Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Gedichte
Johann Wilhelm Ludwig Gleim

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An die neuen Franken

(im December 1795)

              Ihr Franken, wie seid ihr noch immer so dumm:
Man führt euch noch immer bei der Nase herum!
Ihr »Souveraine«, o werdet doch klug,
Seht endlich, ihr Franken, den feinen Betrug:

Man schwatzt euch von Freiheit und kürzt euch das Brot;
Den König ersetzt euch Tyrann und Despot;
Man setzt euch Gerüste des Todes vor's Haus,
Und jagt euch mit Säbeln und Flinten hinaus.

Man gibt euch Papiere für Silber und Gold,
Und wenn ihr, Betrogne, sie nehmen nicht wollt,
Dann zwingt euch die liebliche Freiheit so schön,
Daß Ohren nicht hören, daß Augen nicht sehn!

Wie sind doch wir Deutschen viel klüger als ihr;
»Es lebe die Freiheit!« so singen auch wir:
Ihr rennet dem schlauen Betrüger in's Netz,
Wir aber, wir hangen am alten Gesetz!

Ihr armen Betrognen, wie seid ihr so dumm:
Sie kehren euch Ordnung in Unordnung um;
Ihr leidet's, ihr stehet wie Lamm und wie Schaf,
Und kämpfet für eure Betrüger so brav!

Auf, öffnet die Augen, o seid nicht so blind;
Und sehet wie glücklich wir Deutschen doch sind:
Wir ehren die Obrigkeit, achten den Stand,
Gehorchen Gesetzen, baun sorglich das Land!

Ihr aber wollt Gleichheit, die Thiere sind gleich!
Man macht euch zu Thieren; das sagen wir euch.
Ihr lebtet schon einmal von Eicheln im Hain,
Ihr armen Betrognen! – Soll's wieder so sein?

 


 


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