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An einem graudunstigen Oktobermorgen, der den drohenden Wintergrimm unter einem gleißnerischen, feuchtwarmen Lächeln versteckt hielt, ereignete sich das Wunderbare: Frau Asmussens weggelaufene Töchter rückten wieder an.
Ohne irgend einen Schatten vorauszuwerfen, waren sie mit einemmale da, schoben etliche prallbauchige Handkoffer in den Bibliothekraum, maßen Lilly mit einem verwunderten Blick voll huldreicher Kühle und wiesen sie an, die Droschke zu bezahlen, – sie hätten gerade kein Kleingeld bei sich.
Lillys Herz schlug bis in den Hals hinauf. Beim ersten Auftauchen der beiden üppigen, staatsmäßigen Gestalten, die, obwohl sie etwas verwittert und verwaschen aussahen, mit sicherer und sieghafter Geschäftigkeit von dem Terrain Besitz ergriffen, hatte sie bereits gewußt: das sind sie.
Sie warf einen besorgten Blick auf die hübschen, stumpfnäsigen Gesichter, aus denen zwei graue, blanke Augenpaare herausfordernd nach der Tür des Hinterzimmers schauten, und einen anderen nach dem Besen des Willkommens, dessen Stunde nun erfüllet war. Dann rannte sie eilends hinaus, um den Schrecknissen aus dem Wege zu gehen, die sich ereignen mußten, sobald die Mitteltür sich geöffnet hatte.
In der Droschke fand sie neben zwei welken Gladiolenbuketts eine schottisch karrierte Plaidrolle, aus der faustgroße Schirmknöpfe von blauem Glase, einige mit Blenden benähte, schmutzige Kissen und eine Likörflasche hervorschauten, ferner eine deckellose Blechkiste mit russischen Drops und einen auseinanderfallenden Hutkarton, zwischen dessen Spalten hervor ein Kamm und ein Butterbrot soeben einträchtig den Weg ins Freie suchten.
Sie raffte die Siebenfachen zusammen und hielt horchend im Hausflur inne, denn sie fürchtete bereits die Schreie der Mißhandelten zu hören.
Aber alles blieb still. Und als sie eintrat, sah sie Mutter und Töchter, zu einem Knäuel geballt, sich herzend in den Armen liegen.
Zu Mittag gab es, weil ein Festbraten nicht mehr zu beschaffen war, neben dem Alltagskohl einen Berg Konditorkuchen, von dem die Töchter sich schon vor Beginn der Mahlzeit einiges beiseite legten, um es für künftige, weniger fette Zeiten aufzusparen.
Dieses war ihr erster Beweis von wirtschaftlicher Tüchtigkeit.
Frau Asmussen leuchtete in Mutterglück und Muttergüte.
»Nun?« fragte sie. »Habe ich Ihnen zu viel von diesen herrlichen Geschöpfen erzählt, die ich leider lange entbehren mußte? Aber ich will mich ja gern bescheiden, weiß ich doch, daß ihr goldenes Herz sie bald zum Vater, bald zur Mutter treibt, weil sie keinem von beiden die Gabe reiner Kindesliebe dauernd vorenthalten wollen.«
Und sie faßte die Hände der rechts und links sitzenden Mädchen, und alle sahen sich treuinnig in die Augen.
Auch des fernen Gatten und Vaters wurde in zutunlicher Rührung gedacht. Der geniale und leichtherzige Papa beabsichtige seine umfangreichen Handelsgeschäfte aufzugeben und sich im Süden Rußlands der Bewirtschaftung großer Farmen zuzuwenden, wozu er von einflußreichen Gönnern dringend eingeladen sei.
Später – in Frau Asmussens trüberen Stunden – stellte sich heraus, daß der »blatternarbige Lump« mit Hinterlassung verdächtiger Wechsel schleunigst habe verduften müssen und in den dunklen Kontoren des Odessaer Hafens untertauchen wolle, bis die Luft im Norden wieder klar sei.
Fürs erste glichen sich in Lillys ungeübtem Auge die beiden zugeflogenen Vögel wie ein Spatz dem anderen. Frech, zänkisch, habgierig, unstet und verliebt. Erst später lernte sie unterscheiden, daß Lona, die ältere, ein derbschönes, handfest zugreifendes Schenkmamsellenwesen, die bei weitem gerissenere war und Mi, die jüngere, die sich durch eine gewisse lasche Drolligkeit auszeichnete, meistens im Schlepptau hinter sich herzog.
Ihr selbst gegenüber beobachteten sie vorläufig die Friedfertigkeit des zuwartenden Argwohns und ließen es nicht an Andeutungen fehlen, man werde ja bald sehen, wie man sich zu stellen habe, und ob man von Freunden oder Feinden umgeben sei.
Dann, als sie sich von Lillys schüchterner Harmlosigkeit überzeugt hatten, schlugen die Wellen ihres zärtlichen Vertrauens über deren Haupte zusammen.
Nun begannen die abendlichen Plauderstunden zu dreien in offenem Korsett und mit hochgezogenen Knieen, das Wandern herüber und hinüber und das Sitzen auf dem Bettrand bis spät in die Nacht hinein. – Nun begann das gegenseitige Frisieren und das Lutschen an heimlich mitgebrachten Bonbons. – Nun flossen die Bekenntnisse schöner Seelen. – Nun regneten vertrauliche Winke über Liebesabenteuer und Männerfang. – Nun rann mit Tuscheln und Raunen ein trüber Strom von geschlechtlichen Geheimnissen auf Lillys rein gebliebene Phantasie hernieder.
Das dringendste Bedürfnis der beiden war, sich in ihrer Körperlichkeit bewundert zu sehen.
»Wenn ich mich so drehe, ist mein Schulteransatz nicht klassisch?«
»Habe ich nicht einen Marmorbusen?«
»Wenn ich nicht so genierlich wäre, möchte ich jetzt mein Hemde runterlassen, ich bin nämlich um die Hüften gebaut wie eine Göttin.«
Seltener wurden Lillys Urteile über die Schönheit ihrer Gesichtszüge eingefordert.
»Darüber ist uns schon soviel Schmeichelhaftes gesagt worden, da haben wir uns längst unsere feste Ansicht gebildet. –«
Nichtsdestoweniger verschmähten sie nicht, sobald die Herbstkälte gebieterisch nach wollenen Umschlagtüchern verlangte, sich mit Erörterungen über den griechisch niedrigen Haaransatz der Stirn und die verführerische Schwellung des Mundes zufrieden zu geben.
Auch an strenger Selbstkritik fehlte es nicht.
»Unsere Augen sind nicht hübsch, das wissen wir. Die Ihren zum Beispiel sind viel schöner … Aber ob Sie jemand schafsmäßig angucken oder nicht, ist ganz egal … während wir kaum einmal einen Seitenblick zu werfen brauchen, dann sind sie schon wie toll hinter uns her.«
Und die schillernden Katzenaugen funkelten in dem Behagen unbegrenzten Machtgefühls und in dem Triumphe über die Schwachseligkeit männlicher Stärke.
Die Ratschläge, die sie Lilly freigebig erteilten, ließen sich in dem Satze zusammenfassen: »Tu, was du willst, aber ergib dich keinem.«
Und sie geizten nicht mit der Herzählung höchst pikanter und zum Herzklopfen anregender Situationen, in denen sie bewiesen hatten, daß es ihnen mit der Nachachtung dieses Wahlspruches ernst war.
Zu allen Zeiten machte sich das Überquellen eines naturkräftigen Sinnendranges in ihnen bemerkbar. So meinte die eine gelegentlich: »Mein höchstes Ideal wäre es, Bienenkönigin sein, aber keine Kinder haben.«
Die andere, deren Gemüt mehr zu ethischen Kontemplationen zu neigen schien, erwiderte lebhaft: »Das höchste für mich wäre, Nonne werden und furchtbar liederlich sein.«
Und dieses Thema führte sie im Sinne der Renaissanceerzähler bis in Einzelheiten aus, die Lillys ehrfürchtig fromme Seele erzittern und erschauern machten.
Trotz solcher gedanklichen Libertinage war all ihr Hoffen und Träumen auf die Ehe gerichtet.
Heiraten, ein möglichst rasches und vorteilhaftes Heiraten, galt ihnen als Erlösung, Karriere, Allheilmittel, irdische Weihe und ewige Glückseligkeit.
»Das heißt, alt muß er sein, reich muß er sein, und dumm muß er sein.«
In dieser Dreieinigkeit lagen ihre Forderungen an das Schicksal beschlossen. Und wie andere das erträumte Bild des Künftigen mit einer Glorie übermenschlicher Tugenden zu umgeben wissen, so schwelgten sie in der Ausmalung der Gebrechen, die der einstige Eheherr sein eigen nennen würde, und der Streiche, die sie ihm kraft ihrer körperlichen und geistigen Überlegenheit zu spielen willens waren.
Über die Mittel und Wege, in den Besitz dieses kostbaren und zum Leben nun einmal unentbehrlichen Besitzes zu gelangen, waren sie nicht immer einer Meinung. Eine zwischen ihnen sehr beliebte Streitfrage bot das Thema: »Ist es zweckmäßig, sich mit dem Manne seiner Wahl vor der Hochzeit zu kompromittieren oder nicht zu kompromittieren?«
Lona, deren Kühnheit im Ersinnen schwieriger Handlungsprobleme keine Grenzen kannte, vertrat die erstere Ansicht, Mi, die sicher zu gehen wünschte, neigte der zweiten zu.
»Wenn du die männlichen Waschlappen halb so gut kennen würdest wie ich,« schalt Lona die Schwester, »so würdest du wissen, daß man sie am besten bei der Angst zu packen kriegt … Sündigen muß man sie lassen und ihnen aus ihrer Sünde einen Strick drehen, dann erst hält man sie sicher.«
Mi warf folgerichtig ein, es sei verwunderlich, daß sie noch nie versucht habe, diesen Satz in die Praxis überzuführen, denn sonst müßte sie ja längst – –
Vorsorglich hielt sie inne, denn die zum Kratzen gekrümmten Finger der Schwester bedeuteten nichts gutes.
Und in der Tat kam es bereits acht Tage nach der Ankunft der beiden zu einer Liebesschlacht, in der die Haarpuffer und die Unterrockbänder herumflogen und Mi eine Schramme davontrug, die Lilly den Rest der Nacht über mit Essigwasser zu kühlen hatte.
Den Gegenstand des Haders bildete ein »besserer« Herr, der ihnen auf ihrem Nachmittagsspaziergang gefolgt war und dem nach Mis Behauptung das mangelnde Entgegenkommen ihrer älteren Schwester den Mut genommen hatte, die beabsichtigte Annäherung ins Werk zu setzen.
Lona stellte den Grundsatz auf, daß man sich mit den sogenannten »besseren« Herren überhaupt nicht abgeben dürfe, während Mi die Ansicht vertrat, zum Ehemann wäre er immer noch gut genug gewesen.
Das Flanieren und Sichansprechenlassen war binnen kurzem der Hauptinhalt ihres täglichen Lebens geworden, und Lilly, die ihren anfänglichen Drohungen, sie würden nunmehr die Zügel des Geschäftes selber in die Hand nehmen, beklommenen Herzens Glauben geschenkt hatte, erkannte alsbald, daß auf diesem Gebiete nichts von ihnen zu fürchten war.
Sie schliefen bis neun, brauchten zum Ankleiden zwei Stunden und begaben sich dann auf die Vormittagspromenade, um das notwendige Urteil über die Herren der Garnison zu gewinnen, die um diese Zeit gruppenweise in der Gegend der Hauptwache herumspazierten.
Hatte die erste Hälfte des Tages dem Militär gehört, so war die zweite vornehmlich dem Zivil gewidmet.
Der Nachmittagskaffee mußte selbstverständlich in der Frangipanischen Konditorei genommen werden, wo sich neben einigen Leutnants die Assessoren und jüngeren Rechtsanwälte beim Schach oder Skat zu versammeln pflegten, und wo auch mancher flottere Oberlehrer seinen Zusammenhang mit der gesinnungstüchtigen Lebewelt zur Schau stellen konnte.
An diese durch Süßigkeiten aller Art gewürzte Stunde schloß sich der Dämmerungskorso, der sich für etwaige Anknüpfungen als höchst vorteilhaft erwies und den häuslichen Gesprächen den nötigen Inhalt bot.
Man kann nicht gerade behaupten, daß Frau Kantor Asmussen dieser Art von Lebensauffassung ein liebendes Verständnis entgegengebracht hätte. Ganz gewiß nicht. Hatte das allseitige Anhimmeln schon nach den ersten Tagen einer von kleinen Bissigkeiten durchblitzten Schwüle Platz gemacht, so war nun ein dauerndes Ungewitter gefolgt, in dem die Katastrophen einander jagten und allgemach so selbstverständlich wurden, daß selbst Lilly, die anfangs mitgeweint und mitgeschrieen hatte, sie als den Normalzustand des Familienlebens zu betrachten anfing. Schimpfworte von ungeahnter Farbenkraft flogen hin und her, Ohrfeigen knallten, und selbst der Staupbesen, dessen anfangs nicht im mindesten gedacht worden war, erhielt seinen fest umgrenzten Wirkungskreis.
Erst abends, wenn Frau Asmussens Medizin ihre Rechte verlangte, trat Friede ein. Und jetzt hätten die Schwestern ihren Neigungen nach Belieben freien Lauf lassen können, wenn nicht ihr hochentwickeltes Anstandsgefühl dagewesen wäre, das ihnen ein spätes Ausgehen aufs strengste verbot.
»Wer uns jetzt trifft, der hält uns für Frauenzimmer,« sagten sie, »und dann ist es mit dem Heiraten vorbei.«
Im übrigen hätte man kaum glauben sollen, mit wieviel Anstandsregeln die beiden jungen Damen ihr scheinbar zügelloses Leben eingeengt hatten.
Küssen darf man sich lassen, so viel man will, aber beileibe nicht wieder küssen.
Mündlich darf man sich duzen lassen, im Brief aber ist es eine Beleidigung.
Kuchen und Kaffee darf man sich von einem Herrn bezahlen lassen, aber kein Butterbrot.
Auf den Fuß darf man sich von einem fremden Nachbarn treten lassen, versucht er aber unter dem Tische die Hand zu drücken, so muß man aufstehen. Und so fort.
Lilly stand dieser Gedanken- und Wunschwelt mit vollendeter Verständnislosigkeit gegenüber. Der Mann als solcher war für sie bisher ein Stück Dasein gewesen, das körperlich nicht existierte, der fremde zumal glitt an ihr vorbei, ohne ihrer Aufmerksamkeit den mindesten Halt zu bieten. Sie hatte stets nur den Mann der Träume, den Mann der Bücher, den Mann ihrer eigenen Schöpfung geliebt. Was da auf der Straße sie im Vorübergehen anstarrte, was Bände wechseln kam und sich kleine Geschäftchen machte, um ein Privatgespräch zu beginnen, was beflissen die Polsterdecke der Kirchentür lüftete und in Kaufläden den Liebenswürdigen spielte, das war eine fremde, fatale Angelegenheit, etwas Dummes, Dreistes und unnennbar Gleichgültiges, an das zu denken Verschwendung und Herabwürdigung gewesen wäre.
Nun erfuhr sie, daß ein ganzes Mädchenleben nur um dieses greulichen, rauhhaarigen Volkes willen da war, daß man vom Erwachen bis zum Schlafengehen sich mit ihm beschäftigen konnte, ohne doch einen, den Einen im Sinne zu haben, für den man geschaffen worden war wie für die Arbeit und den Glauben und den lieben Gott.
Und wenn sie sich auch himmelweit davon entfernt wußte, den Mahnungen und Beispielen der Beiden irgendwelchen Einfluß einzuräumen, so fühlte sie doch ein leises Verlangen in sich aufsteigen, zu erfahren, wie die wohl geartet sein mochten, um derenwegen man so viel Wesens machte, deren Beifall Glück, deren Kälte Vernichtung in sich barg.
Und eine quälerische Angst erwachte in ihr vor dem Fürchterlichen, das da draußen wob und tollte, vor dem Schmutz, der jeden Tag von neuem auf ihre Schwelle getragen wurde, und vor der bangen Neugier, mit der sie ihn aufhob. Denn sie mochte wollen oder nicht, ihre Gedanken kehrten immer wieder zu den bunten, giftfarbenen Bilderreihen zurück, die die verwildernden Schwestern allabendlich vor ihr aufrollten.
Es war ein Glück, daß die hitzige Freundschaft, mit der die beiden sie beschenkten, nach einem Monat etwa sich abzukühlen begann.
Die Ursache bildete der rätselhafte Fehlbetrag, der sich einmal, nach dem anderen in der Kasse einfand und schließlich zu einer stehenden Erscheinung wurde.
Lilly rechnete mit heißem Kopfe viele Stunden lang. Sie buchte und zählte jeden Pfennig und mußte sich schließlich darüber klar werden, daß jemand die karge Zeit ihrer Abwesenheit benutzte, um einen Griff in die Schublade zu tun.
Um sich zu retten – denn auf ihr allein wäre im Falle der Entdeckung der Diebstahl sitzen geblieben – nahm sie beim Hinausgehen, gleichsam aus Versehen, den Kassenschlüssel mit sich. Und fuhr so fort, bis die immer fremder und verächtlicher werdenden Mienen der Schwestern ihr bewiesen, daß sie auf dem rechten Wege war.
Gelegentlich kamen Wut und Enttäuschung zu offenem Ausbruch.
Ob sie hergelaufene Person sich einbilde, im Geschäfte die Herrin zu sein? und jetzt werde man ihr Bücher und Schlüssel nötigenfalls mit Gewalt aus den Händen nehmen.
In ihrer Todesangst rannte Lilly zur Mutter und drohte, das Haus auf der Stelle zu verlassen, wenn man sie nicht schalten und walten ließe wie bisher.
Frau Kantor, die ihre Früchtchen kannte, stellte sich auf Lillys Seite, und der Sturm schien abgeschlagen.
Nun legten sie sich aufs Bitten und ließen in wiedererwachter Vertraulichkeit neue umfassende Blicke in die Tiefen ihres Seelenlebens tun.
Ob sie etwa glaube, daß es ihnen auf die paar lumpigen Eisbaisers ankäme, die sie nachmittags bei Frangipani verzehrten. O nein, o nein, sie wären tüchtige Mädchen und wüßten für die Zukunft zu sorgen. Bei dem alten Saufkragen könnten sie sowieso nicht ewig bleiben. Außerdem hätte sich die Gegend in Hinsicht einer gediegenen Heirat als durchaus unergiebig herausgestellt, und darum wären sie längst schon fleißig dabei, das Reisegeld für eine künftige Flucht zusammenzusparen. Man dürfe ruhig sagen, daß sie es sich mühselig am Munde abhungerten, denn wie viel Versuchungen sie widerstünden, wenn sie um die Vesperzeit dem mit Herrlichkeiten aller Art beladenen Konditortische gegenüber säßen, davon könnte Lilly in ihrer ärmlichen Bedürfnislosigkeit sich keine Vorstellung machen.
Lilly ließ alle Überredungskünste ungerührt an sich herniederrinnen. Die Mienen der beiden vereisten von neuem. In schweigendem Beleidigtsein begannen sie an ihr vorbeizugehen.
Doch alsbald stellten Ereignisse sich ein, die die Feindschaft zu hellen Flammen schürten.