Johann Gabriel Seidl
Gedichte
Johann Gabriel Seidl

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Die Blume

        Auf schlankem Stengel wiegte schaukelnd
Einst eine Blume sich vor mir,
Sie war so zart, so blau, – und gaukelnd
Kost' anspruchlos der West mit ihr.

Ob einfach, war sie doch so selten,
So einzig, daß ich stille stand
Und innig frommen, unvergällten
Genuß in ihren Anschaun fand.

Und aus dem Anschaun ward Entzücken,
Und meine Sehnsucht wuchs so sehr,
Ich muß sie, muß sie, meint' ich pflücken,
Denn keine zweite fänd' ich mehr.

Schon hatt' ich mich hinabgebogen
Zum Stengel, dran sie nickend hing; –
Wo war sie? wo? – ach! weggeflogen, –
Es war – ein blauer Schmetterling. –

Aus lieben blauen Augen blühte
Mir einst die Liebe freundlich zu,
Daß mir die Seele heiß entglühte;
Mein, dacht' ich, Blume, – mein bist du!

Ich nahte mich in süßem Triebe,
Und weg und hin war ihre Spur!
Sprich, Mädchen, sprich, war deine Liebe
Nicht auch solch eine Blume nur!

 


 


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