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Dreißigstes Kapitel.

An der Horber Steige stiegen Waldfried und Aloys ab, die erbeuteten Bourbakis, die rund herausgefüttert waren, zogen den leeren Bankwagen; er war aber nicht ganz leer, denn ein Korb mit Weinflaschen stand darauf und die weißen Hälse der Flaschen blinzten neugierig und erwartungsvoll aus dem Stroh heraus.

Aloys sprach ein begegnendes Mädchen an, es war des Hirtzen Madlene, die Telegraphistin. Er fragte nach Marannele und hörte von ihrer tiefen Trauer, sie habe sich vor keinem Menschen mehr sehen lassen; es habe im Dorfe geheißen, er sei bereits mit des Ivos Ignazia verlobt.

Aloys erblaßte.

Er sah und hörte nicht, wie Madlene einige Schritte hinter ihm einem barfüßigen kleinen Mädchen den Auftrag gab, den näheren Fußweg hinter den Bierkellern ins Dorf zu eilen und des Jörglis Marannele zu sagen, der Aloys käme. Das Kind eilte rasch den Waldberg hinan.

Madlene schloß sich nun den beiden Männern an und Waldfried sagte, er freue sich, ihren Vater kennen zu lernen.

Im Weitergehen schloß sich Jung Soges, der die Briefe geholt hatte, an Aloys an; er war sehr unwirsch, denn er hatte seinen Spender, den Ohlreit, verloren; er wurde indes aufgeheitert, da Aloys ihm heute zum erstenmal Geld gab, um einen guten Schoppen zu trinken.

Auf der Hochebene zeigte Aloys den Acker, wo Marannele leise gesungen, und drüben im Schießmauernfeld den, wo er mit ihr gesessen.

Man fuhr in lustigem Trab das Dorf hinein.

Aloys grüßte zuvorkommend; man antwortete nur lässig, und der Jung Landolin, der Dung aufladet, hat ihn doch gewiß gesehen und wendet sich nicht einmal um.

Am Hause des Schuster Hirtz wurde angehalten. Die beiden Männer gingen hinauf. Hirtz erhob sich mit verdrossener Miene von seinem Dreibein, er reichte indes dem Herrn Waldfried freundlich die Hand, dem Aloys aber nicht.

»Ich bin wieder da!« preßte Aloys hervor.

»Wir haben vorher gelebt und werden nachher auch leben, mag einer aus Amerika kommen oder in Amerika bleiben,« entgegnete Hirtz. Nicht zu Aloys, sondern zu Waldfried gewendet, sagte er, man könne nicht so kommen und so herzgetreu thun und dann davonlaufen, wie ein Feuerdieb.

Mit bebenden Lippen suchte Aloys sich zu entschuldigen, aber was ihn damals in Zorn versetzt und ihn zur schnellen Abreise bewogen hatte, konnte er doch nicht sagen. Er erklärte, daß er gekommen sei, um Marannele zu holen.

Hirtz lächelte schelmisch und sagte, er sei ihr Vormund und vom Kommen und Holen könne nicht so gradaus die Rede sein. Er erbot sich indes, voraus zu Marannele zu gehen, die beiden sollten derweil hier warten. Aber während er sich nun in der Kammer ankleidete, schickte er schnell die Frau zu Marannele, ihr die Botschaft zu bringen.

Die Frau eilte durch die hintere Gasse, sie kam aber mit der Nachricht doch zu spät.

Mutter und Tochter waren im Stall, wo nächtiges Dunkel war, die Thüre und der Laden am kleinen Fenster war verschlossen, denn eben hatte die schwarze Kuh ein Kalb geboren. Das Kälbchen lag auf frischem Stroh, und die Kuh leckte es ab.

»Ich hab' schon Wasser ans Feuer gestellt, ich will der Kuh jetzt die warme Tränke bereiten,« sagte Jung Marannele; da klopfte es.

»Wer ist da?«

Eine Kinderstimme rief: »Des Hirtzen Madlene lasse sagen, der Aloys komme.«

»O Mutter! Ich hab's immer geglaubt, hab' aber nur nicht gewagt, es zu sagen.«

»Meinetwegen! Dem wollen wir jetzt den Meister zeigen. Er muß Abbitte thun vor dem ganzen Dorf. Jetzt muß er mit aufgehobenen Händen auf den Knieen betteln, daß er dich kriegt; da hast du's dann dein Lebtag gut. Sag' nur nichts! Du weißt, mein Kopf sitzt fest.«

Während die beiden noch sprachen, kam Frau Hirtz und berichtete, daß Aloys in einer zweispännigen Kutsche angekommen sei und mit ihm der Herr Waldfried, ein Amerikaner, der ein großes Anwesen drüben im Murgthal habe.

Jung Marannele wurde in ihre Kammer geschickt, um sich anzukleiden, und die beiden Frauen versorgten die Kuh.

Ein Männerschritt näherte sich dem Stall. Alt Marannele sah den Forstwart und rief ihm zu: »Du kommst wie gerufen. Wir brauchen jetzt einen Mann im Haus.«

Sie erklärte dem Schwiegersohn, was vorgehe, und der Forstwart stopfte sich vergnügt schmunzelnd eine frische Pfeife und dachte dabei: Künftighin muß der Schwager aus Amerika guten Tabak schicken. Er setzte sich auf die Hausbank und sah mit Ruhe den kommenden Ereignissen entgegen.

Eine Nachbarin aus Ahldorf ging vorüber, und der Forstwart ließ seiner Frau sagen, sie solle sofort hierherkommen und einen Busch Rosmarin im Garten abbrechen und mitbringen.

»Verschließ das Haus,« rief Alt Marannele zum Fenster hinaus. »Nimm die Schlüssel in die Hand und laß niemand herein, bis ich's sag'.«


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