Moritz v. Schwind
Künstlers Erdewallen
Moritz v. Schwind

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München, 2. April 1854 (an Bauernfeld)

L. F. Lange keine Briefe bekommen, hat etwas Trübseliges, kommt aber einer nach langer Zeit und ist gerade wieder als läge gar nichts dazwischen, so ist das doppelt erfreulich. Vor allem bedanke mich schön für das zugesandte Stück, so lustig und warm als man sich's wünschen kann. Besonders gaudiert es mich, daß die Weltmenschen sich viel komödienhafter gerieren als die Theaterleute. Ich nehme an, daß dem Ganzen ein Zug aus Kochs Leben zugrunde liegt, wo nicht, ist es täuschend so erfunden. Jetzt hängst Du da an einem romantischen Stoff, desto besser. Ich höre jetzt so viel von Romantik, daß ich nicht mehr genau weiß, was die Leute darunter verstehen. Für mich ist die romantische Welt die, wo man seine Feinde niederhaut, für seine Freunde ins Feuer geht und einer verehrten Frau die Füße küßt. Dazu ein Hintergrund von gesunder und lebendiger Natur statt unserm Kanzleitisch. Viel anders wird es bei Dir auch nicht sein. Also nur zu! Ich hänge mit einer wahren Wut an dem Leben der heiligen Elisabeth; das ist eine Zeit! es ist alles konzipiert, aber an die Ausführung ist erst nächstes Jahr zu denken. Den Sommer über will ich sehen, was in Eisenach und Marburg noch Brauchbares zu finden ist. Die Aschenbrödel, obwohl noch nicht fertig, habe ich an einen Privaten verkauft, aber nicht wohlfeiler, sondern teurer als sie der König Ludwig bekommen hätte. Ich habe die Bedingung gemacht, sie in Berlin und Wien auszustellen, bevor sie abgeliefert wird. Man muß doch der Frau von Wertheimstein was Ordentliches von mir zeigen. Ich bin ganz glücklich, daß die arme Frau wieder besser ist. Hat's besser werden können, wird's auch ganz gut. Bitte, mich schönstens zu empfehlen. Kifuen und Raunzilander! eine Oper schreibend!Baumann und Dessauer schrieben gemeinsam die Oper »Dominga oder die Schmuggler in den Pyrenäen«. Mich soll's freuen, wenn sie noch was anders davon haben als das Vergnügen des Schaffens, aber ich traue ihnen das Maß von Frechheit und Armseligkeit nicht zu, das nötig scheint, um jetzt Glück zu machen. Das sollte man doch nicht meinen, daß es möglich, wie es da aussieht. Es ist in der Malerei auch so und wird bei den Poeten nicht viel anders sein. So darf man sich nicht wundern über den reißenden Abgang Deiner Gedichte, aber ärgern. Was sagst Du denn zu dem Dichterhof, der hier angelegt wird? Geibel habe ich kennen gelernt, der ist kein übler Mann, aber nach der ganzen Kompanie habe ich kein Verlangen. Es muß allerhand Leute geben, das ist ganz richtig, aber die so zusammen gehören, sollten beisammen sein. Mich interessiert die ganze hiesige Wirtschaft, Lachner ausgenommen, nicht um einen Kreuzer. Zum Überfluß wirft sich der ganze Bildungseifer auf Chemie! Ich gelte für einen gemeinen Kerl, weil ich mich erklärt habe, ich ginge erst in die Vorlesungen, wenn der homunculus gemacht wird. Dingelstedt scheint mit einiger Ungnade behaftet und wäre, ohne die Protestation König Ludwigs, wie man sagt, wohl schon an die Bibliothek versetzt. Ich sehe ihn schon lange nicht mehr. Ich bin mit meinen Zeichnereien so weit fertig und gehe acht Tage nach Ostern ab. Adresse auf der Wartburg bei Eisenach; ich wohne nämlich oben, mit der Aussicht auf den Thüringer Wald. Es ist in Reinhardtsbrunn, eine Stunde von Eisenach, eine Luft, der zulieb mancher hinreist und einen Landaufenthalt macht, dazu eine wunderbar schöne Gegend und eine ganz andere Ruhe als in Reichenhall. Kann sein, Du machst da eine Vakanz. Jetzt leb wohl, ich komme ins Schwätzen. Überall die schönsten Empfehlungen und Grüße und vergiß nicht Deinen alten Freund Schwind.


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