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29. Walther von der Vogelweide.

13. Der siebente Tag.

       

    Minne, die hat einen Brauch,
Wenn sie den vermeiden wollte,
Würd ich wieder froh.
    Damit kränkt sie Manchen auch,
Den sie nimmer kränken sollte;
Weh, wie thut sie so?
    Ihr sind vierundzwanzig Jahr
Viel lieber als ihr vierzig sind
        und stellt sich übel an, erblickt sie graues Haar.

    Minne war mir einst so hold,
Gönnte mir ein voll Vertrauen,
Gönnt es jetzt nicht mehr:
    Wirbt ein Jüngrer nun um Sold,
Pflegt sie schel mich anzuschauen,
Von der Seite her.
    Armes Weib, was träumt sie sich?
Fürwahr, obwohl sie Schminke braucht
        und Thoren täuscht, sie ist viel älter doch als ich.

    Nun gewöhnt sich Minne gar
Thoren alle Gunst zu schenken
Wie ein thöricht Kind.
    Ist sie guten Sinnes bar?
Was die Närrin wohl mag denken?
Sie ist gar zu blind.
    Stellte sie ihr Rauschen ein,
Und gieng' als ein bescheiden Weib!
        sie stößt sich noch, daß es mir schafft im Herzen Pein,

    Minne nehm es mir für gut,
Während sie sich müht und ringet,
Setz ich mich hieher:
    Hab ich doch so hohen Muth
Als Einer, der gewaltig springet.
Nun, was will sie mehr?
    Ich dien ihr sonst, wo ich vermag;
Sie sorge für die Sechse nur:
        von mir hat sie die Woche nur den siebten Tag.


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