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Zweites Buch
Nahrungsstoffe und Würzen aus dem Pflanzenreiche

Erstes Kapitel
Von den mehligen Körnern, Samen und Wurzeln im allgemeinen

Auf den Anbau und Verbrauch der Mehlfrüchte gründet sich alles gesellige und gesittete Leben. Denn so lange, als ein Volk seine Nahrung aus dem Tierreiche gewinnt, sei es durch Jagd, Fischerei oder Viehtrift, wird es zu keinen festen Sitzen kommen, mithin nicht den Grad von Ausbildung seiner Fähigkeiten erlangen können, der durch ein ruhiges Leben bedingt wird. Einem wandernden Geschlecht ist es nicht vergönnt, die Erfahrungen vieler Geschlechtsalter in Gebäuden, Kunstwerken, Schriften aufzubewahren oder durch vielfältige Berührungen seine Ideen mehrseitig auszubilden. Dahingegen darf es von den Hirtenvölkern gerühmt werden, daß sie nicht selten gerade die tiefsten und höchsten Begriffe in ihrer ursprünglichen Reinheit bewahren und mit einem flammenden Eifer gegen die Spiele des Geistes einer überlegenen Bildung behaupten.

Der Feldbau bewirkt aber die Entwicklung der Geistesanlagen der Menschen, sowohl durch Befestigung ihrer Wohnsitze, als auch durch deren Anhäufung; denn die Erde bringt bei fleißigem Anbaue der mehligen Körner unverhältnismäßig sicherer und häufiger den Nahrungsstoff hervor, als die Viehtrift, geschweige denn die Jagd und Fischerei. Und wir werden hier von neuem darauf zurückgeführt, daß die Speise einen nicht zu berechnenden Einfluß auf die moralische Ausbildung der Menschen ausübt; was auch die Sentimentalität unserer Zeitgenossen dagegen einwenden möge.

Die mehligen Körner werden großenteils von Gräsern gewonnen, deren Vaterland von einigen in den Ebenen von Hochasien S. die Einwendungen dagegen bei Schubert, die Urwelt und die Fixsterne. Dresden 1822. 8. S. 537 ff. gesucht wird. Allein die älteste Bildung schloß sich in Indien und China nicht an den Anbau jener Gräser, vielmehr an den Reisbau; und die mehrhundertfältig lohnenden Körner, welche Herodot Clio. Den Mais fand Mungo Park im Innern von Afrika überall verbreitet, was anzunehmen zwingt, daß er in dem alten Kontinent ebensowohl heimisch sei, als im neuen, dessen Spielarten sogar abzuweichen scheinen. – Die Geschichte der Maiskultur in Europa ist dunkel. in den Talebenen des Euphrat und Tigris antraf, sind nach dessen Andeutungen der Mais oder das türkische Korn, in dessen frühzeitigem Anbaue wir also allem Ansehen nach den Ursprung der uralten Bildung der vorderasiatischen Reiche aufsuchen dürfen. Die Halmfrüchte aber, auf deren Anbau die Kultur der Europäer begründet ist, mögen über Persien und über den Pontus zu uns herabgekommen sein. Doch können wir die Wanderungen des Weizens, der Gerste, der Schotenfrüchte nicht mehr bis in die ältesten Zeiten zurückverfolgen; denn die Mehrzahl der mehligen Körner und Hülsenfrüchte war bereits vor aller sicheren Geschichte bis an die Küsten des Mittelmeers verbreitet worden. Allein das sinnbegabteste Volk aller Zeiten bewahrte in seinen Mythen und religiösen Gebräuchen das Gedächtnis der Wohltaten der Ceres und des Triptolemos, und verehrte lange in diesen die Bedingung seiner unerreichbaren Geistesbildung.

In der Folge vermehrte sich die Zahl der Mehlfrüchte teils durch unendliche Spielarten der bereits vorhandenen Gattungen, teils durch den bedeutenderen Zuwachs der mehligen Knollen und Wurzeln der neuen Welt. Endlich ward auch das Mark der Sagopalme durch den Handel in die europäischen Küchen eingeführt. Ich werde in der Folge mich enthalten, in alle Spielarten der Getreidegattungen, der Hülsenfrüchte und Erdäpfel einzugehen; denn ein großer Teil derselben wird in Europa nicht angebaut, und in der Bereitung findet sich von einer Art zur andern gar wenig Unterschied.

Viele Dinge sind schon in ihrem natürlichen Zustand eßbar; doch bei den Mehlfrüchten jeglicher Gattung und Art muß man die Verdauung durch die Kunst unterstützen. Betrachten wir voran jene Körner, welche nicht ohne vorangegangene Zermalmung gekocht, gebacken oder sonst zu einer gesunden menschlichen Nahrung umgestaltet werden können. Hierhin gehören sämtliche Halmfrüchte, der Weizen mit seinen Varietäten, der Roggen, die Gerste, der Hafer, der Mais oder das türkische Korn. In den ältesten Zeiten pflegte man diese Körner in eigenen Mörsern zu zerstoßen: es war dies die härteste, gefürchtete Arbeit der Sklaven. Wie vieles verdankt nicht eben daher die Menschheit der Erfindung der Wasser- und Windmühlen? Wie vieles nicht dem gesamten Maschinenwesen, welches gegenwärtig so oft höchst ungerechterweise geschmäht wird; denn es ist ja nicht die Schuld sinnreich erfundener Maschinen, daß viele Menschen unserer Zeit keine belohnende Lebensbeschäftigung finden, vielmehr nur der Trägheit und des Unverstandes derer, welche Macht und Einfluß genug besitzen, Kräfte, welche die tägliche Notdurft nicht mehr in Anspruch nimmt, für das Schöne und Große in Bewegung zu setzen.

Dem sei, wie ihm wolle; uns genügt zu bemerken, daß durch ein bloßes Zerbrechen der Körner der Gries (die Grütze, il Semmolino) hervorgebracht wird, welches zum Brotbacken wenig geeignet ist, und einzig durch Sieden erweicht und verdaulich gemacht werden kann. Um aus jenen harten Körnern ein Mehl zu bereiten, muß man sie vielmehr gründlich zermalmen und durch Tücher stäuben, damit man vorerst die häutigen Teile, oder die Kleien davon absondere. Durch mehrmaliges Sieben oder Beuteln wird in der Folge ein feineres und verschiedene Arten eines gröberen Mehles gewonnen. Es ist merkwürdig, daß man in ganz Italien das Mehl durch Handsiebe sichtet, und bis jetzt jenen einfachen Mechanismus verschmäht hat, welcher im nördlichen Europa die Mehlbeutel in Bewegung setzt.

Anderen Körnern, wie dem Reis, dem Heidekorn oder Buchweizen, darf man nur ihre holzige Schale abnehmen, um sie zum Kochen vorzubereiten. Doch kann man auch aus diesen Gries und Mehl bereiten; eben wie man die Gerste, nach Art des Reises bloß von seiner Hülse befreit, in der Gestalt sogenannter Graupen durch Sieden leicht und bequem erweicht. Die Hirse erweicht sich sowohl ganz als gebrochen; vom Mais macht man aber ein grobes, griesartiges Mehl, welches des Beutelns oder Siebens nicht bedarf, weil der Überzug dieses Kornes wenig häutig ist. Die Hülsenfrüchte lassen sich ohne vorangegangene Zermalmung durch Sieden erweichen. Ebenso die noch weicheren mehligen Knollen und Wurzeln, denen wiederum die Kastanie gleichsteht. Dasselbe gilt auch von den Gemüsen, die, wie der Kürbis, die Artischocke und andere, einen häufigen Mehlgehalt haben.


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