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Wem es aber vorzüglich darum zu tun ist, eine gute Brühe zu gewinnen, sei es behufs einer schmackhaften und kräftigen Suppe, oder zur Bereitung von Gemüsen, Tunken (Soßen) u. dgl., der muß darauf Bedacht nehmen, seinen Fleischtopf wohl ans Feuer zu bringen. Man setze das Fleisch mit wenigem Salze bei, fülle den Topf bis an den Rand mit kaltem Wasser und schäume ihn während des langsam unterhaltenen Siedens fleißig ab. Nach etwa zwei Stunden gebe man ihm sein volles Salz, welches alle übrigen Unreinigkeiten und toten Stoffe noch vollends in die Höhe zu steigen zwingt. Dann richte man sich allgemach darauf ein, allerlei aromatische Wurzeln und Kräuter hinzuzutun, als Sellerie, Möhren, Petersilie, Porree, und was dergleichen mehr ist, und wie man es am meisten liebt, nur keine Zwiebeln, weil sie gesotten einen faden Geschmack geben. Mit diesen fülle man, wo möglich, den eingesottenen Topf so an, daß die durch Verdunstung verringerte Brühe beinahe wieder den Rand des Topfes erreicht, und lasse alles zusammen etwa noch eine Stunde lang gelinde fortsieden. Wenn man die Kräuter und Wurzeln zu früh hineintut, so verkocht nicht selten der gewürzhafte Geschmack, um dessen willen sie hauptsächlich der Fleischbrühe zugegeben werden. Bei allem Sieden und Dünsten muß man aber vor zwei Gefahren sich in Sicherheit stellen: dem Anbrennen und dem Einschlagen des Rauches.
Brühe gewinnt man von besserer Beschaffenheit in hohen, tönernen, als in metallenen und flachen Gefäßen. In flachen Gefäßen wird das Fleisch sich bei abnehmender Flüssigkeit zeitig bloßlegen, daher oberhalb ausdorren, auch wohl an den Seiten anbrennen, nach dem Kunstausdrucke: beschnirren. In den hohen aber sinkt es mit der Flüssigkeit, bleibt daher stets von ihr bedeckt. Empfehlenswert sind in dieser Beziehung die hohen zylindrischen Dampfkessel, in welchen man Suppe, Gemüse und Fleisch zugleich bereiten kann. Man bilde über dem Gitter ein Bett von Kohl, Möhren und Rüben, lege darauf ein Stück Rind- oder Hammelfleisch und salze es leicht. In den unteren Behälter aber so viel Wasser, als für die Dampfbereitung und zugleich zur Suppe hinreichen wird. Man bringe darauf das Geschirr zum Feuer, wo es einige Stunden zu wirken hat, in welcher Zeit man bisweilen nachsieht, die Suppenkräuter in die Flüssigkeit wirft und später wieder herausnimmt, um Reis, Gerste, gebrochenes Korn oder Mehlpasten hineinzuwerfen. Sind diese hinreichend gesotten, so nimmt man das Gefäß vom Feuer, öffnet es, gibt zuerst die Suppe ein, nachher das Fleisch mit seinem Gemüse, welches während des Kochens alles Fett in sich aufgenommen hat, so daß man die Brühe nicht, wie beim gewöhnlichen Sieden, davon zu befreien hat. Sparsamen und beschränkten Haushaltungen kann dieses Gerät und dessen häufige Anwendung nach obiger Vorschrift nicht genug empfohlen werden. Man findet es von deutschem Gußeisen, kann es jedoch wohl auch von Blech schlagen lassen.
Übrigens gewinnt jede Fleischbrühe auch durch Vermischung der Fleischarten an Wohlgeschmack und Kräftigkeit. Man wird daher wohl tun, die Zuwagen der Fleischer und allerlei in der Haushaltung sich angebende rohe Fleisch- und Knochenreste zu zerschlagen oder zu zerstoßen, und sie mit dem Hauptfleische zugleich anzusetzen. Den Bodensatz, den diese Zusätze bilden, kann man mit einem neuen Aufgusse von Wasser noch vollends verkochen lassen, nachdem das eßbare Suppenfleisch und die gute Brühe bereits aus dem Topfe genommen worden ist. Diese erste zur Suppe bestimmte Brühe darf man auf keine Weise durch einen zweiten Aufguß von Wasser verlängern, wie nur zu häufig in deutschen Haushaltungen geschieht, denn diese Mischung wird durchaus kein Ganzes werden, vielmehr schal und geschmacklos bleiben. Der oben anempfohlene zweite Aufguß aber, den man allmählich wieder einkochen lassen kann, wird entweder für den Gesindetisch oder bis auf den folgenden Tag zurückgesetzt, zu Gemüsen und Tunken verwendet werden können. Ja, ich rate, jederzeit etwas Brühe vom vorangehenden Tage bereitzuhalten, damit man die frische Brühe um so besser schonen könne; denn das in Deutschland, vorzüglich aber in Italien übliche zweite Auffüllen des Suppentopfes hat seinen Grund gewöhnlich in einer vorangegangenen anderweitigen Verwendung der guten Fleischbrühe, welche durch die oben angeratene überständige, oder Reservebrühe, ganz überflüssig gemacht wird.
Einige nehmen zwar die zur Suppe bestimmte Brühe unvermischt aus dem Topfe, füllen aber frisches Wasser über das Suppenfleisch. Ich widerrate dieses Verfahren, weil das Gesottene selbst dadurch entkräftet wird, wie man durch Versuche leicht ins Reine bringen kann. In den Küchen der Reichen und in besuchten Gasthäusern pflegt man weiße und braune Kraftbrühen in Vorrat zu machen, um Tunken und allerlei leckere Speisen damit zu verlängern. Gewiß wird hierbei viel Zeit erspart, weshalb die Coulis, und wie diese Brühen sonst genannt werden, sich vorzüglich für Gasthäuser eignen. Übrigens geben sie eine zu große Gleichförmigkeit des Geschmackes und verderben sogar die Speisen, wenn sie, wie im Sommer oft geschieht, schon abgestanden sind.
Die Franzosen lieben, ein Stückchen Kalbs- oder Rinds-Leber mit dem Fleische verkochen zu lassen, welches der Suppe vielen tierischen Leim- oder Gallert-Stoff mitteilt, wie man beim Erkalten der Brühe aus ihrem willigen Erstarren abnehmen wird. Freilich gibt die Leber der Brühe auch ein wenig Gallenstoff, an dem man, ohne vorangehende Gewöhnung, kein Behagen finden wird. Allein da die Franzosen sich gewissenhaft enthalten, ihre Brühe mit Wasser aufzufüllen, auch sehr viele gewürzhafte, schmackhafte Kräuter und Wurzeln in den Suppentopf tun und diese nicht länger am Feuer lassen, als durchaus notwendig ist, um sie gar zu machen: so wird jene Herbigkeit des Lebergeschmackes fast gänzlich überkleidet und verlieblicht.
Als ich in meinen früheren Jahren mit meinem Herrn in Italien reiste, befanden wir uns etliche Monde zu Rom in einem Quartier, wo mir nur der äußerste Winkel des Herdes zu Gebote stand, auf dem ich nichts als einen hohen, schmalen Suppentopf ansetzen konnte. Auf Anordnung dieses meines Herrn und Meisters, dessen zarte Gesundheit die schwere römische Kochart nicht ertragen konnte, setzte ich in diesem Topfe täglich, nebst einem Lot Schinken, zwei Pfund Rindfleisch, ein Pfund Kalbfleisch, ein junges Hühnchen und eine junge Taube ans Feuer; die letzteren sind in Rom besonders zart und schmackhaft. Wenn dieses Fleisch hinreichend geschäumt und gekocht hatte, tat ich soviel Wurzeln, Kräuter und feine Gemüse hinzu, als gerade der Markt darbot, und ließ sie hinreichend gar werden. Alsdann richtete ich in der Mitte des Tisches die Gemüsesuppe an und umher die vier Fleischarten mit ihren Beilagen an Sardellen, frischer Butter, Rettich, Gurkensalat und dergleichen. Da ich in der Mischung der Gemüse abwechselte, und da mein Herr heute von diesem, morgen von jenem Fleisch aß, so schien ihm diese vereinfachte, vielleicht sogar veredelte Ollapotrida immer neu, und er trug wohl sechs Wochen lang nicht das geringste Verlangen nach anderen oder anders zugerichteten Speisen. Die angeführten Quantitäten hätten auch für verschiedene Personen genügt.
Sogenannte Kraftbrühen, oder braune Suppen, werden gemacht, indem man einige Fleisch- und Schinken-Schnitte leicht anbraten läßt, dann eine kräftige Fleischbrühe darüber gießt, das Fett abnimmt und das angebrätelte Fleisch ganz in dem Aufgusse verkocht. Diese Art von Brühen wirkt etwas schärfer auf die Zunge als die gewöhnlichen, welche demungeachtet nach den Umständen gehaltreicher sein und sogar feiner auf der Zunge liegen können. Man pflegt die braunen Brühen wohl nachzubilden, indem man etwas Zucker in Butter anbrät, was einen widrig-süßlichen Geschmack gibt; alle Lügen und Verstellungen dieser Art laufen, wenigstens in der Kochkunst, gegen die Grundsätze, welche ich befolge.
Ungleich kräftiger und zur Stärkung schwacher Personen, und besonders der Wöchnerinnen und Ammen, ist, was die Franzosen bouillon de prime nennen. Sein unvollkommenes Vorbild ist der Fleshtea der Engländer. – Zerschneide Rind- und Kalb-Fleisch, wohl auch ein Huhn, in kleine Stücke; lasse dieselben eine bis zwei Stunden lang in kaltem Wasser liegen, welches genau soviel sein muß, als man zur Brühe zu bedürfen glaubt. In dieser Zeit entbindet das kalte Wasser das Osmazoma, die nahrhafteste, feinste Substanz des Fleisches. Man setze darauf das Geschirr mit allem darin Enthaltenen an ein lebhaftes Feuer, werfe Kräuter und Wurzeln daran nach Geschmack und Gefallen, schäume es ab und wirf das nötige Salz daran. Wenn es eine halbe Stunde lang gewallt hat, so ist die Brühe auf ihrem Punkte. Man sondere sie dann von den Fleischstückchen, indem man sie durchgibt. Es gibt eine helle, dünn aussehende, doch feinschmeckende und höchst kräftige Brühe.
Das Rindfleisch ist unter allen Umständen das beste Suppenfleisch. Etwas Rindfleisch zu anderen Fleischarten zu legen, aus denen man gerade eine Suppe kochen will, würde ich unter allen Umständen anraten. Fette und ranzige Fleischarten, als Hammel, Lämmer und Zicklein, Schweine, Gänse, Enten u. dgl. m., eignen sich durchaus nicht, um aus ihnen gute Brühe zu ziehen, und sie werden daher nur in den äußersten Notfällen dazu verwendet.
Hammelfleischbrühe wird erträglich, wenn man nach italienischer Art Reis und in dünne Scheiben aufgeschnittene weiße Rüben darin gar kocht. Die Milde des Reises und die Schärfe der Rüben zersetzen zum Teil den etwas ranzigen Geschmack der Hammelbrühe. Vergl. oben die Bereitungen im Dampfkessel.
Will man aber eine gute Fischbrühe gewinnen, so setze man den Fisch mit wenigem, allenfalls kaltem oder lauem Wasser an, lege sogleich kräftig schmeckende Wurzeln hinzu, lasse dieses sehr langsam sieden; man tue feine Kräuter hinzu, von welcher Art man's liebt, aber nicht eher, als einige Minuten vor dem Anrichten.