Johann Gabriel Seidl
Gedichte
Johann Gabriel Seidl

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Der Rosenstrauch zu Hildesheim

               

Ein Schneegewand umhüllet den kalten Winterhain:
Der fromme Ludwig reitet zur Jagd waldaus, waldein.

Da hält er still und wendet zu seinen Treun sich um:
»Um Gott! ich hab verloren mein liebstes Eigentum!

Ein einfach Silberkreuzlein, das mir so heilig ist,
Und viel geweihter Restchen in hohlem Raum verschließt!

Sprengt aus nach allen Seiten, ob ihr es mögt erschaun
Da, wo ihr's findet, will ich dem Herrn ein Kirchlein baun!« –

Sie reiten aus zu suchen, vertraun dem Herrgott fest,
Und traben durchs Gestöber, zerstreut nach Ost und West.

Da sehn im Schnee sie's glänzen, – solch Glänzen sahn sie nie,
Die Flocken überfunkelnd, doch nicht so weiß, wie sie.

Hellglühnde Rosen sind es von unsichtbarer Hand,
Mit heil'gem Duft verwoben zur festen Blumenwand.

Und jede Rose sendet zum Kelche Strahlen aus,
Und aus den Strahlen wölbt sich ein leuchtend Wunderhaus.

Und wie am Hochaltare, auf kühlen Flammen ruht,
Ein Feuerkreuz zu schauen – des Fürsten liebstes Gut.

Die Jäger sehn's und staunen – und knien andächtig her;
Jagdhörnerklang verkündet dem Fürsten rasch die Mär.

Und alsbald kam Herr Ludwig, was er gelobt, zu baun;
Und alsbald war ein Kirchlein mit luft'gem Kreuz zu schaun!

Und mächtig, wie der Glaube, und wie die Liebe warm,
Schlang bald ums Kirchlein sprossend ein Rosenbusch den Arm;

Und trieb, das Kreuz zu küssen, zur Kuppel seinen Keim,
Und hüllt' in heil'ge Schauer das Städtchen Hildesheim!

 


 


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