Moritz v. Schwind
Künstlers Erdewallen
Moritz v. Schwind

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München, 27. Juli 1853 (an Schober)

Liebster Freund! Dein Brief kam in ein Trauerhaus. Ich zog mich an, um mein jüngstes Kind zum Grabe zu begleiten, und meine Frau hielt das zweitjüngste auf dem Schooß, während man ihm Blutegel setzte, um eine Gehirnentzündung zu verhüten. Wie lang ist es, daß ich Dir schrieb »komm und sieh, wie schön es bei mir ist«? – jetzt hab ich von den tausend Rosen, die damals blühten, die letzten meinem herzlieben Kinde mitgegeben, das, ein Bild der Gesundheit, uns den ganzen Tag zuzurufen schien: Freuet euch, freuet euch, wie schön ist alles! Aber auch das muß getragen sein. Ich las Deinen Brief, als ich von dem traurigen Gang zurückkehrte, und konnte mich freuen über Deine Freundlichkeit und über den hellgrünen Nachklang, der aus den schönen Oberösterreicher Zeiten in Dir lebendig ist. – Das Kind war schon, wie ich die Sachen packte, am Keuchhusten unwohl, der sich auf die Lunge warf und es – an seinem ersten Geburtstag hinüber nahm. Ich habe mir ein Grab neben dem seinigen gekauft, da will ich liegen. – Sag dem Großherzog, ich sehe seinen Auftrag an als eine Gabe, die, soweit es möglich ist, mir das Leben noch teuer macht. Ich hoffe, die tausend Irrtümer, vergebliche Versuche, all das soll an dieser Arbeit seine Lösung finden. Noch ein tüchtiges Wort mitzureden zugunsten unserer ganz verfahrenen deutschen Kunst, es ist aller Mühen eines geprüften Mannes wert.

Sängerkrieg und Geschichtliches muß ich jetzt ganz auf sich beruhen lassen. Den ersten habe ich zweimal umgeformt – ich brauche Ruhe. Im Sommer wird Gelegenheit genug sein, das alles auszudenken und zu besprechen. Jetzt studiere ich das Leben der heiligen Elisabeth und kann mich natürlich nicht mit einem Schriftsteller begnügen. Wahrscheinlich werde ich auch nach Marburg müssen, wo ihr Brautkleid, ihr Grab und sonst noch Einzelheiten sind. Hast Du die Streifen aneinander gesetzt»Die Komposition, von der ich im ersten Briefe rede, ist der Bilderbogen ›von der Gerechtigkeit Gottes‹. Du mußt so gut sein, ihn in Streifen zu schneiden und aneinander zu setzen.« (3. Juli 53 an Schober.) so daß der erzählende Fries ganz deutlich ist? Ich meine auf diese Form läßt sich bauen. Der Stoff ist unendlich reich – und nicht den großen Raum auszufüllen, sondern sich zu beschränken, wird das Schwierige sein. Die Arbeit geht freilich mühsam und oft möchte ich dazwischen hinausschreien, aber doch habe ich mich daran gemacht, damit die Aschenbrödel fertig wird. Ich tue mich hart in dem kleinen Format. Ende August denke ich durch zu sein. Vielleicht kommst Du doch zu uns – aufs Jahr siehst Du sie auch noch bei mir. So was ist nicht die Mode, da kauft es auch niemand.

Mit dem Kontrakt wird S. K. Hoheit wohl billigen, daß ich gegen meinen König die schuldige Rücksicht habe. Ich habe den nötigen Urlaub begehrt, der Minister hat mir ihn zugesagt, die Akademie hat bereitwilligst zugestimmt, es muß aber dem König vorgelegt werden. In ein paar Tagen kommt er und ich kann mich auf den Minister von Zwehl, der sehr freundlich gegen mich gesinnt ist, vollkommen verlassen. Der König dürfte es doch übel nehmen, wenn ich mich über seine Zustimmung hinwegsetzte, und so ist es besser, ich warte die paar Tage. Leb recht wohl und sei froh, daß Du keine Kinder hast, so kannst Du keines verlieren. Das geht fast über menschliche Kräfte. Dein alter Freund Schwind.


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