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Li-Tai-Pe: um 702-763 (?)

Lebte lange am Hofe von Ming-Hoang-Ti, zog dann trinkend und ein wüstes Leben führend durch die Provinzen. Über seinen Tod gibt es verschiedene Lesarten. Li ist der Familienname, Tai-Pe bedeuten strahlender Glanz. Die Mutter nannte ihn so, weil am Tage seiner Geburt der Morgenstern in besonders hellem Lichte erstrahlte. Er ist der größte chinesische Lyriker, genannt, Der große Doktor, Der Kaiser der Poesie und Der Unsterbliche, der den Wein liebte. Das Gedicht auf Seite 17 illustriert typographisch den Inhalt: den sich im Wasser widerspiegelnden Porzellanpavillon, worin der Dichter, in den ihm vom Kaiser, Ming-Hoang-Ti, seinem Gönner, geschenkten Festgewändern im Kreise fröhlicher Mädchen und Genossen zecht, bis er im Spiegel des Wassers sich und die ganze Welt wirklich und nach reichlichem Weingenuß auch bildlich auf den Kopf gestellt sieht.

 

Die Verliebten

Am Kaiserpalast regt leis der Wind die duftenden Lotosblüten,
Auf höchster Terrasse der König ruht, den Wachen bewaffnet umhüten.
Es tanzt vor seinem Angesicht Si-Schi, die schönste der Frauen:
Wie Silber ihr Knie, wie die Sonne ihr Aug, die Brüste wie Schnee zu schauen.
Sie lächelt wollüstig; beim Tanze den König Fu-Tschai betrachtend,
Sie sinkt vor ihm nieder, er fängt sie auf, drückt ans klopfende Herz sie verschmachtend.

 

Der Porzellan-Pavillon

Sieh
Schön sich heben
Aus des Weihers Mitte
Unser Pavillon: nach Vätersitte
Porzellan-erbaut aus Fliesen grün und weißen,
Die im Sonnenschimmer hell wie Silber gleißen.
Dorthin führen kühngeschwungnen
Bogens leichte Brücken,
Braun- und gelbgefleckt wie eines
Tigers samtner Rücken.
Fröhlich, Mädchen und Gesellen, sitzen wir in Festgewändern,
Schlürfen muntern Herzens Wein aus Tassen, zartgeformt mit goldnen Ränder,
Plaudern, scherzen, schreiben Verse, die, von Herzen kommend, Herzen packen,
Stülpen hoch die seidnen Ärmel, schieben von der heißen Stirn die Hüte in den Nacken:
Sind befreit von Alltagssorgen, fragen nicht, ob morgen wir uns wieder müssen placken!
Aber in des Weihers blauen, kaum vom Wind bewegten Glitzerwogen
Gleicht der leicht erbauten Brücke schön geschwungener umgekehrter Bogen
Einem Halbmond, lieblich wie mit einem Pinsel hingezogen.
Und wir selbst, vom Weine
Froh erhitzt, wir Kleiderbunten,
Sehn uns in den Fluten
Wieder, Kopf für Kopf, nach unten,
Ja den Pavillon sogar, was soll das heißen?
Porzellan-erbaut aus Fliesen grün und weißen,
Wie er hingestellt nach Vätersitte,
Zu des Weihers Mitte
Abwärtsschweben
Sieh!

*


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