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Der Fünfjahresplan des Ausschusses für Staatsunternehmungen (1926–1927 bis 1930–1931)

Die Frage des Fünfjahresplans der Entwicklung der öffentlichen Wirtschaft, der dem kommenden fünfzehnten Parteikongreß vorliegt, sollte wirklich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Partei stehen. Dieser Fünfjahresplan ist bis jetzt nicht offiziell anerkannt und wird auch schwerlich in der gegenwärtigen Form anerkannt werden. Trotzdem gibt er einen gründlichen Ausblick auf die Ideen unserer jetzigen wirtschaftlichen Führer.

Die Kapitalanlagen in der Industrie werden nach diesem Plan in den nächsten Jahren nur wenig anwachsen (von 1142 Millionen im nächsten Jahr auf 1205 Millionen im Jahre 1931). Und im Verhältnis zu der gesamten in der nationalen Wirtschaft angelegten Summe werden sie von 36,4 Prozent auf 27,8 Prozent sinken. Die reinen Geldeinlagen in der Industrie des Staatshaushalts werden nach diesem Programm in den genannten Jahren von annähernd 200 Millionen auf 90 Millionen sinken. Von der Produktion wird angenommen, daß sie mit jedem Jahr um 4–9 Prozent über das vorhergehende Jahr ansteigt – ein Tempo des Anwachsens, wie es in kapitalistischen Ländern nur in Perioden starken Aufstiegs vorkommt. Die ungeheuern Vorteile, die in der Verstaatlichung des Bodens, der Produktionsmittel, der Banken und der zentralen Verwaltungsorgane liegen – also die ganzen aus der sozialistischen Revolution entspringenden Vorteile – finden im Fünfjahresplan kaum einen Ausdruck.

Der private Verbrauch von Industriegütern, der augenblicklich ganz armselig ist, soll während der fünf Jahre insgesamt nur um 12 Prozent steigen. Der Verbrauch von Baumwollfabrikaten, der im Jahre 1931 97 Prozent des Vorkriegsbetrages erreichen soll, wird dann noch fünfmal geringer als der Verbrauch in den Vereinigten Staaten im Jahre 1923 sein. Der Verbrauch in Kohlen wird siebenmal kleiner sein als der deutsche im Jahre 1926 und siebzehnmal kleiner als der in den Vereinigten Staaten im Jahre 1923 sein. Der Verbrauch in Roheisen wird über viermal kleiner sein als der in Deutschland und elfundeinhalbmal kleiner als der in den Vereinigten Staaten. Die Herstellung von elektrischer Energie wird dreimal geringer als in Deutschland, siebenmal geringer als in den Vereinigten Staaten sein. Der Verbrauch an Papier wird am Ende der fünf Jahre 83 Prozent des Vorkriegsbestandes betragen. Alles dieses fünfzehn Jahre nach der Oktoberrevolution! Am Jahrestag der Oktoberrevolution einen solchen armseligen, durch und durch pessimistischen Plan einzubringen, das heißt wirklich gegen den Sozialismus arbeiten. Die durch den Fünfjahresplan vorgesehene Senkung der Kleinpreise um 17 Prozent wird, selbst wenn man sie durchsetzt, kaum einen Einfluß auf das Verhältnis unserer Preise und der Weltpreise haben, die zweiundeinhalb- bis dreimal geringer sind als die unsrigen.

Aber selbst bei dieser unbeträchtlichen Preissenkung (die dazu bis jetzt nur ein Projekt ist) rechnet der Fünfjahresplan darauf, daß die Industriewaren nicht imstande sein werden, den möglichen finanziellen Bedarf des Landes von 400 Millionen Rubel im Jahr zu decken. Wenn man bedenkt, daß die augenblicklichen ungeheuerlichen Engrospreise im Verlaufe von fünf Jahren um 22 Prozent gesenkt werden sollen – eine mehr als bescheidene Senkung –, so würde das allein ein Fehlen von Waren im Betrage von einer ganzen Billion verursachen. Das Mißverhältnis wird so erst recht erhalten bleiben und eine ständige Quelle des Anwachsens der Kleinverkaufspreise sein. Der Fünfjahresplan verspricht den Bauern für 1931 annähernd den Vorkriegsbetrag an Industriewaren zu einem eineinhalbmal höheren Preise. Dem Arbeiter in den großen Industrien verspricht er zum Ende der fünf Jahre eine Erhöhung der Nominallöhne um 33 Prozent, ohne die schlechtbegründete Hoffnung auf Senkung der Preise in Betracht zu ziehen. Das Mißverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage soll nach dem Plane des staatswirtschaftlichen Ausschusses durch eine zweiundeinhalbfache Erhöhung der augenblicklich von den Arbeitern bezahlten Miete überwunden werden, was annähernd 400 Million Rubel im Jahr ausmachen würde. Indem die Beamten des wirtschaftlichen Ausschusses bei den bessergestellten Bevölkerungsschichten ein Übermaß an Kaufkraft bemerken, wollen sie diese Lage dadurch in Ordnung bringen, daß sie die realen Löhne der Arbeiter beschneiden. Es ist schwer zu glauben, daß eine solche Methode der Herstellung des Gleichgewichts auf dem Wirtschaftsmarkt von verantwortlichen Organen eines Arbeiterstaates vorgeschlagen wird! Diese ganze falsche Einstellung zwingt den Konsumenten mit Gewalt dazu, einen Ausweg in der verhängnisvollen Richtung der Zerstörung des Monopols im ausländischen Handel zu suchen.

Die Anlage von sechs- bis siebentausend Werst neuer Schienenwege, die der Fünfjahresplan vorsieht – gegen vierzehntausend, um ein Beispiel zu nennen, die während der fünf Jahre von 1895–1900 errichtet wurden –, bedeutet eine gefährliche Verkürzung, nicht nur der Ausgaben für die sozialistische Industrialisierung, sondern auch der dringendsten wirtschaftlichen Bedürfnisse der Hauptprovinzen.

In dieser Weise, indem sie bald nach der einen, bald nach der andern Seite abweicht, sucht unsere Staatsverwaltung die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern. Dies ist das wirkliche Bild der politischen Richtung unserer gegenwärtigen Führerschaft.


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