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Vom Wahrsagerloose.

Bei dem Loose wird die Entscheidung einer Sache dem Ohngefähr überlassen. Die Alten hielten vielerlei Arten des Looses für heilig, weil sie glaubten, daß sie von Göttern, oder gewissen Geistern regiert würden; daher waren sie meistens in den Tempeln angeordnet, und standen unter der Aufsicht der Priester. Der Gebrauch des Looses, dadurch etwas ungewisses zu erfahren, schlich sich aus dem Heidenthum in die christliche Kirche, nur, daß hier statt den Schriften des Homers und Virgils die heilige Schrift gebraucht wird, die gewiß nicht zu dieser Absicht gegeben ist. Ehedem schlug man jene Schriftsteller, den Homer oder den Virgil auf, las das erste, was in die Augen fiel, und glaubte, dieß zeige an, ob man glücklich oder unglücklich seyn werde, ob man die Sache unternehmen dürfe oder nicht? Die Christen brauchen dazu die heilige Schrift, die sie besonders des Morgens in der Absicht aufschlagen, daraus zu erfahren, was ihnen diesen Tag begegnen werde, ob ihr Unternehmen glücklich von statten gehen werde u.s.w. Durch solch thörigtes Forschen des Künftigen in dem heiligsten Buch spottet man Gott, und versündigt sich schwer. Auch bei den geringsten unbedeutendsten Geschäften wird der Abergläubische, entweder aus Mangel an Einsichten, oder aus Eitelkeit sich bereden, daß der Himmel um seinetwillen den gewöhnlichen Lauf der Dinge ändern, und ihm einen außerordentlichen Wink geben werde, diese oder jene Auswahl zu treffen. Er ist aber bei dieser Verfassung seiner Seele unglücklich, und schwebt immer zwischen Furcht und Hoffnung. Der aufgeschlagene Spruch verkündigt Noth, Elend und dergleichen. Nun, so mag der Abergläubische sich in einem Meer von Freude befinden; er wird immer traurig seyn, und furchtsam auf die Zukunft warten. Wozu hätte Gott uns Vernunft gegeben, wenn ein Ohngefähr unser Thun und Lassen und unsere Entschliessungen bestimmen sollte? Wenn wir Gründe und Gegengründe reiflich überlegt haben; so wählen wir das, was uns das beste scheint, wie könnte uns dieß aber ein Spruch, der uns in einem Schatz- oder Spruchkästlein vorfällt, wenn wir dasselbe aufschlagen, so untrüglich sagen, wie man gemeiniglich glaubt?


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