Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Neuntes Kapitel

Aus welchen Ursachen gewöhnlich Krieg zwischen zwei Mächten zu entstehen pflegt.

Der Krieg zwischen den Römern und Samnitern, die lange Zeit im Bündnis miteinander gestanden hatten, entsprang aus der gleichen Ursache wie die meisten Kriege zwischen mächtigen Staaten. Der Krieg entsteht entweder durch Zufall, oder er wird von dem herbeigeführt, der ihn anzufangen wünscht. Der Krieg zwischen den Römern und Samnitern entstand durch Zufall, denn als diese mit den Sidicinern und dann mit den Campaniern Krieg anfingen, war es nicht ihre Absicht, auch die Römer zu bekriegen. Als aber die Campanier in Bedrängnis gerieten und wider Erwarten der Römer und Samniter ihre Zuflucht zu Rom nahmen, waren die Römer gezwungen, die Campanier, die sich ihnen ergaben, als ihr Eigentum zu verteidigen und sich auf einen Krieg einzulassen, dem sie mit Ehren nicht glaubten ausweichen zu können. 341 v. Chr. Vgl. Livius VII, 29 f. Denn es schien ihnen zwar nicht vernünftig, die befreundeten Campanier gegen die befreundeten Samniter zu verteidigen, wohl aber erschien es ihnen schimpflich, sie als ihre Untertanen und Schutzbefohlenen im Stich zu lassen. Wenn sie diese Verteidigung nicht übernahmen, so meinten sie, würde es niemand mehr einfallen, sich unter ihre Obhut zu stellen. Da nun Herrschaft und Ruhm, nicht Ruhe, Roms Ziel war, so konnte es diese Unternehmung nicht ablehnen. Der erste punische Krieg entsprang aus der gleichen Ursache, da die Römer die Verteidigung von Messina D. h. der Mamertiner. in Sizilien übernahmen; auch dies war zufällig. Schon nicht mehr zufällig war der zweite punische Krieg, denn Hannibal, der karthagische Feldherr, griff das den Römern befreundete Sagunt in Spanien an, nicht um dieser Stadt wehe zu tun, sondern um die Römer zum Eingreifen mit den Waffen zu bewegen und einen Anlaß zum Kriege und zum Einfall in Italien zu haben. Livius XXI, 5 f.

Diese Art, Kriege anzufangen, war stets unter den Mächten gebräuchlich, die auf ihr Wort und auf die Welt etwas Rücksicht nahmen. Denn will ich mit einem Fürsten Hier und an zahlreichen andern Stellen bedeutet Fürst soviel wie Staat, also auch Republik. Krieg anfangen, und es bestehen zwischen uns seit langem gehaltene Verträge, so werde ich mit anderer Rechtfertigung und anderem Vorwand einen seiner Freunde angreifen als ihn selbst. Greife ich seinen Freund an, so weiß ich, daß der Fürst entweder aufgebracht sein wird, und dann ist meine Absicht erreicht, Krieg mit ihm selbst zu haben, oder er wird nicht aufgebracht und läßt seinen Schutzbefohlenen im Stich, offenbart also seine Schwäche oder Treulosigkeit. Beides aber muß ihn um seinen Ruf bringen und meine Pläne erleichtern. Die obengenannte Unterwerfung ist also für den Ausbruch eines Krieges lehrreich; sie zeigt aber auch, welches Mittel einer Stadt bleibt, die sich selbst nicht verteidigen kann, aber sich auf alle Weise gegen den Angreifer wehren will. Es besteht in der freiwilligen Unterwerfung unter einen, den man sich zum Verteidiger ausersieht. So unterwarfen sich die Campanier den Römern und die Florentiner dem König Robert von Neapel, der sie zuerst als Verbündete nicht verteidigen wollte, sie dann aber als Untertanen gegen das Heer des Castruccio von Lucca beschützte, als dieser sie hart bedrängte. In den Kämpfen der Welfen und Ghibellinen in Italien hatte Robert der Weise von Anjou, König von Neapel (1309-1322), im Jahre 1319 Frieden mit Lucca und Pisa geschlossen und auch das mit ihm verbündete Florenz hierzu bewogen. Als aber 1320 der Condottiere Castruccio Castracani von Lucca Florenz angriff, wurde es von Robert unterstützt.


 << zurück weiter >>