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Zollernsagen.

I.

Das Zauberross des Grafen Friedrich von Zollern.

Vor vielen Jahren lebte ein Graf Friedrich von Zollern mit seiner gottesfürchtigen Haus- und Ehefrau Udalhild, welche nach ihrem Ableben von vielen Leuten für heilig gehalten wurde. Seine Kinder schickte er, als sie halberwachsen waren, zu ihrer weiteren Erziehung an fürstliche Höfe oder zu nächsten Freunden und Verwandten. Denn er nahm sich vor, »in die Heidenschaft zu reisen« und fremde Länder zu erforschen. Die Grafschaft und all seinen Besitz befahl er seiner Gemahlin zur Pflege und nahm dann Abschied von Haus und Untertanen und ging mit einigen Dienern in die weite Welt hinaus.

In der wilden Fremde jenseits des Meeres erging es dem Grafen nicht sonderlich gut. Ein Pferd um das andere sank dahin; auch seine treuen Diener wurden ihm nach und nach durch den Tod geraubt. Nach Jahren stand er endlich ganz allein da und mußte in seiner Armut oft bittern Mangel leiden.

Wie er nun in seiner großen Not einst nicht wußte, wo aus und ein, trat eine geisterhafte Erscheinung vor ihn hin und bot dem verarmten Grasen seine Hülfe an. Es war der »Tausendlistig« (Teufel), welcher ihn von Gott abzuführen gedachte. Friedrich hatte aber Besonnenheit genug, die arglistigen Anerbietungen des Verführers entschieden zurückzuweisen; Gott hatte ihm Gnade und Kraft hiezu verliehen.

Zuletzt bot ihm der böse Feind ein wunderschönes Roß an, mit welchem er nach seinem Wunsch und Gelüste an alle Orte und Enden der Welt in großer Geschwindigkeit gelangen könne, – nur müsse er es des Abends, oder wenn er sonst absteige und einkehre, gegen Westen (Sonnenuntergang) stellen, wenn er es abzäume und absattle. An dem Roß könne er sein Lebenlang haben und die ganze Welt damit durchreisen; wenn er aber jene Bedingung auch nur einmal übersehe, so werde er dasselbe plötzlich verlieren und ewiglich nimmer zur Hand bekommen. Was der Graf hiefür zu versprechen und zu leisten hatte (»wie ainest in sollichen Fällen gepreuchlich«), das weiß heute niemand mehr und wird auch von der Sage nimmer berichtet. Der Graf nahm das Roß an, und der Versucher schied von ihm.

Graf Friedrich blieb noch längere Zeit in der Welt draußen, wo das Roß ihm wirklich gute Dienste leistete. Doch ergriff ihn schließlich ein unüberwindliches Heimweh, das ihn nach Hause zog. Sein Wunderroß trug ihn den weiten Weg in seine Grafschaft, die indessen von der Gräfin weise und wohl regiert worden war. Beim Einritt in sein Land erkannte ihn niemand, und er ließ seinen lieben Angehörigen die Botschaft von seiner Ankunft melden: die gute Frau eilte ihm mit ihren Söhnen und Töchtern entgegen und empfing ihn am Fuß des Berges mit großer Freude. Der Graf stieg ab, begrüßte Weib und Kinder aufs herzlichste und ging mit ihnen zum Schloß hinauf.

Bei der Freude des Wiedersehens vergaß er, die Knechte darüber zu belehren, wie sie das Roß stellen und behandeln sollen: unversehens war es verschwunden – die Knechte wußten nicht wohin. Deshalb gingen sie eilends zum Grafen, um ihm das wunderbare Ereignis zu berichten. Der Graf war sich sofort klar, daß er solches selbst verschuldet habe und sagte gelassen zu seinen Leuten: » Nun, was kann ich tun? Es ist geschehen und sei damit Gott befohlen!«

Wenige Stunden später erschienen drei schöne Jungfrauen in schneeweißen Gewändern am Tor des Schlosses Zollern und begehrten, zu dem Grafen geführt zu werden; sie wurden ihm angemeldet, und er befahl, sie unverzüglich vorzulassen. Als sie vor ihm standen, verneigten sie sich, und eine von ihnen erklärte, sie seien Geister, die in der Gewalt des bösen Feindes gewesen seien und durch die Macht desselbigen ihn in Gestalt des Rosses eine lange Zeit und einen weiten Weg getragen haben; weil er aber über den Verlust seines Tieres nicht ungeduldig gewesen sei und alles Gott anheimgestellt habe, so seien sie aus der teuflischen Gewalt befreit und nun erlöst, andernfalls waren sie bis zum jüngsten Tag von den höllischen Geistern geplagt worden. Nach einem kurzen, aber innigen Dank verschwanden sie auf einmal.

Graf Friedrich erreichte ein hohes Alter, blieb zeitlebens daheim und starb in gutem Frieden. Er soll im Kloster Stetten am Fuß des Hohenzollern begraben worden sein; seine Gemahlin habe ihn kurze Zeit überlebt und ruhe nun an seiner Seite.

(Nach der Zimmerischen Chronik. A. H.)


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