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An die Nacht.

O stille Freundin Du! O wortlos ernste Nacht!
Nimm meinen lauten Schmerz in Deine Mutterarme!
Verhüll' mein müdes Haupt in Deiner Schleier Pracht,
Daß dieses starre Herz in Thränenthau erwarme.
Zeig' mir Ihn fern im Traum, erwecke heiß'res Sehnen –
Die harte Wirklichkeit nahm mir den Trost der Thränen.

Des Tages Forderung und seiner Fragen Qual,
Sie bleiben, fern gebannt, in weitem Kreise stehen –
Und frei von fremdem Zwang erhebt zum erstenmal
Die Seele sich empor, will weithin rückwärts sehen
Dorthin – wo sie geglaubt, dem Tod sich hinzugeben,
Und ach! so tief geirrt! sie gab sich hin – dem Leben!


An die Nacht

H 2, Seite 17 f. – H 1, Seite 64. Beide Texte stimmen überein, nur hat H 1 in Strophe 2, Vers 5: »Dort wo sie einst« statt: »Dorthin – wo sie«. Außerdem hat Adele H 1 eigenhändig korrigiert, und diese Änderungen würden der Abschrift, gegenüber der Originalhandschrift, den Wert einer endgültigen Fassung verleihen, wenn sie sich nicht auch nur als vorläufige erwiesen. In Strophe 1, Vers 3, verbessert Adele: »Umhüll' mein müdes Haupt mit« statt: »Verhüll' mein müdes Haupt in«, und in Strophe 2, Vers 3 und 4 will sie gelesen wissen: »Und frei von jedem Zwang hebt sich zum erstenmal Die Seele frei empor«. Wäre nicht das doppelte »frei« stehen geblieben, dann wäre diese Variante als endgültige Fassung zu bevorzugen. – Signatur Sibyllens in beiden Niederschriften: 4.


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