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Der grammatikalische Terminus adjectivum ist bekanntlich eine Übersetzung des griech. ἐπιϑετον; bekannt ist auch, daß Aristoteles, der allerdings kein Grammatiker war, noch keine Ahnung hatte von der Kategorie des Adjektivs, daß bei ihm ἐπιϑετον auf den Spezialfall des dichterischen epitheton ornans hinauslief. Die spätern Grammatiker der Griechen dachten bei ἐπιϑετον immer noch zunächst an Lob und Tadel, fügten aber langsam zu den Eigenschaften der Seele und des Körpers noch andere Eigenschaftswörter hinzu. Als Begründer der Logik hätte Aristoteles allerdings auch auf die grammatikalische Bedeutung des Adjektivs aufmerksam werden müssen, wenn den Griechen überhaupt erkenntnistheoretische Untersuchungen eigen gewesen wären. Ich habe in meiner Kr. d. Spr. (II. 94 f.) zu zeigen gesucht, daß das Adjektiv in der Geschichte der Grammatik der jüngste Redeteil sei, in der Geschichte des Verstandes aber der älteste. Was ein Ding ist, das sagen mir seine Eigenschaften, was es außer seinen Eigenschaften noch sei, das ist eine metaphysische Frage. »Der Aufbau der Körperlichkeit aus den Eigenschaften vollzieht sich vorsprachlich; auch der Affe, wenn er einen Apfel frißt, stellt sich wahrscheinlich aus den Eigenschaften glatt, süß, rot, schwer usw. die Hypothese Apfelding zusammen.« Die adjektivische Welt ist die uns allein zugängliche Welt der Sinneseindrücke; die substantivische Welt ist dieselbe Welt nocheinmal, unter der Hypothese der Dinglichkeit begriffen. Ich glaube nicht die Neigung zu haben, meine Bemerkungen in ein System zu zwingen. Aber die Anwendung einer Weltanschauung, die uns noch oft beschäftigen wird, auf den Apperzeptionsbegriff lockt mich doch aus der nominalistischen Vereinzelung hinaus. Die Menschensprache, die also durch Apperzeption entsteht und aus Apperzeptionen besteht, hat seit jeher drei Kategorien ausgebildet, mit deren Hilfe sie die Welt zu verstehen suchte: das Adjektiv, das Verbum und das Substantiv. Mir dämmert nun die Möglichkeit auf, den innern Vorgang der Apperzeptionen, die in ihrer Masse das Denken ausmachen, wieder einmal und anders als bisher auf diese drei Kategorien zu verteilen. Es gibt eine adjektivische Welt, die einzige Welt, von der wir unmittelbar durch unsere Sinne erfahren; alle unsere Empfindungen, alle unsere Sinnesdaten sind adjektivisch; adjektivisch sind übrigens auch alle unsere seelischen Empfindungen, unsere Werturteile, alles was wir recht, gut, schön usw. nennen. Diese adjektivische Welt zerfällt in Einzeleindrücke, gestaltet sich nicht zu Einheiten, man könnte sie pointilliert nennen. Wollen wir die Punkte zu Einheiten verbinden, wollen wir die Aufmerksamkeit auf Einheiten richten (wobei nicht zu vergessen ist, daß die Aufmerksamkeit durch geheimnisvolle Einheiten oder Formen in den Dingen gereizt wird), so müssen wir handeln, d. h. denken d. h. die Fähigkeit der Apperzeption auf die Sinneseindrücke wenden. Die Bindung der Empfindungen zu Einheiten durch die Tätigkeit des Gedächtnisses könnte man (etwas kühner als vorhin der Ausdruck adjektivische Welt war) die verbale Welt nennen. Oder mit einer verwegenen Gleichsetzung von Tätigkeit und Wirksamkeit: die kausale Welt. Die pointillierte Welt der passiven Sinneseindrücke verwandelt sich durch die tätige Apperzeption in die werdende Welt, in das Gewebe der Welt, das Fließende. Die Masse der Apperzeptionen oder das Denken kommt aber nicht zur Ruhe, bevor das Denken nicht zu Worte gekommen ist. Wir haben Worte für die adjektivische Welt (blau, laut, süß, hart, recht, schön), aber alle diese Worte spießen den Eindruck mit der Stecknadelspitze des Moments und lassen uns nicht die Einheiten, das sogenannte Ganze erblicken oder gar beschreiben. Die adjektivische Welt ist die Welt des Tieres. Die verbale Welt tritt hinzu und hat Bezeichnungen für Werden und Vergehen, für Genießen und Leiden, für Verändern und Bleiben, für Bewirken und Gehorchen. Die verbale Welt läßt sich beschreiben. Doch das freche Menschenwort möchte sie auch erklären. Möchte einen Ausdruck finden, nicht nur für die Empfindungen des Moments und für die Veränderungen im Raume, sondern auch für das Seiende, für das Dauernde in der Zeit, für die Substanzen. Und das freche Wort schafft sich (nur sich, das Wort dem Worte) die substantivische Welt, die Welt der Dinge und der Kräfte, die Welt der Götter und der Geister, eine Welt, von der das Gedächtnis der Menschheit nichts wußte, bevor es sich das Wort angeschafft hatte. Und weil die substantivische Welt zugleich beim Volke im höchsten Ansehen steht und seit jeher bei den »Stummen des Himmels«, bei den tiefsten Denkern oder den Mystikern, die Welt der Sehnsucht war, so hätte ich nichts dagegen, wollte man die ganz unwirkliche, substantivische Welt nennen: die mystische Welt.