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Diese Bildwerke des Anbaues, teils Grabdenkmäler, teils Ölbilder und Reliefs, sind nicht eigentlich das, was uns nach Blumberg geführt hat; dennoch verweilen wir einen Augenblick bei denselben, wenigstens bei den hervorragendsten.
Da haben wir zunächst das Denkmal des Obersten Philipp Ludwig von Canstein, eines jüngeren Bruders Karl Hildebrands von Canstein, jenes frommen Mitarbeiters am Werke Franckes und Speners, dessen Wirken und Namen vor allem in der Cansteinschen Bibelanstalt zu Halle fortlebt. Der Oberst von Canstein ererbte Blumberg bei jungen Jahren, aber der Besitz des schönen Gutes war ihm nur kurze Zeit gegönnt. Der Spanische Erbfolgekrieg, der in Italien und den Niederlanden auch brandenburgischerseits so schwere Opfer heischte, nahm ihn hinweg. Das Denkmal aber, das ihm von seiten seiner Witwe noch im Jahre seines Todes errichtet ward, ist ganz im Geschmack jener Zeit ausgeführt und erweist sich, auf seinen Kunstwert geprüft, als eine mit Munifizenz hergestellte Dutzendarbeit. Auf dem Steinsarkophage steht wie immer die Büste des Hingeschiedenen, und Kriegstrophäen und Wappenschilde gruppieren sich drum herum; ein Genius preßt den Lorbeerkranz auf die Allongenperücke, während die vergoldete Front des Marmorsarges in Schnörkelschrift die herkömmlich stilisierte Inschrift trägt. Diese Inschrift wiederzugeben ist hier nötig, weil sie eine irrtümliche Angabe über den Todestag des tapferen Obersten beseitigt. Er fiel nämlich nicht bei Malplaquet wie immer gedruckt wird, sondern ein Jahr früher bei Oudenaarde. Die Inschrift lautet:
»Dem hochwohlgebornen Herrn, Herrn Philipp Ludwig Freiherrn von Canstein, Herrn der Herrschaft Canstein, Schönberg, Neukirch, Blumberg, Eiche und Helmsdorf, Seiner Königlichen Majestät in Preußen Obristen zu Roß der Gensdarmes, welcher, geboren A. D. 1669 den 11. April, durch Geschlecht und Tugend, durch Gottesfurcht und Tapferkeit Ehr und Lob verdienet und erworben und im Treffen bei Oudenaarde wider die Franzosen im Lauf des glücklich erfolgten Sieges durch einen tödlichen Schuß rühmlich und auf dem Bette der Ehren verstorben im Jahre des Heils 1708, den 11. Juli, des Alters neununddreißig Jahr und drei Monat – hat dieses Denkmal zum Zeichen beständiger Liebe und Treue setzen lassen dessen hochbetrübteste Witwe, Ehrengard Maria Freifrau von Canstein, geborne von der Schulenburg, 1708.«
Die »hochbetrübteste Witwe« indes war ein Kind ihrer Zeit, das heißt, sie verheiratete sich wieder, und zwar in kürzester Frist. Sie wurde dann abermals eine Witwe, aber nur, um sich bald darauf zum dritten Male zu vermählen. Das war damals Landesbrauch in den Marken, und wir werden noch im Laufe dieses Aufsatzes die Bekanntschaft eines hervorragenden Mannes jener Epoche machen, der außer seinem Vater und Schwiegervater zwei Stiefväter und zwei Stiefschwiegerväter hatte, also sechs Väter im ganzen. Es war, als ob alles, was lebte, sich einen Zustand der Ehelosigkeit nicht wohl denken konnte. Man hielt das Trauerjahr und war in aller Aufrichtigkeit ein tiefbetrübter Witwer oder eine »hochbetrübteste Witwe«. Aber sobald die Trauerkleider fielen, gehörte man wieder dem Leben; das Blut, das voll zum Herzen drang, forderte sein Recht. Das sinnliche Leben überwog noch das geistige, und die Welt feinen Empfindens war noch wenig erschlossen. Aber freilich auch die Irrwege nicht, zu denen die Feinheit der Empfindung so leicht verführt.
Wie von unserem tapferen Obristen selbst, so findet sich auch von seiner betrübten Gattin ein Bildwerk im Anbau der Kirche vor, aber kein Grabdenkmal, nichts von Sensenmann und Sarkophag, sondern ihr Ölportrait in ganzer Figur, frisch, blühend, voll. Es ist ein durchaus interessantes Bild, einmal als künstlerische Leistung überhaupt, ungleich mehr aber durch die ingeniöse Art, wie der Maler es verstanden hat, die drei Ehemänner der noch stattlichen Frau halb huldigend, halb dekorativ zu verwenden. Wie Macbeth in der bekannten Hexenkesselszene die Könige Schottlands an sich vorüberziehen sieht, und zwar so, daß die der Zeit nach am weitesten von ihm entfernten immer kleiner und blasser werden, so hier die drei Ehemänner. Den noch lebenden hält sie als Medaillonportrait mit dem Ausdruck ruhigen Besitzes fest in ihrer Rechten; der zweite, noch klar erkennbar, zieht sich bereits in den Hintergrund des Bildes zurück; unser Freund, der Oberst, aber, dessen ganze Schuld darin bestand, einige zwanzig Jahre vor Entstehung dieses Bildes den Heldentod gestorben zu sein, verliert sich völlig in nebelhafter Ferne und wirkt nur noch mit, um das Ensemble und die symmetrische Anordnung des Ganzen nicht zu stören. Möglich, daß solche Bilder öfter sich vorfinden, mir war es das erste der Art.