Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Das Vorspiel

Eines der beliebtesten natürlichen Dinge, mit denen man den Cunnus vergleicht, ist die Muschel. Sie hat auch bei vielen Völkern im Glauben eine Stelle gefunden und ist seit den ältesten Zeiten ein göttliches Sinnbild. Auch in Japan, wo hauptsächlich die Awabimuschel, wie wir oben gesehen haben, von jeher eine große Rolle gespielt hat und heute noch spielt. Und im Volksleben der Japaner sind die verschiedensten Arten der Muscheln zu beliebten Bezeichnungen des Cunnus geworden. Wir geben im folgenden eine Auswahl, die zugleich den Stoff über die Vorbereitungen zum Koitus bringen soll, mit andern Worten: die Behandlung der Muschel durch den Mann.

Eine beliebte Art des stillen Verkehrs zwischen den beiden Geschlechtern ist diejenige beim Kotatsu. Das Kotatsu ist ein Becken, das mit glühenden Kohlen gefüllt, in den Fußboden eingelassen ist. Es dient zur Erwärmung des Zimmers, wird aber gern als Fußwärmer benutzt, indem man ein mit einem Tuche zugedecktes Gestell darüber anbringt. Unter dieses Gestell werden dann die Beine gesteckt, wie wir auf dem nebenstehenden Bild sehen. Der Künstler hat die Decke lediglich aus dem Grunde als zurückgeschlagen gezeichnet, damit man sehen kann, was beim Kotatsu sich abspielt.

siehe Bildunterschrift

36. Die Überraschung beim Fußwärmer (kotasu). Holzschnitt aush einem erotischen Buch von Shigemasa (1739 – 1819)

Die auf dem Bilde dargestellte Handlung nennt man »Ashi-de-Kaifumu«, die Muschel mit dem Fuße bearbeiten, das bedeutet: den Cunnus mit den Fußspitzen kitzeln. Als literarischer Beleg dient das Buch, aus dem auch das Bild stammt, »Kōshoku Temari-uta« (Die Ballade vom verliebten Handballspiel). Temari-uta sind die Liedchen, die von den Mädchen bei Ballspielen gesungen werden; wir haben an anderer Stelle ein solches Liedchen angeführt. Köstlich sind auf dem Bilde die Gesichter der beiden wiedergegeben: geheuchelte Gleichgültigkeit, die einen unbefangenen Beobachter nichts merken lassen will. Man muß sich dabei allerdings das Kotatsu vollständig bedeckt vorstellen.

siehe Bildunterschrift

Ashi-de-kai-fumu.

Statt Ashi-de-Kai-fumu sagt man auch »Kezetta wo haku«. Die Kezettas sind Sandalen, die mit kleinen Lederstückchen benagelt werden, statt mit einem ganzen Lederstück; sie wurden in der Yedo-Periode hergestellt und diese billigen Volkssandalen wurden zu einem volkstümlichen Wort für die Geschlechtsteile der Frau, die man als Kezetta oder Kesetta bezeichnete. Der Ausdruck »Kezetta wo haku« bedeutet wörtlich: Die Kezettas anziehen. Das muß man humoristisch verstehen, denn in Wirklichkeit zieht der Mann, wenn er den Cunnus mit den Fußspitzen kitzeln will, die Holzsandalen aus. In dem oben angeführten Buche »Kōshoku Temari-uta« wendet der Verfasser diesen Volksausdruck nicht an, weil er das Wort Kezetta vermeiden will; statt dessen spricht er von der »Muschel«. Aber in den volkstümlichen Senryūs wird der derbe Ausdruck gebraucht, wie das folgende Beispiel zeigt:

»Kotatsu nite
         Kezetta wo haku omoshirosa.«

»Oh, welches Vergnügen, wenn ich ihr unter dem Fußwärmer den Cunnus kitzeln kann!«

Ein anderes Senryū faßt das, was beim Kotatsu vorgeht, scherzhaft auf und sagt:

»Ningyō wo miru wa kotatsu no neko bakari.«

»Dem, was da unter dem Fußwärmer vor sich geht, wenn der Cunnus gekitzelt wird, dem kann nur die Katze zusehen!«, weil sie sich auch beim Kotatsu aufhalten darf, wie bei uns beim warmen Ofen. Der Witz des Senryū wird aber noch besser dadurch, daß neko, die Katze, die übliche Nebenbedeutung Vulva hat, wie auch bei uns die Katze oder das Kätzchen. »Neko-nade«, der Katze schmeicheln, bedeutet die Befriedigung der Frau durch das Befingern des Cunnus. Eine scherzhafte Nebenbedeutung entsteht bei neko, die Katze, dadurch, daß man das Wort doppelsinnig von nekomu, einschlafen, ableitet und damit ein schlafendes hübsches Mädchen bezeichnet, das zur Halbwelt gehört. In der Umgangssprache nennt man auch eine Geisha, ein Singmädchen, neko, nach Satow im spöttischen Sinne, weil ihr Musikinstrument, das Samisen, die einheimische dreisaitige Gitarre, mit einem Katzenfell versehen ist.

Die Area inflata, die Archenmuschel, japanisch »Akagai«, ist eine eßbare Muschel mit rotem Fleisch, die in ihrer äußeren Gestalt dem Cunnus so ähnlich sieht, daß man ohne weiteres versteht, daß Akagai zu einem Gassenwort dafür geworden ist.. Ein Senryū lautet:

»Toshima no shiohi
         Akagai no mizukagami.«

»Beim Sammeln von Seemuscheln (wenn die Flut zurückgegangen ist), zeigt die erwachsene Frau oft ihren Cunnus als Spiegelbild im Wasser.« Der Witz geht natürlich durch die Übersetzung verloren; eigentlich müßte man sagen: »Beim Muschelsammeln zeigt die Frau ihre eigene Muschel!« Man wendet das Wort Akagai in erster Linie auf den Cunnus einer erwachsenen Frau an, die häufigen Geschlechtsverkehr gehabt und auch wohl Geburten durchgemacht hat, weil in solchen Fällen die großen Schamlippen schlapp geworden sind und auseinander stehen, so daß das Innere sichtbar wird. So gleicht der äußere Anblick ganz der Area inflata, wenn sie ihren Fuß herausstreckt.

In dem Buche »Shinsaku Otoshi-Banashi (Sammlung von neuen komischen Geschichten), zusammengestellt von Ikka-Dō, steht die folgende, satirisch angehauchte Fabel:

»Ada-Gokoro (eine schlimme Absicht). Einem Manne wurden von einem Nachbar lebende Seetiere zugeschickt, die man neben der Küchentür auf den Boden stellte, um sie am selben Abend für einen Gast zuzubereiten. Die Muschel war von der Wärme des langen Frühlingstages müde geworden; sie öffnete den Mund und dadurch kam etwas von einer so entzückenden Farbe zum Vorschein (das einem Cunnus ähnlich war), daß der daneben liegende Hummer mit einer sanften Bewegung seines Schnurrbartes die Muschel berührte. Diese machte aber ganz plötzlich den Mund zu und rief: ›Was soll der Unfug eigentlich bedeuten? Du alter, schäbiger Kerl!‹«

Das Bild stammt aus dem oben angeführten Buch des Ikka-Dō.

siehe Bildunterschrift

Die Muschel und der Hummer.

Ein Senryū, das der Sache etwas tiefer auf den Grund geht, lautet so:

»Akagai no gutto oku ni wa
         Ina-no-heso.«

»Im Herzen der Muschel wirst du den Nabel der Meeräsche (der Fisch Mugil cephalus) finden.« »Ina-no-heso«, der Nabel der Meeräsche, ist ein Gassenwort für den Gebärmutterhals, der sich mit den Fingerspitzen, wenn der Mann eine Frau mit den Fingern befriedigt, genau so anfühlen soll, wie der »Nabel« einer Meeräsche. (Gemeint ist wohl die Afteröffnung des Fisches.) Wie man zu dieser sonderbaren Ansicht kam, läßt sich aus den Unterlagen nicht feststellen. (Siehe oben.) Ein Senryū sagt unmittelbar:

»Naniyara no tezawari ninita
         Ina-no-heso.«

»Der Nabel der Meeräsche fühlt sich ähnlich an, wie eine Gebärmutter.« Mit dieser einfachen Feststellung ist die Sache erledigt. Irgendeinen Scherz oder eine Anspielung scheint dieses Senryū nicht zu beabsichtigen. Ein anderes sagt uns auch nicht viel mehr:

»Akagai ga nomikonde iru
         Ina-no-heso.«

»Der Nabel der Meeräsche wird in das Herz der Muschel verschluckt!« Vielleicht handelt es sich um Schöpfungen der Fischerbevölkerung, für die in den Anspielungen aus ihrer Beschäftigung Scherz genug lag.

Der in dem oben angeführten Senryū gebrauchte Ausdruck »Akagai no mizukagami«, die Muschel (den Cunnus) im Wasser spiegeln, kommt auch als »Omeko no mizukagami« vor. Omeko ist ein Wort der Umgangssprache für den Cunnus; wir haben es an anderer Stelle erwähnt.

Ein Rappa Bushi Ein Rappa Bushi ist ein Trompetenlied; solche Lieder wurden in den Jahren 39 und 40 der Meiji-Ära (1906 und 1907 u. Z.), also während und unmittelbar nach dem russisch-japanischen Krieg gesungen; sie waren ein patriotisches Erzeugnis des Krieges. Das hier angeführte hat allerdings außer der kriegerischen Einleitung wenig patriotisches an sich; es scheint sich eher um einen spöttischen Scherz zu handeln. besingt eine solche Spiegelungsszene so:

»Ta-ta-ta-ta! Ta-ta-ta-ta! Ta no naka de
         Omeko no chikusho ga mizukagami,
Dojō ga bikkuri shite suna moguri
         Tanishi ga akirete futa wo suru.«

»Trara-trara! Trara-trara! Da ist das Bild eines Cunnus im Wasser wiedergespiegelt! Das Dojō taucht vor Überraschung in den Sand und das Tanishi verstummt plötzlich und macht den Mund zu!« Das Dojō ist eine Art Gründling, Misgurus anguillicaudatus, die Schmerle, und das Tanishi ist eine Flußschnecke, Paludina, die in den Reisfeldern vorkommt. Der Witz des Liedchens liegt einerseits in der Übertreibung und andererseits darin, daß das auf die kriegerischen Trompetenstöße Nachfolgende gar nicht zu ihnen paßt.

Daß die bekannte Venusmuschel, Hamaguri, als Gassenwort für die Schamteile einer jungen Frau verwendet wird, ist bereits erwähnt. Satow begründet die Herleitung noch damit, daß die Schalen der Venusmuschel dicht zusammenschließen und daß sie einen Saft von sich gibt, der mit den Absonderungen der Scheide, d.h. der Bartholinschen Drüsen, verglichen wird. Wir bringen einige Senryūs, die sich mit dem Hamaguri beschäftigen:

»Hamaguri ga deru made makuru
         Shiohigari.«

»Wenn eine junge Frau (bei der Ebbe) Muscheln sammelt, dann hebt sie ihr Kleid so hoch, daß man ihre Muschel sehen kann!« Hier kommt also derselbe scherzhafte Gedanke zum Ausdruck wie oben.

»Shinzō no Hamaguri
         Ombō no Shigure yaki.«

»Der Leichenverbrenner röstet die tröpfelnde Muschel einer jungen Frau.« Dieses Senryū ist ebenso unfein, wie das folgende:

»Kuchioshisa Ombō no mara wa
         Ato de tachi.«

»Es ist sehr bedauerlich, daß dem Leichenverbrenner der Penis steht, nachdem sie begraben war.« Satow ist der Ansicht, daß in diesem Gedichtchen eine Anspielung darauf enthalten sei, daß in früheren Zeiten diese Leichenverbrenner oft Leichenschändungen begingen. Und es sollen manche Berichte vorhanden sein, daß Frauen bei solchen Handlungen ins Leben zurückkehrten. Das soll auch in dem folgenden Volkslied zum Ausdruck gekommen sein:

»Shigure Hamaguri miyage ni shanse
         Seki no Okame no Nasake-doko.«

»Bringe eine tröpfelnde Muschel als Andenken mit nach Hause, denn es ist ein Platz der Okame (Name eines Freudenmädchens), auf dem man sich heimisch fühlt.« (?) –

Wenn sich die Frau ihren Geschlechtsteil am Feuer gewärmt hat, so nennt ihn ein Wort der Gassensprache »Yaki-Hamaguri«, eine geröstete Muschel. Es ist abgeleitet von einem berühmten Erzeugnis der Provinz Kuwana im Tōkaidō, weil dort die Venusmuscheln geröstet und mit Shōyu Das Shōyu ist ungefähr dasselbe wie Miso shiru, eine Tunke aus Weizen, Sojabohnen und Salz. aufgetragen werden. In dem Buch »Yakujun Shōwa« (Lustige Geschichten in chinesischen Schriftzeichen), herausgegeben von Bunkō-Dō im Januar des achten Bunsei-Jahres (1826 u. Z.), befindet sich eine Geschichte, die auf das Wort »Yaki-Hamaguri« anspielt:

»Arai Hakugwa ist ein guter Wahrsager und sehr geschickt darin, alle möglichen Dinge zu erraten. Er machte einmal eine ›Geschäftsreise‹ durch das Tōkaidō und kam auch nach Kuwana, wo er für eine Nacht Unterschlupf bei einem Bekannten fand. Der Herr des Hauses bot ihm Sake (Reiswein) an und bedauerte, daß er ihm kein schmackhaftes Essen auftragen könne. Als Hakugwa von schmackhaftem Essen hörte, nahm er Eß-Stäbchen in die Hände und warf sie wie Wahrsager-Stäbchen durcheinander. Nach einigen Minuten tat er seinen Mund auf und sprach: ›In diesem Hause ist ein gutes Essen, das seiner Form nach die Besonderheit dieses Ortes betrifft!‹ Der Hausherr suchte nach diesem Ding, und siehe da! Er fand seine Frau schlafend über dem Fußwärmer!«

Auch hier diente also das Kotatsu zum Wärmen der Muschel, und so war nach der richtigen Angabe des Wahrsagers ein Yaki-Hamaguri im Hause.

Die Venusmuschel war wegen ihres festen Fleisches sehr beliebt, so daß man Hamaguri, obwohl es bereits ein Gassenwort für den Cunnus war, mit Bobo, dem Wort der Umgangssprache für die Vulva, zusammen als »Hamaguri-Bobo«, als »eine venusmuschelartige Vulva«, für eine besonders feste und spannkräftige Vulva gebrauchte. Das erotische Buch »Inyō Tegoto-no-Maki« (Handbuch für das männliche und weibliche Geschlecht) gibt folgende Beschreibung einer »spannkräftigen« Vulva:

»Zoku ni Namaguri-Bobo to iu,
Naka ni hirahira to surumono
arite Henoko ni karami tsuku
yō nite ajiwai yoshi.«

»Man nennt sie allgemein die Venusmuschelartige Vulva, weil sie in der Scheide etwas sich wellenförmig bewegendes hat, das den Körper des Penis fest umschließt, so daß er ein sehr gutes Gefühl dabei hat.«

»Hamaguri-no-Mukimi«, eine nackte Muschel, ist ein selbstverständlicher Ausdruck für eine entblößte Vulva oder überhaupt für ein nackt ausgezogenes Freudenmädchen.

Das Wasser, das die Muscheln von Zeit zu Zeit auslaufen lassen, heißt japanisch »Hamaguri no Shiofuki«, und man bezeichnet damit das Pissen einer Frau, worüber das weitere im Abschnitt »Skatologisches«.

Ein Senryū erklärt das aus der Venusmuschel kommende Wasser etwas anders:

»Yoshichō e Hamaguri ga kite
         Shio wo fuki.«

»Eine Frau besucht als Kundin einen Yoshichō und läßt sich von ihm den Cunnus zum Überlaufen bringen.« Von einem solchen Yoshichō haben wir oben gesprochen, wo er als Kagema bezeichnet wird, da Yoshichō eigentlich ein Absteigquartier ist und erst im übertragenen Sinne einem in einem solchen Rendezvous-Haus oder auch Speisehaus bedienenden jungen Mann den Namen gibt. Es waren Lustknaben, die für die Gäste bereitgehalten wurden. Näheres im Abschnitt über die gleichgeschlechtliche Liebe unter Männern. Die älteren von ihnen, die nicht mehr »dienstfähig« waren, d. h. etwa nach dem siebzehnten Lebensjahr, »bedienten« dann weibliche Kunden, die heimlich in solche Speisehäuser kamen, wie Hofdamen, Witwen und sonstige unbefriedigte Frauen. Sie schliefen mit diesen Kagemas zusammen und hatten natürlichen Verkehr mit ihnen. Eine solche Kundin ist auch die oben erwähnte Frau, die jedenfalls eine Hofdame war. Während der Yedo-Periode wurde am kaiserlichen Hofe jeder Verkehr zwischen den anwesenden Lehnsleuten, dem Gefolge, und den Hofdamen streng verhindert, so daß die letzteren während ihres Dienstes nicht in der Lage waren, ihr geschlechtliches Verlangen zu befriedigen. Dies konnte erst während ihrer Beurlaubung geschehen. Wenn sie dann ein Yoshichō besuchten, waren sie durch die lange Enthaltsamkeit geschlechtlich so erregt, daß die Muschel beim Koitus gewissermaßen überschäumte; das ist es, was das Senryū zum Ausdruck bringt, und zwar in ganz nüchterner Form; es ist lediglich eine Feststellung ohne jeden Witz. –

Das Befingern des Cunnus vor dem Koitus bezeichnete man mit einem chinesischen Wort als »Tanyū«, das Durchforschen eines abgelegenen Tales. Ein Senryū verwertet diesen Ausdruck in einer Weise, die uns in eine Eigentümlichkeit einen Einblick gewährt:

»Tanyū wa iya yo to
         Maruyama no Jorō.«

»Das Freudenmädchen von Maruyama sagt: ›Ich mag kein Befingern leiden!‹« Maruyama ist ein behördlich genehmigtes Freudenmädchen-Viertel in Nagasaki. Es ist auffallend, daß man die Scheu der Freudenmädchen vor der körperlichen Berührung, die doch ziemlich allgemein verbreitet ist, gerade für dieses Viertel besonders hervorhebt. Sonst lassen sich diese Mädchen solche Vertraulichkeiten nur von ihren Geliebten gefallen. –

Eine scherzhafte kurze Geschichte, die erzählt, wie das Befingern unter Umständen ins Gedächtnis zurückgerufen werden kann, stammt aus der Yedo-Periode:

»Entschuldige, daß ich dich so lange nicht besucht habe! Wie geht es dir denn?« »Willkommen, mein Lieber! Willst du ein Pfeifchen rauchen?« »Ich danke dir! Aber ich habe vergessen, meinen Tabak mitzubringen! Willst du so freundlich sein, mir etwas abzugeben?« »Gern! Aber dieser wird vielleicht ein bischen zu stark für dich sein?« sagte der Hausherr und händigte dem Freund seinen Tabaksbeutel aus Bärenfell ein. »Das ist doch Bärenfell, nicht wahr? Oh, was für eine niedliche ...!« sagte der Freund, leise vor sich hinmurmelnd; er befingerte den Beutel und sagte dann plötzlich: »Ach, ich habe ganz vergessen dir zu sagen, daß meine Frau dir ihre besten Wünsche übersendet!«

»Kuma no kawa«, das Bärenfell, ist ein Gassenwort für einen haarigen Cunnus. Als der Freund diesen Tabaksbeutel aus Bärenfell befingert, fällt ihm mit dem Wort auch der Cunnus seiner Frau, die stark behaart war, ein und damit die Botschaft, die sie ihm aufgetragen hatte. Der Vergleich liegt aber nicht nur in den Haaren des Cunnus, die ihn einem Stückchen Bärenfell ähnlich machen, sondern das Wort »Kuma«, der Bär, ist an sich schon ein Gassenwort für den Cunnus. In dem Volkslied »Obako Bushi« (Der Gesang des Mädchens) aus der Provinz Akita heißt es:

»Obako shirune shita ba
         Wakai Karyume ga kite
Koyari tsundashita ne,
         Kobaete, kobaete!
Karyume nani wo suru
         Karyume wa Kuma wo tsuku shobe e da mono,
Kobaete, kobaete!«

»Als das Mädchen ein Schläfchen machte, da kam ein junger Jägersmann und holte einen kleinen Speer heraus. ›Jägersmann, was machst du denn da?‹ ›Oh, es gehört zu meiner Tätigkeit, den Bär mit dem Speer niederzustechen!‹« Kobaete bedeutet »Macht Musik!«, »Spielt auf!«; es ist in der Übersetzung des Volksliedes fortgelassen. Koyari, der kleine Speer, ist der Penis; Yarisaki, die Spitze des Speeres, bedeutet die Peniseichel. –

Das Befingern des Cunnus vor dem Koitus ist in Japan Volksbrauch, wie wir gesehen haben. In dem erotischen Buche »Keichū Oho-Karakuri« (Die großen Vorrichtungen im Plauderzimmer), zusammengestellt von Azumaotoko, Bd. II, steht darüber folgendes:

»Nururi to kobosu Insui wo aizu ni Yubi wo fukaku
         oshikomi Henoko-no-michi wo jūbun hiraki te.«

»Als Antwort auf die schlüpfrige Absonderung steckt er seine Finger tief hinein und öffnet ›den Weg des Penis‹ so weit als möglich.« Mit »Henoko-no-michi«, der Weg des Penis, bezeichnet man die weibliche Scheide. »Henoko« ist ein Wort der Umgangssprache für den Penis. Es ist ein sehr altes Wort, das früher auch den Kitzler oder den Hodensack bezeichnete. Man sagt auch kurz »Noko«. In einem Senryū aus der neueren Zeit heißt es:

siehe Bildunterschrift

Insui.

»Nyōbō no tsuno wa
         Henoko de tataki ori.«

»Das hysterische Aussehen der Frau wird nun durch seinen Penis zur Ruhe gebracht.«

»Insui« im obenstehenden Text bedeutet die geschlechtlichen Absonderungen bei beiden Geschlechtern, also den Samen des Mannes und die Feuchtigkeit in der Scheide der Frau. Die vorstehende Karikatur aus der Yedo-Periode zeigt eine geile Frau, die auf dem Rücken liegt und infolge ihrer geschlechtlichen Erregung ohne Koitus zum Orgasmus gelangt ist. Das ist selbstverständlich eine dem Karikaturenzeichner erlaubte Übertreibung. Der Orgasmus ist in der üblichen Weise durch die gekrümmten Zehen dargestellt. »In«, obwohl Abkürzung von Insui, bedeutet nur den männlichen Samen. In dem Buche »Konjaku Monogatari« (Erzählungen von alten und neuen Dingen) steht folgendes:

»Nan-nyo metorazu to iedomo mi no uchi ni In irinureba kakunan Ko wo umikeru to nan kataritsutae taru toya.«

»Es wird behauptet, daß ein Kind erzeugt wird, wenn der männliche Samen in den Körper (einer Frau) hineingekommen ist, auch wenn die Frau keinen Geschlechtsverkehr gehabt hat.« Wie man hieraus ersieht, wurde diese interessante Frage auch in Japan schon vor längerer Zeit erörtert. –

Die Bevölkerung von Kansai (d. h. Ōsaka, Kyōto usw.) bezeichnet das Befingern des weiblichen Geschlechtsteils mit »Enkō-wo-watasu«, über den Affen hinwegsetzen. Der Ausdruck ist nicht zu erklären, wenigstens bieten die Unterlagen keine Gründe dafür. Watasu ist soviel wie »Jemanden über einen Fluß setzen«. Im allgemeinen wird Enkō, der Affe, für die monatliche Reinigung der Frauen gebraucht, worüber wir an anderer Stelle mehr gesagt haben. –

Eine Eigentümlichkeit, die auch bei uns manchmal vorkommen dürfte, ist das Anfassen der Frauen im Theater oder im Lichtspielhaus. Nach den Angaben Satows befassen sich in Japan namentlich die Hooligans Unter Hooligan (ein amerikanisches Wort) versteht man einen Strolch. mit solchen Angriffen. Sie suchen sich gewöhnlich Frauen aus, die sich in der monatlichen Reinigung befinden, da sie in diesem Zustand angeblich besonders leicht verführt werden können. Zu diesem Zwecke suchen die Hooligans die Theater und Lichtspielhäuser auf. Wird einer von der Polizei erwischt, dann sagt man ganz einfach zu ihm: »Laßt einmal an Euren Fingern riechen!« und daraufhin wird er schuldig gesprochen. Ein Senryū, das aber nicht ausdrücklich auf die Hooligans gemünzt zu sein braucht, lautet so:

»Kabuki minagara Ningyō no omoshiro sa.«

»Oh, welches Vergnügen, wenn man einen Cunnus befingert, während man im Kabuki-Theater nach der Bühne schaut!« Von Ningyō und Kabuki-Theater ist oben die Rede gewesen. –

Wir erinnern hier an das bei »Omatsuri« erwähnte Senryū:

»Ningyō no shosa wa Omatsuri mae no koto.«

»Vor einem Koitus soll man das Befingern des Cunnus ausüben!« Auch in dieser »Bauernregel« kommt zum Ausdruck, daß der Japaner großen Wert darauf legt, vor dem Koitus die Frau geschlechtlich zu erregen und dadurch die erforderliche Feuchtigkeit der Scheide herbeizuführen. Ob dies damit zusammenhängt, daß nach vielfachen Behauptungen die Japanerin geschlechtlich schwer erregbar sei, lassen wir dahingestellt; in diesem Buch sind genug Beispiele für das Gegenteil angeführt. Es ist allerdings sozusagen Brauch, den Cunnus vor dem Koitus zu befingern, wie das folgende Senryū zeigt:

»Hatsuburo wa mazu kagen mi ni
Yubi wo ire.«

»Führe zuerst einen Finger ein, um zu sehen, ob das erste Bad (Hatsu-buro = Hatsu-furo) richtig vorbereitet ist.« Diese Worte klingen zunächst ganz harmlos, als ob man bei einem Bad die Wärme des Wassers mit einem Finger prüfen solle. In Wirklichkeit ist aber »Furo«, das Bad, ein volkstümliches Wort für den Cunnus. Man sagt z. B. »Furo wo abiru«, ein Bad nehmen, und meint damit: einen Koitus ausüben. »Furo no Kuchi«, der Eingang zum Bad, d. h. zum Behälter des heißen Badewassers, ist der Cunnus. Statt Furo no Kuchi sagte man auch »Zakuroguchi« seit der Yedo-Periode bis zur Mitte der Meiji-Ära (bis etwa 1890 u. Z.). Zakuroguchi (guchi = kuchi) heißt wörtlich: das Granatapfeltor. Nach einer alten Sitte war auf dem Tor, das zu dem Heißwasserbehälter der öffentlichen Badehäuser führte, das Bild eines Granatapfelbaumes mit Blüten und Früchten eingeschnitzt. Über die Bedeutung dieses Schnitzbildes geben die Unterlagen keine Auskunft; sonst gilt allgemein der Granatapfel als ein Sinnbild der Fruchtbarkeit. Der Eingang zu einem Bad heißt heute noch Zakuroguchi (Inouye), wenn auch kein Granatapfelbaum mehr zu sehen ist.

In der Verbrechersprache bedeutet »Furo ni hairu« eine Frau vergewaltigen; wörtlich: ins Bad gehen, wobei aber hairu auch den Sinn von etwas Gewaltsamem haben kann, so daß es auch: ins Bad eindringen bedeuten würde. –

Über die Absonderungen der männlichen und weiblichen Geschlechtsteile beim Koitus ist das Volk im allgemeinen gut unterrichtet und kennt den Unterschied zwischen ihnen und dem männlichen Samen. Man nennt diese Absonderungen »Uwa-mizu« oder »Uwa-zumi«, das Oberwasser, d.h. die klare Flüssigkeit, die über einem Bodensatz steht. In der Volkssprache gebraucht man gewöhnlich Uwamizu und Satow hat das Wort auch in den erotischen Büchern gefunden, die gegen Ende der Yedo-Periode erschienen sind. Ein Senryū lautet:

»Kudokarete Gejo
         Uwamizu wo kobosu nari.«

»Als man die Dienstmagd zu verführen suchte, hatte sie (bereits) tropfenweise Absonderungen.« Über die im Durchschnitt als ziemlich geil angesehenen Dienstmägde haben wir an anderer Stelle ausführlich gesprochen.

Statt Uwamizu sagt man auch »Sakibashiri-no-Insui«, der Vorläufer des Samens, wobei aber, wie bereits oben gesagt, mit Insui die Absonderungen beim Orgasmus des Mannes und der Frau gemeint sind. Die Absonderungen der Vorsteherdrüse, den Succus prostaticus, nennt das Volk »Jisei«, dem Samen ähnlich.

Wenn einer mit einer Frau verkehrt, die beim Koitus sehr reichliche Absonderungen hat, so sagt man mit einem volkstümlichen Ausdruck »Cha-wo-tatsu«, d. h. den Tee mit gepulverten Teeblättern machen. Der Vergleichspunkt liegt in dem Schäumen des Tees, wenn das heiße Wasser auf die zerstoßenen Blätter gegossen wird.

Wenn ihm die Vulva nicht schlüpfrig genug zu sein scheint, benutzt der Japaner häufig seinen Speichel, um sie anzufeuchten. Ein Senryū, das darauf Bezug nimmt, haben wir im Abschnitt über die erotischen Tänze gebracht. Es handelt sich um ein Zwiegespräch zwischen einer Frau und einem Mann, der ihr vorhält, daß sie eine sehr geräumige Vulva habe. Worauf ihm die Frau schnippisch zur Antwort gibt: »Dann brauchst du sie ja auch nicht mit deinem Speichel anzufeuchten!«


 << zurück weiter >>