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Im Speisewagen Berlin-Frankfurt, ein Uhr, gegen Ende des ersten Mittagessens. An meinem Tisch drei große, umfangreiche Herren, die offenbar zur Frankfurter Messe fahren.
Französischer Rotwein, viele Schnapsgläser, Zigarren so groß wie die Zeppeline.
Seit einer Weile hält der Zug auf einer mittelgroßen, leeren Station.
»Wo sind wir denn hier?« – »Weimar.« – »Na, warum halten wir denn so lange in dem Drecknest?«
Unter den eisernen Trägern des Bahnhofs hinweg kann man ein Stück der Landschaft sehen. Graues oder schwärzliches Hügelgebilde, über das gerade jetzt ein geistreiches Aprilschneewehen hinwegwandert.
Der blendendweiße Strich dort ist eine Straße. Diese Straße ist er oft gefahren mit seinem Eckermann, auch bei schlechtem Wetter. Und Hügel und Schnee haben damals ebenso ausgesehen wie jetzt, haben ihm nicht mehr geboten, als sie uns bieten.
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Inzwischen wird am Tische der Wert Weimars erwogen und besprochen. »In Weimar ist gar nichts los.« – »Ein ganz totes Nest.« – »So schlimm ist es nun doch nicht, hier ist doch die große Pianofortefabrik von ... na ... Dingsda ... von Römhilt.«
Gott sei Dank, daß es wenigstens Pianofortes sind, denn es hätten ja auch Gummikragen sein können. Dann hieße es heute im deutschen Volksmund: Weimar, richtig, das ist ja die Stadt mit den Gummikragen.
Nun setzt sich der Zug doch so allmählich in Bewegung und rückt über Neudietendorf auf Frankfurt a.M. zu. Dort steht das Haus, an dem immer so viele schöne Reden gehalten werden. Über unseren Dichter, der in diesem Sinne als wahrhaft volkstümlich bezeichnet werden muß.