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Dieses und das nächstfolgende Gedicht wurden aus dem »Album« der Herzogin von Kurland zuerst im Weimarer Sonntagsblatt (1855) veröffentlicht.
Eine Rose aufblühte zur Winterszeit,
Mit all des Frühlings Herrlichkeit;
Und wo sie stand, und wo sie war,
Da war die Luft so mild und klar,
Als thät' ein Maitag sie umweben
Mit allem seinem Zauberleben;
Als hätte der Winter nicht Macht und Gewalt
An ihrer freundlichen Liebesgestalt,
An ihrem keimenden Engelsgemüth;
Und war doch im Winter aufgeblüht! –
Da lachte der Sommer den Winter aus:
»Du bist nicht Herr in dem eignen Haus! –
»Die Rose entfaltet ihr zartes Leben;
»Kannst Du nicht der blühenden widerstreben,
»Daß sie gehorche der herrschenden Zeit
»Und sich hülle in Dein frostiges Kleid?«
Der Andre entgegnete ruhig und kalt:
»Auch der Winter fühlt des Schönen Gewalt!
»Und wo er es findet auf seiner Bahn,
»Da tritt er still und freundlich heran. –
»Wie nun die Rose hat gewollt,
»Daß es Frühling um sie werden sollt',
»Da ließ ich des Lebens warme Strahlen
»Auf ihren Blättern sich freundlich malen;
»Denn in meinem Reich soll sie blühend stehn,
»Ein ew'ger Frühling soll wallen und wehn
»Um ihre freundliche Liebesgestalt;
»Denn auch der Winter gehorcht des Schönen Gewalt.« –