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[Anmerkungen zu den
Legenden, Schwänken und Sagen]

Nach den Ausführungen der zweiten Hälfte unseres Nachworts erübrigen sich größtenteils besondere Anmerkungen zu den mitgeteilten Legenden, Schwänken und Sagen. Nur einige knappe literarische und sachliche Hinweise dürften gleichwohl angebracht erscheinen.

1:
Für die an Goethes Legende vom Hufeisen erinnernde Erzählung »Die Jünger und die Steine« hielt ich bei der deutschen Wiedergabe eine ähnliche Versform angemessen.

2 und 3:
Der heilige Konstanz hat nach dem allgemeinen Volksglauben dem unter seiner Obhut stehenden niederen Teile der Insel oft beigestanden, wenn sie von Dürre, Hungersnot, Seuche und Brandschatzung heimgesucht wurde, besonders wenn die »Türken« von der Berberei oder Tripolis plötzlich erschienen, um Capri zu plündern.

Über seine Ankunft in Capri berichtet eine naive Sage, die der Verehrung des Heiligen keinen Abbruch tut, folgendes:
Ursprünglich war der heilige Costanzo Bischof von Konstantinopel, von wo er zu Wasser in einer Tonne nach Capri gelangte, das damals noch keinen Schutzheiligen hatte. – Einige Fischer der Marina grande beschlossen, sie herauszufischen und heimlich zu bergen, weil sie Öl oder Wein darin vermuteten. Beim Öffnen waren sie darum nicht wenig erstaunt, den Heiligen darin zu finden mit seiner Mitra und seinem vollen glänzenden Ornate, wenn auch das Bildnis nur aus Holz war, nicht aus getriebenem Silber wie heutzutage.

In feierlichem Zuge wollten sie ihn nun als gottgesandten Schutzheiligen zur Pfarrkirche tragen. Plötzlich wurde er aber unterwegs so schwer, daß man ihn nicht mehr von der Stelle brachte. Dort wollte er also in der Nähe der alten Stadt am Strande bleiben. Da man ihn aber nicht auf der Straße lassen konnte, mußte man ihm die Kapelle bauen, worin er jetzt noch weilt. Nur einmal im Jahre läßt er sich, an seinem Ehrentage, am 14. Mai, zu feierlichem Umzuge durch die obere Stadt abholen und dann wieder zu seinem Kirchlein zurückbringen.

4–6:
Vom wundertätigen St. Antonio, dem besonderen Nothelfer von Anacapri und Caprile, wurden mir nur die hier mitgeteilten Wunder etwas ausführlicher erzählt.

7 und 8:
Zwei typische Beispiele der zahlreichen Marienlegenden, die vom wunderbaren Beistande der Maria del Soccorso berichten.

9:
Der Esel gehört in der it. Sage zu den Tieren des Teufels, zeigt aber im ngr. und siz. M. große Schlauheit und Zauberkraft und kann Gold machen. –

10:
Bereits im Dresdner Anzeiger anläßlich der Papstwahl im Februar 1922 veröffentlicht.

13:
Vgl. Köhler I, S. 431, Nr. 36, wo undankbare Söhne und Töchter in ähnlicher Weise bestraft werden. –

14:
Vgl. Kretschmer S. 319, wo Diebe gleichfalls ihr gestohlenes Gut in der Kirche teilen wollen und aus Furcht vor erstandenen Toten im Stiche lassen.

17:
Calabrien galt früher in Italien als das Land der Dummköpfe.

18–23:
Die Inariareisen, die in südit. und siz. Volksüberl. eine große Rolle spielen, galten gewissermaßen als eine Art Luftsport oder vorgeahnte Luftschiffahrt, dem besonders vornehme Frauen huldigten, wie namentlich auch nächtlichem Tanze im Freien. »Hexen« im landläufigen Sinne des Wortes waren sie nicht.

25:
Eine stattliche Reihe berühmter Männer mit bösem Blick – wie Ludwig XIV., Heinrich Heine, Offenbach, Ambroise Thomas, Napoleon III. – nennt der Hamburger Augenarzt Dr. S. Seligmann in seinem bei L. Friedrichsen & Co. in Hamburg erscheinenden »grundlegenden« Werke »Die Zauberkraft des Auges und das Berufen«. –

28:
Von einer Geistermesse berichtet auch Blade, » Contes populaires de la Gascogne« 1886. – Vgl. Köhler S. 133. –

30:
Die nach Baedeker »bequem zugängliche schöne Stalaktitengrotte« am St. Michele scheint sich ihren Entdeckern doch nicht so ganz mühelos erschlossen zu haben, wie die hier mitgeteilte Sage berichtet.

31:
Weniger folgenschwer wie in den vorstehenden Schatzverlusten verlief der mißglückte Versuch einer an der Kleinen Marine gelandeten Signora, den von einem lesenden Mönche behüteten Schatz aus der Grotte unter dem Castello zu holen. Sie schlug dem Lesenden zwar, wie befohlen, das große Buch zu, wagte aber die zwei leuchtenden Pechfackeln nicht auszulöschen. Und alles verschwand. – Doch gelang es schließlich einem französischen Ehepaar mit einem siebenjährigen Kinde, von der kleinen Marine aus am steilen Felsen, wo sonst niemand emporzuklimmen vermöchte, hinaufzusteigen und, ohne den Mönch zu beachten, den Schatz mit sich nach Paris zu entführen; offenbar eine Anspielung auf die raubgierige französische Besetzung 1806.

33:
Die Schauergeschichte wurde wohl erzählt, um die Leute abzuschrecken vom streng verbotenen Holen von Seewasser zur Herstellung von Speisesalz, das in Italien als Staatsmonopol sehr teuer ist. Das Wasser wurde in flache Gruben gegossen, wo es bei großer Hitze schnell verdunstete und eine tadellos weiße Salzkruste zurückließ.

34:
Hier tritt uns insbesondere auch der für Sagenbildung günstige Schauplatz der Erzählung bedeutsam entgegen:
eine kleine Grotte am Semaforo oder Telegrafo in der Nähe des großartigen » Arco naturale« und der berühmten, dem »unbesiegten« orientalischen Sonnengotte geweihte Mithrastempelgrotte, woran eine wohlerhaltene, daselbst vorgefundene Relieftafel, jetzt im Museum zu Neapel, die Opferung eines Stieres darstellend, erinnert. – Auch sonst wurde in dieser gefährlichen Gegend, ebenso wie in der Nähe des alten Klosters Certosa, allerlei Geisterspuk verspürt, zum Beispiel ein kleiner roter Mönch ( monacello rosso), ein weißer Hund und andere Tiergestalten.

40:
Diese von mir im Dresdner Literarischen Verein mitgeteilte Sage hat die bekannte Dichterin Alice von Gandy zu einer sehr stimmungsvollen Dichtung angeregt. –.

41:
Das sinnige Brunnengeschenk erschien mir von besonderer persönlicher Bedeutung. Auch mir schien am Ende meiner Sammelarbeit eine Stimme aus dem unerschöpflichen Brunnen lebendiger Volksüberlieferung, aus der Tiefe der Volksseele zu rufen:
»Nimm, was ich dir schenke und bringe es deinem – und meinem Volke!« –

III.
Tarantellalieder, Sprichwörter und Redensarten


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