Moritz v. Schwind
Künstlers Erdewallen
Moritz v. Schwind

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Karlsruhe, 20. August 1843 (an Bauernfeld)

Liebster Freund! Am 6. Juli kam bei uns ein kleiner, breitschultriger Kerl auf die Welt, der Hermann August heißt und bereits die Dicke und Länge eines dreimonatlichen Mannes erreicht hat. Er brüllt vortrefflich und hat nichts im Auge als sein hinlängliches Auskommen, da wird er schon durch die Welt finden.Er wurde Ingenieur und starb 1906.

Ich schrieb damals in 3 Tagen 24 Briefe, so daß ich nicht mehr weiter konnte. Feuchtersleben, dem ich's schrieb, er möchte es meiner damals schon sehr kranken Schwägerin beibringen, wird Dir die Nachricht mitgeteilt haben.

Von Dir las ich in irgendeiner Zeitschrift, Du wollest Dich vom Lustspiel lossagen, und Dich dem Roman zuwenden. Ich begreife, daß Du es genug hast, das Volk mit anständigem ennui zu versorgen, sonst wollen sie nichts. Schreibst Du einen Roman, so laß es einen sein, den ich illustrieren kann, das sollte mich freuen. Mit meinen badischen Aufträgen werde ich in der nächsten Woche fertig. Se. Hoheit sind sehr unzufrieden mit mir und haben die Malerei in der Badener Trinkhalle den wenigst Nehmenden hintangegeben. Das ist nun eine Virtuosität, in der ich mich gern übertreffen lasse. Um mir nun nicht Unrecht getan zu haben, muß meine Arbeit nichts wert sein, und man machte die grausame Entdeckung, daß ich ein Ausländer sei. Ich zitiere eine Stelle aus Götz und schere mich nicht weiter darum. Dir zum Troste erwähne ich, daß sämtliche Künstlerschaft mir alle Komplimente macht und meine Arbeit über den grünen Klee lobt. Die Hofwirtschaft ist hier einzig, alle drei Monat ein anderer Friedensfürst, und niemand erfreut sich eines dauernden, unwandelbaren Vertrauens als der Hofschneider. Für diesen Winter habe ich angenehme Aufträge in Öl, der kleine Bub wird bis zum Frühjahr größer, dann sitz ich eben auf und gehe auf ein Paar Jahre nach Rom. Indessen der Mensch prahlt und Gott zahlt, wer weiß was bis dahin geschieht. Jedenfalls ist mein Säckel gefüllt, so daß ich was Tüchtiges unternehmen kann.

Lachner dirigierte in Landau das Oratorium »Moses«. Ich war drüben und erfreute mich höchlich an dieser wackeren und gefühlvollen Arbeit. Die ganze Wirtschaft hatte etwas Ländliches und Angenehmes. Die Reitschule mit Grünem und Inschriften aufgeputzt, die Sängerinnen auf tausend Schritt als Pfarrerstöchter zu erkennen, häufig Schullehrer, aber alles ging vortrefflich und die Solopartien ließen kaum etwas zu wünschen übrig. Ich war in Gesellschaft des Gesandtschaftsekretärs Brenner, Dürfelds Schwager, und des F. Löwenstein, die beide sehr lustige Leute sind. Mit Lachner und seinem Bruder Vincenz tranken wir ein Glas Bier auf dem Platz und ließen uns von einem bayerischen Oberlieutenant mit der Beschreibung der Wirkungen unterhalten, die 10 000 Zentner Pulver machen müßten, wenn sie in die Luft gingen. Sie lagen etwa 100 Schritt von uns.

Dein Stück habe ich Md. HaizingerAmalie Haizinger, Schauspielerin, bis 1846 in Karlsruhe, dann, am Hofburgtheater, in Wien, wo sie 1884 starb. übergeben, aber keine Folgen gesehen. Auffenberg ist seit kurzem Intendant, ich glaube, er wird etwas energischer sein als der vorige, wenigstens so lang er neu ist. Hast Du was an ihn, so schreib, ich kenne ihn gut. Wo ist Niembsch? Ein Gerücht will ihn in Stuttgart gesehen haben. Sollte er wirklich so abscheulich sein und nicht herüber kommen? Grüße alle schönstens. Radowitz, den Allwissenden, sehe ich manchmal, es ist angenehm mit ihm zu reden. Es sind sonst noch tüchtige Leute hier, aber alle einzeln, lauter Robinsone. Das ist in Deutschland nicht anders und daran scheitert alles.

Leb recht wohl und schreib einmal ein paar Zeilen Deinem Freund Schwind.


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