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Anscheinend hat nicht nur jede Stadt ihre eignen Gebräuche und Einrichtungen, durch die sie sich von andern unterscheidet, und erzeugt härtere oder weichlichere Menschen, sondern man findet auch einen solchen Unterschied zwischen den Geschlechtern einer Stadt. Daß dies zutrifft, sieht man überall; auch Rom liefert viele Beweise dafür. So waren die Manlier hart und starrsinnig, die Publicola gütig und volksfreundlich, die Appier ehrgeizig und Feinde der Plebejer, und ebenso hatten viele andre Familien ihre besonderen Eigentümlichkeiten. Vom Blute allein kann das nicht kommen, da es sich ja durch die Verschiedenheit der Heiraten ändert, sondern es muß notwendig von der verschiedenen Erziehung in den einzelnen Familien rühren. Denn es kommt viel darauf an, ob ein Knabe von frühster Jugend an immer Gutes oder Böses von einer Sache reden hört. Das läßt notwendig einen Eindruck zurück, der sein Betragen in jedem Lebensalter bestimmt. Wäre dem nicht so, so hätten unmöglich alle Appier dieselbe Gemütsart haben und von denselben Leidenschaften beherrscht sein können, wie wir es nach Livius' Darstellung doch bei vielen sehen, zuletzt bei dem Zensor Appius. Appius Claudius Caecus, Zensor seit 213 v. Chr. Er erbaute die Via Appia und die appische Wasserleitung (Aqua Claudia). Sein Amtsgenosse legte nach achtzehn Monaten, wie das Gesetz es vorschrieb, sein Amt nieder, aber Appius wollte das nicht tun und behauptete, er könne nach dem ersten Gesetz über die Zensur fünf Jahre im Amte bleiben. Obwohl hierüber nun viele Volksversammlungen abgehalten wurden und zahlreiche Unruhen entstanden, so war es doch trotz dem Willen des Volkes und der Mehrheit des Senates nie möglich, ihn zum Rücktritt zu bewegen. Aus der Rede, Livius IX, 34 (310 v. Chr.) die der Volkstribun Publius Sempronius gegen ihn hielt, kann man all den Appischen Übermut ersehen, aber auch all den Gehorsam zahlloser Bürger gegen die Gesetze und ihre vaterländische Gesinnung.