Titus Livius
Römische Geschichte
Titus Livius

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27. In diesem Jahre legten auch Gesandte vom Könige Attalus einen goldenen Kranz, zweihundert sechsundvierzig PfundEtwa 77,000 Gulden. schwer, auf dem Capitole nieder, und erkannten es mit Dankbarkeit gegen den Senat, daß Antiochus auf Verwendung einer Römischen Gesandschaft sein Heer aus des Attalus Staten abgeführt habe. Auch kamen in diesem Sommer zweihundert Reuter, zehn 112 Elephanten und zweihundert tausend Maß Weizen vom Könige Masinissa bei dem Heere an, welches in Griechenland stand. Auch aus Sicilien und Sardinien erhielt dies Heer große Zufuhren und Kleidungsstücke. Sicilien verwaltete Marcus Marcellus, Sardinien Marcus Porcius Cato, der öffentlichen Meinung nach ein ehrwürdiger, unsträflicher Mann, nur zu hart in Beschränkung des Wuchers. Die Wucherer wurden aus der Insel verjagt; und die Ausgaben, welche die Bundesgenossen gewöhnlich für den Hofstat der Prätoren machen mußten, verminderte er entweder oder schaffte sie ganz ab.

Unter dem Vorsitze des Consuls Sextus Älius, der zur Haltung der Wahlen aus Gallien nach Rom zurückkam, wurden Cajus Cornelius Cethegus und Quintus Minucius Rufus zu Consuln gewählt. Die Prätorenwahl war zwei Tage später. In diesem Jahre wurden zum erstenmale sechs Prätoren ernannt, weil jetzt die Geschäfte sich häuften und die Herrschaft sich immer weiter ausbreitete. Die Gewählten waren Lucius Manlius Vulso, Cajus Sempronius Tuditanus, MarcusM. Sergius Silus]. – Auch der Denarius in meiner Sammlung, obgleich nur ein subæratus, hat nicht Manius Sergius, wie Sigonius lesen wollte, sondern das von Drakenborch aufgenommene Marcus. Sergius Silus, Marcus Helvius, Marcus Minucius Rufus, Lucius Atilius. Von diesen waren Sempronius und Helvius Bürgerädilen. Curulädilen waren Quintus Minucius Thermus und Tiberius Sempronius Longus. Die Römischen Spiele dauerten in diesem Jahre vier Tage.

28. Die Consuln Cajus Cornelius und Quintus Minucius thaten vor allen Dingen den Antrag wegen der Geschäftsplätze der Consuln und Prätoren. Die Auseinandersetzung der Prätoren wurde zuerst abgethan, weil sie sich durch das Los abthun ließ. Die Gerichtspflege in der Stadt fiel dem Sergius zu, die über die Fremden dem Minucius. Sardinien erlosete Atilius, Sicilien Manlius, das diesseitige Spanien Sempronius, Helvius das jenseitige. Als aber die Consuln über Italien und Macedonien losen wollten, waren die Bürgertribunen Lucius Oppius und 113 Quintus Fulvius deshalb dagegen, «weil Macedonien ein so entfernter Posten sei, und bis jetzt das größte Hinderniß in diesem Kriege darin bestanden habe, daß immer der frühere Consul, wenn er kaum seine Unternehmungen eingeleitet hatte, gerade im Anlaufe zur Eröffnung des Krieges zurückgerufen wurde. Seit dem Beschlusse, den Macedonischen Krieg zu führen, sei dies schon das vierte Jahr. Sulpicius habe den größeren Theil des Jahres damit hingebracht, den König und sein Heer nur aufzufinden. Villius sei eben als er an den Feind gelangte, unverrichteter Sache zurückgerufen. Quinctius, über ein halbes Jahr durch gottesdienstliche Geschäfte in Rom zurückgehalten, habe sich gleichwohl so benommen, daß er den Krieg, wenn er entweder früher auf seinem Posten angekommen, oder der Winter nur etwas später eingetreten wäre, hätte beendigen können. Jetzt höre man, wiewohl erNunc prope in]. – Dies prope wollen Crev. und Drakenb. in quoque verwandeln, weil sie das Wort profectum von dem Zuge des Quinctius aus Thessalien in die Winterquartiere nach Phocis verstehen. Es bedeutet aber hier, als Gegensatz des mehrmals vorausgegangenen revocatus (in urbem) so viel, als profectum (ab urbe) in provinciam: und dann giebt prope im Munde des vergrößernden Tribuns einen sehr guten Sinn. beinahe nur dazu hingegangen sei, um die Winterquartiere zu beziehen, dennoch von seinen Vorkehrungen zum Feldzuge so viel Gutes, daß er vermuthlich, wenn ihn kein Nachfolger unterbreche, im nächsten Sommer am Ziele sein werde.»

Durch diese Reden bewirkten sie, daß die Consuln erklärten, sie würden sich dem Gutachten des Senats unterwerfen, wenn auch die Tribunen sich dazu verständen. Da also die Väter von beiden Theilen ungehindert verfügen konnten, so wiesen sie beiden Consuln ihren Posten in Italien an; dem Titus Quinctius aber verlängerten sie den Oberbefehl bis dahin, wo er einen Nachfolger bekäme. Den Consuln bestimmten sie jedem zwei Legionen und den Krieg mit den von Rom abgefallenen Galliern diesseit der Alpen. Dem Quinctius wurden als Ergänzungstruppen für Macedonien fünftausend Mann zu Fuß, dreihundert Ritter und dreitausend Seesoldaten bewilligt. Die 114 Prätoren bekamen für beide Spanien jeder achttausend Mann zu Fuß an Bundesgenossen und Latinern und jeder vierhundert zu Pferde, um die alten Soldaten aus beiden Spanien entlassen zu können; auch sollten sie durch Begränzungen festsetzen, was künftig zu der jenseitigen oder zur diesseitigen Provinz zu rechnen sei. Dem Heere in Macedonien wurden Publius Sulpicius und Publius Villius, welche als Consuln dort ihren Stand gehabt hatten, als Unterfeldherren zugegeben.

29. Ehe die Consuln und Prätoren auf ihre Plätze abgingen, sollten die Drohungen der Schreckzeichen abgewandt werden. Denn zu Rom waren die Tempel des Vulcanus undSummanus oder Summus Manium ist Pluto. Summanus, ferner zu Fregellä die Mauern und ein Stadtthor vom Blitze getroffen; zu Frusino war bei Nacht eine Tageshelle entstanden; zu Asculum ein Lamm mit zwei Köpfen und fünf Beinen zur Welt gekommen; in die Stadt Formiä waren zwei Wölfe eingebrochen und hatten von den ihnen Begegnenden mehrere zerfleischt; zu Rom hatte sich ein Wolf nicht allein in die Stadt, sondern sogar auf das Capitol gewagt. Der Bürgertribun Cajus Acilius that den Vorschlag, an der Seeküste fünf Pflanzstädte anzulegen; zwei an den Mündungen der Flüsse Vulturnus und Liternus, eine zu Puteoli; eine zu Castrum Salerni; die letzte war Buxentum. Für jede Pflanzstadt wurden dreihundert Familien bewilligt. Die zu ihrer Abführung erwählten Dreimänner, welche drei Jahre lang ihre Obrigkeit sein sollten, waren Marcus Servilius Geminus, Quintus Minucius Thermus, Tiberius Sempronius Longus.

Als die Consuln die Werbung und die übrigen theils heiligen, theils bürgerlichen Geschäfte, welche sie in eigner Person verrichten mußten, abgethan hatten, gingen sie beide nach Gallien ab. Cornelius nahm den geraden Weg gegen die Insubrier, die damals, mit den Cenomanern vereinigt, in den Waffen waren; Quintus Minucius bog auf die linke Seite Italiens ein, dem Unteren Meere zu; führte 115 sein Heer auf Genua und begann den Krieg mit dem Angriffe auf die Ligurier. Die Städte Caristum und RitubiumClastidium et Litubium]. – Bei dem ersten Namen folge ich dem Sigonius. Denn Cluvers Grund, dieses Clastidium und jenes Cap. 31. wegen der Ungewißheit der Gränzen zu Einer Stadt zu machen, ist hier, wie mich dünkt, nicht anwendbar. Warum hätte der zweite Consul dieselbe Stadt Clastidium verbrannt, die sich dem ersten schon früher ergeben hatte? Und wenn er es that, warum giebt Livius keine Ursache an? Sigonius lieset aus Liv. 42, 7. Caristum oder Carystum. Bei dem zweiten Namen habe ich statt Litubium die Cluversche Lesart Ritubium aufgenommen., beide Ligurisch, und zwei Völkerschaften desselben Stammes, die Celelaten und Cerdiciaten ergaben sich. Und schon hatte er sich außer den Bojern, welche zu Gallien, und den Ilvaten, welche zu Ligurien gehörten, diesseit des Po Alles unterworfen. Man sagte, funfzehn Städte hätten sich ergeben und zwanzigtausend Menschen. Von hier führte er die Legionen in das Gebiet der Bojer.

30. Nicht gar lange zuvor hatte das Heer der Bojer über den Po gesetzt und sich mit den Insubren und Cenomanern vereinigt, um sich ebenfalls durch Zusammenstellung ihrer Kräfte auf Einen Punkt mehr Stärke zu geben, weil sie gehört hatten, die Consuln würden ihre Legionen vereinigt wirken lassen. Kaum aber sagte ihnen das Gerücht, der eine Consul verheere das Bojische, als sogleich Mishelligkeit entstand. Die Bojer forderten für die Nothleidenden die Hülfe Aller. Die Insubren weigerten sich ihr Eigenthum preiszugeben. So theilten sie ihre Truppen, und als die Bojer, ihr Land zu schützen, abgezogen waren, lagerten sich die Insubren mit den Cenomanern am Ufer des Flusses Mincius. Fünftausend Schritte weiter unten lehnte auch der Consul Cornelius sein Lager an eben diesen Strom. Als er hier durch seine Aussendungen in die Flecken der Cenomaner und in ihre Hauptstadt Brixia mit Gewißheit erfuhr, die Mannschaft habe ohne Zustimmung ihrer Ältesten die Waffen ergriffen, und der Beitritt der Cenomaner zur Empörung der Insubren sei nicht das Werk eines allgemeinen Entschlusses, so legte er es in Unterhandlungen mit ihren Großen, die er zu sich 116 geladen hatte, darauf an, daß die Cenomaner sich von den Insubren lossagen und mit ihren Fahnen entweder in ihre Heimat zurückkehren, oder zu den Römern übergehen sollten. So viel konnte er freilich nicht bewirken. Aber darauf gaben sie dem Consul ihr Wort, daß sie in der Schlacht entweder unthätig, oder wenn sich die Gelegenheit fände, den Römern sogar beförderlich sein wollten. Von dieser Verabredung wußten die Insubren nichts: und doch waren sie nicht ohne allen Argwohn, daß die Treue ihrer Bundesgenossen wanke. Da sie also beim Ausrücken in die Linie ihnen so wenig den einen als den andern Flügel anzuvertrauen wagten, damit sie nicht durch treuloses Weichen der ganzen Sache den Ausschlag gäben, so stellten sie sie hinter den Gliedern als Rückhalt auf. Der Consul verhieß bei dem Anfange der Schlacht der Juno Sospita ein Heiligthum, wenn er heute als Sieger die Feinde aus dem Felde schlüge. Die Soldaten betheuerten durch ihr Geschrei, sie wollten dem Consul zur Leistung seines Gelübdes verhelfen, und der Angriff auf den Feind begann. Gleich dem ersten Zusammentreffen erlagen die Insubren. Nach dem Berichte einiger Schriftsteller sollen sie, weil ihnen auch die Cenomaner mitten im Gefechte unerwartet in den Rücken gefallen waren, durch den Angriff von zwei Seiten in Unordnung gerathen sein, und weil sie in die Mitte genommen waren, fünfunddreißig tausend Mann an Todten, fünftausend siebenhundert an Gefangenen verloren haben; unter diesen sei auch der Punische Feldherr Hamilcar gewesen, der sie zu diesem Kriege verführt habe; außerdem hundert und dreißig Fahnen, und über zweihundert Kriegswagen. Die Städte, welche die Partei der Empörer genommen hatten, ergaben sich den Römern.

31. Der Consul Minucius war anfangs auf ausgebreiteten Plünderungen im Lande der Bojer umhergestreift. Als sie darauf, nach ihrer Trennung von den Insubren, zum Schutze ihres Eigenthums sich einstellten, hielt er sich an sein Lager, weil er glaubte mit den Feinden schlagen zu müssen. Auch würden die Bojer sich der Schlacht nicht geweigert haben, wenn ihnen nicht die eingelaufene 117 Nachricht von der Besiegung der Insubren den Muth gebrochen hätte. Da sie sich also mit Hinterlassung ihres Feldherrn und ihres Lagers, jeder um das Seinige zu retten, in ihre Flecken zerstreuten, veranlaßten sie den feindlichen Feldherrn, seine Maßregeln abzuändern. Denn da er die Hoffnung aufgeben mußte, durch einen einzigen Schlag zur Entscheidung zu kommen, so fing er wieder an, das Land zu verheeren, die Häuser niederzubrennen und die Flecken zu erstürmen. So wurde damals Clastidium verbrannt. Von hier führte er die Legionen gegen die Ilvaten in Ligurien, die einzigen noch ungehorsamen. Als diese Nation hörte, daß die Insubren eine Schlacht, und die Bojer sogar den Muth verloren hätten, sich auch nur auf den Versuch einer Schlacht einzulassen, ergab sie sich ebenfalls. Die Berichte der Consuln aus Gallien über ihre glücklichen Fortschritte liefen in Rom zu gleicher Zeit ein. Der Stadtprätor Marcus Sergius las sie dem Senate vor, dann auf Geheiß der Väter auch dem Volke. Es wurde ein viertägiges Dankfest angesetzt. Und nun war es schon Winter.

32. Als Titus Quinctius nach der Eroberung von Elatea schon in den auf Phocis und Locris vertheilten Winterquartieren stand, kam es in Opus zu einem Aufruhre der Parteien. Die eine rief die Ätoler, welche näher waren, die andre die Römer herein. Die Ätoler kamen zuerst herbei; allein die bedeutendere Partei schloß den Ätolern die Thore, gab dem Römischen Feldherrn Nachricht und behauptete bis zu seiner Ankunft die Stadt. Auf der Burg lag eine königliche Besatzung; und diese ließ sich so wenig durch die Drohungen der Opuntier, als durch das Machtgebot des Römischen Consuls bewegen, von dort herabzukommen. Sie sogleich zu bestürmen unterließ man, weil vom Könige ein Herold ankam, der auf Ort und Zeit zu einer Unterredung antrug. Dies wurde dem Könige nicht ungern bewilligtId gravate]. – Drakenb. und Crev., denen ich folge, billigen Gronovs Berichtigung dieser Stelle und lesen: Id non gravate concessum regi est, quum cuperet Quinctius cet., weil es dem 118 Quinctius lieb sein mußte, wenn die Beendigung des Krieges durch Waffenthaten und Unterhandlungen nur als sein Werk erschien. Denn er wußte noch nicht, ob nicht der eine von den beiden neuen Consuln in seine Stelle geschickt würde, oder ob man ihm den Oberbefehl verlängern werde, was ihm seine Freunde und Verwandten seinem Auftrage gemäß aus allen Kräften bewirken sollten; eine Unterredung aber schien ihm gerade dazu paßlich, daß er freie Hand behielte, sich im Falle seines Hierbleibens für den Krieg, oder wenn er abginge, für den Frieden zu entscheiden.

Sie wählten das Ufer bei Nicäa am Malinischen Meerbusen. Dahin kam der König mit fünf Booten und einem Schnabelschiffe von Demetrias. Mit ihm waren zweiErant cum eo principes]. – Weil Livius selbst Cap. 35, 8. sagt: Rex cum duobus, quos pridie adhibuerat, so vermuthet Crevier, an unsrer Stelle dürften die Namen Apollodorus et Demosthenes aus dem Polybius nachzutragen sein. Dies findet Drakenb. unnöthig. Wenn er Recht hat, so wünschte ich doch, wegen des duobus (Cap. 35.), es möchte an unsrer Stelle heißen: Erant cum eo duo principes Macedonum; und ich vermuthe, daß dieses duo wegen des unmittelbar voraufgehenden cūeo ausgefallen sei. vornehme Macedonier und der von den Achäern vertriebene Cycliadas, ein ausgezeichneter Mann. Bei dem Römischen Feldherrn waren König Amynander; Dionysodorus, Gesandter des Attalus; Agesimbrotus, Befehlshaber der Rhodischen Flotte; Phäneas, Oberhaupt der Ätoler, und die beiden Achäer, Aristänus und Xenophon. Als der König auf das Vordertheil seines vor Anker liegenden Schiffs vorgetreten war, sagte der Römische Consul, der mit seiner Begleitung bis zum Rande des Ufers herankam: «Wenn du zu uns an das Land kämest, würden wir in der Nähe von beiden Seiten besser reden und hören können.» Als der König erklärte, daß er das nicht thun werde, sprach Quinctius: «Vor wem fürchtest du dich denn?» Stolz und ganz König antwortete Philipp: «Furcht habe ich vor niemand, als vor den unsterblichen Göttern; ich traue aber nicht Allen, die ich um dich sehe, und am wenigsten den Ätolern.» – «Auf die 119 Gefahr, keinenut nulla fides sit]. – Diese Lesart hat Gelenius mit Unrecht aufgenommen. Alle Msc. haben ut in nullo fides sit, gerade wie es der Gegensatz des Quinctius gegen die Auswahl fordert, die Philipp zwischen Ätolern und Römern machen will. Hätte Livius nicht die Tautologie gemieden, so würde er etwa so gesagt haben: Istud quidem par omnibus periculum est, qui cum hoste ad colloquium congredimur, ut eorum, qui ex hostibus ad colloquium nobiscum congrediuntur, nulli habenda fides sit, oder ne uni quidem habenda fides sit. Einzigen trauen zu dürfen,» erwiederte Quinctius, «wagen es doch Alle, die zu einer Unterredung mit dem Feinde zusammentreten.» – «Allein, wenn es hier unredlich hergehen sollte, Titus Quinctius,» versetzte der König, «so würden doch Philipp und Phäneas sehr ungleiche Preise der Treulosigkeit sein: denn die Anstellung eines andern Prätors möchte wohl den Ätolern so schwer nicht werden, als die eines Königs in meinen Platz den Macedoniern.» Und nun erfolgte eine Stille.

33. Als der Consul behauptete, es sei schicklich, daß der zuerst rede, der die Unterredung gesucht habe; der König hingegen, den ersten Vortrag müsse der haben, der die Friedensbedingungen ertheile, nicht, wer sie annähme, so sagte der Consul: «Was er vorzutragen habe, sei sehr einfach. Denn er werde nur solche Bedingungen zur Sprache bringen, ohne deren Erfüllung sich über den Frieden nicht weiter reden lasse. Der König müsse aus allen Städten Griechenlands seine Besatzungen abführen, den Bundesgenossen des Römischen Volks alle Gefangenen und Überläufer ausliefern, den Römern die Plätze Illyricums wieder einräumen, die er nach dem in Epirus geschlossenen Frieden besetzt habe, und dem Könige Ägyptens, Ptolemäus, die nach dem Tode des Ptolemäus Philopator genommenen Städte zurückgeben. So weit die Bedingungen, welche er und die Römer zu machen hätten: doch sei es billig, auch die Forderungen der Bundesgenossen zu hören.» Der Gesandte des Königs Attalus sagte: «Philipp müsse die Schiffe und Gefangenen, die er im Seetreffen bei Chius genommen, ferner Nicephorium und den Venustempel, welche beide er 120 geplündert und verwüstet habe, so gut als unversehrt zurückgeben.» Die Rhodier forderten Peräa zurück – dies ist ein Strich des festen Landes, der Insel gegenüber, ihr uraltes Eigenthum; – ferner wollten sie die Besatzungen von Jassus, Bargyliä, der Stadt Euromum, und am Hellesponte von Sestus und Abydus abgeführt, den Byzantinern Perinthuset Panopolim Byzantiis]. – Lege: et Perinthum Byzantiis, ex Polybio et Livio ipso, I, XXXIII. c. 30. Crevier. Dasselbe behauptete schon Sigonius. Und in elf Handschriften hat dieser Name in der ersten Silbe Pe – und in der letzten um, so daß man sieht, daß bloß die unrichtig gelesenen mittleren Buchstaben dieses Worts die Abschreiber veranlasseten, Penopium, Penoplum, Penopolim, Panopolim zu schreiben. in den vertragsmäßigen Bestand ihrer alten Gerechtsame zurückgegeben, und alle Handelsplätze und Häfen Asiens in Freiheit gesetzt wissen, Die Achäer forderten Corinth und Argi zurück. Nachdem der Ätolische Prätor Phäneas fast dieselben Forderungen wie die Römer gemacht hatte, daß Griechenland geräumt und den Ätolern die Städte wiedergegeben werden müßten, über die sie ehemals Gerichtspflege und Landeshoheit gehabt hätten, so nahm nach ihm Alexander das Wort, einer der vornehmsten Ätoler und, für einen Ätoler, beredt genug. Er sagte: «Er habe lange geschwiegen, nicht etwa, weil er glaube, daß durch diese Unterredung irgend etwas werde ausgerichtet werden, sondern um keinen Redner der Verbündeten zu unterbrechen. Philipp aber unterhandle den Frieden eben so wenig mit Aufrichtigkeit, als er je mit wahrer Tapferkeit seine Kriege geführt habe. Bei den Unterhandlungen sei er der Hinterlistige, der Auflaurer; im Kriege gebe er sich nie auf freiem Felde, wage er nie eine förmliche Schlacht; sondern im Zurückflüchten verbrenne und plündere er die Städte und verderbe dem Sieger – er, der Geschlagene – den Preis des Sieges. Nicht so die alten Macedonischen Könige! die hätten ihre Kriege immer durch Schlachten geführt und der Städte so viel möglich geschont, um Oberherren eines so viel wohlhabendern Reichs zu sein. Sich selbst nichts als den Krieg übrig zu lassen, indem man das, um dessen Besitz gekämpft werde, vernichte, was das für eine 121 Maßregel sei? Im vorigen Jahre habe Philipp allein mehr Städte seiner Bundesgenossen in Thessalien verwüstet, als Alle, die je Thessaliens Feinde gewesen wären. Auch selbst den Ätolern habe er, mit ihnen im Bündnisse, mehr Städte genommen, als im offenbaren Kriege. Er habe Lysimachia mit Verjagung des Ätolischen Prätors und ihrer Besatzung weggenommen. Die Stadt Cius, die ebenfalls ihr Eigenthum sei, habe er von Grund aus umgeworfen und vernichtet; und eben so hinterlistig habe er sich in den Besitz von Theben in Phthia, von Echinus, Larissa und Pharsalus gesetzt.»

34. Philipp, gereizt durch Alexanders Rede, legte sich, um besser verstanden zu werden, mit seinem Schiffe näher an das Land. Als er sich, vorzüglich gegen die Ätoler, sehr heftig ausließ, unterbrach ihn Phäneas und sagte: «Es komme hier nicht auf Worte an, sondern entweder müsse man im Kriege Sieger sein, oder dem Überlegenen sich fügen.» Da sprach Philipp: «Das leuchtet auch einem Blinden ein;» nicht ohne Anspielung auf die Augenkrankheit des Phäneas. Er erlaubte sich gern im Witze mehr, als einem Könige anstand und konnte sieh auch in ernsthaften Dingen das Lachen nicht immer versagen. Nun begann er voll Unwillen seine Rüge, «Daß die Ätoler, als ob sie die Römer wären, ihm gebieten wollten, Griechenland zu räumen, sie, die nicht einmal anzugeben wüßten, wie weit Griechenlands Gränzen gingen. Denn Agräi, Apodoti und Amphilochi, diese zu Ätolien gehörenden Gebiete, die einen beträchtlichen Theil desselben ausmachten, seien kein Griechenland. – Können sie das mit Recht zur Klage bringen, daß ich mich an ihren Bundesgenossen vergriffen haben soll, da sie selbst von Alters her, gleich als einem Gesetze, der Gewohnheit treu bleiben, die ihren jungen Leuten bloß mit Vorbehalt der öffentlichen Genehmigung, gegen ihre eignen Bundesgenossen Dienste zu nehmen gestattet, so daß oft die einander gegenüber stehenden Heere auf beiden Seiten Ätolische Hülfsvölker aufzuweisen haben? Auch habe nicht ich Cius erstürmt, sondern dem Prusias, meinem Bundesgenossen und Freunde 122 half ich in der Belagerung: auch Lysimachia habe ich vor den Thraciern gerettet; da mich aber der Drang des gegenwärtigen Krieges von der Bewachung jener Stadt abrief, so haben jetzt die Thracier sie wieder. So viel den Ätolern. Dem Attalus aber und den Rhodiern bin ich dem Rechte nach zu nichts verpflichtet. Denn nicht von mir, sondern von ihnen ist der Krieg ausgegangen. Doch will ich aus Achtung für die Römer den Rhodiern Peräa, und dem Attalus seine Schiffe nebst den Gefangenen, so viele deren sich auffinden lassen, wiedergeben. Denn was die Wiederherstellung des Haines Nicephorium und des Venustempels betrifft, so weiß ich nicht, was ich auf diese verlangte Wiederherstellung weiter antworten soll, als daß ich – das einzige Mittel, wie niedergehauene Haine und Wälder wieder hergestellt werden können, – die Anpflanzung besorgen und bezahlen will; weil es doch einmal beliebt, daß Könige unter einander solche Forderungen machen und beantworten sollen.» Der Schluß seiner Rede ging gegen die Achäer. Hierbei ließ er, nachdem er zuerst des Antigonus, dann seine eignen Verdienste um diese Nation aufgeführt hatte, ihre Beschlüsse vorlesen, worin sie Alles, was Götter und Menschen ehren kann, auf ihn zusammenhäuften, und reihete an diese zuletzt ihren neulichenrecens de exercitu]. – Ich lese mit Crevier recens decretum. Wenn in dem Worte decretū der Strich über dem u verloschen war, so machte der eine Abschreiber daraus (s.  Drakenb.) de exitu, der andre de exercitu. Und noch dazu sagt hier Polybius (Sigon. und Crev.) τελευται̃ον δ' ανέγνω τὸ περὶ τη̃ς αποστάσεως ψήφισμα. Vielleicht ist aber selbst das später in de exitu und de exercitu ausgeartete Wort decretū eine ältere Randglosse eines, der es nöthig fand, bei den Worten adiecit recens, quo ab se descivissent, den Leser an das voraufgehende recitari decreta eorum iussit zu erinnern. Beschluß, worin sie den Abfall von ihm erklärt hatten. Endlich, nach einer bittern Rüge ihrer Treulosigkeit, sagte er: «Er wolle ihnen dennoch Angi wiedergeben. Die Rückgabe Corinths wolle er mit dem Römischen Feldherrn in Überlegung nehmen, und zugleich bei ihm anfragen, ob seine Meinung sei, daß er bloß diejenigen Städte räumen müsse, 123 die er nach Kriegsrecht als eigne Eroberung besitze, oder auch die von seinen Vorfahren geerbten Eroberungen.»

35. Eben wollten die Achäer und Ätoler hierauf antworten, als die Unterredung, weil die Sonne nahe am Untergehen war, auf den folgenden Tag verschoben wurde, und Philipp auf seinen Ankerplatz, von wo er hergekommen war; die Römer und ihre Bundesgenossen in ihr Lager znrückgingen. Am folgenden Tage stellte Quinctius bei Nicäa, wo man der Verabredung nach sich finden wollte, zur bestimmten Zeit sich ein; allein kein PhilippPhilippi nullus usquam]. – Besser mit Dukern (aus Cicero und der Lesart Philipp o) Philippus vero nullus usquam, nec nuncius ab eo cæt. Und Drakenb. stimmet bei. ließ sich sehen, auch mehrere Stunden lang nicht einmal ein Bote von ihm; und schon glaubte niemand mehr, daß er kommen werde, als auf einmal die Schiffe sich zeigten. Er selbst sagte zwar, «Da ihm so harte und empörende Bedingungen gemacht würden, so habe er, ohne sich entschließen zu können, den Tag mit Überlegungen zugebracht.» Indeß glaubten Alle, er habe sich geflissentlich verspätet, weil dann aus Mangel an Zeit den Achäern und Ätolern nicht gestattet werden könne, ihm zu antworten. Und diese Meinung bestärkte er selbst durch die Bitte, daß ihm eine Unterredung, ohne weitere Zeugen, mit dem Römischen Feldherrn allein vergönnt sein möchte, damit die Zeit nicht über den Wortwechsel verloren ginge und doch endlich ein Abschluß möglich werde. Dies wurde nicht sogleich angenommen; man hätte sich ja den Schein gegeben, als schlösse man die Bundesgenossen von der Unterredung aus, Als aber der König mit Bitten nicht abließ, so ging, mit Zustimmung Aller, der Römische Feldherr von dem Obersten Appius Claudius begleitet, ohne die Andern mitzunehmen, an den Rand des Ufers; und der König kam mit den Beiden, die er auch gestern bei sich gehabt hatte, ans Land. Nachdem sie sich hier ziemlich lange allein unterredet hatten, kam Philipp zu den Seinigen zurück, ohne daß man weiß, wie viel er ihnen von der Unterhandlung selbst eröffnet habe. Was Quinctius 124 seinen Bundesgenossen mittheilte, war Folgendes: «Den Römern trete der König die ganze Küste Illyricums ab, gebe die Überläufer heraus und was sich an Gefangenen fände; dem Attalus die Schiffe mit den darauf zu Gefangenen gemachten Seesoldaten; den Rhodiern die Landschaft, Peräa genannt; Jassus aber und Bargyliä wolle er nicht räumen. Den Ätolern gebe er Pharsalus und Larissa zurück, nur Theben nicht. Den Achäern wolle er nicht bloß Argi, sondern auch Corinth einräumen.» Mit dieser Bestimmung der einzelnen Stücke, die er theils abtreten, theils nicht abtreten wollte, waren Alle unzufrieden, weil dadurch mehr verloren gehe, als gewonnen werde. Auch behalte er, wenn er seine Besatzungen nicht aus ganz Griechenland abführe, zu neuen Streitigkeiten immer einen Vorwand.

36. Da sich so die ganze Versammlung mit lautem Wetteifer erklärte, so drangen die Worte auch bis zu Philipp, der nur in einiger Ferne stand. Also ersuchte er den Quinctius, die ganze Sache bis auf den folgenden Tag zu verschieben: er hoffe gewiß, ihn dann zu überreden, oder werde sich von ihm überreden lassen. Für diese Zusammenkunft wurde das Ufer bei Thronium bestimmt: und sie fanden sich zeitig ein. Hier bat Philipp zuerst den Quinctius und alle Anwesenden, doch nicht absichtlich die Hoffnung des Friedens zu stören. Endlich suchte er um Frist nach, eine Gesandschaft nach Rom an den Senat zu schicken; denn er werde entweder auf diese Bedingungen den Frieden erlangen, oder die Gesetze des Friedens, die ihm der Senat gäbe, wie sie auch sein möchten, sich gefallen lassen. Die Übrigen erklärten sich durchaus dagegen, weil er nur Zeitgewinn und Aufschub suche, um seine Kräfte zu sammeln. Quinctius sagte: «Sie würden allerdings Recht gehabt haben, wenn es Sommer und Zeit zu Unternehmungen wäre. Jetzt, beim Einbruche des Winters, werde durch Bewilligung der Frist zu Absendung einer Gesandschaft nichts verloren. Denn Einmal werde ohnehin von Allem, was sie selbst mit dem Könige ausgemacht hätten, ohne des Senates Gutachten nicht 125 das Mindeste gültig sein; und zum Andern könne man ja, während der Winter selbst das Ausruhen vom Kriege nöthig mache, ein Senatsgutachten zu erfragen suchen.» Dieser Meinung traten auch die übrigen Häupter der Bundesgenossen bei, und nach Bewilligung eines Waffenstillstandes auf zwei Monate, beschlossen auch sie, jeder für ihren Theil einen Gesandten abgehen zu lassen, um den Senat gehörig zu unterrichten, damit er nicht vom Könige hintergangen würde. Der verabredete Waffenstillstand war nicht ohne den Anhang, daß alle königlichen Besatzungen aus Phocis und Locris sogleich abgeführt werden sollten. Auch Quinctius selbst ließ Gesandte abgehen, und zwar mit den Abgeordneten der Bundesgenossen den Amynander, der als König der Athamanen der Gesandschaft ein Ansehen geben sollte; ferner den Quintus Fabius – er war ein Schwestersohn von des Quinctius Gattinn – den Quintus Fulvius und Appius Claudius.

37. Nach ihrer Ankunft zu Rom wurden die Gesandten der Bundesgenossen früher vernommen, als die des Königs. Zwar verwandten sie fast ihre ganze Rede auf Schmähungen des Königs, doch machten sie vorzüglich dadurch Eindruck auf den Senat, daß sie ihm das Meer und die Länder jener Gegend der Lage nach darstellten, so daß Alle einsahen, wenn der König in Thessalien Demetrias, auf Euböa Chalcis und in Achaja Corinth im Besitze habe, so könne Griechenland nicht frei sein, und daß Philipp diese freilich nicht ohne Hohn, aber auch nicht ohne Grund, die Fußeisen Griechenlands nenne. Darauf wurden die Gesandten des Königs vorgelassen. Ob sie aber gleich zu einem langen Vortrage ausholten, so benahm ihnen doch die kurze Frage, ob der König diese drei Städte räumen werde, alle Worte, da sie selbst gestanden, daß er ihnen über diese namentlich keinen Auftrag gegeben habe. So wurden sie ohne abgeschlossenen Frieden entlassen. Quinctius bekam freie Vollmacht über Frieden und Krieg. Wie es sich also deutlich ergab, daß der Senat den Krieg noch nicht aufgebe, so gab auch Quinctius, ohnehin mehr siegs- als friedenslustig, dem Könige keine 126 weitere Unterredung, und erklärte, er werde keine neue Gesandschaft vor sich lassen, wenn sie ihm nicht die gänzliche Räumung Griechenlandes anzuzeigen habe.

38. Als Philipp sah, daß nun nur eine Schlacht entscheiden könne, und daß er dazu seine Truppen von allen Orten an sich ziehen müsse; – dann aber kam er hauptsächlich wegen der Städte des ihm so entfernten Achaja und mehr noch in Rücksicht auf Argi, als auf Corinth, in Verlegenheit – so entschloß er sich, Argi dem Lacedämonischen Zwingherrn Nabis gleichsam in Verwahrung zu geben, um sich die Stadt, wenn er siegte, von ihm zurückgeben, und wenn er Unglück hätte, sie ihn behalten zu lassen, und schrieb dem Philocles, den er über Corinth und Argi gesetzt hatte, er möge selbst mit dem Zwingherrn darüber sprechen. Philocles fügte außerdem, daß er schon mit einer Schenkung kam, zum Unterpfande der künftigen Freundschaft zwischen dem Könige und dem Zwingherrn, die Versicherung hinzu, der König wünsche seine Prinzessinnen an die Söhne des Nabis zu vermählen. Der Zwingherr sagte anfangs, er werde die Stadt unter keiner andern Bedingung annehmen, als wenn er durch einen eigenen Beschluß der Argiver zum Schutze ihrer Stadt berufen werde. Als er aber nachher erfuhr, daß sie in voller Versammlung den Namen eines Zwingherrn nicht bloß verabscheuet, sondern sogar verflucht hätten, so glaubte er sich dadurch zu ihrer Plünderung berechtigt, und hieß den Philocles ihm die Stadt übergeben, sobald er wolle. Philocles ließ bei Nacht, ehe sich dessen die Argiver versahen, den Zwingherrn in die Stadt. Mit frühem Morgen besetzte dieser die sämtlichen Anhöhen und schloß die Thore. Die Güter der Vornehmeren, deren nur wenige beim ersten Auflaufe entkommen waren, wurden in ihrer Abwesenheit geplündert; denen, die geblieben waren, wurde ihr Gold und Silber genommen und ungeheure Zahlungen auferlegt. Lieferten sie ungesäumt, so wurden sie ohne Beschimpfung und körperliche Mishandlung entlassen; war aber gegen sie der mindeste Verdacht einer Verheimlichung oder eines Zurückbehalts, so wurden 127 sie wie Sklaven zerpeitscht und gefoltert. Darauf hielt er eine Volksversammlung, in welcher er zwei Bekanntmachungen ergehen ließ, die eine, daß lauter neue Schuldbücher angefertigt, die andre, daß alle Ländereien dem Volke Mann vor Mann vertheilt werden sollten; zwei Feuerbrände in Empörungsstifterhänden, womit sie das Volk zur Wuth gegen die Vornehmen entflammen.

39. Als der Zwingherr die Stadt der Argiver in seiner Gewalt sah, schickte er, ohne daran zu denken, von wem und zu welchem Zwecke er sie bekommen hatte, Gesandte nach Elatea an den Quinctius, und an den Attalus, der auf Ägina überwinterte, mit der Anzeige: «Er habe jetzt Argi in seiner Gewalt. Wenn Quinctius zu einer Unterredung dorthin kommen wolle, so würden sie, wie er nicht zweifle, gleich über Alles einverstanden sein.» Da Quinctius, um Philippen auch dieser Unterstützung zu berauben, sich zusagte, so ließ er zugleich an den Attalus bestellen, er möchte von Ägina aus in Sicyon mit ihm zusammentreffen und er selbst ging von Anticyra mit zehn Fünfruderern, welche gerade in diesen Tagen sein Bruder Lucius Quinctius aus den Winterquartieren zu Corcyra hieher geführt hatte, nach Sicyon über. Attalus war schon hier. Durch seine Behauptung, der Zwingherr müsse zum Römischen Feldherrn kommen, nicht der Römische Feldherr zum Zwingherrn, bewirkte er, daß Quinctius ihm nachgab und nicht in die Stadt Argi selbst hineinging. Nicht weit von der Stadt ist ein Platz, Mycenica genannt. Dorthin wurde die Zusammenkunft bestellt. Quinctius kam mit seinem Bruder und einigen Obersten, Attalus mit einem königlichen Gefolge, der Achäische Prätor Nicostratus mit einigen Wenigen von den Hülfstruppen. Den Zwingherrn fanden sie schon hier, der mit allen seinen Truppen sie erwartete. Selbst bewaffnet kam er mit bewaffneten Trabanten bis in die Mitte des zwischen ihnen liegenden Feldes; Quinctius ohne Waffen mit seinem Bruder und zwei Obersten: der König, ebenfalls unbewaffnet hatte den Achäischen Prätor und einen seiner Höflinge zu beiden Seiten.

128 Den Anfang des Gesprächs machte der Zwingherr mit der Entschuldigung, daß er selbst bewaffnet und mit Bewaffneten umpflanzt zu dieser Unterredung gekommen sei, da er den Römischen Feldherrn und den König unbewaffnet sehe. «Er fürchte aber, setzte er hinzu, nicht sie, sondern die aus Argi Vertriebenen.» Als darauf die Bedingungen des Bündnisses zur Sprache kamen, machte Quinctius an den Nabis zwei Forderungen; die eine, den Krieg gegen die Achäer zu endigen; die andere, ihm gegen Philipp Hülfstruppen mitzugeben. Diese versprach er; allein statt des Friedens mit den Achäern bewilligte er ihnen einen Waffenstillstand bis der Krieg mit Philipp geendigt wäre.

40. Auch über Argi veranlaßte König Attalus einen Wortwechsel, weil er behauptete, Nabis halte die durch des Philocles Treulosigkeit ihm verrathene Stadt durch Waffengewalt im Gehorsame; Nabis hingegen, die Argiver selbst hätten ihn zu ihrem Schutze gerufen. Der König trug auf eine Versammlung der Argiver an, damit man die Wahrheit erfahren könne. Dies schlug der Zwingherr nicht ab. Allein der König setzte hinzu, er müsse, nach Abführung seiner Truppen aus der Stadt, die Versammlung frei vor ihnen auftreten lassen, da sie nur ohne Einmischung Lacedämonischer Zeugen erklären könne, was man zu Argi wünsche. Seine Truppen aber wollte der Zwingherr nicht abführen; und der ganze Wortwechsel blieb ohne Erfolg. Der Zwingherr stellte den Römern sechshundert Cretenser; zwischen dem Achäischen Prätor Nicostratus und dem Lacedämonischen Zwingherrn wurde ein Waffenstillstand auf vier Monate geschlossen, und die Unterredung ward aufgehoben.

Quinctius brach von hier nach Corinth auf, und rückte mit der Cohorte Cretenser bis an das Thor, um dem Befehlshaber der Stadt, dem Philocles, den Abfall des Zwingherrn von Philipp bemerklich zu machen. Philocles kam auch zu einer Unterredung mit dem Römischen Feldherrn heraus, und gab auf dessen Antrag, jetzt gleich zu ihm überzutreten und die Stadt zu übergeben, eine 129 Antwort, welche mehr den Zögernden, als den Weigernden verrieth. Von Corinth setzte Quinctius nach Anticyra über, und schickte von da, die Acarnanen zum Übertritte zu bewegen, seinen Bruder an sie. Attalus brach von Argi nach Sicyon auf. Hier vermehrte nicht nur die Bürgerschaft ihrerseits die alten Beschlüsse zu Ehren des Königs mit neuen, sondern auch der König beschenkte sie außerdem, daß er schon ein dem Apollo heiliges Grundstück für eine große Summe eingelöset hatte, auch jetzt, um gegen die Stadt seiner Bundesgenossen und Freunde bei seiner Durchreise nicht unfreigebig zu sein, mit zehn Talenten SilberNach Crevier über 12000 Thaler. Nach ihm beträgt der Attische Medimnus sechs Pariser Maß. und zehntausend Attischen Scheffeln Korn. Und so kehrte er nach Cenchreä zur Flotte zurück.

Nabis, der nach verstärkter Besatzung zu Argi, nach Lacedämon ebenfalls zurückging, schickte, weil er selbst die Männer geplündert hatte, nun auch zur Beraubung der Frauen die Seinige nach Argi. Sie lud bald einzelne Vornehme, bald mehrere mit einander verwandte zugleich zu sich, und durch Schmeicheleien und Drohungen nahm sie ihnen nicht nur ihr Gold, sondern zuletzt auch ihre Kleider und allen weiblichen Putz.


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