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V. Die geschlechtlichen Reizmittel der Japaner

Harikata. Der künstliche Penis

Unter einem Harikata versteht man irgendeine Nachahmung des männlichen Gliedes in irgendeiner Form und aus den verschiedensten Stoffen. Solche Nachahmungen des Penis werden wohl in Gestalt von in der Natur vorkommenden Gegenständen seit den ältesten Zeiten zur Selbstbefriedigung benutzt worden sein. Wir wollen hier auf Einzelheiten nicht eingehen, da es sich für uns nur um die aus Japan vorliegenden Unterlagen handelt.

siehe Bildunterschrift

17. Verschiedene mechanische Reizmittel. (Verschiedene Formen des künstlichen Penis (harikata): einfach, doppelt und zum Umbinden, Penisaufsatz (kabutogata), Penisstütze (yoroigata), Reizringe (rin no wa), Reizkügelchen (rin no tama) und Penisbinde (higozuiki).

Wann und wo in Japan zuerst Harikatas hergestellt und gebraucht wurden, läßt sich heute nicht mehr feststellen, aber eine Angabe im Koji Dan, einer Sammlung von Überlieferungen aus alten Zeiten, soll als älteste Erwähnung vom Gebrauch eines Harikata zugleich den Ursprung dieser »Sitte« enthalten. Das Koji Dan sagt folgendes:

»Während des dritten Jahres von Shingo-Keiun (im Jahre 769 u. Z.) gebrauchte die Kaiserin Shotoku als Harikata eine Yam-Wurzel (die Wurzel von Dioscorea batatas, die chinesische Kartoffel). Als sie eines Tages mit der Anwendung der Yam-Wurzel beschäftigt war, brach diese in zwei Teile auseinander, von denen der eine Teil tief in die Scheide hineinglitt und nicht mehr herausgenommen werden konnte. Daraufhin holte man an den Hof einen berühmten Arzt herbei, dessen Hände so klein und zart waren, wie diejenigen eines neugeborenen Kindes. Ein Hofbeamter, der sich in der Nähe des Arztes befand, glaubte, es wäre sicherlich ein Zauberer und schlug ihm auf der Stelle den Kopf ab. Aus diesem Grund konnte der Kaiserin nicht geholfen werden und sie starb im August desselben Jahres an einem Leiden, das sich aus dem unglücklichen Zufall entwickelt hatte.«

An diesem Bericht wird wohl etwas Wahres sein, wenn man bedenkt, mit welcher Genauigkeit im Osten seit den ältesten Zeiten Chroniken geführt worden sind. Es kommt für den vorliegenden Fall noch hinzu, daß die seltsamen Nebenumstände beim Tode der Kaiserin Shotoku jedenfalls großes Aufsehen erregt haben, sodaß die Erinnerung daran nicht verloren gehen konnte.

In der Yedo-Periode (1598–1867) wurden diese Gegenstände allgemein in den Galanteriewarenläden (Komamonoya) verkauft und die berühmtesten Häuser, in denen Harikatas hergestellt wurden, waren die »Yotsume-ya« von Yedo und Ōsaka. Diese beiden Häuser haben, wie wir heute sagen würden, »den Markt beherrscht«. Es waren Fabrikanten und Großhändler, die sich bescheiden Drogenhändler nannten. Da der Name Yotsume-ya im Volksmund ganz allgemein zur Schutzmarke oder zum Warenzeichen der »Markenartikel« der beiden Häuser geworden war, lohnt es sich wohl, über diesen gewissermaßen geschichtlich gewordenen Namen das Wissenswerte zusammenzustellen.

 

Yotsume bedeutet: Vier Augen (yotsu-me) und ist ein Bild in dieser Gestalt, das als Familienmerkzeichen oder als Wappenschild benutzt wird. Dieses Bild hatte der Drogenhändler Yotsumeya als seine Hausmarke verwendet, so daß das Wort Yotsume im Volksmund das Fachwort für Yotsumeya, Yotsumeya-Dōgu und Yotsumeya-Gusuri geworden war. Ferner bezeichnet man auch das Chōmeigwan damit, weil das Abzeichen des Hauses Yotsumeya auf die Päckchen gedruckt war. Unter Yotsume verstand man also gewissermaßen alles, was als Hilfsmittel im Geschlechtsleben anzusehen war, denn Yotsumeya oder Yotsumeya-Dōgu waren Aphrodisiaca, Liebestränke, künstliche Phallen usw., wobei Yotsumeya-Dōgu (Yotsumeya-Werkzeuge) in erster Linie die Gegenstände bezeichnete, während man unter Yotsumeya-Gusuri die Arzneien, zu denen auch das oben erwähnte Chōmeigwan gehört, verstand, d. h. die Aphrodisiaca, die in der Yedo-Periode von den Drogisten Yotsumeya in Yagenbori, Ryōgoku, Tōkyō und Yotsumeya am Shinsai-bashi, Ōsaka verkauft wurden. Demnach haben also sowohl am Ryōgoku, dem öfter erwähnten Rummelplatz bei Tōkyō, als auch an der Shinsai-Brücke bei Ōsaka sich Verkaufsbuden der geschäftstüchtigen Drogisten befunden. Wir haben oben darauf hingewiesen, daß es sich bei der Umgegend dieser Brücken um Hauptverkehrspunkte großer Städte handelt. Die Besitzer der Häuser führten den Familiennamen Yotsumeya Chūbei.

Wie volkstümlich die Mittelchen des Hauses Yotsumeya waren, zeigen die folgenden zwei Senryūs:

»Baka mo chōhō Yotsume wo kai ni yari.«

»Sogar ein Dummkopf ist noch klug genug, um sich ein Reizmittel von Yotsumeya holen zu lassen!«

»Yotsumeya no Nyōbo tokidoki tamesareru.«

»Die Frau Yotsumeya wird manchmal von ihrem Gatten geprüft!« Mit andern Worten: »Der Herr Yotsumeya probiert manchmal seine Erzeugnisse an seiner Frau aus!« Dieser Volkswitz ist gewiß wegen seines urkomischen Inhaltes sehr verbreitet gewesen.

Zu den gegenständlichen Reizmitteln, die von den Yotsumeyas hergestellt und verkauft wurden, gehören folgende:

die wir später einzeln besprechen werden. Unter den angeführten Gegenständen befinden sich auch Chasens und Azumagatas, d. h. zwei Arten künstlicher Vulven, die wir in einem besonderen Abschnitt behandeln müssen.

Von den Arzneien, d. h. den Aphrodisiaca, Liebestränken, Mittel für unempfindliche oder wenig empfindende Frauen, Salben für Päderasten usw. seien folgende genannt, die wir in einem anderen Abschnitt nach Zusammensetzung und Anwendungsweise erklären werden:

Daß auch die Volkssage sich mit dem Harikata beschäftigte, beweist die folgende kurze Geschichte, die allerdings mit ihrem verblüffenden humoristischen Schluß beweist, daß man auch solchem Stoff eine lustige Seite abgewinnen kann:

»Diejenigen, die in die letzten Geheimnisse eingeweiht sind, können ihre geistige Kraft auf alle Dinge übertragen, die aus ihrer Künstlerhand hervorgehen. So soll das von der Hand des Hidari Jingorō geschnitzte Pferd zum Grasen hinausgegangen sein, und der von ihm geschnitzte Drache ging ans Wasser, um zu trinken.

siehe Bildunterschrift

16. Illustrierte Liste von geschlechtlichen Reizmitteln. (Von rechts oben nach unten: Reizkügelchen (rin no tama), Reizring (rin no wa), Reizbinde (higozuiki), Penisaufsatz (kabutogata), künstliche Vulva (azumágate), Penisstütze (yoroigata), Reizring aus higozuiki geflochten, Aphrodosiaca (hiyaku), künstlicher Penis (harikata).

Da war einmal die einzige Tochter eines reichen Hauses, die man zum Kaiserpalast schickte, damit sie sich dort ein feines Benehmen aneigne. Eines Tages erkrankte sie und wurde deshalb nach ihrem elterlichen Hause zurückgebracht. Da keine Erscheinungen vorhanden waren, aus denen man die Krankheit hätte erkennen können, ließen die Eltern das Mädchen von einem Arzt untersuchen und dieser erklärte, sie sei schwanger. Natürlich glaubten die Eltern, sie hätte während ihres Dienstes im Palaste mit einem Mann geschlechtlichen Verkehr gehabt und dachten daran, den Namen ihres Liebhabers durch ihre Amme zu erfahren, da das Mädchen ihnen selbst keine Antwort geben wollte.

Die Amme horchte das Mädchen nun vorsichtig aus und erfuhr dann folgendes von der Tochter: Sie hatte während der Zeit ihrer Verwendung am Hofe niemals mit einem Mann zu tun gehabt, aber eine Freundin unter den Hofdamen hatte ihr ein Harikata gegeben, mit dem sie einige Male gespielt hatte. Während sie dies erzählte, zeigte das Mädchen dieses Harikata vor, das sie in dem Kiri-no-hako aufbewahrte. Das Kiri-no-hako ist eine Schachtel oder ein Kästchen aus dem Holz der Paulownia imperialis, einem japanischen Baum, der einen benzoëartigen Geruch hat. Er ist auch in Europa in Gärten heimisch geworden. Seinen Namen hat er von der Tochter des Zaren Paul I., Anna Paulowna. Gewöhnlich werden die Harikatas, in ein Stückchen Krepptuch eingewickelt, in solchen Kästchen aufbewahrt.

Die Amme ging nun zu den Eltern und berichtete ihnen die Unterredung mit allen Einzelheiten. Aber die Sache war so nicht überzeugend genug! ›Wie kann man denn von einem künstlichen Penis schwanger werden!‹, murmelte der Vater vor sich hin. Dann nahm er das Harikata in die Hand und betrachtete es. Das war ja ein ganz wunderbar gearbeiteter hölzerner Phallos! Das war ja ein ganz prächtiges Ding! Er betrachtete es sich noch einmal ganz genau bis an die Wurzel und dort fand er dann folgende Inschrift:

›Geschnitzt von Hidari Jingorō Toshikatsu.‹«

Hidari Jingorō ist ein berühmter Bildhauer, der während der Keichō- und Kwanyei-Periode (1596-1637) lebte. Er war ein Sohn des Itami Masatoshi, eines Vasallen des Ashikaga Shōgun; in seiner Jugend nannte man ihn Toya-matsu. Er schnitzte gewöhnlich mit der linken Hand und daher wurde es üblich, ihn Hidari, den Linkshänder, zu nennen. Eines seiner berühmten Werke ist das Juraku-Dai in Kyōto, eine Rednertribüne. Hidari starb vierzig Jahre alt im Jahre 1637.

Nach einer Volksüberlieferung verliebte er sich einmal in ein Freudenmädchen im Gion, einem bekannten Demimonde-Viertel von Kyōto, und von ihrer zarten Hand erhielt er als Geschenk einen Taschenspiegel. Hidari war über die Zuneigung des Mädchens ganz glücklich; er schnitzte ihr Bild in Holz, legte es in einen Kasten und hatte seine Freude daran, wenn er jeden Tag das Bild betrachten konnte. Es wird erzählt, daß sich diese hölzerne Puppe bewegte, wenn er ihr den Taschenspiegel auf die Brust legte. Diese Sage wird in einem Stück des Kabuki-Theaters verwertet; das Stück führt den Namen: »Kyō Ningyō«, die Puppe von Kyōto.

siehe Bildunterschrift

19. Die beiden Glücksgötter Ebisu und Benten bedienen sich geschlechtlicher Reizmittel (nach Takahashi).

In der Yedo-Periode hatten die Gotenjochū und Nagatsubone den Brauch, an das untere Ende des Harikatas die Schriftzeichen mit dem Namen ihres Lieblingsschauspielers anbringen zu lassen. Auf diesen Brauch wird in der Erzählung von Hidari angespielt, nur daß dort der Name des Künstlers an dieser Stelle steht. Mit dem Brauch der Hofdamen beschäftigt sich ein Senryū:

»Harikata a Hiiki-na ireru
         Nagatsubone.«

»Die Hofdame bringt an der Wurzel ihres Harikata die Unterschrift ihres bevorzugten Schauspielers an.« Diese Hofdamen waren in einem besonderen Teil des kaiserlichen Palastes untergebracht; es war also eine Art japanischer Harem, das Onnabeya. Die Gotenjochū waren eine Art aufwartender Ehrendamen, während die Nagatsubone, auch Otsubone genannt, ein für ihren eigenen Gebrauch eingerichtetes Gemach hatten, weil sie im Range höher standen. Tsubone, ein Zimmer, hat dieselbe Bedeutung wie früher unser »Frauenzimmer«; es ist der Raum, der für die weiblichen Bediensteten im Hause eines Adligen bestimmt ist, der bei uns auf Burgen und in Palästen »das Frauenzimmer« hieß und wie bei uns nennt man auch die Insassen eines solchen Tsubone »Tsubone« oder im höheren Sinne O-tsubone und Naga-tsubone, das wäre etwa »das wohlgeborene Frauenzimmer« oder »das hochwohlgeborene Frauenzimmer«! Diese Frauen waren bis auf die Zeit ihrer Beurlaubung von dem Verkehr mit der Außenwelt abgeschlossen und galten infolgedessen als eifrige Benutzerinnen der Harikata. Das wird beinahe als selbstverständlich angenommen, wie wir in der Geschichte von dem geschnitzten Phallos des Hidari sehen. Sonst gebrauchten Frauen, die keine Gelegenheit zum Verkehr mit dem andern Geschlecht hatten, Witwen usw. das Harikata in allen seinen Formen, aber auch Töchter besserer Häuser, die unter strenger Aufsicht im Hause erzogen wurden.

Die Insassinnen des »Frauenzimmers«, ob am Hofe oder in einem adligen Hause, hatten nach einem alten Brauche während der Yedo-Periode ihre Ausgehtage, Yabuiri, Yabuiri ist heute noch die Zeit, zu der Angestellte Urlaub erhalten. am sechzehnten Tage des ersten und siebenten Monats (nach dem alten Kalender), um ihre Angehörigen zu besuchen. In diesen Tagen tobten sich die Gotenjochūs und die Nagatsubones, insoweit sie dazu veranlagt waren, in richtiger Weise aus, indem sie entweder einen Yakusha, einen Schauspieler, oder einen Kagema, Ein Kagema ist eine Art Schauspielerlehrling, der die Bühne noch nicht betritt; sie wurden meistens als passive Päderasten benutzt. Wir werden in dem Abschnitt über die gleichgeschlechtliche Liebe unter Männern auf sie zurückkommen. einen jungen Schauspieler, in ein Deai-jaya, ein Absteigequartier, oder in ein Kagema-jaya, ein Speisehaus, wo diese Kagemas beschäftigt waren, einluden, um sich von diesen befriedigen zu lassen.

Diese Schauspieler haben offenbar in dem Leben der Hofdamen eine große Rolle gespielt. Nicht allein, daß sie den Namen ihres Lieblings am Harikata anbrachten, daß sie ihn in ein Absteigehaus bestellten, sie haben auch ihr Harikata in einer ganz besonderen Weise benutzt, worüber das folgende Senryū Auskunft gibt:

»Nigao-e de Ateire wo suru Nagatsubone.«

»Die Dame des Frauenzimmers befriedigt sich selbst, wobei sie das Bild (ihres Schauspielers) betrachtet.« Nigao-e bedeutet ein naturgetreues Porträt. Ateire heißt wörtlich: Das tadelnswerte Hineinstecken, ist aber ein derbes Wort der Gassensprache, das die Selbstbefriedigung einer Frau bedeutet, die dabei das Bild ihres Liebhabers betrachtet. Gewöhnlich geschieht jene durch Einführung eines Harikata in die Scheide, aber sie mag wohl auch ihre Finger dazu benutzen. –

siehe Bildunterschrift

20. Selbstbefriedigung mit Hilfe eines Harikata (Farbenholzschnitt)

Harikata bedeutet eigentlich weiter nichts als: Die Form aus Papiermaché. Kata oder gata ist Gußform, Form, Gestalt, Figur, Typ oder Modell. Hariko ist Papiermaché und dieses Wort bedeutet auch allein einen Selbstbefriediger; wir könnten es übersetzen: Einer aus Papiermaché. Statt Hariko sagt man auch: Harinuki, Das aus Papiermaché Gemachte, oder: Hari-Sugata, Die Gestalt aus Papiermaché (Satow: image, das Bild, das Abbild). Die Form Hari-Tsuno, Das Horn aus Papiermaché, wird durch ein Senryū bezeugt:

»Ki-birodo nado de
         Hari-tsuno tsutsumu nari.«

»Sie wickelt ihr Papiermaché-Horn in gelben Sammet ein!« Nun ist aber Tsuno, das Horn, an sich schon eine Bezeichnung des Harikata, nicht nur wegen der Form, sondern auch wegen des Stoffes. In dieser Beziehung ist das Papiermaché in den Hintergrund getreten und durch dauerhaftere Stoffe, wie Horn, Schildpatt, Holz, Metall und sogar Glas ersetzt worden. Der künstliche Penis aus lackiertem Papiermaché kommt wohl kaum noch vor und hat auch in der Hauptsache seine Rolle als Engi von übermenschlicher Größe ausgespielt. Wir werden uns gleich mit dem Stoff des Harikata und den Naturerzeugnissen, die als Ersatzharikata dienen, ausführlich beschäftigen.

 

Ein so beliebter Gegenstand, wie es das Harikata von jeher gewesen ist, konnte sich mit einem einzigen Namen nicht begnügen, vielleicht hat man in vielen Fällen das Wort Harikata auch absichtlich vermieden, weil man unter einem lackierten Papiermaché-Phallos gewöhnlich das Engi verstand.

 

Eine sehr naheliegende Bezeichnung des Harikata ist Tō-kei, die ähnliche Form, oder noch deutlicher Maragata, die Penisform, und Ohase-Gata, von dem altertümlichen Wort Ohase oder Hase, der Penis, das Männliche, abgeleitet, so daß Ohase-Gata mit »Die Form oder das Abbild des Männlichen« zu übersetzen wäre. Man sagte auch Ohashi, der Mittelpunkt des Mannes, für den Penis.

Bezeichnend für die Haltung des Japaners dem Geschlechtlichen gegenüber ist der Name Warai-Dōgu für ein Harikata; das Wort bedeutet: Das lächerliche Ding. Vielleicht paßt unser deutsches Wort »ein Scherzartikel« ganz gut. Wir haben gesehen, daß die Frühlingsbilder, die Shungwas, die wir als unzüchtig ansehen, auch als Warai, Etwas zum Lachen, oder als Warai-e, lachende Bilder, gelten, usw. Nach dem Vorbild der Kissenbilder, die man unter dem Kopfkissen aufbewahrt, der Makuraes, nennt man auch das Harikata »Makuragata«, Die Kopfkissenform, nämlich des Penis.

In dem erotischen Buch »Kōshoku Tabi Makura« (Das verliebte Reisekissen) wird angegeben, daß man für das Harikata drei Namen hat, nämlich Osugata, Harikata und Goyō-no-mono. Als das Buch veröffentlicht wurde (es erschien im achten Jahre der Genroku-Periode, 1695 u. Z.), war Osugata, sein Abbild, wegen der Höflichkeitssilbe O ein anständiges Wort. Man kann das Wort aber auch als Osu-gata zusammengesetzt denken, und hätte dann: Das Bild des Männlichen. Sugata hat sich in dem oben erwähnten Hari-sugata, der Gestalt aus Papiermaché, erhalten. Goyō-no-mono bedeutet »Das Ding für das Geschäft«, war also ein sehr harmloses Wort. Über seine Verwendung lesen wir in dem Buch »Mito Kyō Monogatari« (Erzählung über meinen Besuch in Kyōto) folgendes: »Bei den Galanteriewarenläden sieht man einen Bambusstock, etwa 6 Zoll lang, auf den ein Stück Papier mit der Inschrift ›Goyō-no-Mono‹ geklebt ist. Dieser Stock wird an der Außenseite des Ladens angebracht. Damit ist das Gerät gemeint, das die Frauen benutzen, die während ihres Dienstes am Hofe mit keinem Mann zusammentreffen können.« Also auch hier die Angabe über die Hofdamen als einzige Benutzerinnen des Harikata, und außer der Feststellung der Tatsache kein irgendwie sittlich angehauchter Vorwurf gegen die Hofdamen, mit denen sich aber der Volksmund anscheinend um so mehr beschäftigt. Ein hierher gehöriges Senryū lautet:

»Hakoiri-musuko hizō suru
         Nagatsubone.«

»Die Hofdame liebkost (hegt, pflegt) den Sohn in dem Kasten.« Der Sohn in dem Kasten, Hakoiri-musuko, war eine Bezeichnung für das Harikata, weil es, wie wir oben gesehen haben, in einem Kasten aufbewahrt wird. Ein Hakoiri-musuko kann aber auch ein verwöhnter Sohn, oder, wie wir sagen würden, ein verwöhnter Junge, sein, wodurch das Senryū auch den Sinn bekommt: »Die Hofdame liebkost ihren verwöhnten Jungen.« Oder man könnte auch unter Verwendung einer bekannten Redensart sagen: »Die Hofdame hält ihn, wie ihren Augapfel,« im Anschluß an eine japanische Redensart: »me ni iretai hodo kawaigaru,« d.h. wer einen sehr liebt, denkt fast daran, ihn in sein Auge einzusetzen. In bezug auf die Hofdamen wollen wir hier auch an das oben bei Besprechung der Wandkritzeleien der Kinder gebrachte Senryû erinnern, wonach die Hofdamen bei Verwendung eines Harikata niemals einen Hodensack zu sehen bekommen. Solche Scherze scheinen sehr verbreitet gewesen zu sein, offenbar war Hofdame und Harikata ein dankbarer Stoff für die Blitzdichter solcher Verschen, wie auch das folgende Senryû beweist:

»Rasetsu shite mata
         Shita ni naru Nagatsubone.«

»Nach der Kastrierung legt sich die Hofdame selbst wieder nieder.« Mit andern Worten: Eine von zwei Hofdamen, die sich ein Harikata umgebunden hatte, nimmt es ab und legt sich nun an die Stelle der andern Hofdame, die eben von ihr mit dem umgebundenen Harikata befriedigt worden war. Für dieses Abnehmen des Harikata sagt das Senryû in ulkiger Weise: sie kastriert sich! Rasetsu bedeutet eigentlich die Amputation des Ra, des Stachels oder Dornes. Ein Kyôshi, ein kleines scherzhaftes Gedicht aus der Yedo-Periode, verwendet das Wort in folgender Weise unter der Überschrift: »Jigokudani (das Höllental):

»Auf beiden Seiten sind kleine Hügel,
         Die Sonne bescheint diesen Platz niemals
                 Und doch ist er mit einer Grasfülle bewachsen;
Den Grund des Tales kannst du von oben nicht sehen,
         Deshalb ergründe seine Tiefe mit einem Stachel!«

Ra ist ein altertümliches Wort, eine Abkürzung von Mara, das in der Umgangssprache für das männliche Glied häufig gebraucht wird. Ra scheint aber als »Stachel, Dorn« ein selbständiges Wort gewesen zu sein, so daß sowohl seine eigene Bedeutung als auch seine Herleitung aus Mara den Hinweis auf das männliche Glied enthalten. Mit Mara haben die buddhistischen Priester für ihre intime Verkehrssprache den Begriff des Penis verbunden. In seinem ursprünglichen Sinne bedeutet das Wort alles, was der sittlichen Reinheit entgegensteht: die Hindernisse durch Leidenschaftlichkeit, Zorn, weltliche Liebe, Eigennutz usw. Es ist der Dämon Mâra, der den Buddha durch seine Versuchungen immer wieder in das Weltleben zurückzuziehen versucht, also der Versucher. In dieser Beziehung würde Mara mit unserem bildlichen Ausdruck »der Stachel des Fleisches« gut zusammenstimmen, aber für den buddhistischen Mönch wäre auch »der Versucher« kein schlechter Name für den Penis. Wie das Volk in launiger Weise mit den Begriffen spielt, die in dem Worte Mara liegen, möge folgendes Liedchen zeigen:

»Mara ya doko yuku
         Sane-yama koete,
Kusa wo wake-wake
         Ana sagasu.«

»Wo willst du denn hingehen, mein Stachel, wenn du über den Venusberg schreitest? Er sucht sich eine Höhle, indem er das Gras auseinanderschiebt!« Über Sane, die kleinen Schamlippen, haben wir oben im Abschnitt über die Schaustellungen gesprochen. Sane-yama ist also der Hügel, wir sagen Berg, über den kleinen Schamlippen. Kusa, das Gras, ist eine allgemein übliche Bezeichnung der Schamhaare. Ana, die Höhle, als Gassenwort für den weiblichen Geschlechtsteil, ist im Abschnitt »Götter und Geister« erwähnt.

siehe Bildunterschrift

Mara-zuru und Bobokko.

In der Umgangssprache kommt für Mara auch verderbt »Maura« vor. Das Bild ist eine Karikatur von dem berühmten Maler Utagawa Kunimaro aus der Utagawa-Schule; sie erschien in einem Buch mit erotischen Karikaturen, das während der Kayei-Periode (1848–1853 u.Z.) veröffentlicht wurde. Utagawa Kunimaro's Deckname war Sasenasai Maromaru; dieser Deckname soll eine erotische Bedeutung haben, die ich aber nicht herausbekommen konnte. Die Unterschrift der Karikatur lautet: Der Peniskranich und die Vulva. Der Peniskranich ist die Figur rechts; solche Darstellungen des Penis als Vogel sind sehr selten, und dieses Vogels in Gestalt des heiligen Kranichs erst recht, während Karikaturen des weiblichen Geschlechtsteils (Bobokko) als Vogel sehr häufig vorkommen. Die Karikatur stellt dar, wie Mara-zuru dem Boboko nachläuft, aber hochmütig abgewiesen wird. Die demütige Haltung des Penis und die hochmütige Abweisung der Vulva konnte nur ein Künstler wie Kunimaro in dieser treffenden Wiedergabe zum Ausdruck bringen.

Eine scherzhafte Benennung des Harikata ist »Teretsuku«. Dieses Wort bedeutet den Klang einer Trommel als Lautnachahmung, so daß wir dafür »Rumm-plumm-plumm« sagen müßten. Dieses Teretsuku ist aber bildlich als Trommelschlegel aufzufassen. Man nennt in der Umgangssprache auch den Penis ein Teretsuku.

Als Stock oder Stab wird das Harikata »Hiden-Bo«, der geheimnisvolle Stab genannt; man kann dafür auch Zauberstab sagen, was etwas scherzhaft klingt. In der Verbrechersprache bedeutet Hiden-Bo den Penis.

Als eine scherzhafte Bezeichnung für ein Harikata ist auch der im untenstehenden Senryû gebrauchte Ausdruck »Ningen no Takeri« anzusehen. Takeri ist das Fortpflanzungsorgan des männlichen Seehundes oder der Pelzrobbe und zugleich ein Gassenwort für den Penis. Ningen ist Mensch, so daß also »Ningen no Takeri« »Seehundpenis eines Menschen« bedeuten würde. Das Senryû lautet:

»Ningen no Takeri made aru Komamono-ya!«

»Galanteriewarenhändler haben auch menschliche Geschlechtsorgane.« Der Witz des Senryû besteht darin, daß man nicht weiß, ob der Penis des Händlers oder der verkäufliche Penis gemeint ist. –

Die Stoffe, aus denen man die Harikatas herstellt, sind sehr verschieden. Wir haben oben darauf hingewiesen, daß eine der ältesten Formen, das Papiermaché-Harikata, nur noch wenig vorkommt, daß man aber sonst verschiedene Stoffe, wie Elfenbein, Metall, Horn, Glas usw. verwendet. Ein älterer Schriftsteller, Ihara Saikaku, dessen Erzählungsbuch »Kôshoku Ichidai Otoko« (Die Lebensgeschichte eines geilen Mannes) im zweiten Tenna-Jahr (1682) zu Osaka erschien, nennt in dem Abschnitt, der von den künstlichen Geschlechtsteilen im Schlafzimmer handelt, nur die folgenden drei:

»Suigû no sugata, suzu no sugata,
         kawa no sugata.«

»Der Phallos aus Büffelhorn, der Phallos aus Zinn, der Phallos aus Leder.« Über den Phallos aus Zinn kann nach den vorhandenen Unterlagen nichts weiter gesagt werden; es wird wohl ein hohler Zylinder gewesen sein, der auf die später zu beschreibenden Weisen angewärmt wurde. Auch über den Phallos aus Leder können keine weiteren Angaben gemacht werden, weil Belege dazu fehlen. Im folgenden Abschnitt werden wir aber sehen, daß das Kawagata, die lederne Form, als künstliche Vulva, heute noch in Gebrauch ist. Auch das Yoroi-gata, ein Harikata ohne Spitze, wird zuweilen aus Leder hergestellt. Es ist aber kein vollständiger Phallos. Siehe unten.

Im Gegensatz zu Leder und Zinn ist das Horn von jeher ein beliebter Stoff für das Harikata gewesen, so daß man »Tsuno«, das Horn, allgemein für das Harikata gebraucht. Wenn man etwas deutlicher sein will, sagt man »Tsuno Zaiku«, das Werk oder die Arbeit aus Horn. Auf den Werbeblättern eines Händlers mit »unzüchtigen« Galanteriewaren, die während des 35. und 36. Meiji-Jahres (1902 bis 1903) im Geheimen verteilt wurden, tauchte das Wort »Tsunegata« auf. Dies würde heißen: die gewöhnliche Form, worunter man sich eigentlich nichts vorstellen kann. Vielleicht hat dem Händler Tsunogata, die Form aus Horn, vorgeschwebt, denn es handelt sich in der Anpreisung zweifellos um ein Harikata aus Horn.

Das Suigû no sugata, die Form aus Büffelhorn, scheint das verbreitetste Harikata zu sein, so daß Suigyû, der Büffel, schon genügt, um ein Harikata zu benennen. Man sagt dafür auch »Kyô-gata«, die Form aus Kyôto. Ob diese Herkunftsbezeichnung den ersten Herstellungsort des Kyô-gata angibt oder irgendwie auf die äußere Gestalt Bezug hat, läßt sich aus den Unterlagen nicht ermitteln. Jedenfalls waren die Fabrikanten von Ruf solcher Galanteriewaren, die Yotsumeyas, in Yedo (heute Tôkyô) und Ôsaka ansässig.

Zu den Harikatas aus Büffelhorn gehört auch ein Instrument, das wir an dieser Stelle besprechen müssen, obwohl es weder zur Selbstbefriedigung von Frauen dient, noch vom Manne benutzt wird, um den Genuß der Frau zu erhöhen. Das ist das »Tasukebune«, das Boot des Lebens, auch Anraku-gata oder Anraku-kata, die bequeme oder behagliche Form, man könnte auch sagen, »die Glückseligkeitsform«, genannt. In dem erotischen Buche »Inyô Tegoto no Maki« (Handbuch für Männer und Frauen), geschrieben von Azuma Otoko und mit Bildern versehen von Insai Hakusui (Keisai Eisen), steht darüber folgendes zu lesen:

Äußerlich sieht dieses Instrument etwa einem in zwei Hälften geteilten Stück Bambusrohr ähnlich, es ist aber aus Büffelhorn hergestellt. Zwischen diesen beiden Stücken der Röhre wird der unvermögende (schlappe) Penis in die Scheide eingeführt. Sobald die Aufrichtung des Gliedes eingetreten ist, wird das Instrument aus der Scheide herausgezogen. Es wurde von alten Männern gebraucht, die noch nach Geschlechtsverkehr begierig waren.«

Vom Horn des wilden Büffels kommen wir zu den Hörnern der Haustiere, die mit ihm verwandt sind. Das ist das Rind, als Ochse und Kuh im Wörterbuch des Harikata vorkommend. Nade-Ushi, der reibende Ochse, ist gewiß ein bezeichnender Name für ein Harikata, während Ushi-no-Tsuno, das Kuhhorn, schon weniger deutlich ist. Abgekürzt zu »Ushi«, die Kuh, soll dies Wort von den Nagatsubone und Gotenjochû, den Hofdamen der Yedo-Periode, ganz besonders bevorzugt worden sein. Mit etwas dichterischem Ausdruck nannte man die Kuh auch »Koku-Botan«, die schwarze Päonie (Bauernrose, Pfingstrose), und auch dieser Ausdruck wurde zu einer Bezeichnung des Harikata, wenn man auch bei der Päonie nicht mehr an das Kuhhorn des Harikata denken konnte. Ein Senryû macht darüber folgende scherzhafte Bemerkung:

»Ushi wo suku Tsubone no mae mo Kokû-Botan!«

»Der Unterleib einer Hofdame, die eine Kuh sehr gern hat, sieht selbst wie eine schwarze Päonie aus!« Hier bedeutet Kokû-Botan zunächst die schwarz gefleckte Kuh, die von weitem gesehen einer schwarzen Päonie ähnlich ist. Dann bringt das Senryû zu dieser schwarz gefleckten Kuh den durch die schwarzen Schamhaare hervorgehobenen Fleck in Beziehung, der nun selbst wieder durch den Doppelsinn von Kokû-Botan als schwarze Päonie angesehen wird. In der Übersetzung läßt sich das natürlich nicht wiedergeben. Durch die Verwendung von Ushi, die Kuh, für das Harikata soll die komische Wirkung des Verschens noch erhöht werden. Es besagt schließlich weiter nichts als: »Die Hofdame benutzt das Kuhhorn (das Harikata) für ihre eigene Kuh (ihre Vulva),« oder: »Die Kuh (die Vulva) der Hofdame liebt ihr Horn (ihr Harikata).« Wir werden später sehen, daß die Kuh öfter als Sinnbild der weiblichen Geschlechtsteile betrachtet wird. –

Bekko (Inouye und Fujisawa: Bekkō) ist die Schale der Schildkröte, das Schildpatt. In der Umgangssprache bezeichnet dieses Wort auch das Harikata aus Schildpatt, d.h. Einer aus Schildpatt. Da der Stoff an sich kostbarer ist, als Kuh- oder Büffelhorn, kann man das Schildpatt-Harikata auch Harikata der »besseren Leute« nennen. –

Man war nicht immer und nicht überall im Besitze eines mehr oder weniger kunstvoll hergestellten Harikata und hat daher nach Ersatzmitteln gesucht. Solche bietet die Natur und die Landwirtschaft, der große und der kleine Gemüsegarten in Hülle und Fülle, und was manchmal wohl auch die Hauptsache war, billig oder vielmehr kostenlos. Einen solchen jederzeit erreichbaren künstlichen Penis nannte man ein »Sokuza-Harikata«, einen rasch zurechtgemachten Selbstbefriediger, wir könnten kurz sagen: ein Stegreif-Harikata. Man nannte solche Harikatas auch Chōsen-gata oder Chōsen-kata, die koreanische Form oder das koreanische Modell. Weshalb, ist in den Quellen nicht angegeben. Der Überlieferung nach sollen in Japan in der Yedo-Periode nur Dienstmädchen und Mägde solche Gemüsephallen benutzt haben;

Das nebenstehende Bild zeigt ein solches Sokuza-Harikata, ein rasch zurechtgemachtes Harikata, das aus irgendeiner stark behaarten Rübe oder Wurzel besteht. Es ist an ein zusammengewickeltes Kleidungsstück festgebunden, wohl um etwas menschenähnlicher gemacht zu werden. Das Bild stammt aus dem Buch »Jitsugo Kyō Eshō« (Lesebuch mit Bildern), das gegen Ende der Yedo-Periode erschien.

siehe Bildunterschrift

Sokuza Harkata

Das beliebteste Stegreif-Harikata scheint der große Rettich, das Daikon, von jeher gewesen und heute noch zu sein. Wir haben oben im Abschnitt »Götter und Geister« gesehen, daß dem Daikon sogar etwas Heiliges anhaftete, da man mit ihm, nachdem man es schön zurechtgeschnitzt und bemalt hatte, das Haus und alle Nebengebäude reinigte, d. h. durch das Schwingen dieses Rettichphallos die bösen Geister vertrieb, aber auch die guten herbeirief. Wenn dabei als Geisterabwehr lautes Lachen erscholl, so wird sich unter dieses Lachen wohl auch etwas gemischt haben, das mit dem Gedanken an eine andere Verwendung des Daikon zusammenhing.

Wir haben ferner darauf hingewiesen, daß der Fuchsgeist das Daikon benutzt, wenn er ein weibliches Wesen bei der Feldarbeit überfällt, und daß Daikokuten, der Gott des Reichtums, einer der sieben Glücksgottheiten der Japaner, ein ausgesprochen phallischer Gott ist, der auf manchen Darstellungen den großen Rettich unterm Arm trägt. Schließlich bedeutet Daikon in der Gassensprache auch das männliche Glied. Im Anschluß an den Fuchsglauben hat Satow die Vermutung ausgesprochen, daß es sich um Anwendung des Daikon als Harikata durch die Bauernmädchen handelt. Aber daß der Gebrauch des Rettich nicht immer ungefährlich war, zeigt eine Angabe in dem erotischen Buche »Makura Bunko« (Die Kopfkissen-Bücherei, Satow: Die Bücherei des Boudoirs) von Insai Hakusui (Keisai Eisen) über die Verwendung des Daikon: »Manchmal enthält der Rettich Bambussplitter, deshalb passe gut auf, ehe du ihn anwendest, damit du dir beim Gebrauch keine Verletzung der Schamteile zuziehst.« Diese Bemerkung bezieht sich offenbar auf die ganz richtige Beobachtung, daß in Rettichen und Rüben sich manchmal sehr harte, feine Stäbchen finden, die zwar keine Bambussplitter sind, aber für solche gehalten werden können.

 

Daß man auch im Notfalle in besseren Kreisen zum Daikon griff, beweist folgendes Volkslied:

»Tsubone dōshi, mōshikaneta ga Harikata
ippon kasha shanse, Oyasui goyō da ga,
kotchi no heya ni mo naushite, Owari-
Daikon hikinuite, shin Higozuiki wo
maite, ima koko de tsukatte iru,
aitara kasō yo, sayōnara!

»Zu einer Hofdame sagt ihre Gefährtin: ›Würdest du nicht so freundlich sein und mir ein Godemiché leihen?‹ ›Sehr gern, aber ich habe augenblicklich keines in meinem Zimmer. Ich werde aber einen großen Owari-Rettich aus der Erde ziehen und ihn in Higozuiki wickeln. Dann werde ich ihn hier selbst erst einmal benutzen und dann kannst du ihn haben! Auf Wiedersehen!« Vom Higozuiki, den getrockneten Stengeln der Higopflanze, haben wir im Abschnitt »Götter und Geister« schon gesprochen und werden im Abschnitt »Reizmittel« darauf zurückkommen. Diese Stengel dienten dazu, um durch Umwickeln den Penis zu vergrößern und der Frau dadurch größeren Genuß zu verschaffen. Das Volkslied will also zum Ausdruck bringen, daß einer Hofdame nicht einmal der große Rettich genügt, sondern daß sie ihn durch Umwickeln mit dem Higozuiki noch größer macht.

Auf die Verwendung des Daikon spielt auch die folgende Redensart an, wobei allerdings ein männliches Glied damit gemeint ist: Daikon no mizu wo shiboru, aus dem großen Rettich den Saft herauspressen, d. h. Geschlechtsverkehr haben.

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Ninjin-Harikata.

Neben dem Rettich war auch die Möhre, Ninjin, sehr beliebt; ein solches Yasai-Harikata, Gemüsepenis, nannte man »Ninjin-Harikata«. In den erotischen Büchern, die gegen das Ende der Yedo-Periode erschienen, finden sich mehrfach Unterweisungen über die Herstellung von »Hausmacher-Godemichés« und über das Ninjin-Harikata findet man in einem solchen Buche (Zensei Shichifukujin) folgende Erklärung:

»Suche dir eine schöne Möhre aus, schnitze sie in der Form eines Penis zurecht; und zwar in der Größe und Dicke, wie sie für deine Scheide am geeignetsten ist. Dann wasche sie gut in klarem Wasser ab und wickele sie in japanisches Papier ein. Dann lege sie in heiße Asche und lasse sie einige Minuten darin. Wenn sie richtig angewärmt ist, nimmst du sie heraus, machst das Papier ab und das Ninjin-Harikata ist fertig zu deinem Gebrauch. Es ist viel zarter als ein menschlicher Penis.«

Von der Verwendung von Pilzen zur Selbstbefriedigung haben wir im Abschnitt »Götter und Geister« gesprochen. Hier sei daran erinnert, daß man vor dem Gebrauch des Matsudake gewissermaßen warnt, weil der Kopf sich leicht loslöst und in der Scheide stecken bleibt. Das beigegebene Bild stellt einen solchen penisähnlichen Pilz dar. Es sieht fast so aus, als ob die leichte Ablösung des Kopfes im Bilde angedeutet wäre. Wir erinnern hier an den bei uns vorkommenden »schamlosen Eichelschwamm«, den Phallos impudicus, der wegen seiner Ähnlichkeit mit dem männlichen Glied auch Ruten- oder Stertmorchel genannt wird.

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Yasai-Harikata

Die Formen der Harikatas sind so verschieden, daß man für alle möglichen Zwecke besondere »Modelle« hergestellt hat. Zunächst müssen wir die Harikatas in solche trennen, die zur geschlechtlichen Befriedigung der Frau dienen und deren Genuß erhöhen sollen und solche, die zur Selbstbefriedigung dienen. Bei den Harikatas für Männer müssen wir Unterschiede machen, in bezug auf die Potenz oder Impotenz, und die Verhütung der Empfängnis. Für die Selbstbefriedigung sind in bezug auf die Größe Harikatas für Frauen und solche für Mädchen vorhanden, wobei wir wieder diejenigen zum eigenen Gebrauch von denen zum Umbinden für eine Freundin unterscheiden müssen. Und schließlich haben wir noch die doppelten für zwei Freundinnen, die zu gleicher Zeit benutzt werden können. Dabei erwähnen wir noch Gegenstände, die an Stelle eines Harikata treten können. Die Selbstbefriedigung bei beiden Geschlechtern ohne gegenständliche Mittel werden wir getrennt behandeln.

Das Kabuto-gata oder Kabuto-kata, die Helmform, ist eigentlich eine hohle künstliche Eichel aus Büffelhorn oder Schildpatt, die zur Aufnahme der Eichel des Penis bestimmt ist. Es gibt zwei Arten von Kabuto-gatas: mit einem Loch in der Spitze und ohne ein solches. Das letztere soll die Empfängnis verhüten, während das erstere dazu dient, die Peniseichel zu vergrößern, um der Frau während des Koitus größeren Genuß zu verschaffen. In dem erotischen Buche »Inyō Tegoto-no-Maki (Handbuch für Männer und Frauen) wird die Art und Weise der Anwendung dieses Instrumentes folgendermaßen beschrieben:

»Das Verfahren, um diesen Gegenstand zu benutzen, ist so: Man muß die Eichel damit bedecken, ehe sich der Penis aufgerichtet hat, dann wird das Kabuto-gata niemals abfallen. Mit seiner Hilfe wird die Frau großen Genuß haben und zu gleicher Zeit verhindert es die Empfängnis, wenn auch der Mann seinen Samen ausspritzt, denn er wird in der Kappe bleiben.«

Das Bild ist dem Buch »Yanagidaru Yokyō Beni-no-Hana« (Erzählungen von den roten Blüten der Weide mit den herabhängenden Zweigen?) entnommen.

In dem Anpreisungsheftchen eines Händlers mit »unzüchtigen« Galanteriewaren aus Tōkyō, das während der Jahre 35 und 36 der Meiji-Ära (1902 und 1903) verteilt wurde, wird das Kabuto-gata als Taiko-gata, die Trommelform, bezeichnet. In einem Harikatakästchen, das Josef Schedel beschreibt, war zu dem Kabuto-gata ein glatter oder gerippter Stab vorhanden, mit dem man es in ein Godemiché verwandeln konnte.

Nachstehend bringen wir drei Senryūs, die sämtlich in scherzhafter Weise das Wort »Kabuto«, der Helm, die eigentliche Bedeutung, in Beziehung zum Kabuto-gata bringen.

1. »Ikusa nara Yome wa
         Kabuto ga hoshiku nari.«

»Wenn es zum Kampf geht, dann wünscht die Frau den Helm zu haben!« Ikusa, der Kampf, die Schlacht, der Krieg, ist ein umschreibendes Wort für den Koitus, das viel angewendet wird. In dem folgenden Senryū wird der Gedanke des Kampfes mit allen Einzelheiten durchgeführt:

»Tonari zashiki wa Ikusa no sanaka
         Are sa Are sa no toki-no-koe.
Inochi kagiri no rangun ni
         Shinogi wo kezuru teki mikata.«

»In dem benachbarten Zimmer sind sie (wie ich höre) mitten im Kampfe drin. ›Ah! Ah!‹ Wie sie den Schlachtruf ausstoßen! Es ist fast, als wenn ein in Aufregung geratenes Heer um sein Leben kämpft, so schlagen Freund und Feind beim Fechten wild die Schwerter aneinander!« Are ist ein Ausruf, der entweder Aufmerksamkeit erregen will oder Erstaunen ausdrückt, wie Heda! Hallo! oder Ah! Ach! usw. Es drückt auch die geschlechtliche Befriedigung der Frau aus, wie sie beim Koitus sich in Tönen äußert. In diesem Sinne wird das Wort häufig in den erotischen Büchern gebraucht:

»Are, Are! mō iku!«

»Ah! Ah! Es kommt mir jetzt!«

2. »Yoikusa ni Kokyō wa
         Yoroi Kabuto nari.«

»Bei einem Kampf in der Nacht ist der Geburtsort voll von Rüstung und Helm!« Yoikusa, eine Schlacht in der Nacht, ist ein Gassenwort für den Koitus. Kokyō ist die Heimat im Sinne von Geburtsort, zugleich aber auch ein Gassenwort für den Cunnus. Hierfür mag als Beleg das folgende Geschichtchen gelten, das aus der Yedo-Periode stammt; nach japanischer Auffassung ist es »eine lustige Geschichte«.

»Ein Sohn, der sich in seine eigene Mutter verliebt hatte, bat sie darum, ihm für eine Nacht den Geschlechtsverkehr zu erlauben. Sie war mit seinem Wunsche einverstanden, denn der Sohn war ihr verwöhnter Liebling. Aber sie sagte ihm ausdrücklich, daß sie ihm nur einen einzigen Waffengang gestatten würde und fügte hinzu: ›Komme heute nacht heimlich zu mir!‹ Als die Zeit herankam, legte sich der Sohn ein Lendentuch von Brokat um und ging in das Schlafzimmer seiner Mutter. Als sie ihn frug: ›Was soll denn das bedeuten?‹ erwiderte der Sohn: ›Oh! Wenn ich herkomme, um mich meinem Geburtsort zu zeigen, dann komme ich in kostbarem Brokat!‹ Er wollte damit sagen, daß er seinem Geburtsort keine Unehre machen wolle, wenn er im Werktagskleid käme.«

Yoroi, die Rüstung, der Panzer, bedeutet das Yoroi-gata, das Harikata ohne Spitze, das Kabuto, das eigentlich Helm bedeutet. Das Senryū besagt also, daß der Geburtsort beim nächtlichen Kampf mit einem vollständigen Harikata, das aus Panzer und Helm besteht, ausgefüllt wird.

»Es ist unkriegerisch, wenn man im Kampfe einen Helm auf die Spitze des Speeres setzt!« Die Spitze des Speeres, Yarisaki, ist ein Gassenwort für die Eichel des Penis. Der Scherz des Senryūs liegt darin, daß die beiden Worte zunächst im eigentlichen Sinne gebraucht werden, um das Komische hervorzuheben, das darin liegt, auf die Speerspitze

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Kabuto-gata.

3. Yarisaki e Kabuto
         Hikyō na Ikusa nari!«

einen Helm zu setzen. Wir würden also sagen: »Wie kann man nur, wenn man in den Kampf geht, auf die Speerspitze einen Helm setzen!«

Das obenstehende Bild zeigt uns die Anwendung des Kabuto-gata bei einem Koitus a posteriori, wofür wir mehrere japanische Bezeichnungen noch kennen lernen werden.

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Yoroi-gata

Das oben bereits genannte Yoroi-gata, auch kurz Yoroi genannt, die Rüstungsform oder Panzerform, ist, wie wir gesehen haben, ein Harikata ohne Eichel. Es wird aus Büffelhorn, Schildpatt oder Leder hergestellt. Es dient dazu, den Umfang des Penis zu vergrößern, um der Frau beim Koitus stärkeren Genuß zu verschaffen, wird aber auch als eine Art Korsett benutzt, um die Blutstauung im Penis zu erhalten und bei schwächlich veranlagten Männern ein vorzeitiges Schlappwerden des Penis zu verhindern. Aus demselben Grunde wird es auch von älteren Männern angewendet. Vor dem Gebrauche erwärmt man das Yoroi-gata. Im folgenden Senryū findet man, wie oben, wieder ein Wortspiel mit der eigentlichen Bedeutung des Wortes Yoroi:

»Yoroi-musha matagura e iru omoshiro sa.«

»Wie lustig das aussieht, wenn ein Krieger mit einem Panzer angetan zwischen den Schenkeln hineinspaziert!«

Das Bild ist dem Buch »Bidō Nichiya Nyohō Ki« entnommen (Führer zur Liebeskunst bei Tag und bei Nacht für eine Frau).

Anstatt Yoroi-gata sagt man auch Dō-gata, die Rumpfform. Dō ist auch ein Brustpanzer, so daß Dō-gata gewissermaßen einen Rumpfpanzer bedeutet, bei dem der Kopf frei bleibt, d. h. ohne Helm ist. In dem erotischen Buch »Onna Saigaku Eshō« (etwa: Bilderbuch der Anfangsgründe der Wissenschaft für Frauen, oder kurz: ABC-buch mit Bildern für Frauen) wird über die Anwendung des Dō-gata folgende Empfehlung gegeben:

»Tamaguki no dō e hametsutsu
suru toki wa Iraira to shite
kokochi yokinari.«

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Dō-gata.

»Wenn man beim Geschlechtsverkehr über den Penis ein Dō-gata zieht, wird das ein zartes und sehr angenehmes Gefühl sein!« Während der Yedo-Periode wurde dieser Rumpfpanzer meistens aus Schildpatt hergestellt; heute verwendet man fast ausschließlich Zellstoff dazu. Das Bild ist aus »Kōshoku Tabimakura« (Wollüstiges Reisekissen).

Ein Harikata, das aus der Zusammensetzung von Kabuto-gata und Yoroi-gata besteht, nennt man Hime-naki-wa, der Ring, der das Mädchen zum Schreien bringt. (Bild aus Kōshoku Tabimakura). Man sagt dafür auch kurz: Hime-naki, Mädchen-Seufzen-Macher. Hime bedeutet eigentlich »Prinzessin«, ist aber ein Gassenwort für ein heimliches Freudenmädchen, ein Straßenmädchen. Ein Senryū sagt darüber:

»Sakuyahime suso wo hiraite
         Ana wo mise.«

»Das Freudenmädchen (eigentlich: ›Die Fürstin von gestern nacht‹) hebt die Röcke hoch und läßt einen die Höhle der Liebe betrachten.« Damit spielt das Senryū auf einen Brauch der Yedo-Periode an, wonach die Straßenmädchen der untersten Gattung unaufgefordert dem Besucher ihren Unterleib zeigten, ehe es zum Koitus kam, damit ihr Gast sich davon überzeugen konnte, daß sie nicht geschlechtskrank waren. Ana bezeichnet

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Hime-naki-wa

alles mögliche, das eine Höhlung darstellt: Eine Höhle, einen Brunnen, ein Loch, ein Grab, die Hölle; und ist damit gleichsam von selbst zu einem Gassenwort für den weiblichen Geschlechtsteil geworden und so verbreitet, daß selbst die Kinder das Wort gebrauchen, wie die beiden folgenden Kinderliedchen beweisen. Das erste ist aus Chōseigun, d.h. aus dem Landkreis Chōsei, in der Provinz Chiba:

»Onna no kinoborya mita koto nai,
         Ue kara mireba Keba darake,
Shita kara mireba Ana darake.«

»Ich sah noch niemals ein Mädchen, das auf einen Baum kletterte; wenn ich aber aus der Luft herunterblickte, würde ich eine Fülle von Haaren sehen, und wenn ich unter dem Baum in die Höhe gucken würde, könnte ich manch eine Höhle finden.« Das Senryū spielt also ganz harmlos mit zwei Begriffen: den Haaren auf dem Kopf und an den Schamteilen, und den Höhlen in dem Baume und im Leibe. Das Senryū sagt also doppelsinnig: von oben sieht man die Haare, von unten die Höhlen.

Das andere Kinderliedchen aus Tōkyō lautet:

»Darē ka Manko sho,
         Ana ga nai yo,
Kiri de mome sho,
         Itai, Itai!«

»Wer will vögeln?« »Ich habe kein Loch dazu!« »Dann bohre dir ein Loch mit dem Nagelbohrer!« »Wie tut das weh! Wie tut das weh!« Manko, die einfache Form von Omanko, bedeutet, wie wir oben gesehen haben, die Vulva. Darêka Manko sho? ist wörtlich übersetzt:

Um wieder auf das Hime-naki-wa zurückzukommen, wollen wir aus dem eben angeführten Buch »Onna Saigaku Eshô«, dem Bilderbuch für Anfängerinnen, das folgende Kyôka bringen:

»Tamaguki e hameru wa Yu
         nite atatamete tsukaeba
         Onna nakiidasu nari.«

»Wenn man dieses Ding gebrauchen will, so muß man es in heißem Wasser warm machen, bevor man es anlegt. Dann wird die Frau sicherlich wegen der starken Befriedigung schreien!«

Das Hime-naki hat auch den Namen »Yaso-gata«, die Form für den Mann von achtzig Jahren! Diese etwas übertriebene Bezeichnung für ein voll ständiges Harikata findet sich in dem Preisverzeichnis des schon erwähnten Händlers mit »unzüchtigen« Galanteriewaren, das in dem 35. und 36. Jahre der Meiji-Ära (1902-1903) im Geheimen verteilt wurde.

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Yaso-gata

Der Hauptwert lag nach der Ankündigung in der Vergrößerung des Penis. Bild aus »Bidō Nichiya Nyohō Ki«.

Bisher haben wir die Harikatas behandelt, die in erster Linie für den Mann bestimmt sind, um das Glied mit Rücksicht auf die Frau entweder zu stützen oder zu vergrößern. Der eigentliche Zweck des Harikata ist aber die Selbstbefriedigung der Frau, entweder allein oder zu zweien. Deshalb wird auch an Stelle der bisher besprochenen Formen, bei denen der »Rumpf« durchbrochen war, der ganze Körper eines nachgemachten Penis benutzt. Dabei ist ein solcher Phallos je nach dem Stoff, von dem wir oben gesprochen haben, entweder voll oder hohl. Die am meisten benutzten Hörner von Büffeln oder Rindvieh werden selbstverständlich nur hohl angewendet.

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Harikata.

Ein solches Harikata wird vor der Benutzung angewärmt, und zwar entweder durch Eingießen von warmem Wasser oder durch Einstopfen von Florettseide (Seidenabfällen), die mit heißem Wasser getränkt sind. Damit soll das Harikata etwa die natürliche Wärme des menschlichen Körpers erhalten. Die Florettseide hat den Vorteil, daß sie die Wärme besser festhält, als ein Harikata, aus dem das warme Wasser natürlicherweise ausgegossen werden mußte. Auf dem beigegebenen Bild eines unbekannten Malers sehen wir zwei Frauen, Herrin und Dienerin, oder auch vielleicht zwei Freundinnen, mit der Herrichtung eines Harikata beschäftigt. Die eine schiebt gerade einen Wulst Florettseide in das hohle Harikata, während die andere die Kanne mit dem heißen Wasser bereithält. Neben ihnen steht ein Porzellangefäß mit Florettseide und ein weiterer Phallos liegt auf einem Tuche bereit. Die Schriftzeichen geben die Anleitung zu dem Verfahren. »Das so zubereitete Harikata führe dann in die Scheide ein, indem du das eine Ende in der rechten Hand hältst!« Auf dem Bild hat die Frau bei der Benutzung des Harikata eine etwas verzwickte Haltung angenommen, indem sie ihr rechtes Bein mit dem linken Arm an der Brust festhält. Wie das Bild sehr anschaulich zeigt, muß sie sich dabei bemühen, nicht das Gleichgewicht zu verlieren: Trotzdem scheint diese Stellung sehr beliebt zu sein, wie wir an den nächsten Bildern sehen. Bild aus »Bidō Nichiya Nyohō Ki«. Tsukaiyō = Gebrauchsanweisung.

Über das Erwärmen des Harikata durch Eingießen einer heißen Flüssigkeit macht das folgende Senryū eine sehr launige Bemerkung:

»Harikata e Amazake ireru
         Baka jochū.«

»Dieser Dummkopf von einer Dienerin gießt den süßen Reiswein in die Höhlung des Harikata!« Der süße Reiswein wurde aus gährendem Reis hergestellt und heiß getrunken; er ist ein stark berauschendes Getränk. Das Senryū enthält eine Anspielung auf das Sprichwort: »Yu-agari-Bobo ni Saka-Mara,« »Eine Vulva nach dem Bade und der Penis eines berauschten Mannes,« oder in kurzer Fassung: »Yu-Bobo Saka-Mara,« »Gebadete Vulva, berauschter Penis«. Dieses in der Umgangssprache öfter angewendete Sprichwort soll besagen, daß ein berauschter Penis mit einer eben gebadeten Vulva im Koitus zusammengebracht, für beide Teile besonders starke Lustgefühle erzeugen. Mit jedem einzelnen beschäftigen sich die zwei folgenden Senryūs:

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Harikata Tsukaiyō.

»Yu-agari no aji wa kogo nimo homete ari.«

»In den Sprüchen der Alten wird der Cunnus nach dem Bade besonders gepriesen!«

»Saka-mara wa hodo ga aru yo to
         Nyōbō ii.«

»Für einen berauschten Penis muß es doch irgendeine Grenze geben, sagte seine Frau.« Das heißt: »Es ist ja ganz schön so; aber irgendeinmal mußt du doch aufhören!« Der Mann fiel ihr also schließlich lästig, da er infolge seines Rausches nicht zu Ende kommen konnte. –

Zum Gebrauch zwischen Freundinnen gab es auch mit Bändern versehene Harikatas. Wir haben oben von dem scherzhaften Senryū gesprochen, in dem es heißt, die eine der Hofdamen kastriere sich, indem sie das umgebundene Harikata ablegt. Eine solche Szene stellt der Künstler des nebenstehenden

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Harikata

Bildes (aus Inshō Kaikō Ki, Bd. 2) dar, wobei er sich den Spaß macht, der Freundin, die das Harikata umgebunden hat, einen kräftigen Hodensack anzudichten. Das ist eine Anspielung auf den Gedanken, den das im Abschnitt »Götter und Geister« unter Noshikoshi besprochene Senryū zum Ausdruck bringt, daß nämlich die Frau bei Anwendung des Harikata niemals etwas mit einem Hodensack zu tun hat. Das zweite Bild zeigt ein gewöhnliches Harikata, an dem man sowohl die Bänder, als auch die Art ihrer Befestigung durch Hindurchführen derselben durch Löcher im Harikata sehen kann. Aus »Bidō Nichiya Nyohō Ki«.

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Harikata

Solche Bänder sind auch erforderlich, wenn das Harikata zur einsamen Selbstbefriedigung an den Fuß oder an die Ferse gebunden werden soll. Anscheinend ist diese Art der Selbstbefriedigung sehr beliebt. Bei der Verwendung des Harikata in dieser Weise sitzt die Frau gewöhnlich mit gekreuzten Beinen auf dem Boden, hebt aber ein Bein meistens mit einem Arm hoch; auf unseren Bildern ist es merkwürdigerweise immer das rechte. Wir haben oben gesehen, daß dies auch bei Benutzung eines Harikata mit der Hand der Fall ist, und auf die Schwierigkeit hingewiesen, die durch Erhalten des Körpers im Gleichgewicht entsteht. Auf unserm ersten Bild hat die Frau obendrein noch den Unterschenkel mit der Hand gepackt, um der Bewegung des Harikata nachzuhelfen, während sie sich auf dem dritten Bild wenigstens mit dem rechten Arm auf den Boden stützt. Die Frau auf dem zweiten Bild macht sich die Sache bequemer, indem sie auf dem Boden kniet.

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Ashi-zukai

Ganz besonders ausgeklügelt ist die auf dem vierten Bild in Anwendung gebrachte Art und Weise, das Harikata an der Ferse zu gebrauchen. Die Frau hat den linken Fuß an einer Schlinge festgebunden, die sie sich um den Hals gelegt hat. Nebenbei bemerkt, scheint der linke Fuß für diese Verrichtung der bevorzugte zu sein, denn er wird auf dreien von unseren vier Bildern verwendet. Durch die Schlinge erreicht die Frau, daß das Harikata immer in der richtigen Lage bleibt. Aus den gekrümmten Zehen, die auch für den Koitus auf allen japanischen Bildern feststehend sind, kann man ersehen, daß die Frau den Höhepunkt ihrer Gefühle erreicht hat. Es sei auch auf das neben der Frau bereitgelegte Abwischpapier hingewiesen, das aus Reinlichkeitsgründen dem Japaner und der Japanerin bei solchen Gelegenheiten unentbehrlich ist. Aus einem erotischen Buch der Yedo-Periode.

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Ashi-zukai

Die geschilderte Anwendung des Harikata nennt man »Ashi-Zukai« oder »Ashi-Tsukai«, mit dem Fuße es machen; statt dessen sagt man auch »Sokuriki-Amma«, die Massage mit Hilfe des Beines, oder auch »Ashi-no-Kibisu-wo-Yatou«, die Ferse eines seiner Beine verwenden. Diese drei Ausdrücke bedürfen keiner weiteren Erklärung, obwohl sie die Hauptsache verschweigen. Ein Beispiel für das Fersenspiel finden wir in dem Buche »Shinjitsu Ise Monogatari (aufrichtige Geschichte von Ise), Buch 2, Teil 4, Kapitel: Yabuiri no nozoki Ido (an seinem freien Tage in einen Brunnen sehen), wie folgt:

»Ein halbes Jahr lang schläft sie in trübseliger Stimmung allein. Deshalb gebraucht sie nachts die Ferse ihres Beines und am Tage beschäftigen sich ihre Gedanken mit dem kleinen hölzernen Schlegel, der ihr zum Klopfen der Wäsche dient.« Von dem Yabuiri haben wir oben gesprochen: es ist der sechzehnte Tag des ersten und siebenten Monats, der den Hausbediensteten freigegeben wird, ebenso wie den Hofdamen jeder Art. Sehr spaßhaft ist die Schilderung der Gemütsverfassung der Dienstmagd; sie denkt immer an den Geschlechtsverkehr! Nachts gebraucht sie das Harikata, am Tage hat sie beim Anblick ihres Wäscheschlegels schlimme Gedanken, und im übrigen wartet sie ungeduldig auf den halbjährigen freien Tag. Wie die Hofdamen an diesem lang ersehnten Tag sich austoben, haben wir oben gesehen.

Mit dem Harikata an der Ferse beschäftigt sich auch folgendes Spottverschen:

»Otsubone no shitto kakato e Tsuno ga hae.«

»Die eifersüchtige Hofdame hat ein Horn an der Ferse!« Mit andern Worten: Sie ist jederzeit bereit, mit dem Horn zu stoßen. Der Witz des Verschens liegt darin, daß die Hofdame schließlich sich selber stößt.

Einen Penis, der nicht gleichmäßig walzenförmig ist, sondern teilweise erhöhte Stellen aufweist, nennt man »Ibo-Mara«, einen Penis mit Warzen, oder auch »Tsurigame-Mara«, einen Penis wie eine Tempelglocke, weil die japanischen Tempelglocken nicht glatt sind, sondern an der Außenfläche eine warzenartige Erhöhung haben. Anscheinend sind solche nicht ganz regelrechten männlichen Glieder bei den Frauen wegen der vermehrten Reibung sehr beliebt. Deshalb werden auch Harikatas mit solchen Erhöhungen hergestellt. Hier ist ein Senryū darüber:

»Ibo-tsuki wa kirashimashita to
         Komamonoya.«

»Der Galanteriewarenhändler gab zur Antwort: ›Es tut mir sehr leid, aber der warzige Godemiché ist augenblicklich nicht vorrätig.‹« Offenbar hatte die Dame ausdrücklich einen solchen »warzigen« verlangt. Ibo-tsuki heißt »ein mit Warzen Besetzter«.

Ein Penis, der nach oben gebogen ist, wenn er sich vollständig aufgerichtet hat, wird »Uwazori«, der nach oben Gebogene, oder »Uwazori mara«, der nach oben gebogene Penis, in der Volkssprache genannt. Nach den alten erotischen Büchern wird diese Art Penis als »die bessere Erscheinung« angesehen, d. h. es wird ihr ein höherer Wert zugesprochen. In dem erotischen Buch »Inyō Tegoto no Maki« (Handbuch für Männer und Frauen) steht darüber folgendes zu lesen:

»Jōhin no Mara wa sono iro kurokushite
         Uwazori nite isei tsuyoshi.«

»Der bessere Penis ist von dunkler Farbe, nach oben gebogen und sehr leistungsfähig.« Und ein Senryū sagt:

»Uwazori wa naga hari manu to
         Komamono-ya.«

»Der Galanteriewarenhändler sagte: ›Der nach oben gebogene Godemiché hat aber einen höheren Preis als die andern!‹« Demnach wurde auch diese Art als Harikata hergestellt. –

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Yumi-Shikake.

Wir haben im Abschnitt »Götter und Geister« darauf hingewiesen, daß bei einem Yomatsuri, einer nächtlichen Feier in den Bergen, als Überreste eines alten Phalloskultes man kleine Glöckchen, die an der Sehne eines Bogens befestigt sind, mit nach Hause nimmt, und daß diese Glöckchen einen Phallos darstellen. Wir erwähnten auch, daß man in derselben Weise künstliche Phallen, d. h. Harikatas, an solchen Bogensehnen befestigt und beim Gebrauch in der Scheide hin und her zieht. Das ist das »Yumi-Shikake« oder »Yumi-Jikake«, die Bogenmaschinerie, die wir auf dem beigegebenen Bild dargestellt sehen. Es handelt sich dabei um eine ausgeklügelte Erfindung, die jedenfalls einen besonderen Genuß gewähren muß durch die eigenartige Schwingung der Bogensehne, die das starre Bewegen des Harikata mit der Hand oder der Ferse an Weichheit übertreffen wird. Durch den quer über das Harikata gebundenen Tuchwulst sollen zu tiefes Eindringen des Phallos und Verletzungen durch die Bogensehne ferngehalten werden. Ob zwischen dem Harikata am Bogen und dem am Bogen befestigten Glöckchen des Bergfestes ein Zusammenhang besteht, läßt sich nicht entscheiden, da keine Nachrichten vorliegen. Das Bogensehnen-Harikata scheint zudem sehr selten zu sein, da andere Quellen über es nicht vorhanden sind. Bild aus »Jitsugokyō Eshō«.

Wir haben oben von dem Kine, der hölzernen Mörserkeule, dem Stößel, der beim Zerstoßen des Reises benutzt wird, und von seiner sinnbildlichen Verwendung als Phallos bei einer Hochzeitsfeier gesprochen. Dieser Stößel, auch Surikogi genannt, muß als Ersatz für ein Harikata dienen, wenn gerade kein solches zur Hand ist. Satow sagt, daß dieses Werkzeug »in alten Zeiten« als Penisnachahmung von mannbaren Frauen und wollüstigen Mägden benutzt worden sei. Es wird wohl auch heute noch gelegentlich Verwendung finden. Ein Senryū sagt darüber:

»Sono ashita Gejo
         Surikogi wo shio migaki.«

»Am nächsten Morgen wäscht die Dienstmagd den Stößel und reinigt ihn mit Salz!« Sie hat ihn also in der Nacht gebraucht und das Senryū will zum Ausdruck bringen: »Das ist doch eine anständige Dienstmagd, die den Stößel nach Benutzung reinigt, ehe sie ihn am nächsten Morgen wieder zum Reiszerkleinern benutzt!«

Unser Bild zeigt eine Szene, wie der Mann der Frau Vorwürfe macht, daß sie den Stößel in einer Art und Weise benutzt hat, die seiner eigentlichen Bestimmung nicht entspricht. Die Frau hält sich verschämt das Gesicht mit einem der langen Ärmel ihres Kimono zu. Das Bild war der Umschlag des dritten Bandes des Buches »Ōyose Hanashi no Shiriuma« (etwa: Gelegentliche Gespräche auf einem Pferderücken, d. h. auf der Reise zu Pferde; es sollte also eine »Reiselektüre« sein); es erschien gegen Ende der Yedo-Periode (1867), also ist damit der Nachweis erbracht, daß man auch in neuerer Zeit die Verwendung des Stößels als Harikata noch kennt. Auch aus der Yedo-Periode stammt das folgende launige Geschichtchen:

»Ein Mädchen, das mannbar geworden war, fühlte sich immer so ungeduldig, da sie kaum erwarten konnte, bis endlich einmal ihr Hochzeittag herankäme. Inzwischen griff sie oft zur einsamen Selbstbefriedigung, wobei sie einen Stößel benutzte. Eines Tages wurde sie von ihrer Erzieherin bei einer solchen üblen Tat erwischt. Diese sagte zu ihr: »Aber, Fräulein Ito, was machen Sie denn da?« Das Mädchen war sehr erschrocken und erwiderte: »Ach, darf man denn nicht mit diesem Ding in einem Arabachi reiben?«

Arabachi bedeutet wörtlich: ein neues Gefäß, gilt aber in der Gassensprache als Bezeichnung für den Cunnus eines jungfräulichen Mädchens. In dem erotischen Buch »Onna Saigaku Eshō« (ABC-buch mit Bildern für Frauen) wird folgende Beschreibung und Gebrauchsanweisung eines Arabachi gegeben:

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Surikogi.

»Das Arabachi ist eine Vulva, die rosa-rote kleine Schamlippen im Schlitz hat und noch wenig Feuchtigkeit zeigt. Deshalb fühlt sie sich auch sehr gespannt an, und man muß Speichel zur Hilfe nehmen, wenn man den Geschlechtsverkehr versuchen will, darf aber den Penis nicht auf einmal hineinstoßen.«

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Der Bedeutung des Arabachi als jungfräulicher Cunnus entsprechend, bezeichnet man den ersten Koitus mit einer Jungfrau als »Arabachi wo waru«, das neue Gefäß zerbrechen.

Der Witz der kleinen Geschichte liegt also darin, daß das Mädchen ganz unschuldig fragt: »Darf man denn für einen jungfräulichen Cunnus keinen Stößel benutzen?« Sie sieht in der Frage der Erzieherin gar keinen Vorwurf über ihr Tun, sondern lediglich über die eigentümliche Verwendung des Stößels. –

Da die gewöhnlichen Harikatas in einer Größe angefertigt werden, die nur für Erwachsene bestimmt ist, hat man in vorsorglicher Weise auch an das jüngere Geschlecht gedacht und stellt Harikatas für Mädchen her, die auch zur richtigen Kennzeichnung besondere Namen haben, von denen wir einige anführen wollen.

»Kujiri-gata«, die Kitzelform, oder kurz »Kujiri« genannt, ist das Harikata in der üblichen Penisform, aber kleiner. Ein Kujiri ist ein Pfriemen oder eine Ahle, schließlich jedes spitze Werkzeug. Abgeleitet ist es von dem Zeitwort »kujiru«, in etwas stochern. Auf dem beigegebenen Bild betrachtet das Mädchen ein Waraibon, ein heiteres Buch, d. h. ein Buch mit erotischen Bildern und gibt sich dabei der Selbstbefriedigung mit einem Kuriji-gata hin. Am Gesichtsausdruck sieht man, daß das Mädchen den Höhepunkt erreicht hat und man muß auch hier wieder das Geschick des Künstlers bewundern, wie er mit vier Strichen, den Augen und den Augenbrauen, das Wesentliche des Augenblicks zur Darstellung bringt. Das vor dem Mädchen liegende Kujiri ist lediglich zum Hinweise darauf bestimmt, was das Mädchen eigentlich treibt, da man das benutzte Kujiri nicht sieht. Bilder aus »Bidō Nichiya Nyohō Ki«. Statt Kujiri-gata sagt man auch »Seseri-gata«, was ebenfalls die Kitzelform bedeutet, abgekürzt »Seseri«. Ferner Tsume-gata, die Nagelform, wobei aber Tsume im Japanischen lediglich den Nagel eines Fingers, Zehe, Huf oder Kralle bedeutet, nicht einen metallenen Nagel. Deshalb sagt man auch »Yubi-gata«, die Fingerform. Mit beiden Bezeichnungen soll nur die Kleinheit des Harikata gekennzeichnet werden. –

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Kuijiri-gata.

 

Das doppelte Harikata, das Instrument, das von zwei Frauen gleichzeitig gebraucht werden kann, ist nach Satow: »ein Phallos, wie ihn die Tribaden verwenden, der aus zwei künstlichen Zumpten besteht, die an der Wurzel miteinander verbunden sind und in der Mitte durch eine Schutzvorrichtung von Sammet (etwa wie das Stichblatt eines Säbels) getrennt sind. Auf diese Weise kann jede von den beiden Frauen einen solchen nachgemachten Penis in ihrem Cunnus haben und ihn gebrauchen, gerade als wenn beide Zwitter wären, mit andern Worten: Mann und Frau in einem.« Dieser Begriffsbestimmung kann man eigentlich nicht mehr hinzufügen, da sie das Wesen des doppelten Harikata vollständig erschöpft. Damit ist auch zugleich eine Beschreibung der beigefügten Abbildung gegeben. Sie stammt aus dem Buch »Ehon Sansai Zue« (Bilder von Himmel, Erde und Mensch).

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Tagai-gata.

Das doppelte Harikata hat im Japanischen mehrere Namen; der gebräuchlichste ist wohl Hiyoku-gata, die doppelte Form, eine Bezeichnung, die keiner weiteren Erklärung bedarf, ebensowenig wie die folgenden: »Tagai-gata«, die gegenseitige Form; »Ryōtō«, das zweiköpfige Ding, und »Ryōkubi«, das doppelköpfige Ding.

Nach Satow wurde das Tagai-gata seit der Kwanbun-Zeit (1661) bis zum Ende der Keiwō-Zeit (1867) hauptsächlichst von den Gotenjochūs (Hofdamen niederen Ranges, etwa Palastdienerinnen) und den Nagatsubones (Hofdamen) gebraucht, die ja, wie wir oben gesehen haben, in dem japanischen Harem eingeschlossen waren und nur jedes halbe Jahr einen »Ausgehtag« hatten. Die Beschränkung der Verwendung des Tagai-gata auf diese Hofbediensteten (oder Bediensteten in adligen Häusern) wird wohl zu eng sein, da wir annehmen können, daß das Tagai-gata auch sonst benutzt worden ist und auch heute noch benutzt wird.

Das Tagai-gata wird aus den Hörnern des Rindviehs hergestellt. Ein Senryū aus der Yedo-Periode sagt darüber:

»Ushi-no-Tsuno mogu to
         Onna ga futari deki.«

»Wenn die Hörner aus der Kuh herausgerissen werden, sind auf einmal zwei Frauen da!« Mit andern Worten: sie wollen sich die Hörner sichern, um sich ein Tagai-gata daraus machen zu lassen. Sie haben gehört, daß irgendwo eine Kuh geschlachtet worden ist und laufen nun rasch dahin.

siehe Bildunterschrift

21. Befriedigung einer Frau mittels Harikata während eines Anaikoitus, Farbenholzschnitt.

Die Anwendung des doppelten Harikata bezeichnet man als »Tomogui«, das gegenseitige Aufessen. Und die beiden Frauen, die ihn gebrauchen, nennt man »Mara-Kyōdai«, Penisbrüder. In der Umgangssprache wendete man dies Wort insbesondere auf die gleichgeschlechtlich veranlagten Hofdamen an, die man bei ihrem zärtlichen Verkehr miteinander als Schwesternpaar ansah. Der Vergleich des Tagai-gata mit zwei Brüdern lag sehr nahe, so daß die Übertragung auf die beiden Frauen verständlich ist.

 

Zum Schluß wollen wir noch ein Senryū anführen, das in drastischer Weise zum Ausdruck bringt, daß ein Harikata niemals einen richtigen Penis ersetzen kann:

»Kabe-goshi no Koto
         Harikata de suru kokochi.«

»Bei einem Godemiché hat man ein Gefühl, wie bei einem Koitus durch eine Wand hindurch.« Koto ist wörtlich eine Harfe oder eine Leier, es kann aber auch Ding, Sache, Geschäft bedeuten. Im Volksmund ist Koto ein sehr viel gebrauchtes Wort für den Koitus. –


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