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14. Der Consul Manius Acilius, der gerade in diesen Tagen mit zwanzig tausendcum decem millib. ped. duob. millibus equitum]. – Ich folge Drakenborchen, der mit Gronov und Crevier aus Gründen, die der Cod. Victor. bestätigt, statt decem die Lesart viginti aufgenommen und das Ganze so geordnet hat: consul cum viginti peditum, duobus millibus equitum cet. Mann zu Fuß, zweitausend zu Pferde und funfzehn Elephanten über das Meer gekommen war, ließ durch Obersten, die er dazu ernannte, 370 sein Fußvolk nach Larissa führen: er selbst stieß mit der Reuterei vor Limnäa zum Könige Philipp. Nach der Ankunft des Consuls erfolgte die Übergabe ohne Aufschub: die königliche Besatzung ergab sich und mit ihr auch die Athamanen. Von Limnäa brach der Consul nach Pellinäum auf. Hier ergaben sich zuerst die Athamanen, dann auch Philipp der Megalopolitaner. König Philipp, der gerade herankam, als dieser von seinem Posten abzog, gab, ihm zum Spotte, den Befehl, ihn König zu begrüßen, ging auf ihn zu und erlaubte sich den seiner Würde eben nicht anständigen Scherz, ihn Bruder anzureden. Nach seiner Abführung zum Consul wurde er in Verhaft genommen und bald darauf in Fesseln nach Rom geschickt. Der übrige Haufe von Athamanen oder Soldaten des Königs Antiochus, die in den Städten, welche sich in diesen Tagen ergaben, als Besatzungen gelegen hatten, wurde an den König Philipp abgegeben. Sie beliefen sich auf dreitausend Mann.
Nun zog der Consul nach Larissa, den allgemeinen Plan des Krieges zu verabreden. Unterweges begegneten ihm Gesandte von Piera und Metropolis, die ihm ihre Städte übergaben. Philipp, der durch die gütige Behandlung, die er vorzüglich den Athamanischen Gefangenen in der Absicht widerfahren ließ, durch sie ihre Nation zu gewinnen, auf die Hoffnung geleitet wurde, sich Athamaniens zu bemächtigen, führte sein Heer dorthin, schickte aber die Gefangenen vorauf in ihre Städte. Ihre Erzählungen von der ihnen zu Theile gewordenen Huld und Freigebigkeit des Königs thaten freilich bei ihren Landsleuten große Wirkung: zugleich aber flüchtete auch Amynander, der durch seine Würde, wenn er hier geblieben wäre, Manchen auf seiner Partei erhalten hätte, aus Furcht, an seinen alten Feind Philipp und an die Römer ausgeliefert zu werden, deren Haß er jetzt durch seinen Abfall verdient habe, mit seiner Gemahlinn und seinen Kindern aus seinem Reiche und begab sich nach Ambracia. Also unterwarf sich ganz Athamanien der Landeshoheit Philipps.
371 Vorzüglich um den Lastthieren einige Erholung zu geben, welche durch die Seefahrt und nachher durch die Märsche gelitten hatten, verweilte der Consul einige Tage in Larissa, und rückte dann mit seinem durch die mäßige Ruhe gleichsam verjüngten Heere nach Cranon. Bei seiner Ankunft ergaben sich Pharsalus, Scotussa und Pherä mit den darin liegenden Besatzungen des Antiochus. Tausend Mann von diesen Truppen, welche sich auf die Anfrage, wer von ihnen bei ihm bleiben wolle, bereitwillig erklärten, gab er an Philipp ab: die übrigen schickte er entwaffnet zurück nach Demetrias. Darauf besetzte er Proerna und die umherliegenden kleinen Festungen. Dann zog er weiter an die Küste der Mulieischen Bucht. Als er dem Passe nahete, über welchem Thaumaci liegt, hatte Alles, was wehrhaft war, die Stadt verlassen, sich in den Wäldern und an den Wegen in Hinterhalt gelegt und brach von den Höhen herab auf den Zug der Römer ein. Zuerst schickte der Consul einige ab, um sie durch Unterredung in der Nähe vor dieser Tollheit warnen zu lassen. Als er sah, daß sie auf ihrem Vorsatze beharreten, ließ er einen Obersten mit den Truppen zweier Fahnen sich herumziehen, schnitt so den Bewaffneten den Rückweg ab, und nahm ihnen die unbesetzte Stadt. Als sie auf das Geschrei der ihnen im Rücken eroberten Stadt aus ihrem Hinterhalte von allen Seiten des Waldes zurückfliehen wollten, wurden sie niedergehauen. Von Thaumaci kam der Consul am andern Tage bis zum Strome Sperchius; von hier aus verheerte er das Gebiet von Hypata.
15. Antiochus war unterdeß zu Chalcis. Schon jetzt sah er ein, daß er sich aus Griechenland nichts geholt habe, als die Vergnügungen in den Winterquartieren zu Chalcis und die üble Nachrede wegen seiner Vermählung, und brach in Klagen über die leeren Versprechungen der Ätoler und über den Thoas aus; den Hannibal aber staunte er an, nicht bloß als den Mann von Einsicht, sondern beinahe als den verkündigenden Seher alles dessen, was jetzt in Erfüllung ging. Um indeß das unbesonnene Unternehmen nicht noch oben ein durch Unthätigkeit zu 372 vernichten, ließ er nach Ätolien sagen, sie möchten alle ihre Truppen aufbieten und nach Lamia zusammenziehen: auch kam er selbst hieher mit etwa zehntausend Mann Fußvolk, welches durch die aus Asien Nachgekommenen ergänzt war und fünfhundert Reutern. Als sie sich aber in weit schwächerer Anzahl, als je vorher, hier einfanden, fast nur die Vornehmen mit einigen ihrer Schützlinge erschienen, und dabei versicherten, sie hätten allen Ernst angewandt, so viele als möglich aus ihren Städten aufzubringen, aber weder durch Vorstellungen, noch durch Liebe oder Befehl auf die Dienstweigernden wirken können; so zog er sich, von allen Seiten verlassen, sowohl von seinen Unterthanen, die in Asien säumten, als von seinen Bundesgenossen, welche das nicht leisteten, worauf sie ihm bei ihrer Einladung Hoffnung machten, zurück in das Waldgebirge der Thermopylen.
Dies Hochgebirge durchschneidet Griechenland eben so, wie der Bergrücken des Apenninus Italien scheidet. Vor dem Walde der Thermopylen gegen Mitternacht liegen Epirus, Perrhäbien, Magnesien, Thessalien, das Phthiotische Achaja und die Küste der Malieischen Bucht: hinter dem Passe, gegen Mittag gelegen, sind der größere Theil von Ätolien, dann Acarnanien, Phocis nebst Locris und Böotien mit seiner Insel Euböa und dem gleich einem Vorgebirge in das Meer auslaufenden Attica; und im Rücken auch Peloponnes. Dies Hochgebirge, das sich von Leucate und dem Meere gegen Westen durch Ätolien bis zu dem andern Meere gegen Osten erstreckt, ist so mit rauhen Wilderungen und Klippen durchsetzt, daß selbst unbeladene Fußgänger, geschweige denn Heere, kaum irgend einen schmalen Pfad zum Durchgange finden. Die äußersten Gebirge nach Morgen nennt man dort den Öta, und das höchste darunter das Callidromon, durch dessen Thal mit der Aussicht auf die Malieische Bucht der Weg geht, der nur sechzig Schritte in die Breite hat. Dies ist der einzige Heerweg, auf welchem Züge von Bewaffneten, wenn ihnen der Durchgang nicht gewehret wird, hinüber kommen können. Daher hat diese Gegend den Namen 373 Pylä (das Thor), oder wie sie Andre nach den in dem Passe selbst befindlichen warmen Quellen nennen, Thermopylä (Warmbrunnenthor): berühmt durch die Lacedämonier, welche hier gegen die Perser noch denkwürdiger starben, als fochten.
16. Bei weitem nicht mit gleichem Muthe suchte damals Antiochus, als er hier innerhalb des Thores ein Lager genommen hatte, den Forst durch Verschanzungen noch unwegsamer zu machen. Er befestigte Alles mit einem doppelten Walle und Graben, ja wo es nöthig war, von der großen Menge allenthalben umherliegender Steine mit einer Mauer, und weil er sich ganz darauf verließ, daß nie ein Römisches Heer hier einen Sturm wagen werde, schickte er von den viertausend Ätolern – denn so viel hatten sich eingefunden – einen Theil zur Behauptung von Heraclea, welches dicht vor dem Passe liegt, als Besatzung hin, einen andern nach Hypata: denn einen Angriff des Consuls auf Heraclea erwartete er gewiß, und von Hypata meldeten ihm schon Viele, daß dort Alles umher verheeret werde. Als der Consul zuerst die Gegend von Hypata, dann die um Heraclea geplündert hatte, ohne daß die zu Hülfe geschickten Ätoler an beiden Orten etwas geleistet hätten, schlug er im Passe selbst bei den warmen Quellen dem Könige gegenüber sein Lager auf. Die beiden Abtheilungen der Ätoler schlossen sich in Heraclea ein.
Glaubte Antiochus, ehe er einen Feind erblickte, Alles hinlänglich befestigt und durch Posten gesperrt zu haben, so befiel ihn jetzt die Furcht, die Römer könnten über die zunächst ragenden Höhen vielleicht auf schmalen Steigen einen Durchweg finden. Hatte er doch gehört, daß einst die Lacedämonier so von den Persern, und neulich noch Philipp gerade von den Römern umgangen wären. Also ließ er nach Heraclea den Ätolern sagen, sie möchten ihm in diesem Kriege doch wenigstens den Dienst leisten, sich der Gebirgsgipfel umher zu versichern und sie besetzen, damit die Römer nicht irgendwo durchdrängen. Als die Ätoler die Bestellung hörten, geriethen sie in 374 Streit. Einige meinten, man müsse dem Könige Folge leisten und hinziehen; Andere, eben hier in Heraclea müsse man sich auf beide Fälle bereit halten, damit sie, wenn der König vom Consul geschlagen würde, ihre noch ungeschwächten Truppen zur Hülfe für ihre nahen Städte bei der Hand hätten; oder wenn er siegte, die auf der Flucht zerstreuten Römer verfolgen könnten. Beide Parteien blieben nicht allein bei ihrer Meinung, sondern brachten auch ihre Maßregel zur Ausführung. Zweitausend blieben zu Heraclea: zweitausend besetzten in drei Abtheilungen Callidromum, Rhoduntia und Tichius: so heißen jene Gipfel.
17. Als der Consul die höchsten Gegenden von Ätolern besetzt sah, schickte er seine consularischen Unterfeldherren, den Marcus Porcius Cato und Lucius Valerius Flaccus, jeden mit zweitausend Auserlesenen vom Fußvolke gegen die Verschanzungen der Ätoler; gegen Rhoduntia und Tichius den Flaccus; den Cato gegen Callidromum. Ehe er selbst die Truppen gegen den Feind führte, hielt er an die zur Versammlung Berufenen diese kurze Anrede:
«Ich sehe, Soldaten, daß von jedem Range Viele unter euch sind, die schon auf eben diesem Kriegsschauplatze unter der Anführung und Götterleitung des Titus Quinctius gefochten haben. Im Macedonischen Kriege war der Waldpaß am Strome Aous weit unersteiglicher als dieser. Denn hier ist ja ein wahres Thor, ist der einzige Durchgang, den die Natur gleichsam gelassen hat, als sie das Ganze zwischen zwei Meere einschloß. Dort standen die Verschanzungen auf vortheilhafteren Plätzen und waren auch der Anlage nach stärker: dort hatte das feindliche Heer eine größere Zahl und Truppen von weit besserer Art. Dort gab es Macedonier und Thracier und Illyrier, lauter streitbare Völker; hier giebt es nur Syrer und Asiatische Griechen, Menschen vom schlechtesten Gehalte und zur Sklaverei geboren. Dort war der König der erfahrenste Krieger, von früher Jugend in den Nachbarkriegen mit den Thraciern, Illyriern und allen 375 Anwohnern rund umher geübt: dieser hier – wenn ich auch seinen übrigen Lebenslauf ganz übergehe – ist eben derselbe, der aus Asien nach Europa überging, das Römische Volk mit Krieg zu überziehen und während der ganzen Zeit der Winterquartiere nichts Denkwürdigeres verrichtete, als daß er in Folge einer Liebschaft aus einem Privathause, aus einer selbst den Mitbürgern kaum bekannten Familie, sich eine Frau nahm; und nun tritt der neue Ehemann, als hätte er sich auf den hochzeitlichen Gastmahlen zu gut gefüttert, zur Schlacht auf. Seine ganze Stärke und Hoffnung beruhte auf den Ätolern, dem windigsten und undankbarsten Volke, wie ihr schon früher erfahren habt und Antiochus jetzt erfährt. Sie stellten sich weder zahlreich ein, noch ließen sie sich im Lager halten, und sind gegen einander selbst in Aufruhr: ja als man ihnen auf ihre Forderung Hypata und Heraclea zu schützen gab, haben sie sich, ohne auch nur eins von beiden zu schützen, zum Theile auf die Gebirgsgipfel geflüchtet, zum Theile in Heraclea eingesperrt. Der König selbst hat, nicht ohne das Geständniß, daß er nicht den Muth habe, ich will nicht sagen, in offenem Felde zur Schlacht aufzutreten, sondern sich nur im Freien zu lagern, hat, sage ich, mit Aufopferung der ganzen vor ihm liegenden Gegend, die er uns und dem Philipp abgenommen zu haben sich rühmte, sich zwischen die Klippen gesteckt, und zwar so, daß er sich mit seinem Lager nicht etwa bis vor den Eingang des Passes, wo einst der Erzählung nach die Lacedämonier standen, sondern tief in das Innere zurückgezogen hat. Ist es nicht, um seine Feigheit weltkundig zu machen, fast eben so gut, als ob er sich in eine Stadt einschlösse und sich hinter den Mauern belagern ließe? Doch den Antiochus werden seine Schlupfwinkel eben so wenig schützen, als die Ätoler jene von ihnen besetzten Höhen. Es ist schon auf allen Seiten vorgebaut und dafür gesorgt, daß in der Schlacht euch nichts entgegenstehe, als der Feind. Der Gedanke aber müsse eurem Geiste vorschweben, daß ihr euch nicht bloß für Griechenlands Freiheit wagt – 376 wiewohl sich auch dies mit Ehren angeben ließe, die schon einmal von Philipps Joche Geretteten jetzt wieder von den Ätolern und vom Antiochus zu befreien – und daß euch nicht bloß Alles das belohnen werde, was jetzt im Lager des Königs vorhanden ist; sondern daß euch auch alle die Vorräthe zufallen, die sie täglich von Ephesus erwarten, und daß dann durch euch Asien, Syrien und alle jene äußerst reichen bis zum Aufgange der Sonne sich erstreckenden Königreiche dem Oberbefehle der Römer geöffnet werden. Wie viel wird dann noch daran fehlen, daß wir unser Reich von Gades bis zum Rothen Meere durch den Ocean begränzen, der als Umgebung den Erdkreis schließt, und vom ganzen menschlichen Geschlechte nächst den Göttern der Name Roms verehrt wird? Auf so hohe Belohnungen macht euch mit einem Muthe gefaßt, wie er ihnen angemessen ist, so daß wir morgen unter dem Beistande der Götter die Schlacht entscheiden lassen.»
18. Die Soldaten, mit dieser Rede entlassen, setzten, ehe sie noch an ihre eigne Pflege gingen, Rüstung und Waffen in Stand. Mit dem frühesten Morgen stellte der Consul, nach ausgehängtem Zeichen zur Schlacht, die Linie; die Stirn schmal, der Lage und Beschränkung des Orts gemäß. Als der König die feindlichen Fahnen erblickte, führte auch er seine Truppen heraus. Einen Theil seiner Leichtbewaffneten stellte er voran vor den Wall, dann pflanzte er seine Kerntruppen, die Macedonier, die bei ihnen Lanzenträger heißen, als einen Schlußreif um die Verschanzungen selbst. Auf ihrem linken Flügel ließ er die Wurf- und Bogenschützen mit den Schleuderern ihren Stand dicht am Fuße des Berges nehmen, um dort aus der höheren Stellung den Feinden die ungedeckte Seite zu treffen. Den Macedoniern zur Rechten, ganz an das Ende der Verschanzungen, wo die bis zum Meere hin durch schlammige Moräste und Sumpflöcher ungangbare Gegend den Weg sperret, stellte er die Elephanten mit ihrer gewöhnlichen Bedeckung; hinter diese die Reuterei, dann in einem mäßigen Zwischenraume die übrigen Truppen als zweites Treffen.
377 Die vor dem Walle aufgestellten Macedonier hielten anfangs die Römer, die auf allen Seiten einzudringen versuchten, mit leichter Mühe ab; denn sie hatten eine große Unterstützung an jenen, die von der höhern Stellung, aus ihren Schleudern gleichsam einen Sturmregen von Bleikugeln und zugleich Pfeile und Wurfspieße herabschütteten. Als aber der Feind mit größerer, schon nicht mehr abzuwehrenden Kraft einbrach, wichen sie, aus der Stellung gedrängt, in rückwärts schreitenden Gliedern In ihre Verschanzungen, und hier bildeten sie auf dem Walle durch ihre vorgestreckten Lanzen gleichsam einen zweiten Wall: denn der Wall selbst hatte eine so mäßige Höhe, daß er seinen Vertheidigern zwar im Gefechte die höhere Stellung gewährte, sie aber auch mit ihren langen Lanzen den unten stehenden Feind erreichen ließ. Viele Römer, die zu dreist sich hinan machten, wurden durchbohrt; und man würde entweder nach vergeblichem Angriffe abgezogen sein, oder noch mehrere verloren haben. Da zeigte sich Marcus Porcius unter dem Gipfel des Callidromon, von dem er die Ätoler verjagt und sie größtentheils niedergehauen hatte – denn sorglos hatten sie und meistens im Schlafe sich überfallen lassen – auf einem an das Lager stoßenden Hügel.
19. Flaccus hatte bei Tichius und Rhoduntia – er suchte vergebens an den Bergfesten hinanzukommen – nicht gleiches Glück.
Die Macedonier und die Übrigen im königlichen Lager glaubten anfangs, so lange sich in der Ferne weiter nichts als ein Gewühl und ein Truppenzug sehen ließ, die Ätoler hätten von Ferne das Schlachtgetümmel bemerkt und kämen ihnen zu Hülfe. Sobald ihnen aber die in der Nähe erkannten Fahnen und Waffen den Irrthum entdeckten, befiel auf einmal sie Alle eine so große Bestürzung, daß sie die Waffen wegwarfen und flohen. Den Verfolgern waren theils die Schanzwerke hinderlich, theils das enge Thal, durch welches sie folgen mußten, und vor allem andern, daß die Elephanten im Zuge die Letzten waren, an welchen sie zu Fuß nur mit Mühe, zu Pferde durchaus 378 nicht vorbei kommen konnten, weil die Pferde sich scheueten und hier unter sich mehr Getümmel machten, als in der Schlacht. Auch die Plünderung des Lagers dauerte eine ziemliche Zeit. Dennoch verfolgten die Römer den Feind an dem Tage bis nach Scarphea. Nachdem sie viele Pferde und Menschen auf dem Zuge selbst getödtet und gefangen genommen, auch die Elephanten, die sie nicht fangen konnten, niedergestochen hatten, kehrten sie in ihr Lager zurück, auf welches an eben diesem Tage die Ätoler, die in Heraclea zur Besatzung lagen, während der Schlacht selbst einen Angriff gethan hatten, ohne von ihrer wahrlich sehr gewagten Unternehmung einigen Erfolg zu haben. Der Consul, der in der folgenden Nacht um die dritte Nachtwache die Reuterei zur Verfolgung des Feindes voraufgehen ließ, brach mit dem ersten Tageslichte mit den Legionen in Ordnung auf. Der König hatte einen großen Vorsprung, denn er hielt mit dem gestrecktesten Schnelllaufe nicht eher inne, als zu Elatea, wo er zuerst die Überbleibsel der Schlacht und der Flucht sammelte und sich dann mit einem sehr kleinen Häufchen halbbewaffneter Truppen nach Chalcis zurückzog. Die Römische Reuterei erreichte zwar den König selbst zu Elatea nicht, aber sehr Viele vom Zuge, die entweder vor Ermattung stehen blieben, oder als Verirrte sich zerstreuten – denn auf unbekannten Wegen flohen sie ohne Wegweiser – und machte sie nieder. Von dem ganzen Heere kam auch nicht Einer davon; außer die Fünfhundert, die um den König waren; was selbst als Rest von Zehntausenden, so hoch ich auf des Polybius Zeugniß die Summe der mit dem Könige nach Griechenland Übergegangenen nur angegeben habe, eine sehr kleine Zahl ist. Und wie, wenn wir dem Valerius von Antium glauben wollten, nach dessen Aussage im Heere des Königs sechzig tausend standen, von denen vierzigtausend fielen, und über fünftausend gefangen genommen, auch zweihundert dreißig Fahnen erbeutet wurden? Auf Römischer Seite fielen im wirklichen Kampfe der Schlacht hundert funfzig: von denen, die sich gegen den Einbruch der Ätoler vertheidigen mußten, blieben nicht über funfzig.
379 20. Als der Consul sein Heer durch Phocis und Böotien führte, standen die Bürger der des Abfalls sich bewußten Städte, aus Besorgniß, feindlich geplündert zu werden, im Aufzuge der Gnadeflehenden vor den Thoren. Allein der Zug rückte alle diese Tage über nicht anders weiter, als wäre hier Freundes Gebiet, ohne sich irgend woran zu vergreifen, bis er in das Gebiet von Coronea kam. Hier weckte das Standbild des Königs Antiochus, im Tempel der Itonischen Minerva aufgestellt, den Unwillen, und der Soldat erhielt Erlaubniß, die Gegend um den Tempel zu verheeren. Bald aber nahm man die Unbilligkeit zu Herzen, die einzige Gegend von Coronea mit Härte zu behandeln, da doch jenes Standbild vermöge eines gemeinschaftlichen Beschlusses aller Böotier gesetzt war. Sogleich wurde der Soldat wieder einberufen, die Plünderung hatte ein Ende, und den Böotiern wurde ihre Undankbarkeit bei so großen und so neuen Wohlthaten der Römer nur mit Worten verwiesen.
Wahrend der Schlacht selbst standen zehn königliche Schiffe unter dem Befehle des Isidorus in der Malieischen Bucht bei Thronium. Als nun der schwer verwundete Acarnanier Alexander mit der Nachricht von der verlornen Schlacht hieher geflüchtet kam, segelten die Schiffe im ersten Schrecken schleunigst ab nach Cenäum auf Euböa, wo Alexander starb und begraben wurde. Drei Schiffe, die nach ihrer Abfahrt aus Asien eben diesen Hafen erreicht hatten, gingen auf die Nachricht von dem Unglücke ihres Heers nach Ephesus zurück. Von Cenäum segelte Isidorus nach Demetrias hinüber, wenn etwa die Flucht den König dorthin verschlüge. In diesen Tagen fing auch Aulus Atilius, der Befehlshaber der Römischen Flotte, viele für den König bestimmte Zufuhren auf, welche schon die Meerenge bei der Insel Andrus zurückgelegt hatten: einige Schiffe versenkte, einige nahm er. Die letzten im Zuge nahmen ihren Lauf zurück nach Asien. Atilius, der in den Piräeus, aus welchem er abgesegelt war, mit einem Zuge von erbeuteten Schiffen, zurück fuhr, vertheilte eine große Menge Getreide an die 380 Athener und andre Bundesgenossen dieser Gegend.
21. Antiochus, der gegen die Ankunft des Consuls von Chalcis absegelte, hielt zuerst bei der Insel Tenus an; von hier ging er nach Ephesus über. Der Consul fand bei seiner Ankunft zu Chalcis die Thore offen, da bei seiner Annäherung der königliche Befehlshaber Aristoteles die Stadt geräumt hatte. Auch die übrigen Städte auf Euböa ergaben sich ohne Kampf; und nach wenig Tagen ging das Heer, das Alles wieder in friedlichen Stand gesetzt hatte, nach Thermopylä zurück, ohne sich an irgend einer Stadt zu vergreifen; und machte sich durch diese Mäßigung nach dem Siege eines weit höheren Lobes würdig, als selbst durch den Sieg. Von hier schickte der Consul den Marcus Cato nach Rom, damit durch ihn Roms Senat und Volk aus sicherem Munde vernähmen, was man gethan habe. Dieser segelte von Creusa, einem tief zurück in der innersten Krümmung des Corinthischen Busens gelegenen Landungsplatze der Bürger von Thespiä, nach Paträ in Achaja: von Paträ bis Corcyra fuhr er an der Ätolischen und Acarnanischen Küste hin und setzte so nach Hydrus in Italien über. Wie im Fluge machte er die ganze Reise von hier bis Rom zu Lande in fünf Tagen, eilte noch vor Tage in die Stadt und gleich vom Thore zum Prätor Marcus Junius. Mit dem frühesten Morgen berief dieser den Senat. Hier kam Lucius Cornelius Scipio, den der Consul schon mehrere Tage vorher abgeschickt hatte, und der bei seiner Ankunft hörte, Cato sei schon vor ihm in den Senat gegangen, so eben dazu, als dieser über das Geschehene Bericht abstattete. Beide Unterfeldherren wurden dann auf Befehl des Senats dem versammelten Volke vorgestellt, wo sie so, wie im Senate, über die Verrichtungen in Ätolien Auskunft gaben. Es wurde ein dreitägiges Dankfest angeordnet, und ein Opfer, welches der Prätor den Göttern, die er selbst bestimmen möchte, mit vierzig großen Opferthieren zu bringen habe. In diesen Tagen zog auch Marcus Fulvius Nobilior, der vor zwei Jahren als Prätor nach Spanien gegangen war, im kleinen Triumphe in die Stadt. Vor ihm her fuhren 381 die Wagen mit hundertunddreißig tausend Silberdenaren, und außer dem in Münze gezählten Gelde mit zwölftausend Pfund Silber und hundert und siebenundzwanzig Pfund GoldDie erste Summe beträgt nach Crevier etwa 40,624 Gulden, die zweite 375,000 und die dritte 39,780 Gulden (nach dem Zwanzigguldenfuße). Dasselbe erzählt Livius, wahrscheinlich aus Versehen, Cap. 39. noch einmal..
22. Der Consul Acilius ließ vor seinem Aufbruche von Thermopylä nach Heraclea den Ätolern sagen: «Sie möchten doch jetzt wenigstens, da sie über die Unzuverlässigkeit des Königs die Erfahrung gemacht hätten, wieder vernünftig sein, und wenn sie Heraclea übergeben hätten, darauf denken, sich vom Senate Verzeihung für ihre Tollheit oder für ihre Verirrung zu erbitten. Auch andre Staten Griechenlands wären in diesem Kriege von den so hoch um sie verdienten Römern abgefallen: weil sie aber nach der Flucht des Königs, dessen Beistand sie verleitet habe, ihrer Pflicht zu entsagen, ihre Verschuldung nicht durch Hartnäckigkeit gehäuft hätten, so habe man ihnen wieder Schutz angedeihen lassen. Auch die Ätoler, ob sie gleich nicht dem Könige sich bloß angeschlossen, sondern ihn geholt hätten, und seine Anführer zum Kriege, nicht bloße Theilnehmer gewesen wären, könnten ebenfalls, wenn sie nur der Reue fähig wären, ohne Schaden davonkommen.» Als hierauf keine friedliche Antwort erfolgte, und es sich ergab, daß man die Waffen entscheiden lassen müsse, und, war gleich der König besiegt, doch den ganzen Krieg mit den Ätolern noch vor sich habe; so brach der Consul mit seinem Lager von Thermopylä gegen Heraclea auf, und nahm noch an demselben Tage, um sich mit der Lage der Stadt bekannt zu machen, zu Pferde die Mauern auf allen Seiten in Augenschein. Heraclea liegt am Fuße des Gebirges Öta; die Stadt selbst in einer Ebene hat neben sich die auf einer bedeutenden überall steilen Anhöhe ragende Burg. Nachdem der Consul Alles, was er wissen mußte, in Übersicht genommen hatte, beschloß er, die Stadt an vier Punkten zugleich anzugreifen. Die Aufsicht über die Werke 382 und den Angriff da, wo der Asopus fließt und wo die Übungsschule steht, gab er dem Lucius Valerius. Den Sturm auf den Theil, woarcem extra muros, quae]. – Ich bin in der Übersetzung dieser Stelle dem Vorschlage Gronovs gefolgt, so zu lesen: partem, qua extra muros freq. prope, quam in urbe habitabatur. Denn daß es hier nicht heißen könne: arcem – – oppugnandam dedit, hat Glareanus aus C. 24. hinlänglich erwiesen, und Gronov, Duker, Drakenb., Crevier stimmen ihm hierin bei. der Platz außerhalb der Mauern fast stärker bewohnt wurde, als die Stadt selbst, übertrug er dem Tiberius Sempronius Longus. Auf der Seite nach dem Malieischen Meerbusen, welcher nur schwer beizukommen war, mußte sich Marcus Bäbius aufstellen; auf der zu dem kleineren Flusse, Melas genannt, Appius Claudius. Bei ihrem großen Wetteifer wurden Thürme, Mauerbrecher und das übrige zum Sturme auf Städte nöthige Geräth in wenig Tagen fertig. Theils lieferte ihnen der Boden um Heraclea, der allenthalben sumpfig und an hohen Bäumen reich war, das Bauholz zu allen Arten der Werke in Menge; theils gaben auch, weil sich die Ätoler in die Stadt geflüchtet hatten, die vor der Stadt stehenden verlassenen Häuser zu den verschiedenen Bedürfnissen nicht bloß Balken und Bretter her, sondern auch Backsteine, Schutt und Bruchsteine von mancherlei Größe.
23. Die Römer von ihrer Seite griffen die Stadt mehr durch Werke, als in Gefechten an; die Ätoler hingegen vertheidigten sich durch Gefecht. Waren die Sturmböcke gegen die Mauern in Arbeit, so zogen die Ätoler nicht, wie gewöhnlich, durch Stricke die aufgefangenen Stöße seitwärts, sondern zahlreich bewaffnet thaten sie einen Ausfall, und manche brachten Feuer mit, um es auf den Balkendamm zu werfen. Auch erleichterten gewölbte Ausgänge in der Mauer die Ausfälle, und bei der Ausbesserung der niedergestoßenen Mauerstellen legten sie deren mehrere an, um von mehreren Punkten auf den Feind auszubrechen. In den ersten Tagen thaten sie dies, so lange sie noch die vollen Kräfte hatten, zahlreich genug und mit Munterkeit, allein von Tage zu Tage mehr einzeln und säumiger. Denn ob sie sich gleich von 383 mancherlei Noth bedrängt sahen, griff dennoch nichts sie stärker an, als das Wachen; weil auf Römischer Seite bei der großen Truppenmenge immer wieder andre auf die Posten einrücken konnten, hingegen bei der geringeren Anzahl der Ätoler die Tag und Nacht fortdauernde Arbeit immer auf denselben lastete. Seit vierundzwanzig Tagen reiheten sich gegen einen, zugleich auf vier Seiten stürmenden, Feind die Arbeiten der Nächte an die der Tage so ununterbrochen, daß es auch nie eine Zwischenzeit ohne Gefecht gab. Als der Consul schon aus der Berechnung der Zeit die Erschöpfung der Ätoler wissen konnte, und die Aussagen der Überläufer sie bestätigten, nahm er seine Maßregel so. Mitten in der Nacht ließ er zum Rückzuge blasen und behielt seine sämtlichen zugleich vom Sturme abgerufenen Truppen bis zur dritten Tagesstunde ruhig im Lager. Dann ging der Sturm wieder bis Mitternacht fort und wurde wieder bis zur dritten Tagesstunde unterbrochen. Die Ätoler, welche diese Unterbrechung des Sturms der Ermüdung zuschrieben, so wie diese ja auch sie ergriffen hatte, gingen sämtlich, wenn den Römern das Zeichen zum Abzuge gegeben war, gleich als würden auch sie dadurch abgerufen, jeder von seinem Posten, und vor der dritten Tagesstunde ließen sich keine Bewaffnete auf der Mauer sehen.
24. Als der Consul wiederQuum nocte media intermisisset].– Sollte nicht durch die Schreibart īterm (im Worte intermisisset) ein iterum hier ausgefallen sein? um Mitternacht mit dem Sturme inne gehört hatte, ließ er schon um die vierte Nachtwache auf drei Seiten den Angriff mit größter Heftigkeit erneuern, und auf der Einen den Tiberius Sempronius mit seinen Soldaten in Bereitschaft das Zeichen von ihm erwarten: er setzte voraus, die Feinde würden unstreitig nach jenen Stellen zusammenlaufen, aus welchen das Geschrei hörbar würde. Die Ätoler, zum Theile eingeschlafen, entwinden sich, in der Erschöpfung von Arbeit und Wachen, dem Schlafe; zum Theile noch wachend, laufen sie im Dunkeln nach dem Getöse der Fechtenden. 384 Die Feinde wagen sich theils über die Trümmer der zu Boden liegenden Mauer, theils versuchen sie das Hinansteigen auf Leitern: gegen sie laufen die Ätoler von allen Seiten zur Hülfe herbei. Die Eine Stelle, bei welcher außerhalb der Stadt die Gebäude waren, wurde weder vertheidigt, noch angegriffen; aber die den Angriff thun sollten, standen schon in gespannter Erwartung des Zeichens: und kein Vertheidiger ließ sich blicken. Jetzt fing es an zu tagen, als der Consul das Zeichen gab; und ohne Kampf stiegen die Römer hier über die Bruchstellen, dort auf Leitern über die noch stehende Mauer hinein. Kaum erscholl, die Eroberung verkündigend, ihr Geschrei, so flohen die Ätoler von allen Seiten, mit Aufgebung ihrer Posten auf die Burg. Den Siegern überließ der Consul die Stadt zur Plünderung, nicht aus Erbitterung, oder Haß, sondern um den Soldaten, dem er bei so mancher den Händen der Feinde entrissenen Stadt Enthaltung geboten hatte, doch auch endlich einmal den Vortheil des Sieges genießen zu lassen. Nachdem er fast gegen Mittag die Truppen wieder zusammengerufen und sie in zwei Abtheilungen gestellt hatte, mußte sich die eine am Fuße der Gebirge nach dem Felsen herumziehen, der mit der Burg in gleicher Höhe ragend, durch das dazwischen gelegene Thal von ihr wie abgerissen war: allein diese Berge stehen mit ihrem Doppelgipfel einander so nahe, daß man von der Spitze des einen in die Burg hineinschießen kann: mit der andern Hälfte der Soldaten erwartete der Consul, um von der Stadt aus gegen die Burg anzurücken, von denen, die den Felsen im Rücken ersteigen sollten, das Zeichen. Die Ätoler, die auf der Burg waren, hielten so wenig das erste Geschrei derer aus, die den Felsen gewonnen hatten, als nachher den Angriff der Römer von der Stadt her; theils weil sie schon muthlos waren, theils weil hier zur längern Ausdauer in einer Belagerung auch nicht die mindeste Vorkehrung getroffen war, da sogar Weiber, Kinder und ein Schwarm von andern Wehrlosen sich in die Burg zusammengedrängt hatten, so daß diese eine solche Menge kaum fassen, viel weniger schützen 385 konnte. Also warfen sie bei dem ersten Angriffe die Waffen weg und ergaben sich. Unter den andern Ausgelieferten befand sich auch jener vornehme Ätoler, Damocritus, der im Anfange des Krieges, als ihm Titus Quinctius die Verordnung der Ätoler abforderte, vermöge welcher Antiochus zur Hülfe gerufen werden sollte, zur Antwort gegeben hatte: «Er wolle sie ihm in Italien geben, wann dort die Ätoler ihr Lager hätten.» Dieses Trotzes wegen machte seine Übergabe den Siegern so viel größere Freude.
25. Zu gleicher Zeit, als die Römer Heraclea belagerten, belagerte auch Philipp, nach einer Verabredung mit ihnen, die Stadt Larnia; denn er hatte sich bei dem Consul, als dieser aus Böotien zurückkehrte, in der Gegend von Thermopylä eingefunden, um ihm und dem Römischen Volke zum Siege Glück zu wünschen und sich zu entschuldigen, daß er, durch Krankheit abgehalten, bei dem Kriege nicht habe gegenwärtig sein können. Von hier brachen sie nach verschiedenen Seiten zur gleichzeitigen Belagerung der beiden Städte auf. Diese sind nicht ganz siebentausend Schritt von einander entfernt; und weil Lamia nicht nur auf einem Hügel liegt, sondern auch vorzüglich nach dieser Seite sich herabneigt, so erscheint die Entfernung wirklichdespectat oppidum, qua breve]. – Ich folge hier Crevier. Er lieset so: et quia Lamia quum posita in tumulo est, tum regionem eam maxime despectat; oppidò quàm (id est, valde) breve intervallum videtur etc. Sehr passend ist die von ihm angeführte Stelle XXXIX. 47. Nec enim multa solum, sed etiam pleraque oppidò quàm parva (admodum parva) erant. Und dieser Lesart oppidò quàm stimmen 6 Msc. bei und die Edd. Rom. 1472. Parm, Ascens. 1513; und noch fünf andre Handschriften, welche oppido qua lesen, stimmen doch auch für oppido. Mit quum enise fängt Crevier einen neuen Satz an. Statt omnia lese ich mit Ruperti moenia. als sehr unbedeutend, und beide haben die Mauern der andern vor Augen. Da also Römer und Macedonier, als hätten sie sich einen Wettstreit angekündigt, in den Werken oder in den Gefechten alle Kräfte aufboten, so wurde doch den Macedoniern die Arbeit schwerer, weil die Römer die Belagerung durch Erdwälle, Annäherungshütten und nur durch Werke über der Erde betrieben, die Macedonier hingegen durch 386 unterirdische Gänge; und oft kamen sie in dem felsichten Boden auf Gestein, das allem Eisen undurchdringlich war. Auch suchte der König, weil das Werk kaum weiter gedieh, durch Unterredungen die vornehmsten Bürger zur Übergabe zu vermögen; denn er zweifelte nicht daran, wenn Heraclea früher erobert würde, daß sie sich lieber an die Römer, als an ihn ergeben würden, und der Consul durch die aufgehobene Belagerung sich bei ihnen beliebt machen werde. Und seine Vermuthung traf ein. Gleich nach der Eroberung von Heraclea ließ ihm der Consul sagen: «Er möge mit der Belagerung inne hören: es sei schicklicher, daß die Römischen Soldaten, da sie gegen die Ätoler in der Schlacht gefochten hätten, auch den Lohn vom Siege ernteten.» Also sah Lamia seine Belagerer abziehen und entging durch das Unglück seiner Nachbarstadt einer ähnlichen Erfahrung.
26. Wenig Tage vor der Eroberung von Heraclea schickten die Ätoler nach einer zu Hypata gehaltenen Statenversammlung Gesandte an den Antiochus, worunter sich auch eben der Thoas befand, der schon einmal hingeschickt war. Ihr Auftrag war, den König zu bitten, einmal, er möge selbst, wenn er seine Land- und Seemacht wieder gesammelt habe, nach Griechenland herüberkommen: zum andern, sollte er für seine Person Abhaltungen haben, so möge er Geld und Hülfstruppen schicken. «Nicht bloß sein hoher Rang und Fürstenwort verpflichte ihn, seine Verbündeten nicht aufzuopfern, sondern auch das Wohl seines eignen Reiches, den Römern nicht zu gestatten, daß sie nach Vertilgung der Ätolischen Nation ganz sorglos, mit ihrer ganzen Macht nach Asien übergehen könnten.» Sie sagten die Wahrheit: um so mehr Eindruck machten sie auf den König. Für jetzt also gab er den Gesandten die zu den Bedürfnissen des Krieges nöthigen Gelder mit, und versprach Land- und Seetruppen zur Hülfe zu schicken. Einen aus der Gesandschaft, den Thoas behielt er dort, der auch nicht ungern in der Absicht zurückblieb, um durch seine Gegenwart die Erfüllung des Versprechens zu betreiben.
387 27. Indeß brach doch endlich die Eroberung von Heraclea den Trotz der Ätoler, und wenig Tage nachher, als sie, um den Krieg zu erneuern und den König einzuladen, Gesandte nach Asien hatten abgehen lassen, schickten sie, mit Aufgebung aller kriegerischen Maßregeln, Abgeordnete mit dem Gesuche um Frieden an den Consul. So wie sie ihren Vortrag anfingen, unterbrach sie der Consul, sagte, er habe jetzt nöthigere Dinge zu thunDies war bloß Wiedervergeltung. Man vergleiche B. 35. Cap. 33. am Schlusse. und hieß sie unter zugestandenem zehntägigen Waffenstillstande nach Hypata zurückgehen, und was sie mit ihm abzuhandeln gehabt hätten oder sonst etwa verlangten, dem Lucius Valerius Flaccus vorlegen, den er ihnen mitgab. Nach ihrer Ankunft zu Hypata gingen die Ersten der Ätoler, bei dem Flaccus versammelt, darüber zu Rathe, wie sie dem Consul ihre Sache vorzustellen hätten. Und da Einige schon eine Einleitung fertigen wollten, die mit den alten Bundesartikeln und den Verdiensten der Ätoler um Rom anheben sollte, so sagte Flaccus, «diese müßten sie aufgeben, da sie selbst sie verletzt und gebrochen hätten. Durch das Geständniß ihrer Schuld und einen durchaus bittenden Ton würden sie weit mehr gewinnen. Denn ihre Rettung lasse sich nicht von ihrer gerechten Sache hoffen, sondern von der Großmuth der Römer. Auch wolle er, wenn sie demüthig bittend kämen, sowohl bei dem Consul ihr Beistand sein, als auch zu Rom vor dem Senate: denn auch dorthin müßten sie Gesandte schicken.» Alle erkannten dies für ihr einziges Rettungsmittel, sich in den Schutz der Römer hinzugeben. «Auf diese Weise würden sie die Römer durch ihre eigne Ehre binden, sich an Schutzflehenden nicht zu vergreifen, und dabei dennoch, wenn das Glück eine bessere Aussicht eröffnete, von sich selbst abhängen.»
28. Nach ihrer Ankunft beim Consul erklärte Phäneas, das Haupt der Gesandschaft, am Schlusse seiner langen Rede, die in mancherlei Wendungen auf 388 Besänftigung des zürnenden Siegers berechnet war: «Die Ätoler gäben sich und alles Ihrige in des Römischen Volkes Schutz.» Als der Consul dies hörte, sprach er: «Es muß euch hiemit hoher Ernst sein, euch in dieser Form an uns zu ergeben.»Phäneas zeigte also den Beschluß vor, in welchem dies ausdrücklich geschrieben stand. Und der Consul fing so an: «Weil ihr euch denn in dieser Form ergebt, so verlange ich, daß ihr euren Landsmann Dicäarch und den Epiroten Menestas, – – er hatte sich mit Truppen in Naupactus geworfen und es zum Abfalle verleitet – – ferner den Amynander und die Ersten der Athamanen, auf deren Betrieb ihr von uns abgefallen seid, mir ungesäumt ausliefert.»Phäneas, der dem Römischen Feldherrn beinahe in die Rede fiel, sagte: «Nicht in die Sklaverei, sondern in deinen Schutz haben wir uns gegeben, und ich bin gewiß, daß du bloß aus Unkunde das Versehen machst, uns etwas zu befehlen, was bei Griechen nicht Sitte ist.» – «Jetzt kümmert es mich auch wahrhaftig sehr wenig,» antwortete der Consul, «ob die Ätoler mein Verfahren der Griechischen Sitte gehörig angemessen finden, wenn ich nur nach Römischer Sitte die Landeshoheit über diejenigen ausübe, die sich mir so eben durch ihren Volksschluß übergeben haben und die schon vorher durch die Waffen bezwungen waren. Geschieht also nicht sogleich, was ich verlange, so gebe ich auf der Stelle Befehl, euch zu fesseln;» und er ließ die Ketten herbeibringen, und seine Beilträger die Gesandten umstellen. Dies brach dem Phäneas und den übrigen Ätolern den Trotz: jetzt endlich beherzigten sie ihre gegenwärtige Lage, und Phäneas sagte: «Er und die anwesenden Ätoler wüßten, daß sie das zu befolgen hätten, was ihnen anbefohlen werde: allein um es verordnen zu lassen, bedürfe es einer Statenversammlung der Ätoler: hierzu bitte er um einen Waffenstillstand von zehn Tagen.» Auf Fürbitte des Flaccus wurde ihnen der Waffenstillstand bewilligt und sie gingen wieder nach Hypata. Als Phäneas hier dem versammelten Ausschusse, der bei ihnen den Namen der Auserwählten hat, die 389 Forderungen mittheilte, ferner, was ihnen selbst beinahe begegnet sei; brachen freilich die Ätolischen Großen über ihr Schicksal in Seufzer aus, gaben aber ihre Stimme dahin, man müsse dem Sieger gehorchen und aus allen Ätolischen Städten eine Versammlung berufen.
29. Als aber die ganze versammelte Menge eben diese Angaben hörte, geriethen Alle über die Härte des Befehls und vor Unwillen so in Erbitterung, daß sie in diesem Sturme der Leidenschaft, selbst wenn sie in Frieden gewesen wären, sich zum Kriege hätten empören können. Ihren Unmuth erhöhete auch die Schwierigkeit dessen, was ihnen anbefohlen wurde; – «Wie sie sogar den König Amynander sollten ausliefern können?» – undSchon Perizonius zog die Worte accedebat et difficultas und et spes forte oblata zusammen, und schloß, ganz in der Manier des Livius, den eingeschalteten Grund: quonam modo – – – se tradere posse, in eine Parenthese ein. Mag die Übersetzung darunter leiden! eine zufällig jetzt sich zeigende Hoffnung, da Nicander, der gerade in dieser Zeit vom Könige Antiochus ankam, dem großen Haufen die nichtige Aussicht auf einen gewaltigen Krieg gab, zu dem man dort zu Lande und zu Wasser sich rüste. Nach vollbrachter Gesandschaft war er auf seiner Rückfahrt nach Ätolien, zwölf Tage nachher, als er sich eingeschifft hatte, zu Phalara im Malieischen Meerbusen eingelaufen. Von hier schaffte er das Geld nach Lamia, machte sich selbst mit einer flinken Begleitung um die erste Abenddämmerung auf den Weg nach Hypata, so daß er sich auf ihm bekannten Pfaden zwischen dem Macedonischen und Römischen Lager in der Mitte hielt, stieß aber auf einen Macedonischen Posten und wurde zum Könige geführt, ehe noch die Tafel aufgehoben war. Als Philipp die Meldung bekam, nahm er ihn als Gast, nicht als Feind auf, nöthigte ihn, Platz zu nehmen und mitzuspeisen, behielt ihn nachher, als die Gäste entlassen waren, allein bei sich, und versicherte ihn, daß er für seine Person nichts zu fürchten habe. Nur beschwerte er sich über die verkehrten Maßregeln der Ätoler, die immer ihnen selbst über dem Kopfe zusammenschlügen, insofern sie 390 zuerst die Römer, dann den Antiochus in Griechenland eingeführt hätten. «Doch ohne an das Vergangene, das sich eher tadeln als bessern lasse, zu denken, werde er sich gegen sie in ihrem Unglücke nie eine Mishandlung erlauben. Aber auch die Ätoler müßten endlich den Haß gegen ihn aufhören lassen, und Nicander insbesondere dieses Tages nicht vergessen, an welchem er ihm das Leben geschenkt habe.» Er ließ ihn, bis er in Sicherheit war, begleiten, und so kam Nicander in Hypata eben dazu, als man sich über den Frieden mit Rom berathschlagte.
30. Nachdem Manius Acilius die bei Heraclea gemachte Beute verkauft, oder den Soldaten überlassen hatte, und nun erfuhr, daß auch zu Hypata die Beschlüsse nicht friedlich ausfielen, und daß die Ätoler nach Naupactus zusammenströmten, um sich dort gegen den ganzen Sturm des Krieges zu behaupten; so schickte er den Appius Claudius mit viertausend Mann vorauf, die Höhen zu besetzen, wo der Übergang über die Gebirge Schwierigkeiten hatte; er selbst rückte am Öta hinauf und brachte dem Hercules auf jener Stelle ein Opfer, welche den Namen der Brandstäte führt, weil hier der sterbliche Körper des Gottes verbrannt sein soll. Von hier brach er mit dem ganzen Heere auf, und der übrige Weg wurde dem Zuge nicht sehr beschwerlich. Als er aber an den Corax kam, – dies ist der höchste Berg zwischen Callipolis und Naupactus – da stürzten die Lastthiere in Menge samt ihrer Ladung in den Abgrund und die Menschen litten sehr. Hier drängte sich ihm die Bemerkung auf, mit was für einem unthätigen Feinde er zu thun habe, da zur Sperrung eines so schwierigen Bergpasses nicht einmal ein Posten aufgestellt war. Er zog mit dem Heere, das auch so schon genug gelitten hatte, gegen Naupactus herab, warf gegen die Burg eine Schanze auf, und schloß mit den nach der Lage der Mauern vertheilten Truppen die Stadt auf allen übrigen Seiten ein. Ihre Belagerung erforderte aber eben so viele Werke und Arbeit, als die von Heraclea.