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Sechsundzwanzigstes Kapitel

Schmähung und Beschimpfung erzeugen Haß gegen ihren Urheber und nützen ihm gar nichts.

Ich halte es für ein großes Zeichen von Klugheit, wenn man sich der Drohungen und Beleidigungen durch Worte enthält, denn beides nimmt dem Feind nichts von seiner Kraft, aber Drohungen machen ihn vorsichtiger, und Beleidigungen steigern seinen Haß und spornen ihn an, auf dein Verderben zu sinnen. Das sieht man an dem Beispiel der Vejenter im letzten Kapitel, die zur Unbill des Krieges gegen die Römer noch Schimpfworte hinzufügten. Dergleichen muß jeder verständige Feldherr seinen Soldaten untersagen, weil es den Feind nur zur Rache entflammt und seine Kräfte in keiner Weise schmälert; vielmehr sind es nur Waffen, die sich gegen dich selbst kehren.

Ein bemerkenswertes Beispiel dafür trug sich einst in Asien zu. Der persische Feldherr Cabades hatte längere Zeit Amida belagert, 502 v. Chr. und da er der langwierigen Belagerung satt war, beschloß er abzuziehen. Er brach schon sein Lager ab, als die Einwohner der Stadt, übermütig ob des Sieges, auf die Mauern kamen, die Belagerer in jeder Weise verhöhnten und schmähten und ihnen Feigheit und Niedertracht vorwarfen. Darüber aufgebracht, änderte Cabades seinen Beschluß und begann die Belagerung von neuem. Und so groß war der Unwille über die Kränkung, daß er die Stadt in wenigen Tagen einnahm und zerstörte. Das gleiche Schicksal traf die Vejenter, die, nicht zufrieden damit, die Römer zu bekriegen, sie auch noch mit Worten verhöhnten und bis an die Verschanzungen des Lagers vorgingen, um ihnen Schimpfworte zuzurufen, so daß sie die Feinde weit mehr mit Worten als mit Waffen gegen sich aufbrachten. Dieselben Soldaten, die bisher mit Widerstreben fochten, zwangen jetzt die Konsuln zur Schlacht. So wurden die Vejenter wie die Amider für ihre Frechheit bestraft. Gute Feldherren und gute Leiter von Republiken müssen daher auf jede mögliche Weise dahin wirken, daß solche Beleidigungen und Beschimpfungen weder in der Stadt noch beim Heere, weder untereinander noch gegen den Feind vorkommen. Denn gegen den Feind haben sie die genannte üble Wirkung, in der Städte wäre die Wirkung noch schlimmer, wenn man nicht vorbeugt, wie es kluge Männer stets taten.

Als sich die in Capua zurückgelassenen römischen Legionen gegen die Capuaner verschworen, wie an Ort und Stelle erzählt werden soll, S. Buch III, Kap. 6 (342 v. Chr.). brach infolge dieser Verschwörung eine Meuterei aus, die Valerius Corvus beilegte. Bei dem Vergleich wurden unter anderm auch die schwersten Strafen für die festgesetzt, die jemals einem Soldaten diese Meuterei vorwürfen. Livius VII, 41, sagt nur, die Meuterei sollte den Soldaten weder im Ernst noch im Scherz vorgeworfen werden. Tiberius Gracchus, der im Kriege gegen Hannibal zum Befehlshaber einer Anzahl von Sklaven ernannt war, Er siegte mit ihnen 214 v. Chr. bei Benevent. Vgl. Livius XXIV, 14 ff. die die Römer aus Mangel an Leuten bewaffnet hatten, setzte vor allem die Todesstrafe für jeden fest, der einem von ihnen ihren Sklavenstand vorwürfe. Für so schädlich hielten es die Römer, wie oben gesagt, die Menschen herabzusetzen und ihnen etwas Schimpfliches vorzuwerfen, denn nichts erbittert die Gemüter mehr und erzeugt größeren Unwillen, mag es im Ernst oder Scherz gesagt sein. Nam facetiae asperae, quando nimium ex vero traxere, acrem sui memoriam relinquunt. (Denn beißende Scherze, die zuviel Wahres enthalten, lassen bittere Erinnerungen zurück.)


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