Moritz v. Schwind
Künstlers Erdewallen
Moritz v. Schwind

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Venedig, 2. April 1835 (an Bauernfeld)

Liebster Freund! Ich habe schon in Triest die dummen Bosheiten gelesen, die die Theaterzeitung auftischt, glaubte aber, es sei nicht unumgänglich an einen übeln Erfolg zu glauben, weil es dieser frisierte Hund so geglaubt wissen will. Aber ecco il publico. So ist die Bestie; wenn man es recht bedenkt, so ist fast mehr Ehre dabei durchzufallen, als Beifall zu finden. Hol sie alle zusammen der Teufel, bis übers Jahr haben sie schon wieder gepascht und es wird darum nichts besser und nichts schlechter sein. Ich habe mich in Laibach und Triest ziemlich lang aufgehalten und ein Paar von meinen verwünschten Zeichnungen gemacht. Ich kann das unmöglich mehr aushalten. Ich soll Gedanken haben und ein anderer soll sie ausführen. Zu so einer Narrheit kann ich mich nicht mehr herbeilassen. Wenn Du wieder eine Reise unternehmen kannst, so laß es hieherwärts sein, es ist wirklich merkwürdig. Von den Schönheiten des Meeres will ich nichts sagen, denn ich fürchte, wieder speien zu müssen, wenn ich zu viel dran denke, und dieses ist eine große Erniedrigung. Dem ersten Anfall von Entzücken bin ich glücklich entkommen. Von Optschina aus war das Ganze eine graue, gleichgültige Masse, lustig aber sieht die Stadt aus und die Schiffe machten mehr den Eindruck des Fliegens als des Schwimmens. Die Figuren am Hafen sind merkwürdig genug und das Abfahren und Ankommen der Schiffe hielt mich stundenlang auf den Beinen. Abends wird alles wie verrückt, ein jedes schreit was möglich ist oder macht sonst einen Lärm. Ich fand es sehr behaglich, auch zu schreien. Von Venedig kenne ich bis jetzt den Markusplatz, das andere sieht niederträchtig aus und stinkt, als ob das Wasser noch aus den Zeiten der Republik wäre. In so einer Gassen bleib ich heilig noch einmal stecken. Die Frauen sind aber über alle Begriffe schön.

Das Italienischreden ist eine heillose Sache, und stumm herumzugehen soll auch der Teufel aushalten. Lebe wohl, lieber Freund, und schlage diese Fatalität nicht zu hoch an. Die Welt will uns bescheiden, drum muß sich das Urteil derer, die nur loben, manchmal von der verrückten Seite zeigen. Genug, das Stück ist gut, und das übrige geht wie's kann. Wenn ich so etwas machen könnte, wollte ich gern einmal durchfallen. Grüße Schober und unsere neunerischen Freunde vielmals und wenn Du mir wieder was schreibst, so tue es bis 15. nach Venedig, später nach Innsbruck oder München.

Dein Freund und Gönner M. Schwind.

 


Eduard von Bauernfeld
Bleistiftzeichnung von M. v. Schwind

 


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