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Behördliche Wirtschaftsleitung

Ich führte unser unüberlegtes Verkaufen auf die Planlosigkeit unserer ganzen Wirtschaftsführung zurück. Es gab nun Auseinandersetzungen im politischen Bureau über die Frage der staatlichen Wirtschaftsführung und die Befugnisse des Gosplans. Darunter war auch eine Auseinandersetzung zwischen mir und Wladimir Iljitsch. Ebenso gab es Auseinandersetzungen über die Persönlichkeiten in den Wirtschaftsbureaus.

In seinen an die Mitglieder des politischen Bureaus gerichteten Briefen über den Gosplan schrieb Wladimir Iljitsch am 27. Dezember 1922 folgendes:

»Zu dem Antrag, dem Gosplan das Recht zu gesetzlichen Bestimmungen zu geben:

Genosse Trotzki hat diesen Gedanken, wie es scheint, schon vor längerer Zeit geäußert. Ich war damals dagegen, weil ich glaubte, daß dadurch unser ganzes gesetzgeberisches System durchbrochen würde. Nachdem ich aber noch einmal die ganze Sache gründlich erwogen habe, finde ich doch, daß ein im Grunde gesunder Gedanke darin steckt. Der die staatliche Wirtschaftsführung leitende Gosplan steht etwas abseits von unseren gesetzgebenden Einrichtungen, obgleich er als ein beratender Mittelpunkt von Leitern, Sachverständigen und Vertretern der Wissenschaft und der Technik natürlich die besten Unterlagen für eine richtige Beurteilung der Dinge besitzt ... In dieser Hinsicht muß ich mich also zu der Ansicht des Genossen Trotzki bekehren, nicht aber, soweit man das Präsidium des Gosplans einem unserer politischen Führer oder dem Vorsitzenden des höchsten Wirtschaftsrates übertragen will.«

Diese Meinungsverschiedenheiten waren ja in Lenins Brief an mich über die Frage des Monopols für den ausländischen Handel erwähnt. Lenin schlug darin vor, diese Frage vorläufig beiseite zu schieben und bezeichnete sie – nicht ganz richtig – als eine rein verwaltungsrechtliche Frage. Ich wollte zwar eine umfassende Verstärkung der Wirtschaftsführung und eine Unterstellung der Arbeit sämtlicher Abteilungen unter den Gosplan, aber ich dachte nicht daran, diesem nun die Verwaltungsbefugnisse zu geben, die wie bisher in den Händen der Arbeiter- und Soldatensowjets bleiben sollten. Doch nicht darum handelt es sich jetzt hier. Sowohl der Inhalt wie der Ton des Briefes zeigen, wie ruhig, wie durchaus sachlich Lenin den vorhergegangenen Meinungsstreit betrachtete, indem er dem politischen Bureau vorschlug, diese Meinungsverschiedenheiten durch eine ziemlich enge Annäherung an die von mir verteidigten Gedanken zu beseitigen. Wie viele Lügen hat man der Partei über diese Dinge erzählt!


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