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Am Montag höre ich den Donner der Gewässer wieder. Diesmal aber ist er eingefangen in dem Powerhouse, der Kraftstation auf der amerikanischen Seite. Bis der Führer kommt, läßt man uns allein auf der Plattform der riesigen Halle stehen. Und da steh ich nun.
Das da vor mir sieht aus wie ein zusammengerücktes und in Einen Raum gebrachtes Schiff; Maschinenräume, Kommandobrücke, alles in einem riesigen Kasten von schwerem grauen Stein und Glas. Hier innen aber ist alles schwarz und weiß. Die elf Generatoren stehen in einer Reihe und kreisen mit wahnwitziger Geschwindigkeit um ihre Achse herum. Es sind schwarze untersetzte runde Türme aus Stahl, wie Spirituskocher anzusehn, in jeden gingen fünfzig aufrechtstehende Männer hinein, aber er hat nur seine 5500 Pferdekräfte im Leibe. Wahnwitzig kreisen und kreisen die Spirituskocher; man sieht parallele Streifen fliegen, Lichtstreifen wie bei einem Ventilator. Die Turbinen tief unten treiben sie im Kreise herum, die Turbinen, die unten in der Tiefe in das Wasser tauchen, von der lebendigen Kraft des schießenden Wassers herumgejagt werden. Wir steigen jetzt hinunter zur Quelle der Kraft, hundertvierzig Fuß tief unter den Wasserspiegel und hören mit eigenen Ohren das Schüttern des gereizten Stromes gegen Felsen und Stahl.
Eine Turbine ist in Reparatur und mitten in dem Abgrund, mitten in dem hohlen Kamin, den hinaufzuschauen schon schauerlich ist, in schwindelnder Höhe über unsern Köpfen steht ein schmales Holzgerüst gebaut, auf diesem steht eine Leiter und auf dieser steht ein Mann.
Unter ihm sind siebzig Fuß Finsternis, und unter diesen siebzig Fuß brüllt und tobt das Wasser dahin, das noch fünfzig Fuß tief ist an dieser Stelle.
Während meine Gruppe mit dem laut schreienden Führer von Turbine zu Turbine weitergeht, bleibe ich 87 auf dem Flecke stehen, auf dem schmalen Steinsteg zur Seite des Abgrundes und schaue zu dem Mann dort oben empor.
Eine kleine Glühlampe erhellt ungenügend das Holzgerüst, die Holzleiter, die Gestalt des Mannes selbst. Nach einer Weile haben meine Augen sich an das Dunkel gewöhnt, und ich sehe jetzt deutlicher den dort oben.
Er steht in einer Haltung da, die schwer zu beschreiben ist. Seine Füße sind eng geschlossen auf der Sprosse der Leiter. Er hat seine Arme wagerecht ausgestreckt, nach rechts und links, seine Hände greifen in Stahl und Stein auf beiden Seiten. Seinen Kopf hat er zurückgeworfen, er schaut hinauf, sucht etwas in der Höhe. So steht er da auf seiner Holzleiter über dem Abgrund. Jetzt kann ich auch unterscheiden: er hat ein blaues Hemd an und Corduroyhosen. Dort oben steht er über dem Abgrund und arbeitet für die Kraft. Er steht ganz allein dort oben und arbeitet für die Kraft, die die Maschinen der Fabriken im Lande treiben soll. Der Führer ruft, ich darf nicht länger zurückbleiben. Noch einmal schaue ich dort hinauf und präge mir das Bild des Einsamen, des Arbeiters ein, des Mannes, der zwischen den Abgründen steht und dessen Leben, gering erhellt, auf einer dünnen Leiter schwankt für die Kraft, die die Werke im Lande treibt. Ich gehe vorwärts und frage mich, ob das nicht eben das Bild des Gekreuzigten war, das ich dort oben gesehen hab im Kamin? –
Im Tageslicht, in der schwarz und weißen Halle steht ein junger Bursche, er kann nicht viel älter sein als drei-, vierundzwanzig, er steht auf der Kommandobrücke längs der Generatoren bei den Stahlhebeln der Konduktoren wie ein Weichenwärter auf der Strecke. Es ist ein junger blonder Bursche, er hat scharf aufzupassen, und sein schwitzendes, intelligentes Gesicht ist geladen mit Aufmerksamkeit wie eine Dynamomaschine. Aus einem kleinen Glaskasten zur Seite der Konduktoren, über denen opalne Lichter brennen, rollt ein dünner Streifen Papier 88 heraus – eine rote Zickzacklinie läuft über den Streifen –: das ist der Bericht über die Stromentfaltung und den Stromverbrauch, die anschauliche Linie, die das Auf und Nieder der Kraft anzeigen soll.
Ich sehe den tätigen Burschen an und dann den Glaskasten, aus dem der Papierstreif sich herausschlängelt. Ich komme mir mit meinem kläglichen Notizbuch vor, als säße ich selber in dem Glaskasten drin, während der Kontinent da neben mir rüstig und aufmerksam seine harte Arbeit verrichtet, und zeichnete an einer roten Zickzacklinie, die noch dazu gar nicht präzis ist; nur der Glaskasten stimmt einstweilen. Ich mache mir lieber keine Gedanken über diesen Gegenstand.