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Parzival begegnet einem heidnischen Ritter, der mit fünfundzwanzig Heerscharen von verschiedenen Sprachen über Meer gekommen war und in der Nähe geankert hatte. Sie rannten sich an und der Heide erstaunt, als ihm Parzival den Sattel nicht räumt. Thasme und Thabronit sind seine Losungsworte, und der Gedanke an Sekundillen leiht ihm solche Kraft, daß Parzival im Schwertkampf vor ihm auf ein Knie sinkt. Doch jetzt gedenkt auch dieser, der seit der Begegnung mit Trevrezent Gott vertraute, an Kondwiramur, wählt Pelrapär zum Feldrufe und schlägt den Heiden, daß er auf die Kniee stürzt, Ithers Schwert aber auf seinem Helme zerbricht, wodurch Parzival wehrlos ist. Der Heide benutzt aus Großmuth diesen Vortheil nicht, sondern fragt den Gegner nach seinem Namen, giebt sich zuerst als Feirefiss Anschewein zu erkennen und wirft sein Schwert hinweg. Nach Ekubas Beschreibung erkennt Parzival den Bruder an der Elsternfarbe seiner Haut, will ihn aber nicht dutzen, weil jener älter und reicher ist. Feirefiss war nach dem Abendlande gezogen, um seinen Vater Gachmuret aufzusuchen, dessen Tod er erst durch Parzival erfährt. Mit diesem reitet er zu Artus, der durch die Spiegelsäule schon von dem Zweikampf vernommen und auf Parzival gerathen hat. Sie steigen in Gawans Gezelt ab, der sie entwappnen und das Mal bereiten läßt. Nach Tische kommt Artus hinzu, den Gast zu begrüßen. Er läßt sich erst von Feirefiss, dann auch von Parzival die Namen der Grafen, Herzoge und Könige nennen, die sie bezwungen haben. Auf Gawans Befehl wird die prächtige Rüstung des Heiden hereingetragen und allgemein bewundert. Artus beschließt auf den nächsten Tag ein Fest an der Tafelrunde, um Feirefiss in den Bund aufzunehmen. Ueber dem Mal bringt Kondrie la Sorziere die Botschaft, daß Parzival zum König des Grals ernannt sei, sein Sohn Loherangrein ihm in dieser Würde folgen und Kardeiß seine weltlichen Kronen erben solle. Nur Ein Mann dürfe ihn nach Monsalväsch begleiten, wozu Parzival seinen Bruder Feirefiss wählt. Ehe sie Kondrien dahin folgen, schickt der Heide nach den Schiffen, um Geschenke für alle versammeltem Fürsten und Frauen herbeizuholen.
734 | Es hat der Leute viel verdroßen, Denen diese Märe war verschloßen; Die konnte mancher nie erfahren. Nun will ich das nicht länger sparen, |
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5 | Ich thu euch kund die rechte Sage. Daß ich ihn im Munde trage, Den Schlußstein dieser Abenteuer, Wie der süße Held geheuer Anfortas wieder ward gesund. |
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10 | Uns thut die Aventüre kund, Wie von Pelrapär die Königin Den keuschen weiblichen Sinn Behielt, bis ihr zum Lohne Ward die höchste Erdenkrone. |
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15 | Die soll ihr Parzival erwerben, Mir müste denn die Kunst verderben. Noch scharfen Kampfs erst muß er pflegen: |
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20 | Dürft ich diesen Kampf beseiten, Meinen Helden wollt ich ungern wagen; Ich würd ihn willig ledig sagen. Seinem Herzen will ich denn befehlen Sein Glück, so kann es ihm nicht fehlen! |
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25 | Da ist Milde bei Verwogenheit. Niemals zagt' es ihm im Streit. Das mög ihm Stärke geben, Daß er behält das Leben. Denn nun kommt es an die Zeit, Ihn besteht ein Fürst ob allem Streit |
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735 | Auf seiner unverzagten Reise. Dieser höfische und Weise War ein heidnischer Mann, Der die Taufe nie gewann. |
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5 |
Parzival ritt balde |
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10 | Den Reichtum euch vermelden kann, Den der Heid an seiner Rüstung trug. Sag ich davon mehr als genug, Doch muß ich mehr davon erzählen, Will ich das Meiste nicht verhehlen. |
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15 | Wie großen Zins Artusens Hand Bretagne zollt und Engelland, Damit bezahlt' er nicht die Steine, Die der Held mit lichtem Scheine Auf seinem Wappenkleide trug. |
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20 | Köstlich war er, sonder Trug. Rubinen, Chalcedonen Mochte der Blick gewohnen: Der Wappenrock gab lichten Schein. Im Berge zu Agremontein |
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25 | Hatten ihn Salamander Gewirkt miteinander In des heißen Feuers Brand. Edelsteine bis zum Rand Lagen dunkel drauf und licht: Ihre Art benennen kann ich nicht. |
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Auf Minne stand des Helden Sinn |
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5 | Sich so köstlich hat geschmückt, Daß ihn der Minne Gunst beglückt, Das lieh ihm Kraft und hohen Muth, Wie stäts sie Minnenden thut. Auch trug er als des Preises Lohn |
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10 | Auf dem Helmschmuck ein Ecidemon.736, 10. Der Name ist vielleicht aus Agathodämon entstellt. Auffallend, daß 481, 8 das Ecidemon auch unter den argen Schlangen vorkommt, und 683, 20 Ecidemonis eine Stadt oder Landschaft bedeutet. Alle giftigen Schlangen Sieht man vor dem Thierlein bangen: Ihr Leben muß versiechen Wenn sie's von Weitem riechen. |
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15 | Thopedissimonte Und Assigarzionte, Thasme und Arabia Entbehren Pfellel wie man sah An seines Pferdes Decke. |
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20 | Der ungetaufte Recke Warb um den Lohn der Frauen, Drum war er schmuck zu schauen. Sein hoher Sinn wars, der ihn zwang, Daß er nach edler Minne rang. |
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25 |
Der kühne Knabe, den wir trafen, |
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737 | So groß auch ist der Länder Zahl, Die ihm dienen allzumal; Mohren, Sarazenen meist, Deren Haut in manchen Farben gleisst. |
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5 | In seinem weitgesammelten Heer Sah man viel wunderliche Wehr. Allein auf Abenteur hindann |
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10 | Da sie sich selber so vertraun, Laß ich die Könge reiten, Sich Preis allein erstreiten. Zwar Parzival ritt nicht allein, Denn ihm waren im Verein |
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15 | Er selbst und auch sein hoher Muth, Der seine Wehr so mannlich thut, Daß es die Frauen müßen loben, Sie wollten freveln denn und toben. Hier rennen aufeinander blind |
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20 | Die an Demuth Lämmer sind Und Löwen an Verwegenheit. O weh, die Erd ist doch so breit, Daß sie sich wohl vermeiden mochten, Die hier ohne Feindschaft fochten. |
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25 | Für meinen Helden muß ich bangen; Doch ist ein Trost mir aufgegangen: Ihm wird des Grales Kraft wohl nützen; So sollt ihn auch die Minne schützen: Den beiden war er dienstergeben Ohne Wank mit dienstlichem Bestreben. |
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Meine Kunst verleiht mir nicht den Sinn, |
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5 | Daß es den andern kommen sah. Wie lieb Jedwedem dran geschah, Nicht fern ist doch das Leid fürwahr Den Lautern, aller Trübe bar: Sie hatten Herz und Blut gemein; |
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10 | Sie sind sich kund, wie fremd sie sei'n!
Nun kann ich diesen Heiden |
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15 | Die zu guter Frauen Zahl gehören, Denn ihren Fraun geschahs zu Ehren, Daß die Brust dem Feind Jedweder bot. Schied' es das Glück nur ohne Tod! Todt wird der Leu zur Welt gebracht, |
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20 | Der von des Vaters Ruf erwacht. So leben die vom Schäftekrachen, Die in der Tjost zum Preis erwachen. Sie können wohl sich Tjost gewähren, Einen Wald verthun von Speren. |
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25 | Den Zügel kürzend mit Bedacht Rennen sie und haben Acht, Indem sie tiostieren, Das Ziel nicht zu verlieren. Da ward genau gemeßen, Da wurde fest geseßen, |
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739 | Alles wohl zur Tjost geschickt, Die Rosse mit dem Sporn gezwickt. Diese Tjost ward so geritten, |
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5 | Mit starkem Sper, der sich nicht bog, Und mancher Splitter aufwärts flog. Der Heide war verdrießlich, daß Ihm Jener noch im Sattel saß: Ihm war noch Keiner festgeseßen, |
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10 | Mit dem er sich im Kampf gemeßen. Ob sie nicht Schwerter schwenkten, Als sie zusammen sprengten? Ja doch, mit Klingen scharf und breit, Ihre Kunst und Mannheit |
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15 | Mögen sie erweisen hier. Ecidemon dem Thier Wurden Wunden viel geschlagen; Der Helm darunter must es klagen. Den Rossen ward vor Müde heiß: |
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20 | Sie versuchten manchen neuen Kreiß, Bis sie vom Ross nun springen; Da sausten erst die Klingen. Dem Getauften thät der Heide weh. |
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25 | Und wenn er ausrief Thabronit, So that er vorwärts einen Schritt. Hier zeigt auch, wie er wehrhaft ist, Bei manchem Ausfall der Christ, Den sie aufeinander thaten. Man sah den Kampf so gerathen, |
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740 | Ich kann mirs nicht versagen, Schmerzlich muß ichs beklagen, Daß Ein Fleisch und Ein Blut Sich so viel zu Leide thut, |
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5 | Die man als Geschwister kennt, Lautrer Treue Fundament. Dem Heiden gab die Minne |
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10 | Der Königin Sekundillen, Die das Land Tribalibot Ihm gab: sie war sein Schild in Noth. Der Heide nahm an Kräften zu: Was wollt ihr, daß der Christ nun thu? |
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15 | Auf Minne richt er die Gedanken: Die läßt im Kampf ihn nimmer wanken. Sonst muß ein bittres Sterben Ihm des Heiden Kampf erwerben. Du hehrer Gral, das wende du, |
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20 | Kondwiramur, das gieb nicht zu: Hier seht ihr euern Dienstmann In der grösten Noth, die er je gewann. Hoch wirft der Heid empor das Schwert, |
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25 | Schon sinkt ihm Parzival aufs Knie. Man sagt mit Recht, so stritten sie, Wenn man als Zwei sie will betrachten, Die doch für Eins nur sind zu achten. Ich und mein Bruder sind Ein Leib Wie guter Mann und gutes Weib. |
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Dem Getauften thät der Heide weh. |
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5 | Die den ihm gab, das glaubt gewiss. Chrysoprass und Türkiss, Smaragd und Rubin Und noch von andern Farben schien Manch edler köstlicher Stein |
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10 | Um die Buckel rings in lichten Reihn. Auf dem Buckelhause stund Ein Stein, sein Nam ist mir wohl kund: Antrax ward er dort genannt, Als Karfunkel hier bekannt. |
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15 | Ihm hatt als Minneschutz und Zier Ecidemon, das reine Thier, Zum Wappenbild ein Weib gegeben, In deren Gnad er wollte leben, Die Köngin Sekundille: |
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20 | Dieß Wappen war ihr Wille.
Hier stritt der Treue Lauterkeit: |
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25 | Der ihnen Gottes Urtheil ist. Wohl vertraute Gott der Christ, Seit er bei Trevrezent verweilt, Der ihm so herzlich Rath erteilt, Er soll' auf dessen Hülfe denken, Der in Sorgen Freude möge schenken. |
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Stark war der Heide, der hier stritt: |
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5 | So ward sein hoher Muth erneut Wider den, der nie bis heut Erlegen war vor Feindeshieben; Unsieg war ihm fremd geblieben. Er hatt ihn nie empfangen, |
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10 | Und ließ ihn Manchen doch erlangen.
Die Arme schwangen sich mit Kunst, |
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15 | Der Wunsch gilt ihnen beiden, Dem Getauften und dem Heiden: Denn ich rechne sie für Einen. Sie würdens selber meinen, Wären sie sich recht bekannt: |
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20 | Sie setzten nicht so viel zu Pfand: Denn nicht minder gilt ihr Streit Als Ehre, Freude, Seligkeit. Wer auch hier den Preis gewinnt, Doch hat er, wenn er Treue minnt, |
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25 | Die Freude dieser Welt verloren Und dauernd Herzeleid erkoren. Warum säumst du, Parzival, |
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743 | Dem Heiden sind zwei Dinge nütze, Die waren seine stärkste Stütze: Erstlich, daß er Minne pflegt, Die sein Herz mit Stäte hegt; |
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5 | Zum andern führt' er Steine Edler Art mit lichtem Scheine, Die seine Stärke mehrten, Ihn Hochgemüthe lehrten. Mir ist leid, daß der Getaufte |
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10 | Sich Müde schon im Streit erkaufte: Seinen Schlägen ist die Kraft benommen. Wenn ihm nun nicht zu Hülfe kommen Kondwiramur noch der Gral, Wehrlicher Parzival, |
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15 | So laß den Wunsch dich laben, Daß die klaren süßen Knaben Nicht so früh verwaiset sei'n, Kardeiß und Loherangrein, Die sein Gemahl empfangen hatte |
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20 | In der Nacht, da von ihr schied der Gatte. Kinder, keuscher Eh entblüht, Wohl laben die des Manns Gemüth. Neue Kraft gewann der Christ. |
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25 | An die Köngin sein Gemahl, Wie er ihre Minne dazumal Sich im Schwerterspiel errang, Als von Schlägen Feur aus Helmen sprang Vor Pelrapär mit Klamide. Thabronit und Thasme, |
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744 | Denen war ein Gegenruf ersonnen: Nun hat es Parzival begonnen Mit dem Feldruf Pelrapär. Ueber vier Königreiche her |
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5 | Kommt Kondwiramur, dem Degen Der Minne Kräfte beizulegen. Wohl sprangen da, ich wähne, Von des Heiden Schilde Späne Mehr als hundert Marken werth. |
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10 | Von Gahevieß das starke Schwert Brach auf des Heiden Helm ein Schlag, Daß vor ihm auf den Knieen lag Der reiche kühne Gast ermattet. Gott hat es länger nicht gestattet, |
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15 | Daß Parzival das Schwert noch führte, Das ihm zu rauben nicht gebührte: Itheren, der es vor ihm trug, Nahm ers aus Einfalt wider Fug. Den nie zuvor ein Schwert gefällt,744, 19. Man bemerke wohl, daß es Ithers Schwert ist, das hier sehr zur rechten Zeit zerbricht, während uns 434, 25 ff. ganz kurz berichtet wird, daß das Gralsschwert in Parzivals Hand zerbrach und im Brunnen Lach bei Karnant wieder ganz ward, wie Sigune 254 vorhergesagt hatte. Man könnte aber hier eine Verwirrung in der Sage vermuthen. Vielleicht sollte das hier zerbrechende Schwert, das Wolfram nicht für Ithers Schwert hätte ausgeben sollen, bei dem Gral, als Parzival zum andernmal dahin kommt und die Frage thut, wieder ganz werden, worauf der Bericht des Mabinogi deutet, obgleich, was hier von dem ersten Besuch Peredurs bei dem Gralskönig erzählt wird, hernach bei dem zweiten seine Ergänzung findet. Auch Sigunens Worte von dem Segensspruch, womit nach 254, 15 die unterlassene Frage gemeint ist, laßen sich darauf beziehen. Wolfram konnte an dieser Stelle nicht wohl das Gralsschwert zerbrechen und bei Anfortas hernach wieder ganz werden laßen, weil jene frühere Meldung von dem Brunnen Lach bei Karnant, in welchem es wieder ganz werden sollte (was auch geschah), ihm im Wege stand: diese hatte er vielleicht gleich der Angabe über die des Grals hütenden Engel, welche Trevrezent beim Gral widerruft, aus Uebereilung aufgenommen. Es waren aber schon Theile des Gedichtes bekannt, ehe das Ganze vollendet wurde. Von den beiden ersten Büchern möchte man glauben, sie seien zuletzt oder doch nicht vor der Einführung des Feirefiss gedichtet. Nirgend tritt im Parzival unseres Dichters Virtuosität großartiger und kühner hervor. Nur daß die Abschnitte von dreißig Zeilen erst vom fünften Buche an gezählt scheinen, könnte entgegenstehen. Hingegen stimmt, daß Wolfram seinen Namen erst im dritten und vierten nennt, was im ersten zu thun gebräuchlich war. Da in jenen die Zählung nicht eingeführt war, so konnte sie sich der Dichter, wenn er das erste und zweite Buch später hinzufügte, hier auch erlaßen. |
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20 | Schnell auf die Füße sprang der Held. Noch ist ihr Zweikampf unzergangen: Ihr Urtheil sollen sie empfangen Noch von des Allerhöchsten Händen: Möge Der ihr Sterben wenden! |
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25 |
Der kühne Fürst der Heiden |
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745 | Wie erwürb ich dann wohl Preis an dir? Steh still und sage mir, Wer du seist, wehrlicher Held. Fürwahr, du hättest mich gefällt |
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5 | Und mir den alten Preis entrungen, Wär dir nicht dein Schwert zersprungen. Ein Friede gelt uns beiden nun. Daß wir uns die Glieder ruhn.« Sie setzten nieder sich aufs Gras. |
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10 | Jedweder Kraft und Zucht besaß, Die auch zum Kampf nicht waren Zu jung, zu alt an Jahren. Zum Getauften sprach der Heide da: |
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15 | Nie im Leben, daß ein Mann Würdger war, dem Preis zu nahn, Den man im Streite soll erjagen. Held, nun geruhe mir zu sagen Deinen Namen, dein Geschlecht: |
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20 | So freut mich meine Fahrt erst recht.« Herzeleidens Sohn versetzt: »Nennt' ich die aus Furcht dir jetzt? Das darfst du nicht von mir begehren: Gezwungen werd ich nichts gewähren.« |
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25 | Doch von Thasme sprach der Heide: »Ich will zuerst dir nennen beide; Sei immerhin die Schande mein. Ich bin Feirefiss Anschewein Und wohl so reich, daß meiner Hand Zinsbar dient manches Land.« |
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Als diese Rede geschah, |
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5 | Mit Burgen, Land und Städten. Darum seid, Herr, gebeten, Andern Namen zu erküren. Sollt ich mein Land verlieren Und die werthe Stadt Bealzenan, |
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10 | Das hieße mir Gewalt gethan. Ist Einer hier ein Anschewein, Von Geburt soll ich es sein. Doch ward mir für gewiss gesagt, Es wohn ein Degen unverzagt |
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15 | Fern dort in der Heidenschaft, Der stäts mit ritterlicher Kraft Gewonnen habe Preis und Minne Und allewege noch gewinne. Der ist zum Bruder mir geboren |
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20 | Und dort zum höchsten Preis erkoren.«
Parzival fährt fort und spricht: |
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25 | Wie mir seins beschrieben ist. Wenn es, Herr, euch nicht verdrießt, So entblößet euer Haupt. Euch verschont derweil, das glaubt, Meine Hand mit allem Streit, Bis ihr aufs Neu gehelmet seid.« |
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Da sprach der heidnische Mann: |
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5 | Da dein Schwert zerbrochen ist. Weder Kühnheit, Kunst noch List Kann dich vor dem Tod bewahren, Will ich nicht selbst dein Leben sparen. Wolltest du mit mir ringen, |
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10 | Mein Schwert ließ' ich klingen Dir durch Eisen, Bein und Mark.« Dieser Heide schnell und stark, Edle Sitte zeigt' er hier: »Dieß Schwert sei weder dir noch mir.« |
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15 | Der kühne Degen warfs alsbald Ferne von sich in den Wald. Er sprach: »Nun ist auf beiden Seiten Gleich die Gefahr, wenn wir noch streiten.« Der reiche Feirefiss begann: |
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20 | »Held, bei deiner Zucht, sag an, Da dir ein Bruder leben soll, Wie sieht der aus? du weist es wohl. Beschreibe mir sein Angesicht; Seine Farbe hehlte man dir nicht.« |
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25 | Da sprach, den Herzeleid gebar: »Wie beschrieben Pergament fürwahr, Schwarz und weiß dort und hier; Ekuba beschrieb ihn mir.« »Der bin ich,« versetzt der Heide. |
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748 | Feirefiss und Parzival, Von Helm und Härsenier zumal Entblößten sie sich gleich zur Stund. Parzival fand lieben Fund, |
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5 | Den liebsten, den er jemals fand. Den Heiden hatt er bald erkannt Sein Antlitz zeigte Elsternfarben. Haß und Groll im Kuss erstarben Dem Getauften und dem Heiden. |
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10 | Freundschaft ziemt' auch beßer Beiden, Denn ihnen stünde Haß und Neid. Treu und Liebe schied den Streit. Mit Freuden sprach der Heide da: |
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15 | Sohn Gachmurets, des werthen Degen! Dank meinen Göttern allerwegen! Meiner Göttin Juno748, 17. Wer nicht bloß den Mythus vom Gral, auch das ganze Detail unserer Sage aus dem Morgenlande ableitet, den sollte doch stutzig machen, daß sie gleich den andern Gedichten dieser Zeit mit dem Morgenlande so wenig Bekanntschaft verräth, daß ihr Jupiter und Juno für Götter der Sarazenen und Indier gelten. Preis und Dank, sie fügt' es so! Mein starker Gott Jupiter, |
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20 | Von ihm kommt dieses Heil mir her. Götter all und Göttinnen, Eure Stärke will ich immer minnen! Hochgepriesen sei der Stern, Bei dessen Schein hieher so fern |
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25 | Meine Reise ward gethan Zu dir, du schrecklich süßer Mann, Die mich durch deine Kraft gereute. Heil der Luft, dem Thau, der heute Niederfiel und kühlte mich, Minneschlüßel wonniglich! |
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749 | Dem Weibe Wohl, die dich soll sehn: Wie ist der schon ein Heil geschehn!« »Ihr sprechet wohl: ohn allen Haß |
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5 | Doch bin ich leider nicht so weis, Daß ich eurer Würde Preis Mit Worten noch erhöhen könnte: Gott weiß, wie gern ichs euch vergönnte! Was Herz und Auge nur vermag |
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10 | Sie sprechen euerm Preise nach: Eur Preis spricht vor, nach sprechen sie. Von Rittershand geschah mir nie So große Noth, gar wohl ichs weiß, Als von euch,« sprach der von Kanvoleiß. Der reiche Feirefiss sprach mehr: |
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15 | »Fleiß und Kunst hat Jupiter, Werther Held, verwandt auf dich. Nicht länger ihrzen sollt ihr mich: Hatten wir doch Einen Vater.« |
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20 | Mit brüderlicher Treue bat er, Daß er Ihrzens ihn erließe, Von nun an Du ihn hieße. Die Rede war dem Waleis leid. »Bruder, eure Herlichkeit |
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25 | Vergleiche der des Baruchs sich; Aelter seid ihr auch als ich. Meine Jugend, meine Armut sei Solcher Untugend frei, Daß ich Du zu euch spräche Und mich so der Zucht entbräche.« |
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Der von Tribalibot, |
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5 | Seine Göttin Juno, Daß sie das Wetter fügten so, Daß er und sein gewaltig Heer Sich zu Lande fanden von dem Meer Und Grund am Ufer nahmen, |
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10 | Wo sie zusammen kamen.
Sie setzten nieder sich aufs Gras, |
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15 | »In meine Heimat komm mit mir: Zwei reiche Länder geb ich dir, Die unser Vater sich erwarb, Als Eisenhart, der König, starb. Zaßamank und Aßagog. |
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20 | Seine Mannheit Niemand trog, Als da er mich verwaisen ließ. Unverziehn von mir ist dieß Meinem Vater noch fürwahr. Sein Gemahl, die mich gebar. |
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25 | Ist vor Minneleid gestorben, Da der Minne Glück ihr war verdorben. Ich säh doch gerne diesen Mann: Mir ist zu wißen gethan, Nie beßern Ritter sah der Osten; Ihn zu finden spar ich keine Kosten.« |
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Parzival versetzte da: |
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5 | Er verstand es wohl, im Streit Zu mehren seine Würdigkeit: Seinen Preis erhöhte jeder Strauß; Alle Schande wich ihm aus. Er war den Frauen unterthan, |
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10 | Und alle guten, die ihn sahn, Lohntens ohne falsche List. Daß es der Stolz der Christen ist, So getreulich lebt' er vor den Heiden. Er wust' auch Andern zu verleiden |
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15 | Alle unedle That: Ihm gab sein stätes Herz den Rath. So hört' ich es aus Aller Mund, Denen dieser Mann war kund, Den ihr so gerne möchtet sehn. |
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20 | Selbst müstet ihr ihm zugestehn Den Preis, wenn er noch lebte, Der stäts den Preis erstrebte. So warb er um der Frauen Lohn Bis der König Ipomidon |
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25 | Kam und Lanzen mit ihm brach: Die Tjost geschah zu Baldag. Da ward sein würdigliches Leben Um Minne in den Tod gegeben. In rechter Tjost ging uns verloren Durch den wir beide sind geboren.« |
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»O weh der ungestillten Noth,« |
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5 | Ich hab in wenig Stunden Glück verloren, Glück gefunden. Es ist die Wahrheit sicherlich, Er, mein Vater, du und ich, Wir sind nicht Dreie, wir sind Eins, |
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10 | Und Dreie nur kraft leeren Scheins. Wohl sieht der weise Mann es ein, Sippe findet er allein Zwischen Vater nur und Kindern, Will er der Wahrheit Recht nicht mindern. |
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15 | Mit dir selber hast du hier gestritten, In den Kampf mit mir kam ich geritten, Mich selber hätt ich gern erschlagen. Du aber schütztest ohne Zagen Vor mir selber mich in dir. |
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20 | Sieh Jupiter, dieß Wunder hier! Zu Hülfe kam uns deine Kraft Und löst' uns aus des Todes Haft.« Er lacht' und weinte still für sich. |
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25 | Entträufelten dem Heiden; Ein Getaufter möcht es neiden. Denn die Taufe lehrt uns Treue, Da unser Bund, der neue, Nach Christi Namen wird genannt, Und man an Christo Treue fand. |
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Der Heide sprach, ich sag euch wie: |
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5 | Dich zu schauen, von dem Meer Sich begiebt das reichste Heer, Dem Juno Fahrwind mochte leihn. Mit Wahrheit ohne falschen Schein Zeig ich dir manchen werthen Mann, |
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10 | Der mir zu Dienst ist unterthan. Lieber Bruder, folge mir.« Der Waleis sprach: »Und wäret ihr Wohl so gewaltig eurer Leute, Daß sie eurer harrten heute, |
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15 | Und so lang ihr ferne seid?« Da sprach der Heide: »Sonder Streit: Und blieb ich aus ein halbes Jahr, Mein harrte Reich und Arm fürwahr; Keiner dürfte von dem Ort. |
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20 | Speise haben sie an Bord Genug, kein Mangel ficht sie an. Von den Schiffen darf nicht Ross noch Mann, Als sich mit Waßer zu versehn Und sich am Strande zu ergehn.« |
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25 |
Parzival zum Bruder sprach: |
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754 | Liegt hier mit reichem Hofgelag (Ich verließ es erst vor Tag), Mit großer minniglicher Schar: Da sehn wir Frauen schön und klar.« |
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5 |
Der Heid, als er von Fraun vernahm |
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10 | Sehn wir unsrer Freunde dort, Wenn wir zu Artus kommen? Von seinem Hof hab ich vernommen, Daß er prächtig sei und reich; Nichts komme seinem Glanze gleich.« |
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15 |
Parzival hub wieder an: |
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20 | Und manches Haupt zur Kron erkoren.«
Sie sprangen beid empor zumal. |
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25 | Wieder in die Scheide. Da entsagten sie wohl beide Allem Haß und allem Streit Und ritten hin in Einigkeit. Eh sie bei Artus angekommen, |
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755 | Dort wars an diesem Tage Des Heers gemeine Klage, Daß Parzival der Held verwogen So von dannen war gezogen. |
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5 | Artus beschloß da mit den Seinen, Daß man auf Parzivals Erscheinen Acht Tage harren solle Und die Statt nicht räumen wolle. Als Gramoflanzens Heer gekommen, |
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10 | Ward ihm manch weiter Kreiß genommen Und mit Zelten wohl geziert: Der König ward darin logiert Und seine stolzen Leute. Man mochte die vier Bräute |
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15 | Nicht schöner ehren als geschah. Von Schatelmerveil her reiten sah Man einen Mann zur selben Zeit: Der sprach, man hab einen Streit Auf dem Warthaus in der Säul ersehn: |
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20 | Was je mit Schwerten wär geschehn, Vergleiche diesem Streit sich nicht. Gawanen bracht' er den Bericht (Bei Artus saß der Degen hehr): Die Ritter riethen hin und her, |
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25 | Wer die Kämpfer wohl gewesen sei'n. Artus der König sprach darein: »Zur Hälfte wett ich, daß ichs treffe: Hier hat von Kanvoleiß mein Neffe, Der heute von uns schied, gestritten.« Da kamen auch die Zwei geritten. |
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Ihrem Kampf wohl bracht es Ehre, |
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5 | (Da auch der Kämpfer Kunst bedarf), Der diese Schilderei entwarf. Sie wandten sich zu Artus Zelt. Hin blickte staunend alle Welt, Als er geritten kam, der Heide; |
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10 | Viel Reichtum trug der Held am Kleide. Voll von Hütten stand das Feld. Sie ritten vor das Hochgezelt In Gawans Zeltberinge. Ob man sie inne bringe, |
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15 | Sie würden gern gesehn? Ganz gewiss ist das geschehn. Gawanen sah man eilends kommen, Da er bei Artus wahrgenommen, Daß sie zu seinem Zelte ritten: |
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20 | Er empfing sie mit der Freude Sitten.
Sie hatten noch die Rüstung an: |
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25 | Ecidemon das Thier genug. Dem Korsette, das der Heide trug, Ward wohl auch von Schlägen weh. Es war ein Saranthasme; Darauf stand mancher theure Stein. Darunter mit schneeweißem Schein |
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757 | Von reichem Bildwerk war das Kleid: Theure Steine drauf verstreut Beleuchteten einander. Dieß hatten Salamander |
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5 | Gewoben in dem Feuer. Sie wagt' auf Abenteuer Minne, Land und Leben, Die ihm solch Kleid gegeben (Gern vollbracht er ihr Gebot |
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10 | So in Freude wie in Noth), Die Königin Sekundille. Wohl war es ihres Herzens Wille, Daß sie ihm ihre Schätze lieh; Durch hohen Preis verdient' er sie. |
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15 |
Gawan bat der Knappen Schar: |
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20 | Zuviel wärs einem armen Weib Zur Gabe, schon das Kleid alleine: So köstlich waren die Steine An den Stücken allen vieren. Hohe Minne kann wohl zieren, |
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25 | Gesellt sich Reichtum nur zur Gunst Oder eine edle Kunst. Da der stolze reiche Feirefiss Sich stäts mit treuem Dienst befliß Um Frauenhuld, so gab ihm willig Eine Lohn dafür wie billig. |
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Als sie die Rüstung abgethan, |
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5 | Der Heide trug manch seltsam Mal. Gawan sprach zu Parzival: »Freund, wer ist der Geselle dein? Er trägt so wunderlichen Schein, Daß ich nie dem Gleiches sah.« |
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10 | Zu dem Wirthe sprach der Waleis da: »Bin ich dein Freund, so ists auch er, Des sei dir Gachmuret Gewähr: Der König ists von Zaßamank. Mein Vater dort mit Preis errang |
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15 | Seine Mutter, Belakanen.« Da ward er sattsam von Gawanen Geküsst. Viel schwarz und weiße Flecken Sah man Feirefissen decken All die Haut, nur daß der Mund |
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20 | Halber Röthe machte kund.
Beiden brachte man Gewand, |
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25 | Orgeluse läßt ihn Kondriê Und Sangiven küssen, eh Mit Arniven sie den Mund ihm beut. Feirefiss war hoch erfreut, Als er so klare Frauen sah; Viel Liebes ihm daran geschah. |
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Gawan zu Parzivalen sprach: |
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5 | Dir und auch dem Bruder dein: Bei wem erwarbt ihr diese Pein?« – »Nie ward mir härtrer Streit bekannt,« Sprach der Waleis: »meines Bruders Hand Zwang mich zur Wehr in großer Noth: |
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10 | Wehr ist ein Mittel für den Tod. Auf diesem Fremdling nahverwandt Zerbrach das Schwert mir in der Hand. Zeigt' er da Furcht, so war es kleine: Fern aus der Hand warf er das seine. |
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15 | Nicht wollt er sich an mir versünden Und wuste nicht, wie nah wir stünden. Jetzt hab ich seiner Huld Geschenk, Sie zu verdienen eingedenk.« Da sprach Gawan: »Mir ward gesagt |
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20 | Von einem Streit gar unverzagt: Zu Schatelmerveil ersieht Man, was sechs Meilen weit geschieht: Die Spiegelsäule zeigt es dort. Gleich sprach mein Ohm Artus das Wort: |
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25 | Der dort gekämpft des selben Mals, Du wärst es, Held von Kingrivals. Du hast Gewissheit erst gebracht; Doch hatten wirs uns hier gedacht. Nun glaube mir, was ich dir sage: Wir hätten dein geharrt acht Tage |
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760 | Mit großer reicher Lustbarkeit. Mir ist euer Zweikampf leid: Ruht davon bei mir euch aus. Da doch geschehen ist der Strauß, |
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5 | So habt euch künftig um so gerner; Den Haß vergüte Freundschaft ferner.« |