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Hinsichtlich derselben und der meteorologischen Beobachtungen überhaupt verweise ich auf die bevorstehenden Publicationen Admiral Wüllerstorff's und Schiffslieutenant Weyprecht's. An diesem Orte begnüge ich mich, allgemeine Erscheinungen zu erwähnen, weil die Bearbeitung des Beobachtungsmateriales noch nicht vollendet und Schlüsse daher noch unstatthaft sind.
Beobachter.– Winde.– Gewitter.– Wolkenformen.– Mittlerer Barometerstand.– Mittlere Monatstemperaturen und Extreme.– Richtung und Stärke der Winde.
Die meteorologischen Beobachtungen geschahen stets durch die wachhabenden Officiere, mithin durch Schiffslieutenant Brosch, Schiffsfähnrich Orel, den Bootsmann Lusina und den Capitän Carlsen. Maschinist Krisch, welcher sich im ersten Winter daran betheiligt hatte, war im zweiten Jahre, seiner abnehmenden Gesundheit wegen, davon enthoben. Diese Beobachtungen bestanden in zweistündigen Ablesungen der Thermometer, und zur Ermittlung der Luftfeuchtigkeit während des Sommers auch in jener des Psychrometers, ferner in der Aufzeichnung der Richtung und Stärke des Windes, der Niederschläge und der Wolkenbedeckung des Himmels. Da diese Arbeiten anderthalb Jahre lang mit Eifer und Gewissenhaftigkeit, und zwar zum großen Theile in einem bisher noch unbetretenen Gebiete ausgeführt wurden, so sind ihre Ergebnisse von besonderer Wichtigkeit.
Die Richtung und Stärke der Winde schien sich in der ersten Hälfte unserer Reise unter sich nahezu auszugleichen, nur daß im Süden im Allgemeinen südwestliche, im Norden nordöstliche Luftströmungen einigermaßen vorherrschten.
Gewitter fanden niemals statt, auch am Nordrande Sibiriens sind sie nur selten beobachtet worden. Die Wolkenformen im Eismeergebiete besitzen niemals die scharfen Conturen jener südlicher Breiten; sie nehmen im Sommer an Fülle zu, und bestehen im Winter vorzugsweise aus Dünsten und Frostnebeln, welche die Klarheit der Nächte tintenfärbig trüben. Nur über großen Landmassen erhält sich die in den Tropen wie im hohen Norden gleich sprichwörtliche Reinheit des Himmels, von welcher auch Koldewey, Kane, Middendorff und Wrangel berichten. Schiffslieutenant Weyprecht sagt darüber: »Die Wolkenform ist entweder jenes gleichförmige trostlose Grau des gehobenen Nebels oder Cirrus. Letzterer ist aber auch nicht die hochstehende Schafwolke wie bei uns, er besteht aus niedriger stehenden Nebelballen, die nur höchst selten jene scharf begrenzte Form annehmen, wie in den südlicheren Gegenden. An die Stelle der Wolken treten oben die trostlosen Nebel, bald höher ziehend, bald wie angenagelt sich an den Boden klammernd. Vierundzwanzig Stunden heiterer Himmel kommt im Sommer fast nie vor; meistens ist die Sonne schon nach wenigen Stunden wieder hinter den dicken Nebelmassen verschwunden Es versteht sich von selbst, daß dies nur vom Eismeere gilt, woselbst die Beobachtung stattfand, nicht aber auch von den Erscheinungen über dem Lande; daselbst treten Nebel ungleich seltener auf. Der Verfasser.. So trostlos aber auch diese ewigen Nebel sind, so nöthig sind sie doch für die allgemeinen Eisverhältnisse; sie sind die Bindemittel für die Sonnenwärme und zehren mehr am Eise als die directen Sonnenstrahlen.« Und in Hinsicht der Winde fügt er hinzu: »Bis zum Herbste des zweiten Jahres waren die Winde sehr variabler Natur. In der Nähe von Nowaja Semlja hatten wir viele Südost- und Südwestwinde, die im Frühjahre mehr nordöstlich wurden. Eine bestimmt vorherrschende Windrichtung ließ sich erst erkennen, als wir im zweiten Winter unter Franz Josephs-Land lagen. Hier kamen alle Schneestürme über fünfzig Procent aller Winde aus Ostnordost. – Sie brachten meistens Bewölkung mit sich, die erst wich, wenn sich der Wind mehr gegen Norden drehte. Die Winde werden, wie bekannt, durch das Eis selbst gedämpft. Sehr häufig sieht man in gar nicht bedeutender Höhe die Nebelballen in raschem Fluge vorüberziehen, während unten fast Windstille ist. Interessant war in beiden Jahren im Monat Januar vor dem Eintritte der anhaltenden Winterkälte der Kampf zwischen den kalten nördlichen und den warmen südlichen Winden. Das Hereinbrechen der warmen Süd- und Südwestwinde brachte Massen von Schnee und rief innerhalb kurzer Zeit eine Temperaturerhöhung von 30-35° R. hervor.«
Schneefälle ereigneten sich zu allen Zeiten des Jahres; weil sie jedoch häufig in Begleitung heftiger Winde auftraten, so ließ sich ihre Existenz oder die Mächtigkeit ihrer Ablagerung nicht immer erkennen. Extreme Fälle von Anwehungen abgerechnet, schien die mittlere Schneetiefe auf dem Eise während eines Winters drei Fuß zu erreichen; sie war beträchtlicher unter dem Lande als in dessen Ferne. Regen gehört fast nur den wenigen Sommermonaten an; er besteht vorzugsweise in einem feinen Niederschlag, nie in den oft plötzlichen Ergüssen südlicherer Breiten. Im zweiten Sommer überwog die Häufigkeit seines Vorkommens die des ersten.
Die Angabe eines mittleren Barometerstandes für eine bestimmte Localität ist wegen der beständigen Ortsveränderungen, denen wir unterworfen waren, unmöglich; es ist daher nur gestattet die Monatsmittel desselben in der folgenden Tabelle zu verwenden. Die abzulesenden Thermometer befanden sich fünfundzwanzig Schritt vom Schiffe entfernt, wodurch sie von dessen Einfluß ziemlich isolirt wurden; ihre Höhe über der Schneefläche betrug vier Fuß. Die Thermometer sollen stets frei hängen; in Kästen geben sie immer falsche Werthe an, besonders wenn sich diese mit Schnee füllen. Im ersten Winter waren wir der Eispressungen wegen genöthigt, die Thermometer in einem solchen Kasten auf dem Schiffe aufzuhängen, es unterliegt daher keinem Zweifel, daß die Ablesungen dadurch in vielen Fällen etwas zu hoch ausfielen. Sie können aber auch zu tief ausfallen, nämlich dann, wenn die Thermometer die Schneedecke des Eises direct oder nahezu berühren. Scoresby, Parry und wir selbst beobachteten, daß die Temperatur dieser Schneedecke in ruhigen klaren Winternächten etliche Grade unter jene der Luft sinken kann.
Ein Minimalthermometer wurde täglich um Mittag abgelesen, und im Sommer geschah dies auch mit einem Schwarzkugel-Thermometer zu verschiedenen Tagesstunden. Der Eintritt des täglichen Maximums war im Winter irregulär und entschied sich erst im vorgerückten Frühjahre für etwa zwei Uhr Nachmittag; dadurch zeigte es sich, wie gering der Einfluß der mittägigen Dämmerung während der langen Nacht auf den Gang der Temperatur war. Nachdem die charakteristischen Temperaturen jedes Monats bereits eingeschaltet wurden, genügt es für den Gesammtüberblick, die übrigen Beobachtungen durch ein Zusammenfassen der mittleren Monatstemperaturen und Extreme nachzutragen. Die Beobachtungen über Richtung und Stärke des Windes folgen nach dem Capitel: »Polarausrüstungen« und bilden den Schluß des Werkes.