Johann Gabriel Seidl
Gedichte
Johann Gabriel Seidl

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Verheimlichung

        Da lag sie, die ich so geliebt,
Im Sarge tot vor mir,
In Schmerz, wie's keinen herbern gibt,
Saß ich zu Nacht bei ihr.
Ihr Aug' war zu, die Hände kalt,
Ihr warmes Herz ein Stein,
Verstummt der Lippen Allgewalt,
Verglüht der Wangen Schein.

Und durch des Zimmers Dunkelklar
Zog's feierlich daher,
Als ob es eine weiße Schar
Von stillen Geistern wär';
Die Engel waren's, die ihr Herz
Sich einst zum Haus ersahn,
Nun flogen still sie himmelwärts
Und sagten sie dort an.

Und um den Mund der Toten lag
Ein Lächeln wie Gebet,
Ein Lächeln, wie's ein sonn'ger Tag
Auf eine Rose weht.
Da sprang ich auf, flog hin zu ihr,
Hätt' mögen darauf baun,
Sie wolle noch was Frohes mir
Zu guter Letzt vertraun;

Etwas vertraun von jener Welt,
Von jenem Kanaan,
In das sie aus des Sarges Zelt
Schon einen Blick getan.
»O sage,« rief ich, »sage mir,
Sprich aus, – wie ist es dort?
Denn ging' es drüben übel dir,
Ich ließe dich nicht fort!« –

Sie aber sprach nicht nein, nicht ja,
Sie, die mir nichts verschwieg;
Still wie ein Engel lag sie da
Nach einem großen Sieg. –
Es ist wohl drüben schön und rein,
Zum Überraschen schön,
Drum wollte sie nicht vorlaut sein,
Bis ich es würde sehn!

 


 


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