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Wenn das Brot, in seinem einfachen, ungewürzten Zustande, eine allgemeine Zugabe zu jeglicher Art von Speisen ist, ihnen durch die Allgemeinheit seines Geschmackes eine allseitige Grundlage gibt, und also gleichsam die Bindung, das vermittelnde Prinzip, jeglicher, auch der vielseitigsten Mahlzeit ist, so dient dahingegen das Backwerk, wenn es nicht als selbständige Schüssel auftritt, oft nur als Einfassung oder als Zugabe besonderer Speisen, und wird in seiner Mischung jedesmal auf die Geschmacksart eben der Speise eingerichtet, welche es begleiten soll.
Den harten, festen, jeglicher Gestalt empfänglichen Teig zu kalten Pasteten machen die Franzosen außer Frage am besten. Die Handgriffe sind ihnen in diesem, wie in manchem anderen Backwerke gleichsam zur anderen Natur geworden. Was nun allenfalls in einer Vorschrift sich aussprechen läßt, findet sich in ihren Büchern. Folgende Anweisung ist aus jenen entlehnt worden.
Quantitäten: Sechs Pfund Mehl; drei Pfund Butter; zwei Unzen Salz und zehn Eidotter. Hiervon die Hälfte, ein Vierteil, das Doppelte nach dem jedesmaligen Bedürfnisse.
Verfahren: Nimm dein Mehl, lege es auf einen Tisch und mache darin eine Vertiefung; in diese Vertiefung tue die Butter, das Salz, die Dotter von den Eiern, ein Glas Wasser; letzteres mehr oder weniger groß, nach Maßgabe der übrigen Quantitäten. Verarbeite die Butter mit dem Wasser, den Eiern und dem Salze; hab' acht, daß die Butter recht geschmeidig sei; mische das Mehl bei kleinem ein und häufe alles wohl zusammen. Wenn dieser Teig wohl zusammengedrängt ist, so zerknete ihn mit den Fingern, bis er sich recht durchdrungen hat. Wäre er etwa zu trocken, so feuchte man ihn noch etwas an. Diesen Teig mehr als zweimal zu kneten ist gefährlich. Denn er könnte, vornehmlich im Sommer, zu körnig werden, und deshalb nicht gehörig zusammenhalten.
Ungemein befördert jedoch die schöne Festigkeit und das hübsche goldbraune Ansehen des französischen Pastetenteiges die selbst in den besten Hilfsbüchern empfohlene Methode, das einzulegende Pastetenfleisch vorher in der Kasserole halbgar zu kochen. Gewiß gewinnt hierdurch das äußere Ansehen der Pasteten; doch geht auf der anderen Seite der eigentliche Zweck der Pastete, die in sich selbst verschlossene Garbereitung, großenteils verloren. Um hiervon anschaulich überzeugt zu werden, mache man zwei Pasteten aus denselben Zutaten, koche das Fleisch der einen auf französisch in der Kasserole vor, und lege dahingegen das Fleisch der andern roh mit seinem Gehäcksel ein; bezeichne dann beide und backe sie. Der Geschmack des roh eingelegten Fleisches wird ungleich reiner, saftreicher, kräftiger sein.
Zu Blättergebackenem oder zum Butterteige finden sich in den Kochbüchern mehr und minder brauchbare Anweisungen. Ein sparsamer Gebrauch auserwählter Butter, Feinheit und Güte des Mehles, Sorgfalt und Ausdauer in der Verarbeitung an einem möglichst kühlen Orte sind unnachläßliche Erfordernisse eines guten Butter- oder Blätter-Teiges. Folgende Methode pflegte mich während meiner viel jährigen Praxis zu dem erwünschtesten Resultate zu führen.
Quantitäten: Ein Pfund des feinsten Weizen- oder Speltenmehles; dreiviertel Pfund guter, entweder ungesalzener, oder durch mehrmaliges Waschen vom Salze befreiter Butter, zwei frische Eier, ganz; ein Eßlöffel voll guten französischen Branntweins; ein Eßlöffel voll süßen Rahmes.
Verfahren: Lege die Hälfte des Mehles auf einen glatten, reinen Tisch, besser auf eine Marmorplatte; mache darin eine Vertiefung, tue darein die Eier, den Branntwein, den Milchrahm; verarbeite dies alles zu einem festen Teige, so daß er sich mag auseinanderrollen lassen. Nimm darauf die Hälfte deiner Butter, lege sie auf deinen ausgerollten Teig; schlage darauf den Teig über die Butter zusammen; bestreue mit einem Teile des noch übrigen Mehles einen neuen Platz auf deinem Tische; kehre alsdann deine Teigmasse um, so daß sie mit der oberen Seite auf dem mit Mehl bestreuten Platze liegen wird. Rolle die ganze Masse mehrmal auseinander und nehme alsdann die andere Hälfte deiner Butter und mache es ebenso wie mit der ersten, bis dein Mehl ganz verbraucht ist.
Rolle darauf deinen Teig ziemlich dünn und schneide ihn nach der Form, die du deinem Gebäcke geben willst. Endlich legst du deinen Teig schichtweis übereinander bis zu der Höhe, welche dir gerade ansteht. Zwischen jegliche Schichte streiche ein wenig Eigelb aus, und bestreiche es damit auch äußerlich, damit dein Gebäck eine schöne goldbraune Farbe erhalte.
Einige befolgen ein anderes, doch wenig verschiedenes Verfahren; die Franzosen z. B. nehmen sehr viel Butter zu dieser Teigart, wodurch sie fett und schwerfällig wird; andere salzen den Teig, und dieses kann ohne Nachteil geschehen.
Der Butterteig eignet sich sowohl zur Unterlage von nährenden Speisen, als auch um gekochtes Obst und andere süße Mengungen einzufassen.
Kleine Pastetchen von Butterteig füllet man mit allerlei feinen animalischen Stoffen in wohlgebundener, leicht säuerlicher Tunke; z. B. Briesel (oder Kälbermilch, Schweder, ris de veau) leicht abgesotten, die zartesten Teile in Würfel geschnitten und allein oder mit Trüffeln, Morcheln oder anderen feinen Schwämmchen in der weißen Tunke erwärmt, dann die heißen Pastetchen gefüllt und aufgetragen. Oder ausgemachte Krebsscheren und Schwänze, mit Morcheln in einer weniger säuerlichen, mit etwas Krebsbutter gebundenen Tunke. Hierzu tut man auch wohl die Lebern von allerlei kleinem Geflügel. Ochsengaumen oder Euter von weiblichen Kälbern, Hahnenkämme und ähnliches, richte man ebenso wie die Briesel. Auch die Austern gibt man auf dieselbe Weise, nur dürfen diese nicht gekocht, sondern nur in der schon vom Feuer abgehobenen Tunke leicht erwärmt werden, weil sie sonst hart und unverdaulich werden dürften, wie schon der mehrerwähnte Scappi bemerkt.
Pastetchen von Seekrebsen und Hummern: Man siede sie gar, nehme das Kopf-Eingeweide heraus und hacke es mit einer Schalotte, feinen Kräutern, dem Fleisch einer Sardine, und rühre es über leichtem Feuer mit einigen Löffeln starken Essigs, einem wenig Öl oder Butter beinahe bis zum Aufsieden. Verdünne mit etwas Zitronensaft und weißer Fleischbrühe; treibe es durch ein reines Sieb. Unterdes wirst du das Fleisch der Schwänze und Scheren des Seekrebses in Würfel geschnitten haben. Dies lege in die durchgetriebene Tunke, füge Salz und ein wenig Gewürz hinzu und lasse es zusammen eben heiß werden. Dann fülle es in deine Pastetchen.
Pastetchen von Krabben: Koche sie, nimm die fleischigen Schwänzchen heraus und stelle sie zurück; zerstoße das übrige, bringe es mit Butter oder mit etwas Kalbfleischbrühe zu Feuer, treibe es endlich durch ein Sieb und verbinde das Durchgetriebene mit etwas weiß abgerührtem Mehle, einem Eidotter, einem wenig Zitronensaft. Salze gelinde und laß deine ausgemachten Krabbenschwänzchen in dieser Tunke warm werden. Dann fülle sie in deine Pastetchen.
Alle zarten und leckeren Fisch- und Fleischarten eignen sich zu solchen Bereitungen. Es ist hier der Einbildungskraft der Köche ein weiter Spielraum zugemessen.
Bei geselligen Mittagsmahlzeiten bedient man sich größerer, eine ganze Platte ausfüllender Einfassungen von gutem Blätterteige, um beliebig Nebengerichte mit Zierde aufzutragen. Salmys und allerlei halbfeines Gedünstetes eignen sich zu solchen Speisen. Doch fülle man nicht zu vielerlei in denselben Teigrand. Es möchte eins das andere verderben.
Ein guter schweizerischer Rahmkuchen oder Ramequin, von Rahm, Butter, Eidottern, Kartoffelmehl und Parmesankäse, nimmt sich auf einem Blätterteige sehr artig aus.
Der Blätterteig dient endlich auch zum Beschlusse von Mahlzeiten als Unterlage von gekochten und eingemachten Früchten, oder von allerlei süßen Mengungen. Man nennt sie in dieser Form auch wohl Torten, eben wie manche andere Gebäcke von verschiedener Teigart, unter denen die Sand- oder Krümeltorten noch am leichtesten zu verdauen und durchgehend am beifälligsten sind. Allerlei Tortenteig mit zerstoßenen Mandeln anzumachen, wie es an so vielen Orten Gebrauch ist, widerrate ich allen menschenfreundlichen Köchen. Denn die Mandelpastete ist teils nicht jeglichem angenehm, teils ohne Ausnahme sehr unverdaulich. Darum verdirbt das Gebiß solcher Menschen, die von Marzipanen und Mandeltorten häufig Gebrauch machen. Ja, ganze Ortschaften bringen durch den Gebrauch des Mandelgebäcks ihre äußeren und inneren Verdauungswerkzeuge auf das sträflichste in Unordnung. Ich habe sogar von einer Frau gehört, die an dem Marzipan sich tot gegessen.
Unter dem französischen Backwerk ist die pâte à brioche, zu welcher in allen Kochbüchern dieser Zunge Vorschriften vorkommen, ihrer Einfachheit und Verdaulichkeit willen sehr empfehlenswert. Sie ist den verwandten deutschen Butterleibeln und Süsterkuchen durchaus vorzuziehen.
Überhaupt kann mehr und minder trockener oder fetter, harter und fester oder lockerer Teig in Kuchen und Torten sehr mannigfaltig abgeändert werden. Siehe die an diesen Nichtigkeiten so reichhaltigen Kochbücher, halte dich aber noch viel strenger an die lokalen Traditionen über die Mischung und über die Handgriffe in der Bearbeitung. Es geraten den Köchinnen, welche weniger zu reisen pflegen als die Köche, die ganz lokalen Backwerke durchgehend am besten. Das so oder anders ist übrigens hier, wie überall in den Nebendingen, ziemlich gleichgültig. Man halte nur auf feines Mehl, welches aus trocken eingeführtem, recht wohlgereiftem Getreide gemacht worden; auf recht gute Butter und völlig frische Eier. Um das Mehl recht sicher von der besten Qualität zu haben, kaufe man seinen Weizen oder seine Spelte selbst ein und übergebe dies Korn, ohne am Arbeitslohne zu sparen, dem geschicktesten Müller in der Nachbarschaft. Übrigens hüte man sich vor dem Übermaße des Fettes und der Feuchtigkeit, bringe den Teig zur rechten Zeit, ehe er wieder gesunken ist, zum Feuer, backe ihn wohl aus, ohne ihn doch zu verbrennen und mische endlich nicht, wie so oft geschieht, eine ganze Apotheke von Geschmacksarten hinzu, welche die Sinne nur ängstigen und verwirren.
Aus den Backwerkfabriken, welche in vielen deutschen Städten über den Trümmern echter Haushaltungskunst errichtet worden, sah ich Torten hervorkommen, in denen schichtweis alle säuerlichen Obstarten, Schokolade, Vanille, Mandelbrei, bitterliches Eingemachte und fadere Süßigkeiten angebracht waren. Hypochondrische Gäste bissen gierig in dieses augenblicklich ihre aufsteigende Magensäure übertünchende Gemisch; ihr Wohlgefallen war offenbar schmerzlich und keineswegs das ruhige Genügen an der Befriedigung gesunder Eßlust.