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O Berg' und Ströme! dunkelblau
Erheben eure Wogen
Sich zu der Wolken düsterm Grau,
Die ringsum aufgezogen!
O düstre Weite, zwischen mir
Und dem so fernen Lieben,
Zur Mauer bauen sie sich schier,
Die sonst getrennt geblieben.
Und was im Herzen fest vereint,
Kann nun kein Blick erreichen,
Und was so ferne wir gemeint,
Verbindet Zauberzeichen?
Der Berg' und Wolken Riesenmeer
Trennt uns mit seiner Weite –
Doch sterngleich schau'n zwei Augen her
Über die Erdenbreite;
Und traurig schau'n zwei Augen hin
In jene trübe Ferne.
– Die Wolken werden klar und dünn,
Geleiten sie die Sterne?
Und wird es hell in unsrer Nacht?
Ach kann so klares Leben
Denn nicht, gleich eines Sternes Pracht,
Den Wolkenvorhang heben?
O Berg' und Ströme! dunkelblau
H 1, Seite 55 f. – Signatur Sibyllens: 50.
Zahlreiche Sommeraufenthalte verlebte Adele mit ihrer Mutter am Rhein, und schon seit 1816 beschäftigten sie Pläne einer Übersiedelung nach dem Westen; besonders Mannheim wurde mehrfach als neuer Wohnort ins Auge gefaßt. Dort weilten Johanna und Adele im August, September und Oktober 1816 und im Oktober 1818 (vgl. Adelens Tagebuch I, S. 44, 54, 60 und die Anmerkung S. 154); dann wieder im Juli 1822 (vgl. Tagebuch II, S. 144 ff.) und im September 1823, worüber das noch ungedruckte Tagebuch Adelens aus diesem Jahr ausführlich berichtet.
Man könnte versucht sein, dieses und das folgende Gedicht dem Jahre 1816 zuzuweisen; manche dieser Motive (»Himmel voller Wolken« usw.) begegnen in Adelens Tagebüchern und Briefen jener Zeit, vgl. den Brief an Ottilie vom 23. September 1816 aus Bingen (Nachlaß I 256 ff.); doch »Jubellieder« sind ja diese Verse eben nicht, und von poetischen Versuchen schweigen die damaligen Briefe an Ottilie noch: »Dir muß mein Gefühl und etwa eine Erzählung im Winter genügen«. Am besten schienen beide Gedichte in das Jahr 1823 hineinzupassen, als die ersten Zeugnisse ihres eigentümlichen Verhältnisses zu Gottfried Osann, über den die Einleitung (S. 21) einiges mitteilt; näheres geben die Anmerkungen zu den Gedichten S. 117 ff. Auch stehen in H 1 beide Gedichte zwischen andern, die zuverlässig an Osann gerichtet sind.