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Der Maurer machte die Türe auf, und die Schnabelgritte, des Sigristen (Küster, Metzner) Sohnsfrau, des Vogts Nichte, die Tochter seines seligen Bruders, kam in die Stube. Nachdem sie den Maurer und die Frau gegrüßt, dabei aber den Mund nur ein wenig aufgetan hatte, sagte sie zu ihm: Du wirst jetzt wohl nicht mehr unsern schlechten Ofen bestreichen wollen, Lienhard?
Lienhard. Warum denn nicht, Frau Nachbarin? Fehlt etwas daran?
Gritte. Nein, jetzt gar nicht; ich wollte nur in der Zeit fragen, damit ich in der Not wisse, woran ich sei.
Lienhard. Du bist sorgfältig, Gritte; es hätte aber übel fehlen können.
Gritte. Ja, die Zeiten ändern sich und mit ihnen auch die Leute.
Lienhard. Das ist wohl wahr; aber Leute zum Bestreichen der Oefen findet man doch immer.
Gritte. Das ist eben der Vorteil.
Gertrud, die bis jetzt geschwiegen hatte, nimmt das Brotmesser von der Wand, und schneidet von einem altgebackenen Roggenbrot zur Nachtsuppe ab.
Das ist Schwarzbrot, sagte Gritte. Es gibt jetzt aber bald besseres, da dein Mann Herr Schloßmaurer geworden ist.
Du bist närrisch, Gritte. Ich will Gott danken, wenn ich mein Lebtag genug solches habe, sagte Gertrud.
Und Gritte wiederum: Weißes Brot ist doch besser; und wie sollte es fehlen? Du wirst noch Frau Untervögtin, und dann dein Mann vielleicht Herr Untervogt; aber es würde uns dabei übel gehen.
Lienhard. Was willst du mit dem Sticheln? Ich habe das nicht gern; gerade heraus ist Meister, wenn man etwas hat, das man sagen darf.
Gritte. Ha, Maurer! das darf ich, wenn es sein muß. Mein Mann ist doch auch des Sigristen Tochtermann; und es ist, so lange die Kirche steht, nie erhört worden, daß, wenn es Arbeit daran gegeben hat, des Sigristen seine Leute nicht den Vorzug gehabt hätten.
Lienhard. Und jetzt, was weiter?
Gritte. Ja, und jetzt – eben jetzt hat der Untervogt einen Zettel im Haus, in welchem mehr als ein Dutzend der größten Lumpen aus dem Dorf als Arbeiter bei dem Kirchbau aufgezeichnet sind; und von des Sigristen Leuten steht kein Wort dabei.
Lienhard. Aber, Frau Nachbarin, was geht das mich an? Habe ich den Zettel geschrieben?
Gritte. Nein, geschrieben hast du ihn nicht; wohl aber angegeben, denke ich.
Lienhard. Das wäre wohl viel, wenn ich dem Junker seine Zettel angeben müßte.
Gritte. Ha, man weiß einmal, daß du alle Tage im Schlosse steckst, und gerade heute wieder dort gewesen bist. Und wenn du auch berichtet hättest, wie es vor diesem gewesen ist, so wäre es beim alten geblieben.
Lienhard. Du gehst an den Wänden, Gritte, wenn du das glaubst. Arner ist nicht der Mann, der beim alten bleibt, wenn er glaubt, er könne es mit dem neuen besser machen.
Gritte. Man sieht es.
Lienhard. Und zudem wollte er mit dem Verdienst den Armen und Notleidenden aufhelfen.
Gritte. Ja, eben will er nur Lumpen- und Bettelgesindel aufhelfen.
Lienhard. Es sind nicht alle Armen Gesindel, Gritte; man muß nie so reden; es weiß ja keiner, wie es ihm gehen wird, bis er unter den Boden kömmt.
Gritte. Eben das ist es; es muß ein jeder für sein Stück Brot sorgen; und darum tut es uns auch weh, daß man unser sogar vergessen hat.
Lienhard. Ach, Gritte, das ist jetzt was anders. Du hast schöne Güter, und issest bei deinem Vater, und dieser hat den besten Verdienst im Dorf, und du mußt nicht wie unsere Armen für das tägliche Brot sorgen.
Gritte. Du magst jetzt sagen, was du willst. Es tut einem jeden weh, wenn er glaubt, es gehöre ihm etwas, und wenn es ihm dann ein anderer Hund vor dem Maul wegfrißt.
Lienhard. Spare die Hunde, Gritte, wenn du von Menschen redest; sonst findest du einst einen, der dich beißt. Und wenn du glaubst, der Verdienst gehöre dir, so bist du jung und stark, und hast gute Füße und ein gutes Mundstück. Du kannst also deine Sache selbst an Ort und Stelle hintragen und anbringen, wo man dir zu deinem Rechte verhelfen kann.
Gritte. Großen Dank, Herr Maurer, für den schönen Rat!
Lienhard. Ich kann keinen bessern geben.
Gritte. Es gibt etwa auch wieder Gelegenheit, den Dienst zu erwidern. Lebwohl, Lienert.
Lienhard. Leb' auch wohl, Gritte. Ich kann dir nicht besser helfen.
Gritte geht fort, und Lienhard zu seinen Gesellen.