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Noch einige Bemerkungen über die Mücken.

Wer die drei erwähnten Mückenarten etwas genauer ihrer Lebensweise nach kennen gelernt hat, darf darum nicht meinen, überhaupt etwas von den Mücken zu wissen; denn es mögen deren etwa 1000 in runder Zahl, die nur in Europa leben, benannt und beschrieben worden sein, und es läßt sich erwarten, daß dieselben, wie in ihrer äußern Erscheinung, so auch in der Lebensweise mannigfach von einander abweichen. Sage: in Europa 1000 verschiedene Mückenarten, d. h. zweiflügelige Insekten mit saugenden Mundtheilen und wenigstens sechs, aber auch noch mehr Fühlergliedern! Von diesen tausend Mücken entwickeln sich so und so viele im Wasser, von andern leben die Larven in und von faulenden Stoffen, besonders von Dünger (Dungmücken), wieder andere in Pilzen und verpuppen sich in der Erde, noch andere endlich, und zwar sehr kleine, heißen Gallmücken, weil sie als Larven in den zarten Theilen verschiedener Pflanzen leben und daselbst öfter gallenartige Auswüchse veranlassen. So sieht man gar häufig bei den Weiden an den Enden junger Triebe Gebilde, welche gefüllten Rosen nicht unähnlich sind, oder kleine holzige Gallen in den Zweigen, Mißbildungen, welche Mückenlarven ihren Ursprung verdanken. Die Wachholder-Gallmücke verursacht durch ihre Larven gerstenkornförmige, wie aus drei Blättern zusammengewachsene, an der Spitze wie eine Tulpe geöffnete Gallen an den jungen Trieben des Busches, nach welchem man sie benannt hat. In manchen Gegenden sind diese Gallen dem Landmanne unter dem Namen »Kikbeeren« bekannt und werden, in Milch gekocht, gegen den Keuchhusten gebraucht. Eine andere Art lebt in den Wurzeln der Kiefernnadeln und macht diese absterben, ohne Gallen zu erzeugen. Hierher gehört ferner die seit 1776 zuerst bemerkte, von 1779-1788 durch den an der Weizensaat verübten Schaden furchtbar gewordene, 1818 aber erst richtig erkannte und beschriebene » Hessenfliege« ( Cecidomyia destructor), die ihrer Zeit den Zeitungsschreibern und Regierungen viel Kopfzerbrechens veranlaßt hat. Man meinte, dieses Thierchen sei während der nordamerikanischen Freiheitskriege in der Bagage der hessischen Truppen unter dem Stroh dort mit eingeschleppt worden. Die später bekannt gewordene Lebensweise dieses auch unsern Getreidefeldern verderblichen Mückchens hat gelehrt, daß eine Verschleppung in der vorgestellten Weise nicht möglich sei. Ihre interessante Lebensweise hier weiter zu erörtern, würde zu weit führen.

Wieder in anderer Weise hat von Zeit zu Zeit eine »Kriebelmücke« unter dem Namen der Kolumbatscher Mücke ( Simulia columbaccensis) Schönbauer, besonders in den untern Donaugegenden Furcht und Schrecken unter Menschen und Thieren verbreitet. So wurde unter dem 26. Juni 1813 aus Wien berichtet, daß im Banate und in einem Theile Ungarns Horn- und Borstenvieh zu vielen Hunderten infolge dieser entsetzlichen Plage gefallen sei. Nicht viel größer als ein feister Floh, kriechen diese Wesen, welche im April und Mai bisweilen in unglaublichen Schwärmen erscheinen, in Nase, Ohren und Maul des Viehes, stechen, um Blut zu saugen, und martern es derartig, daß die kräftigsten Gestalten unter ihm schon binnen fünf bis sechs Stunden zu Grunde gehen können. Bei den Menschen fallen sie hauptsächlich in die Augenwinkel ein. Jeder Stich verursacht ein brennendes Jucken und sehr schnell eine kleine harte Geschwulst, welche kaum nach acht bis zehn Tagen vergeht. Man kann sich leicht denken, welch panischer Schrecken alle erfaßt, wenn diese Plaggeister einer Nebelwolke gleich auf ihre Opfer einfallen – es scheinen übrigens nur Weiber zu sein –. Das Vieh entläuft wie wahnsinnig den Weiden, die Menschen verschließen sich in ihre Wohnungen, um dem furchtbaren Ungeziefer zu entgehen. Der Aberglaube jener Gegenden – Kolumbacs ist ein Dorf im serbischen Districte Passarowitz – läßt sie der Felshöhle entstammen, in welcher St. Georg den Lindwurm erlegt hat. Es ist höchst wahrscheinlich, daß sie weder aus dem feuchten Boden der dortigen Buchenwälder, noch im Miste der Viehweiden, sondern wie die zahlreichen verwandten Arten in klaren Gebirgsbächen entstehen; in die Felshöhlen flüchten sie sich nur bei Unwettern und kommen dann gleich Nebelwolken aus denselben hervor.


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