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Gabigel, der Sternkucker – sieh, da kommt er herangetorkelt, neben seinem Gespann, auf dem Dorfpflaster; er hat ein Fuder Kluten (Torf) auf den Pfarrhof gebracht. Seinen struppigen Kopf bedeckt eine alte verschossene Mütze mit schiefem Schirm, und nur in der Kirche nimmt er die ab, da kann der Kopf einmal ein wenig auslüften. Alles an ihm ist verknorkst, ist außer Winkel und Lot, und sogar seine Augen stehen kurbelartig schief auseinander in dem hohlwangigen Gesicht: sie schielen und schauen immer nach oben mit eigentümlich melancholisch-tiefsinnigem Ausdruck, wie wenn sie in den Sternen forschten, und daher Gabigels Spitzname »der Sternkucker«.
»Brrr, aeha!« Gabigel hält an vorm Wirtshaus »Zum vier Linden«. In der Gaststube streitet man sich gerade. Einquartierung hatte es gegeben, die Lüneburger Dragoner waren durchgekommen auf dem Marsch zum Manöver, mit Wesemanns Fritz, dem Wachtmeister von der ersten Eskadron, der aus dem Orte stammt.
Gabigel hockt sich mit den Worten: »'n Lütjen,« auf die äußerste Kante eines Schemels nieder. Keiner beachtet ihn heute, und sein »Gu'n Dag ok« wird kaum erwidert.
All das Geschwöge hört mein Gabigel stumm und 164 scheinbar kalt mit an. Er ist jedoch leidenschaftlich daran interessiert, man merkt's nur seinen unerforschlichen Augen nicht ab. –
Eine Schluckpause ist entstanden, und der alte Imker Elvers, der blickt auf und gewahrt den Gabigel. »Süh dor, Pröschen, Gabigel! Na, wat seggst du denn datau, so 'n Wachtmester bi de Lüneborger Dreiguners, ick mein' man, dat bedütt doch all wat? Nu? Gabigel, segg, wo büste denn mit dine Gedanken?«
»Hei is 'n ganzen ollen affgünstigen Hund,« höhnt Wolters Heinrich, der Schlosser.
»Ja, stimmt, so is't,« der alte Imker darauf wieder. »Musche (Monsieur) Gabigel was sine Tied ja man blot 'n Verdeljohr Rekrut bi de Husoren. De Olle woll sinen Gabigel up 'n Hoff nich länger missen un hat 'n sick mit'n Stellvertreder frikofft. Tau de hannoversche Tied, as wi unsen eigen König noch harr'n, güng dat ja. Amtmann von Hohnhorst legg sick dabi in't Middel. Jawoll und tau Wiehnachten sitt min Muscheblix denn richtig wedder bi Muddern achtern Aben. Westhusen, de stell sick vör öm, de Breifendräger, jawoll, vör veierhunnert Taler, wenn ick mick recht daup besinn.«
Gabigel bestellt sich sein Leibgetränk »Halw Deubel, halw Satan« (Gemisch von Rum und Kümmel), und er stellt sich noch immer, als hörte und sähe er nichts. 165 Er ist ein großer Schweiger von Natur, wie Moltke. Er ist nicht so leicht aufzurütteln. Fängt er aber wirklich einmal Feuer, da entwickelt mein Gabigel in jäh auflodernder Beredsamkeit ganz hochfliegende Ideen.
Als er nun gewahrt, wie alles sich zuplinkt, und als der alte Imker ihn wieder von neuem anpierkt: »Kinners, ick glöw, Musche Gabigel was nich tau bruken bi't Pärvolk.«
»Och, hal doch 'n Rand, Imker,« bricht Gabigel nun los. »Wat, jü Schanökers (Mistkäfer)! Jü Snappenlickers, jü! Jü meint, sei harrn mick nich bruken könnt bi't Pärvolk? Pottsdeuker, all girn wör 'ck dabi blewen, ick harr bannig Lust datau, und dat is gewiß, ick harr ok ganz sicher kap'taliert! Wat unse Obberst was, Herr Obberst von der Wense – bi Langensalza hat 'n nahst 'ne Kugel drapen – de säd bi unse irste Rekrutenvörstellung tau Pird, so säd hei: ›Der lange, smalle Voßkopp da, an 'n linken Flügel – da mein' hei mick mit –, der Kerl is würklich der Einzigste, der grade in 'n Sadel sitzt, ganz so as hätt er seinen Säbel übergesluckt.‹ So säd unse Obberst tau mick, Herr Obberst von der Wense. Ja, un dat kann ick jück versichern, wenn min Olle mick dabi laten un an mick wat anwend't harr – un hei könn' dat, ick was de Einzigste! – Kinners, wohrhaftigen Gott, da wör ick jück hüte all Riddmeister!« 166