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Das gestörte Glück

Ich hab' ein heißes junges Blut,
      Wie Ihr wol Alle wißt,
Ich bin dem Küssen gar zu gut
      Und hab' noch nie geküßt;
Denn ist mir auch mein Liebchen hold,
's war doch, als wenn's nicht werden sollt':
      Trotz aller Müh' und aller List
      Hab' ich doch niemals noch geküßt.

Des Nachbars Röschen ist mir gut;
      Sie ging zur Wiese früh,
Ich lief ihr nach und faßte Muth,
      Und schlang den Arm um sie:
Da stach ich an dem Miederband
Mir eine Nadel in die Hand;
      Das Blut lief stark, ich sprang nach Haus,
      Und mit dem Küssen war es aus.

Jüngst ging ich so zum Zeitvertreib
      Und traf sie dort am Fluß;
Ich schlang den Arm um ihren Leib
      Und bat um einen Kuß;
Sie spitzte schon den Rosenmund,
Da kam der alte Kettenhund
      Und biß mich wüthend in das Bein.
      Da ließ ich wol das Küssen sein.

Drauf saß ich einst vor ihrer Thür
      In stiller Freud' und Lust;
Sie gab ihr liebes Händchen mir,
      Ich zog sie an die Brust;
Da sprang der Vater hinterm Thor,
Wo er uns längst belauscht', hervor;
      Und wie gewöhnlich war der Schluß:
      Ich kam auch um den dritten Kuß.

Erst gestern traf ich sie am Haus;
      Sie rief mich leis herein:
»Mein Fenster geht in'n Hof hinaus,
      »Heut Abend wart' ich Dein.«
Da kam ich denn im Liebeswahn
Und legte meine Leiter an;
      Doch unter mir brach sie entzwei,
      Und mit dem Küssen war's vorbei.

Und allemal geht mir's nun so;
      O, daß ich's leiden muß!
Mein Lebtag werd' ich nimmer froh,
      Krieg' ich nicht bald 'nen Kuß.
Das Glück sieht mich so finster an –
Was hab' ich armer Wicht gethan?
      Drum, wer es hört, erbarme sich
      Und sei so gut und küsse mich!


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