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Die Japaner sind ein reinliches Volk und sind es allem Anschein nach seit alten Zeiten gewesen.
Von der Verwendung von Unrat in Liebesmitteln usw. erfahren wir aus den Unterlagen nichts; die hier mitgeteilten Vorschriften sind sozusagen wissenschaftlich zusammengesetzte Arzneien. Daß man in der Yedo-Periode an den verjüngenden Einfluß der Nachgeburt eines erstgeborenen Kindes glaubte, haben wir im Abschnitt »Götter und Geister« erwähnt. Hierher gehört auch der Glaube, daß man aus gewissen Zeichen der Nachgeburt auf den Vater eines unehelichen Kindes schließen könne.
Es besteht der Glaube, daß eine Frau, die den Abort auskehrt, eine leichte Entbindung haben wird. Das Auskehren des Abortes bezweckt die Entfernung der bösen Geister, die sich der Geburt hindernd in den Weg stellen oder dem neugeborenen Kinde etwas antun könnten. Im Abschnitt »Götter und Geister« haben wir von dem Kappa, dem Wasserkind gesprochen, und gesehen, daß nach der Volksüberlieferung dieses Fabelwesen sich auch auf dem Abort aufhält und dort den Frauen nachstellt.
Den Abort nennen die Japaner in der Umgangssprache »Yōba«, was unserem »Ort, wo man ein Geschäft verrichten kann«, entspricht. »Benjo« bedeutet »Öffnung für den Kot«. »Kyōdō-Benjo« kam zuerst in der Meiji-Periode für die öffentlichen Aborthäuser auf, die vorher in der Yedo-Periode »Tsuji-kōka«, Straßen-Abort, benannt worden waren. Im zwanzigsten Meiji-Jahr ungefähr (1887 u.Z.) kam dann die heute noch gebräuchliche Bezeichnung »Tsuji-setchin« auf, worin der Begriff »allgemein zugänglich« liegt. Im Abschnitt über die Yotakas haben wir erwähnt, daß man die heimlichen Freudenmädchen niederster Art »Straßen-Abort« genannt hat.
Gleichbedeutend mit Setchin ist »Setsuin«. Eine feinere Ausdrucksweise ist »Kawaya«, das Hinterhäuschen; dieses Wort dient auch zur Benennung der Schutzgottheit des Abortes, des »Kawayagami«. K. Minakata, On Kawayagami or Latrine-God, The Journal of the Anthropological Society of Tōkyō, Bd. 29, 1914, Nr. 325.]
In Japan haben die Räume des Hauses, die besonders dem Einfluß böser Geister ausgesetzt sind, nämlich die Küche und der Abort, ihren besonderen Gott.
Ein volkstümlicher Ausdruck für das Pissen eines Mannes ist »Ttutsuharai«, das Innere der Flinte reinigen. Ttutsu, die Flinte, das Gewehr, die Kanone, ist in dem Gassenausdruck »Ttutsu-Guchi«, die Mündung der Flinte, enthalten, womit die Harnröhre des Penis gemeint ist. Man sagt auch »Ttutsu-Guchi wo mukeru«, die Mündung der Flinte richten auf etwas, wenn jemand mit erigiertem Penis auf den Cunnus losgeht. Das gewöhnliche Wort für Harn ist »Shōben«; im Abschnitt über die Beischläferin haben wir von der »Shōben-gumi«, von der Gefährtin, die pißt, gesprochen; es ist eine Beischläferin, die sich als Bettnässerin verstellt, um von ihrem Herrn loszukommen.
In einem Volksliedchen aus der Yedo-Periode heißt es:
»Musume shōben surya Hato mega nozoku
Nozoku hazu jayo Mame ja mono.«
»Als das Mädchen pißte, guckte eine Taube nach ihren Schenkeln; die Taube sollte eher nach der Bohne gucken, die das Mädchen zwischen den Schenkeln hat.« Mame, die Bohne, ist ein Gassenwort für den Cunnus und wird meistens für den Geschlechtsteil eines jungen Mädchens gebraucht.
Ein Senryū sagt:
»Gonsai no shōben
Kami wo totte suru.«
»Die heimliche Geliebte pißt, nachdem sie den Papierpfropfen entfernt hat.« Über das Tsumegami, hier gekürzt zu Kami, das Papier, haben wir im Abschnitt »Onkotogami, das Papier im Geschlechtsleben« gesprochen. Der Papierpfropfen soll dazu dienen, die Empfängnis zu verhindern, indem die Frau ihn vor die Gebärmutter schiebt. Das Herausnehmen, wie oben im Senryū angegeben, geschieht deshalb, weil fast alle japanischen Frauen, auch die gebildeten, glauben, daß der Harn aus der Scheide kommt. Da der Dichter des Verschens derselben Ansicht ist, sagt er lediglich: »Wenn die Mätresse pissen will, muß sie den Papierpfropfen herausnehmen.« Man soll daraus wohl den Schluß ziehen, daß sie sich dauernd mit diesem Mittel gegen die Empfängnis schützen will.
Shōben ist ein Ausdruck des Volkes und wird im allgemeinen nur von Männern gebraucht, während die Frauen das feinere Wort »Shishi« verwenden. Shishi ist ein lautnachahmendes Wort, das in erster Linie von den Kindern gebraucht wird, dann aber auch zu einem Wort der Umgangssprache geworden ist. Man sagt dafür auch »Shikko« oder in der höflichen Form »Oshikko«.
Ein Senryū bringt den Unterschied in der Ausdrucksweise von Mann und Frau scherzhaft zur Verwendung:
»Deai-jaya shōben ni ori shishi ni ori.«
Dieses Senryū ist nicht wörtlich im Deutschen wiederzugeben; um den Sinn zum Ausdruck zu bringen, kann man ganz gut sagen: »In das Absteigequartier geht er um zu pissen, und sie, um bibi zu machen.«
In dem folgenden Volksliedchen wird Shishi, das dem Laut nach mehrere Bedeutungen hat, in einem Wortspiel verwertet:
»Miyashanse, watashi no Omanko
Harima no meisho,
Dote wa Takasago, naka Akashi
Gururi wa Ono-e no matsubayashi,
Ichi-no-tani kara Shishi ga deru.«
Wörtlich übersetzt klingt dieses Volksliedchen ganz harmlos, es ist aber vielleicht in Satows Stoffsammlung für uns das am schwierigsten zu erklärende: »Seht, bitte, einmal her! Mein Omanko sieht aus wie ein berühmter Platz in der Provinz Harima: Die Dämme sind von einer ganz anständigen Höhe; das Innere ist ein roter Ort; rundherum ist Ono-e's Kiefernwald und aus dem Ichi-Tal kommt ein Wildschwein heraus!« In dem Namen der japanischen Provinz Harima steckt eine Anspielung auf »Harima-nabe«, eine Pfanne aus Harima. In der Provinz Harima hatten die Pfannen einen besonders großen flachen Boden, so daß sie sich leicht erhitzen ließen. Deshalb nennt man ein geiles liederliches Frauenzimmer Harima-nabe, Harima-Pfanne, weil es leicht in Hitze gerät; wir haben an anderer Stelle mehrere solcher Ausdrücke erwähnt. Ono-e ist ein Ort in der Provinz Harima, der durch seine dichten Kiefernwaldungen berühmt ist. Dem Klang nach kann Onoe auch »der Gipfel« bedeuten, oder auch »der Axtstiel« heißen; ob darin eine Anspielung auf den Penis liegt, mag dahingestellt bleiben. Ichi-no-tani, das Tal von Ichi, ist ein berühmtes altes Schlachtfeld im Westen von Suma-mashi, Muko-gun (Landkreis Muko), Provinz Settsu; es liegt in der Nähe der Meeresküste. Mit Ichi-no-tani bezeichnet man heute das Tal einer Frau, d. h. ihren Geschlechtsteil, in scherzhafter Beziehung sowohl auf den »Einschnitt«, den das Tal mit seinen steilen Seitenwänden darstellt, als auch auf den »Kampfplatz«. Im Abschnitt »Ushiro-dori« ist eine Beschreibung von der Örtlichkeit und dem Kampf gegeben, der beim Ichi-no-tani stattfand. Ein launiges Gedichtchen sagt:
»Ichi-no-tani Goke no sugata no ushirotsuki
Ikana Shukke mo sakaotoshi kana.«
»Oh! Welche liebliche Rückenansicht von der Vulva einer Witwe! Selbst ein braver buddhistischer Priester würde in die verkehrte Falle geraten, wenn er sie zu Gesicht bekäme!« Um dies zu verstehen, muß man daran denken, daß die buddhistischen Priester allgemein als Päderasten galten; ein braver Priester ist daher ein Päderast. Das Gedichtchen will also besagen, daß er die Vulva der Witwe wählen würde, wenn er in der Rückenansicht Vulva und Anus dicht nebeneinander vor sich hätte.
Shishi, das Wildschwein, ist ein Wortspiel mit Shishi, der Harn, das von Frauen gebraucht wird, wie wir oben gesehen haben.
Nach diesen Erläuterungen verstehen wir nun den Sinn des Volksliedchens so: Ein liederliches Frauenzimmer zeigt ihre Vulva (Omanko; siehe den Abschnitt über die Tänze) vor und singt dazu: »Seht, bitte, einmal her! Meine Vulva sieht aus wie der berühmte Platz in Harima: Die großen Schamlippen sind schön dick; das Innere ist rot; rundherum sind reichlich Schamhaare, und aus dem Einschnitt kommt der Harn heraus.« Der Scherz, der im zweideutigen Text des Volksliedchens liegt, geht selbstverständlich in jeder anderen Sprache verloren; wir können uns aber ganz gut vorstellen, daß die Leute aus dem Volk in Japan, wenn sie es hören oder selbst singen, darüber lachen müssen. –
Ein anderes volkstümliches Wort für den Harn ist »Shii«, das in Japan so verwendet wird, wie bei uns ähnliche klangnachahmende Laute. Darüber unterrichtet uns das folgende heitere Geschichtchen, das die Überschrift hat: »Mawarigi« (Weibliche Eifersucht):
»Eines Tages öffnete ein Kindermädchen ein Shōji (eine mit Tapete überklebte Schiebetür) und ging mit einem kleinen Mädchen hinaus, um es abzuhalten. Als sie dem Kinde dem Garten zu die Röckchen hoch gehoben hatte, sagte sie: ›Shi-i koi! Shi-i koi! Shi-i koi! Shi-i koi!‹ Da flog ein Uguisu, eine japanische Nachtigall, herbei und ließ sich auf dem Zweig eines Pflaumenbaumes nieder. Dann begann sie zu singen: ›O-o, so-so-so-so!‹ Als das Kindermädchen diesen Gesang hörte, schrie es: ›Ach, du verwünschtes Uguisu! Du singst Ososo! Ososo!, wenn du das Mae dieses Töchterchens siehst! Du Lump! Nun paß einmal auf!‹ Dabei machte sie die Beine weit auseinander und entblößte ihre Vulva. Da flog das Uguisu fort, aber in demselben Augenblick setzte sich eine Taube auf den Zweig eines Tannenbaumes und rief: ›Bobo! Bobo! Bobo!‹«
»Shi-i koi!« heißt »Harn, komm heraus!«; es ist also die japanische Lockformel beim Abhalten der Kinder, die bei uns als: »Schi schi schi schi!« gebraucht wird. Zu den andern japanischen Wörtern des Geschichtchens ist folgendes zu bemerken: Aus dem Gesang der Nachtigall hört das Kindermädchen heraus: »Oh! Oh! Ein Ososo! Ein Ososo!« Ososo ist ein Wort der Mundart der Provinz Kansai, hauptsächlich des Bezirks Kinai, und bedeutet eigentlich einen Unterrock, im übertragenen Sinn die Vulva. Ososo ist wahrscheinlich verderbt aus Osuso, das sowohl den Unterrock als auch den unteren Teil des Körpers bedeutet. Osuso ist das Wort Suso mit Vorsetzung der Höflichkeitssilbe O; Suso ist wie Osuso ein Gassenwort für die Vulva. Von Suso ist »Suso-Bimbō« abgeleitet, ein armseliger Unterrock, womit das Volk ein liederliches Frauenzimmer bezeichnet, das andauernd Hunger nach Geschlechtsverkehr hat.
Statt Soso, der einfachen Form von Ososo, sagt man auch »Sosokko« in der Kindersprache; die angehängte Silbe hat keine Bedeutung, sie soll das Stammwort nur klangvoller machen.
Für Ososo müssen wir als Belege noch zwei Volksliedchen anführen, von denen das erste, aus der Provinz Fukushima, einen sehr geistreichen Gedanken enthält:
»Ososo no naka nimo Yadoya ga gozaru
Oyaji ya higaeri Ko wa tomaru.«
»Die Vulva ist wie ein Logierhaus: Der Vater geht hinein und geht an demselben Tag wieder heraus, dafür bleibt sein Sohn in dem Logierhaus!« Das klingt wie ein Rätsel, auch wenn man Ko wa tomaru wörtlich mit »das Kind übernachtet« übersetzt. Der Vater geht in das Logierhaus und an demselben Tag wieder heraus, das ist der Koitus des Vaters. Der Sohn bleibt darin bedeutet, daß die Frau schwanger geworden ist.
Das andere Volksliedchen lautet:
»Ososo shiyō Hajime wa itai ga Dandan yoku naru,
Ana mo okyū naru Ke mo haeru ososo shiyō.«
»Laß uns vögeln! Es verwundet anfangs ein wenig, aber nach und nach wird es dir schon gut tun! Die Vagina wird weiter und deine Schamhaare werden wachsen! Laß uns vögeln!«
Mae, eigentlich die Stirn, die Vorderseite usw., bedeutet ganz allgemein die weibliche Scham und wird in der Umgangssprache hauptsächlich von den Frauen selbst angewendet.
Nach diesen Abschweifungen, die aber nötig waren, um den Sinn der gebrauchten Wörter klarzulegen, können wir nun den Witz des Geschichtchens verstehen. Die Kindermagd ist eifersüchtig darauf, daß die Nachtigall das »Dingelchen« des kleinen Mädchens als »Ososo«, als die Vulva einer Erwachsenen, bezeichnet. Sie zeigt dem Vogel ihre Vulva vor und sagt: »Sieh dir das mal an!«, d. h. hier siehst du ein richtiges Ososo! Nun kommt die Taube und ruft: »Bobo! Bobo! Bobo!«, d. h. eine Geschwollene! Bobo, ein Gassenwort für die Vulva, bedeutet ursprünglich etwas Geschwollenes, und in übertragener Bedeutung die äußerlich gut entwickelte Vulva einer erwachsenen Frau. Aus Bobo ist in der Gassensprache auch Bonbo geworden, und das in der Provinz Matsumoto (Shinshū), für den Cunnus gebräuchliche Wort »Bobosa« wird wohl auch von Bobo abstammen. Sa entspricht unserem deutschen keit oder heit, so daß Bobosa »Geschwollenheit« bedeuten würde. Das Geschichtchen und das Bild stammen aus dem Buch »Shinsaku Otoshibanashi« (Sammlung neuer lustiger Geschichten) von Ikka-Dō; es erschien gegen Ende der Yedo-Periode (1867 u. Z.). –
In der Umgangssprache bezeichnet man das Pissen einer Frau verschönernd als »Hamaguri no Shiofuki«, das Ausspritzen des Wassers der Muschel. Es handelt sich um das Wasser, das die Muscheln von Zeit zu Zeit ausspritzen, wenn sie ihr Atemwasser erneuern. Shio = Shiwo, das Meerwasser; fuki = fukiagaru, in die Höhe spritzen (Inouye). Zur Erläuterung des Ausdrucks, in dem das Hamaguri (die Muschel) die allgemein übliche Bedeutung der Vulva hat, wollen wir eine Geschichte anführen, die sich in dem Buch »Shōtei Mam-pitsu« (Shōtei's vermischte Bemerkungen) findet; der Verfasser ist Shōtei Kinsui und sein Buch erschien im dritten Kayei-Jahr (1850 u. Z.).
»Eine Frau verrichtete einmal, während der Mond schien, mitten in ihrem Garten ein natürliches Bedürfnis; sie wollte damit den Gästen, die ihr Haus besucht hatten, eine Unterhaltung bieten. Ihr Gatte schimpfte sie aus und hielt ihr mit essigsaurem Gesicht vor, daß so etwas vor den Gästen doch eine große Unmanierlichkeit wäre. Die Frau gab ihm darauf zur Antwort, sie hätte es getan, weil man doch in den mondhellen Nächten sehen könne, wie die Venusmuschel ihr Wasser auslaufen lasse.«
In dem nebenstehenden Bild hat der berühmte Maler Kitagawa Utamaro eine solche »Mondscheinphantasie« zur Darstellung gebracht. Sie ist als »Shinkirō«, Luftspiegelung, Fata Morgana, bezeichnet. Wie man an dem reich mit Prunknadeln geschmückten Haaraufbau sieht, handelt es sich um ein Freudenmädchen, das aus dem Muschelwasser sich in der Vorstellung des Künstlers entwickelt. Utamaro knüpft damit zugleich an eine andere Bedeutung des Wortes »Hamaguri« an, die Inouye mit Meretrix, also Freudenmädchen, wiedergibt.
Eine Volkserzählung aus Kami Inagun in der Provinz Shinsū berichtet über folgende Sage:
»Vor langer Zeit lebte einmal ein Mann, der war nicht verheiratet. Da kam eines schönen Tages aus einem gewissen Ort eine hübsche Braut zu ihm in sein Haus. Der Mann ging jeden Morgen zu seiner Arbeit und kehrte am Abend zurück. Seitdem die Braut im Hause war, bekam er jeden Tag ein schönes Essen. Bis zur Ankunft der Braut hatte er niemals vermutet, daß die Bohnensuppe (miso shiru) so gut schmecken könne. Dahinter mußte nach der Ansicht des Bräutigams irgend etwas Geheimnisvolles stecken. So nahm er sich denn vor, herauszubekommen, wie seine Braut eine so vortreffliche Suppe herstelle! Eines Tages tat er so, als ob er zu seiner Arbeit ginge, verbarg sich aber hinter seinem Hause. Seine Braut holte den Mörser herbei, tat den Bohnenbrei Miso, aus Bohnen, Salz und Hefe hergestelltes Mus. hinein und fing an, ihn zu zerreiben. Als das Miso ordentlich zerquetscht war, machte sie die Beine auseinander und ließ ihr Wasser in den Mörser. Da wurde der Bräutigam sehr böse und wollte die Braut hinausjagen. Sie bat ihn flehentlich um Verzeihung, aber er vergab ihr das nicht. Da verwandelte sie sich in eine große Muschel und kroch langsam aus dem Hause hinaus. Die Bohnensuppe schmeckte so gut, weil die Braut aus ihrer Muschel die Sahne hineingetan hatte.«
Ein sonderbarer Ausdruck für das Pissen einer Frau ist »Sambasō«, wofür man auch »Sambasō wo fumo«, ein Sambasō spielen, sagt. Der Sambasō ist eigentlich ein Schauspieler in der Tracht eines weißbärtigen [???Wort unleserlich. Re] Mannes, der als eine Art Vorspiel vor Beginn des Stückes die Bühne betritt und tanzt. In der Regel beugt er beim Tanzen den Oberkörper etwas nach vorne und drückt die Hinterbacken nach rückwärts, so daß man seine Haltung mit derjenigen einer Frau vergleichen kann, die im Stehen Wasser läßt. Auf diese Weise hat sich das Wort Sambasō (oder Sanbasō) seine Umdeutung gefallen lassen müssen, während es sonst in der gewöhnlichen Sprache lediglich das Vorspiel einer Theatervorstellung, das Präludium, bezeichnet. Ein Volksliedchen der Provinz Fukushima leistet sich folgenden Scherz mit dem Wort Sambasō, gekürzt zu Samba:
»Omeko Samba fumya Kozane ga odoru,
Ketsumedo chōshi zuite Fue wo fuku.«
»Wenn der Cunnus ein Sambasō spielt (d. h. pißt), dann beginnen die kleinen Schamlippen (die Nymphae) zu tanzen und der Hintere bläst die Flöte im richtigen Ton dazu!« –
Die Frauen haben in Japan beim Pissen drei verschiedene Haltungen:
Sie stehen entweder wie ein Mann und halten dabei die kleinen Schamlippen mit dem zweiten und dritten Finger (Zeige- und Mittelfinger) der rechten Hand auseinander, während sie den Leib etwas nach vorne strecken; dann lassen sie ihr Wasser laufen. Diese Sitte wird von den Frauen im Kansai beobachtet (in den westlichen Provinzen).
Bei den Frauen im Kantō ist es Brauch, sich hinzuhocken und die Schenkel etwas nach links und rechts auseinanderzunehmen, wenn sie ein Bedürfnis verrichten wollen. (Das Kantō sind die östlichen Provinzen).
In den Tōhoku-Provinzen (d. h. in den nordöstlichen) pissen die Frauen, wie es beim Sambasō oben geschildert ist; das gilt in erster Linie von den Frauen auf dem Lande. Djese benutzen auch gewöhnlich kein Abwischpapier beim Pissen, wie die andern, sondern treten drei- oder viermal fest auf den Boden auf, um die an den Schamteilen hängen gebliebenen Tropfen abzuschütteln.
Die beiden Bilder stellen keine von den oben geschilderten Haltungen dar, denn es handelt sich in beiden um »gesittete« städtische Verhältnisse. Allenfalls könnte das zweite Bild die bei den Frauen im Kantō übliche Haltung wiedergeben. Das erste Bild, das die Benutzung eines Holzkübels zeigt, stammt aus dem Buch »Bidō Nichiyō Nyohō Ki« (Handbuch der Frau für die Liebeskunst); Verfasser und Erscheinungsjahr unbekannt, wahrscheinlich in Kyōto veröffentlicht. Das zweite Bild stammt aus dem 4. Band des Buches »Insho Kaikō Ki« (Über die Anfänge der Kunst des Dichtens?); näheres unbekannt.
Wir erinnern hier an den im Abschnitt »Ananashi« beschriebenen Felsblock »Ono-no-Komachi no Shōben-Ishi«, den Stein, auf den Ono- no-Komachi gepißt hat, als Beispiel dafür, wie die Einbildungskraft des Volkes eine auffallende Bildung in der Natur auslegt. Der eigentliche Name dieses Felsstückes, Hima Iwa, der Frauenfelsen, knüpft vielleicht an uralte Sagen von Waldfrauen oder ähnlichem an. Das Volk sieht aber an diesem Stein zunächst nur die auffallenden weißen Streifen, Einsprengungen einer anderen Steinart, vielleicht Quarz in Basalt. Und da liegt ihm die volkstümliche Gestalt der Dichterin Ono-no-Komachi so nahe, daß sie zu dem Felsen in Beziehung gebracht wird, und dann können die weißen Streifen nur auf die Weise entstanden sein, wie es in dem volkstümlichen Namen zum Ausdruck gelangt. –
Von dem Shiri-Uchi-Matsuri, dem Fest, bei dem der Hintere verhauen wird, haben wir im Abschnitt »Götter und Geister« gesprochen.
Das volkstümliche Wort für den Hintern ist »Kama«, mit Vorsetzung der Höflichkeitssilbe O »Okama«, das auch, wie wir im Abschnitt »Nanshoku« ausführlich dargetan haben, in allen Redewendungen gebraucht wird, die auf die Päderastie Bezug haben.
In dem erotischen Buch »Ana Okashi!« (Wie lustig!) von Sawada Meisui steht folgendes: »Wir bezeichnen das Kōmon mit dem Namen des Kiku, ... und später wurde das volkstümliche Wort Kama für diesen Körperteil verwendet.«
Kōmon haben wir im Abschnitt »Nanshoku« in der Zusammensetzung »Kōmonji«, der (buddhistische) Tempel des Arsches, d. h. das Arschloch, kennen gelernt; es ist ein Hinweis auf die buddhistischen Priester, die im Rufe standen, große Päderasten zu sein. Im Abschnitt »Schaustellungen« ist auf das Wortspiel (dem Klang nach) zwischen dem Beinamen des Fürsten von Mito »Kōmon«, das gelbe Tor, und »Kōmon«, der Anus, hingewiesen. Ketsu, das Wort des niederen Volkes, wird in Ketsu-bobo, der Analkoitus, und Ketsuhori, den Arsch aushöhlen, d. h. den Analkoitus ausführen, verwendet (siehe den Abschnitt Nanshoku).
Das im vorhergehenden Absatz genannte Kiku ist das Chrysanthemum. Es ist gewiß auffallend, daß man die Lieblingsblume der Japaner, die ein besonderes Jahresfest hatte und einem kaiserlichen hohen Orden den Namen gab, zur Bezeichnung des Hintern verwandte. Veranlassung dazu war jedenfalls die schematische Darstellung der Blüte im japanischen Wappen; der Vergleich beruht auf der Ähnlichkeit des Constrictor ani, des Afterschließmuskels, mit den Blumenblättern dieser kleinen Blüte des Chrysanthemum. Deshalb nennt man den Anus Kiku; man sagt auch »Kiku-no-mon«, das Abzeichen des Chrysanthemum oder das Chrysanthemum-Wappen. Auch das »Kikuza« ist ein Gassenwort für den Hintern geworden; das Kikuza ist eine Verzierung aus Metall oder ein knopfartiger Griff, den man in Japan an den aus einem Holzrahmen bestehenden, mit Papier überzogenen Schiebetüren anbringt; das Muster zeigt eine Scheibe, die mit den Blumenblättern des Chrysanthemum eingefaßt ist. In der Verbrechersprache gebraucht man für den Anus das Wort »Kikuzara«, ein Geschirr mit dem Chrysanthemum-Muster.
Satow stellt »Heppo« und »Besu« zu Kikuza; es scheint sich um volkstümliche Wörter für das Chrysanthemum zu handeln; Fujisawa und Inouye haben sie nicht.
Die Blüte der Klette, Lappa major, japanisch Gobō, ist äußerlich der Chrysanthemumblüte ähnlich, wenn man sie kurz am Stiel abschneidet, so daß man die grünen Blätter, die den Blütenkopf umgeben, vor sich hat. Auch hier dient der Constrictor ani als Vergleichspunkt, so daß »Gobō-no-Kirikuchi«, das abgeschnittene Ende der Klette oder die Schnittfläche der Klette, zu einem Gassenwort für den Anus geworden ist. Im Abschnitt »Nanshoku« findet man ein Senryū darüber. –
Für kacken oder scheißen bringt Fujisawa keine volkstümlichen Ausdrücke; »seine Notdurft verrichten« gibt er mit »habakari no iku«, zum Abort (W.-C.) gehen, wieder. Auch Satow's Stoffsammlung ist in dieser Hinsicht wenig ergiebig. Angeführt ist lediglich »Unko«, ein Wort der Kindersprache, das unserem »Kaka« entspricht; Inouye hat es nicht.
Der als Überschrift des Abschnittes gewählte Ausdruck »Kitanai Koto« bedeutet »Schmutzige Dinge«. Ein veraltetes Wort »Kitanakimono«, das schmutzige Ding, bedeutete den Penis. –
Zum Schluß eine Volksüberlieferung und einige in das vorliegende Gebiet einschlagende Geschichten.
Eine alte Volkserzählung aus Hagagun (etwa: Landkreis Haga) in der Provinz Shimotsuke berichtet folgendes:
»Es war einmal ein junges Mädchen, das hatte heftiges Verlangen nach dem Koitus. Aber ihre Eltern waren sehr heikel in dieser Hinsicht, so daß sie das Haus nicht verlassen konnte. Deshalb verabredete sie mit ihrem Liebhaber folgendes: Beim Nähen setzte sie sich auf ein Astloch im Flur; dann kroch ihr Liebhaber unter den Fußboden und steckte seinen Penis durch das Astloch in die Vulva des Mädchens. Eines Tages rief sie ihr Vater während dieser Beschäftigung ab, so daß sie von ihrem Platz aufstehen mußte, auf dem dann der Vater den steifen Penis fand, der fast wie ein Stückchen Kot aussah, das von dem Mädchen fallen gelassen worden war. Da knurrte der Vater: ›Sieh mal da, du kleines, unartiges Ding! Weshalb läßt du denn deinen Kot hier fallen?‹ Und er nahm die Spitze des Penis zwischen die heiße Feuerzange. Seit dieser Zeit soll die Eichel des Penis wie verbrannt sein.«
Anscheinend will diese alte Volksüberlieferung den Unterschied in der Farbe der äußeren Haut des Penis und der Eichel im erigierten Zustand erklären. Eine ähnliche Geschichte findet sich in dem Buch »Esashigun Mukashibanashi« (Alte Geschichten aus Esashigun, d.h. Landkreis Esashi, in der Provinz Iwate), gesammelt von Sasaki Kizen und veröffentlicht am 20. August des elften Taishō-Jahres (1922 u.Z.). In dieser Geschichte soll aber darauf hingewiesen werden, daß bis zu dem Vorfall, von dem sie berichtet, der Penis glatt und gleichförmig wie eine Yamswurzel gewesen wäre. –
»Idokoro«, der Wohnsitz, Sitz, Aufenthaltsort, ist ein volkstümlicher Ausdruck für den Hintern. In dem Buch »Kinō wa Kyō no Monogatari« (Das Gestrige [Vergangene] als Erzählung von heute), erschienen im dreizehnten Kanyei-Jahr (1636 u.Z.), findet sich die folgende lustige Geschichte, deren Witz allerdings durch die Übersetzung leidet. Zur Erklärung schicken wir folgendes voraus: Ein Rokkakudō ist eine sechseckige Halle. Das Vorbild für solche Hallen ist ein berühmter sechseckiger Tempel der Sekte Tendai, der dem Nyo-i-rin Kwannon, dem allmächtigen Avalôkitêshvara der Buddhisten, geweiht ist. Dieser Tempel liegt am Rokkaku-dōri (Straße oder Weg zur sechseckigen Halle), Shimo-Kyōku, Kyōto; sein eigentlicher Name ist Chō-Hō-Ji, der höchste (buddhistische) Tempel. Ein Zoritori ist ein Sandalenträger, d. h. ein Diener, der seinem Herrn die Sandalen nachträgt. Ein Onaraya ist wörtlich übersetzt ein Furzhaus.
»Einstmals ging ein Mann zu einem Rokkakudō, um einen Zoritori zu mieten. Da kam ein junger Mann und bot ihm seine Dienste an. Der Mann frug ihn darauf: ›Wo bist du bis jetzt beschäftigt gewesen?‹ ›Ich saß auf einem Onaraya!‹, erwiderte der junge Mann. ›Auf einem Furzhaus? Ah! Du willst mich wohl zum Narren halten? Nicht wahr?‹ schrie da der Mann. Worauf ihm der junge Mann sehr höflich antwortete: ›Nein, mein Herr! Wirklich nicht! Ich sagte das nur, weil Sie mich nach meinem Sitz frugen!‹«
In der folgenden Geschichte, die »Megusuri«, Augenarznei, überschrieben ist, wird die Bedeutung von »Me«, die Frau, und »Me«, das Auge, in zweideutigem Sinn ausgenutzt:
»Ein Mann, der an einem Augenübel litt, kaufte sich einstmals ein Arzneipulver. Auf dem Einwickelpapier waren diese Worte gedruckt: ›Mejiri e tsuke beshi,‹ Das mußt du in der äußeren Ecke des Auges anwenden. Aber die Schrift war verwischt oder mit der Zeit verblaßt, so daß man sie nicht deutlich genug lesen konnte. Schließlich legte der Mann sie folgendermaßen aus: ›Meshiri e tsuke beshi,‹ Das mußt du auf dem Hintern einer Frau anwenden. Er bat daher seine Frau, ihren Hintern zu entblößen. Die Frau war anfangs ganz bestürzt, da es sich aber um ein Mittel handelte, das die Augenkrankheit ihres Mannes heilen sollte, konnte sie seinen Wunsch nicht länger ablehnen und entblößte widerwillig ihren Hintern. Der Mann betrachtete ihn sehr aufmerksam und sagte dann: ›Oh! Das ist ja ein schrecklicher Anblick! Beim Sonnenlicht dürfte man wahrlich nicht dahin sehen!‹ Darauf brachte er seine Augen näher heran, noch ganz ängstlich darüber, daß ihm seine Frau eine so große Gunst erwies, streute die Arznei rund um das Arschloch und rieb sie dann zart mit der Hand ein. Die Frau konnte das Kitzeln nicht aushalten und ließ einen mächtigen Wind fahren, der so kräftig war, daß er dem Mann das Arzneipulver in die Augen blies. In diesem Augenblick klatschte der Mann in die Hände und rief aus: ›Ja, so muß es sein! Jetzt begreife ich, daß dies die Art und Weise ist, wie man die Arznei anwenden soll!‹«