Gerhards, die schleichende Verrätherei meiner Feinde, die bis in das Innere der Kaiserwohnung dringt? Dein Glück ist ein freundlicher Blick von mir; wenn ich deine Liebkosungen annehme und erwiedre, so hat die Welt alle Lust, die sie dir bieten kann, dir gewährt. Komm näher zu mir, du liebes Geschenk meiner theuern Amalgundis!«

Bei diesen Worten war der Kaiser im Begriff, das zartgebaute Thier auf seinen Arm zu nehmen. Kaum aber hatte Adolph den Namen der reizenden Jungfrau ausgesprochen, die auf das Herz des Junkers von Sonnenberg einen so tiefen Eindruck gemacht hatte, so entzog sich Aura der Hand ihres Herrn und sprang bellend und wedelnd nach der Thüre des Gemaches, als erwarte sie jetzt irgend eine befreundete Erscheinung.

»Du irrst, Aura!« sagte da der Kaiser: »jetzt kommt sie nicht, deren Gegenwart mich beglückt und dich erfreut. Ach! das Glück darf nur selten und verstohlen bei mir einkehren und dann theile ich es mit dir, mein treues Thier.«

Durch das Geräusch, welches der Hund verursacht hatte, von dem Erwachen des Monarchen unterrichtet, traten die Kämmerer und der Ehrenjunker herein, der diesen Morgen an Friedmanns Stelle den Dienst bei der Person des Kaisers versehen mußte. Adolph ließ sich schweigend von ihnen ankleiden. Während dieses geschah, sammelte sich auf seiner Stirn wiederum das dunkle Gewölk, das bei der Spielerei mit Aura für Augenblicke verschwunden war. Als die Leibdiener mit ihrem Werke zu Ende gekommen waren und ehrfurchtsvoll zurücktraten, fragte der Kaiser nach Ritter Günther und dem salernitanischen Arzte. Der erstere, hieß es, befinde sich im Vorgemache und erwarte die Befehle des Monarchen, den andern habe man noch nicht gesehn. Auf Adolphs Gebot wurde der Ritter sogleich eingeführt; ein Wink des Kaisers entfernte die Uebrigen aus dem Zimmer. »Was bringt Ihr für Kunde, Nollingen?« fragte der Monarch, indem er mit Hast dem Günstlinge näher trat. »Habt Ihr eine Spur von demjenigen gefunden, der sich der schändlichen Büberei schuldig gemacht? Sind die Urkunden wieder entdeckt? Die Pergamente, die man aus meinem eigenen Gemach mir entwandt?«

Diese Fragen aus dem Munde des Kaisers folgten so schnell auf einander, daß man hieraus erkennen konnte, wie wichtig ihm der Gegenstand seines Forschens sei und wie eine befriedigende Antwort ihm erwünscht gewesen wäre.

» Par ma foi!« erwiederte der Ritter von Nollingen, indem er die Achseln bedauernd hob und sich bestrebte, eine finstere Miene anzunehmen. »Alle meine Bemühungen in dieser Affaire sind ohne Succes geblieben. Freilich, Sire, habt Ihr erst gestern Abends das verrätherische Attentat decouvrirt, allein seit diesem Momente habe ich nichts negligirt, den Theilnehmer an dem schändlichen Complotte zu entdecken. Die Wachen, die Kämmerer, die Leibdiener sind verhört worden, aber alle beschwören, daß niemand Fremdes oder Verdächtiges in der Nähe kaiserlicher Gemächer remarkirt worden sei.«

»So nähre ich vielleicht die Schlange am Busen, die mich verräth?« rief Adolph in heftiger Aufwallung und sein flammender Blick fiel auf den Ritter, der seine Augen betroffen niederschlug. »Nollingen,« sagte er dann ruhiger, »ich habe ein unbegrenztes Vertrauen in Euch und lege diese Sache ganz in Euere Hände. Ihr selbst wißt, von welcher Wichtigkeit die abhanden gekommenen Urkunden für mich sind. Meine Ehre hängt von ihnen ab und des Reiches Wohlfahrt. Schafft sie wieder um jeden Preis! Laßt kein Mittel unversucht, den aufzufinden, in dessen Besitz sie jetzt sind. Ich will ihm verzeihen, ich will ihn reich beschenken, wenn er sie wieder zurückgiebt.«

» Foi de gentilhomme!« versetzte der Ritter, indem er betheuernd seine rechte Hand auf das Herz legte und mit einem zweideutigen Blicke nach dem Monarchen aufsah. »Niemand ist Euch so treu ergeben, als ich, Sire! Nicht die Glorie, welche die Kaiserkrone umschwebt, nicht der Eclat des Goldes auf dem Pfade des Monarchen, ist es, was mich an Euch kettet. Die hohen Tugenden Euerer Person halten mein Herz gefangen; vor dem Kaiser der Chevalerie beugt sich mein Knie, das sich vor einem Monarchen der Welt nicht beugen würde.«

Günther von Nollingen kannte zu gut die schwache Seite in dem Character Adolphs, um sie zu seinen Zwecken unbenutzt zu lassen. Adolph von Nassau war, ehe er noch auf den mächtigen, aber in jenen stürmischen Zeiten auch zugleich gefährlichen Kaisersitz gelangte, nie in einem Turniere besiegt worden und galt für den ersten Kämpfer seiner Zeit, für eine Blume der Ritterschaft. Auf diesen Ruhm legte er einen sehr hohen Werth, der wohl in den Sitten und Gebräuchen jener Zeit seine Rechtfertigung fand. Seine schöne Gestalt, die Anmuth seines ganzen Wesens, hatten, verbunden mit jenen ritterlichen Vorzügen, ihn zu einem Lieblinge der edelsten Frauen gemacht und es war eine gewiß leicht verzeihliche Eitelkeit, mit der er sich, wenn er an die schönen Tage seiner Jugend erinnert wurde, der damals errungenen Preise, des Ehrendanks von reizenden Händen, der Lobsprüche der gesammten Ritterschaft noch jetzt erfreute.

»Nollingen!« sagte er, indem er in schöne Erinnerungen verloren, sich traulich auf die Schulter des Günstlings lehnte: »Es war eine herrliche Zeit, in die unsere Jugend fiel. Die Hohenstaufen waren schon heimgegangen, aus Reich und Leben vertrieben durch die Bosheit ihrer Gegner; aber der Geist, den sie einmal entzündet hatten im Volke, lebte noch fort, und Waffenspiel und Minnesang, Tanzfreude und heitere Scherze verbreiteten sich damals noch zwanglos über das liebe Deutschland. Die Fürstenlager waren Freudenlager, in Burgen und Städten lebte ein frischer und freulicher Sinn und es war damals ein traulicher Verkehr zwischen Rittern und Bürgern, der einen heitern Genuß des Lebens zum gemeinsamen Zweck hatte. Es war eine schöne Zeit. Weißt Du noch, Günther, wie wir einst auf buntbekränzten Nachen den Rhein hinabschwammen, unter Musik und Gesang, und in allen Burgen und Städten am Ufer einsprachen und gastliche Aufnahme fanden? Wie die lieblichen Mädchen von Bacharach uns den gefeuerten Wein entgegenbrachten an den Strand in silbernen Pokalen, wie sie unser Schifflein beim Abzuge mit Blumen und Früchten anfüllten, so daß wir für uns beinahe keinen Raum mehr fanden? Du hattest damals noch nicht Frankreich besucht, und das deutsche offene Wesen stand Dir recht wohl an. Wir zogen dann an der Lahn hinauf nach Limburg, wo der Graf ein Turnier ausgeschrieben hatte. Wir fanden viele Herren und Freunde dort und die schönsten Frauen Deutschlands hatten sich versammelt, das Fest durch ihre Gegenwart zu schmücken. Konnte aber eine sich an Schönheit messen mit der reizenden Imagina von Limburg? Ueberstrahlte sie nicht alle durch ihre herrliche Erscheinung, aber war nicht ihr Stolz fast eben so groß, als ihre Schönheit, und brachte er nicht die Ritter, die ihr dienen wollten, zur Verzweiflung? Da faßte mich das Gelüst, diese stolze Schönheit für mich zu gewinnen, und, nachdem ich alle Preise in den Ritterspielen mir erkämpft und sie erhalten hatte aus ihrer schönen Hand, wagte ich es um diese selbst zu werben und tausende beneideten mich, als meine Werbung gelang und als die stolze Imagina, die allen andern widerstanden, sich mir ergab zur ehelichen Hausfrau. Ach! es war der Anfang eines nur zu bald entschwundenen schönen Traumes von friedlichem Glück und liebevollem Vereine.«

Der Kaiser, in seinen tiefsten Gefühlen bewegt, wandte sich ab und ging an's Fenster. Er stand hier lange in Nachdenken verloren bis das Geräusch, welches der eintretende salernitanische Arzt verursachte, ihn in seinen Träumereien störte. Ohne den Gruß des Herrn von Nollingen zu erwiedern, schritt Alessandro auf den Tisch zu, an dem er gewöhnlich seinen Platz einnahm. Adolph ging dem zitternden Greise entgegen, reichte ihm die Hand und führte ihn zu seinem Sitze. Mit argwöhnischen Blicken sah Günther auf den Alten. Er wußte, daß er ihm nicht gewogen war, er fürchtete seine Klugheit, er scheuete seine Wissenschaft, er haßte ihn, weil er den mordsüchtigen Plan, dessen dem der Ritter heimlich ergeben war, vereitelt hatte.

»Adolphus!« sagte der Greis, nachdem er sich niedergelassen hatte. »Ich habe in dieser Nacht die Constellation der Gestirne untersucht und erkannt, daß sie Dir günstig war. Ein Dämon ist vorübergezogen in dieser Nacht an Deinem Haupte und statt seiner wird ein segensreicher Engel einkehren, der Dir Licht bringt in der Finsterniß.«

»Alter Lügner!« dachte der Ritter von Nollingen bei sich, indem er sich beurlaubte und das kaiserliche Gemach verließ. »Eben in dieser Nacht ist der gute Engel gewichen von Deinem Adolphus und hat mitgenommen, was ihm Land und Gut sicherte.«

Er eilte mit frohen Gefühlen des Triumphs die Wendelstiege hinab. Er sah sich schon im Geiste im Besitze einer Reichsgrafschaft, die Gerhard ihm, nach vollendetem Werke, zu verschaffen gelobt hatte. Er träumte von der Kaiserkrone, die ja eben so gut einst das Haupt des Grafen Günther schmücken könne, wie sie früher den Grafen von Habsburg und von Nassau geworden sei. Seine Haltung wurde stolzer, seine Schritte kühner. Da trat ihm im Hofe der Pfalz plötzlich mit verstörter Miene in einen Mantel gehüllt und das Barett tief in die Augen gedrückt, der Schöff Volrad von Praunheim entgegen.

»Alles ist verloren, Nollingen!« sagte dieser und zog den Ritter in einen Winkel, wo sie nicht so leicht bemerkt werden konnten. »Ich habe Bothschaft von draußen herein. Unsere Sendung ist nicht an den rechten Mann gekommen. Der Schurke Ralph hat die Pergamente verschleudert oder sie sich in der Trunkenheit gar stehlen lassen. Wer weiß, in wessen Besitz sie jetzt sind, wer weiß, wie sie nun zum Verrathe, zur Anklage gegen Euch benutzt werden.«

» Tonnere de Dieu!« rief erbleichend der Ritter, der mit einemmale seine hochfahrenden Träume, wie eine Seifenblase, verschwinden sah. »Und die Briefe sind dabei, die ich eigenhändig geschrieben habe? Warum war ich doch ein Narr, daß ich jemals die verdammte Schreibekunst erlernt und cultivirt! Alles möchte in die Hände des schwachsinnigen Adolphs fallen und ich wollte ihn doch persuadiren, daß ich so unschuldig in der ganzen Affaire sei, wie ein neugebornes Kind; aber die Briefe, die verwünschten Briefe.«

Der Ritter knirschte wild mit den Zähnen und heftete, indem seine Gesichtszüge sich widrig verzerrten, die Blicke an den Boden. In seiner Miene und seiner Haltung zeigte sich zugleich der Ausdruck des höchsten Verdrußes und einer peinigenden Unfähigkeit, in diesem Augenblicke zu einem genügenden Entschluße kommen zu können.

»Daß gerade diesesmal der Strichauer die Sache verpfuschen mußte!« nahm wiederum Volrad das Wort. »Diesesmal, wo seine Bothschaft so wichtiges enthielt, wie ihm nie früher anvertraut worden. Der wahnsinnige Trunkenbold! Aber der Hochwürdige wird's ihn empfinden lassen und ich mag die Strafe nicht mit ihm theilen!«

»Messire Volrad,« sprach der Herr von Nollingen, der nicht auf die Worte des Schöffen geachtet hatte, jetzt mit leiser, aber fester Stimme: »der Kaiser hat bereits den Raub der wichtigen Urkunden bemerkt und mich chargirt, nach dem Thäter zu forschen. Ihr sehet, welche Macht mir dieser Auftrag ertheilt und wie ich diese zu meiner faveur benutzen kann, wenn wir nur eine Spur davon haben, wohin die Urkunden gerathen sind. Hat sie der schurkische maitre d'armes, dem ich für seinen Kopf nicht gut sage, auf dem Wege verloren, so können sie wieder gefunden worden sein oder wieder gefunden werden. Wir müssen in jedem Falle Erkundigungen hierüber einziehn, und haben wir nur die kleinste Spur, par ma foi! so ist noch nichts verloren.«

Sein Angesicht hatte sich, während er dieses sprach, erheitert und das glatte Lächeln wieder angenommen, das gewöhnlich seinen Mund umspielte.

»Ihr habt recht, Herr Nollingen!« versetzte der Schöff, nachdem er einige Augenblicke nachgedacht hatte. »Kommt mit. Wir wollen den Thorwart in's Verhör nehmen, der dem Ralph geöffnet hat. Vielleicht erhalten wir dort einen Wink, der uns weiter führt.«

Durch eine Seitenthüre, welche wenig im Gebrauche war, verließen die beiden Männer des Palatium. In den Straßen war es nun schon lebhaft geworden und die fremden Kaufleute, die zur Messe gekommen waren, eilten geschäftig zu ihren Läden hin, um diese zu öffnen und ihre Waaren in anmuthiger und anlockender Ordnung aufzustellen. Als Ritter Günther, der dem Schöffen einige Schritte vorausgeeilt war, um eine Straßenecke bog, stieß ihm gerade der Junker von Sonnenberg auf, der von der andern Seite kam. Friedmann sah den verwunderten Ritter mit finstern Blicken an und schritt dann, ohne zu grüßen, vorüber. Es lag etwas so verachtendes in seinem Betragen, daß es dem Herrn von Nollingen nothwendig auffallen mußte.

»Messire Volrad!« sagte dieser zu seinem Begleiter: »erinnert Ihr Euch noch dieses Burschen? – Es ist derselbe, dem der Ralph Strichauer die künstliche Kreuznarbe auf der Stirn verdankt. Mort de ma vie! Es war ein schöner Fechterstreich. Aber das Antlitz dieses Knaben mißfällt mir und als ich ihn zum erstenmale sah, war es mir, als müsse ich nach dem Dolch greifen und ihm kurzweg das Eisen in die Gurgel stoßen. Es sieht mir etwas Unheil drohendes aus diesen Zügen entgegen. Es ist nicht dieser kindische Trotz, den ihm sein Vater eingeflößt haben mag, was mich bei einer rencontre mit ihm ärgert, nicht sein anmaßendes Wesen, das er als ecuyer d'honneur des Kaisers, bei dem er jetzt in hoher Gnade steht, angenommen hat: diese großen, weitgeöffneten Augen, mit denen er jeden sans facon anstarrt, der ihm in den Weg kommt, sind es, die ich hasse. Es liegt eine Großthuerei mit der Ehrlichkeit darin, die einem Manne comme il faut bitterer schmeckt als Wermuth und ihm den, der sie zur Schau bringt, als seinen Feind entgegenstellt.«

»Auch mir ist dieser junge Mensch zuwider,« entgegnete Volrad, »und ich habe ihn mir gemerkt, um ihm bei Gelegenheit eins zu versetzen. Schwester Jutta und die kaiserliche Amalgundis,« fuhr er mit spöttischem Lächeln fort, »sind zwar sehr eingenommen für ihn, und diese nennt ihn bald den neuen Parcival, bald den zweiten Lancelot. Aber das ist es eben, was mich gegen ihn aufbringt, daß man ihm eine Aufmerksamkeit beweist, die man andern versagt, welche deren doch weit mehr würdig wären.«

Unter diesen Reden waren sie zum Thor gekommen. Der Schöff schlug mit einem, an einer Kette herabhängenden Hammer dreimal an eine Glocke, die neben der zur hohen Thorwartswohnung führenden Treppe in der Mauer befestigt war, und gleich darauf erschien mit demüthiger Gebehrde der Pförtner, um seinen vornehmen Besuch in ein kleines und dunkeles Gemach des Erdgeschosses zu führen.



 << zurück weiter >>