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18

Der neue Vereal kam wie der Blitz aus dem Torweg herausgeritten, raste unter donnerndem Hufgeklapper die Straße entlang und war bald den Blicken der Nächststehenden entschwunden. Hatte er es vorhin schon auffällig eilig gehabt, nach der Stadt hineinzukommen, so bewies er jetzt eine noch größere Eile, ihr wieder den Rücken zuzukehren.

Bei den Ställen angekommen, warf sich der Kid aus dem Sattel und überließ das Pferd Tom Leven, der zufälligerweise in der Nähe stand. Der Stallmeister war so verdutzt, daß er kein Wort über die Lippen brachte.

Aber als er den jungen Mann auf die Casa Vereal zuschreiten sah, sagte er nachdenklich: »Ein Mann ist nur dann ein ganzer Kerl, wenn ein gut Stücks teuflischen Wagemuts in ihm steckt.«

Der Kid hatte mittlerweile das Haus betreten und traf Vasco Corteño in der großen Halle an. »Ist Cabrillo immer noch in demselben Zimmer?« fragte er ihn, ohne die Augen vom Boden aufzuschlagen.

»Er hat sich nicht vom Fleck bewegt«, entgegnete Corteño, indem er das Gesicht seines Herrn besorgt betrachtete.

Der Kid betrat ein kleines Privatkabinett, das zu der Bibliothek führte. Es war von Don Diego in seinen alten Tagen angelegt worden, als er sich immer mehr von der Umwelt zurückzog und bei seinen Büchern Zuflucht suchte. Er hatte deshalb eine Ecke der Bibliothek durch zwei dicke, schallsichere Wände abtrennen lassen. Der Flächenraum des so entstandenen Gemachs hatte eine Länge von vier und eine Breite von drei Fuß, während die Decke ebenso hoch war wie die der großen Bibliothek. Der Raum sah folglich dem Innern eines Turmes nicht unähnlich.

Manuel Cabrillo hatte zunächst versucht, sich mit allerlei Betrachtungen die Zeit zu vertreiben. Er prüfte eingehend die vier kleinen Bronzestatuen, von denen je eine in einer Wandnische auf jeder Seite des Zimmers stand. Dann blickte er zu der großen, aus gediegener Bronze bestehenden Hängelampe empor, die an kleinen Ketten von der Decke herabhing. Schließlich fühlte er sich so gelangweilt, daß er vor lauter Ungeduld die Bücher in Angriff nahm, die dichtgereiht in den hohen Regalen standen.

Doch Bücher konnten ihn nicht lange fesseln. Nachdem er einigemal gegähnt hatte, warf er das letzte Buch fort und verfiel in eine Art Halbschlaf, aus dem ihn nur hin und wieder die plötzliche Gier nach einem Schluck Branntwein, seinem Lieblingsgetränk, aufschreckte.

Er befand sich in einem solchen Dämmerzustand, daß er den leisen Schritt des aus dem Kabinett tretenden Kids kaum hörte. Es erging ihm wie manchen Leuten, die im Schlaf durch eine Vision erschreckt werden, ohne daß sie darauf körperlich reagieren können. Aber obgleich es nur ein ganz leises Geräusch verursachte, als der Kid die zweite Tür des Kabinetts hinter sich schloß, so genügte es doch, Cabrillo zur Besinnung zu bringen. Er sprang erschreckt auf die Beine, gänzlich wach und kampfbereit!

Der Kid schritt durch das Zimmer auf ihn zu und schüttelte ihm kräftig die Hand. Manuel Cabrillo beschlich das entsetzliche Gefühl, als hätte sein Widersacher durch diesen Händedruck herausgefunden, daß er kein voll zu nehmender Gegner sei. Er sah, wie der Kid herablassend lächelte, als wäre er ein Riese, der einen Zwerg vor sich hatte. Und dabei war er größer als dieser Jüngling und fast doppelt so schwer. Der Gedanke, daß er seinem Gegner an körperlicher Größe überlegen sei, beruhigte ihn etwas; aber diesem grausam, selbstbewußt lächelnden Manne konnte, er immer noch nicht ins Auge sehen. Der Kid schien mit seinen Blicken in die tiefsten Tiefen seiner Seele zu dringen und über ihn ein vernichtendes Urteil zu fällen.

»Señor«, sprach Cabrillo, sich gewaltsam aufraffend, »ich habe Sie aufgesucht, um mit Ihnen ein kleines Abkommen zu treffen.«

»Gut!« entgegnete der Kid.

Damit setzte er sich auf die Kante des in der Zimmermitte stehenden viereckigen Tisches und betrachtete Cabrillo mit boshaft funkelnden Augen.

Um Cabrillo Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, sei es gesagt, daß er ein mutiger Mann war. Es würde ihm früher nicht einmal im Traum eingefallen sein, daß er sich von einem anderen hätte kleinkriegen lassen können. Er hatte so manchen Kampf ohne Furcht und Zagen bestanden, aber jetzt begann er doch, an seinem Mute zu zweifeln.

Er war sich zwar der riesigen, vernichtenden Kraft seiner Hände bewußt, aber als er seinen Widersacher betrachtete, wollte es ihm doch scheinen, als wenn es sehr schwierig sein würde, diesen schlanken, biegsamen Körper mit einem festen Griff zu packen. Ferner sagte er sich, daß diese schlanken Hände einen Revolver blitzschnell ziehen, jene scharfen, ruhigen Augen ihr Ziel nicht verfehlen könnten. Eine Kugel würde genügen.

»Also?« fragte der Kid.

»Sie sind ein kühner Mann, Señor«, erwiderte Cabrillo. »Ich bin ein Mann, der Mut und Tapferkeit bewundert. – Da ich die Casa Vereal verloren habe«, fuhr er freimütig fort, »bin ich natürlich darauf bedacht gewesen, wie ich mich wieder in den Besitz des Hauses bringe könnte.«

»Natürlich.«

»Weil dieser Besitz viel mehr für mich bedeutet als Geld und Geldeswert – viel, viel mehr!«

Das liebliche Gesicht Alicias schwebte seinem Geiste, vor, und er seufzte. Aber da veranlaßte ihn eine Bewegung des Kids aufzusehen, und er gewahrte einen solchen haßerfüllten, verächtlichen, drohenden Blick, daß ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief.

»Es steht in meiner Macht«, sagte Cabrillo, »Sie aus der Casa Vereal zu vertreiben.«

»Ah?« murmelte der Kid.

»Aber wenn ich Sie gewaltsam vertreiben ließe, so würde auch ich vertrieben werden!«

Der Kid schwieg. Seine Wut hatte sich gelegt, und er war wieder einer ruhigen Ueberlegung fähig. Welches Verhängnis ihm auch immer drohen mochte, er war bereit, nach besten Kräften dagegen anzukämpfen.

»Kurz, Señor«, sagte Cabrillo, »es steht in meiner Macht, den wirklichen Don José jederzeit herbeischaffen zu lassen!«

Diese Worte trafen den Kid wie ein Blitzstrahl; doch es gelang ihm, sich äußerlich so zu beherrschen, daß man ihm seine Bestürzung nicht anmerken konnte.

»Das ist eine sehr interessante Geschichte«, bemerkte er ironisch.

»Natürlich muß ich Ihnen alle Einzelheiten eingehend erklären«, sprach Cabrillo bedachtsam, wie wenn er um jeden Preis vermeiden wollte, den Zorn dieses gefährlichen Feindes zu erregen. »Wohlan! Ihnen, Señor, die ganze Geschichte wahrheitsgemäß zu erzählen, wird mir nicht schwer fallen. Denn Ihre Auffassung stimmt mit der meinen überein, nämlich: daß der Zweck die Mittel heiligt. Wir wollen von dem Tage ausgehen, an dem die Revolutionäre vor zwölf Jahren über San Triste hereinbrachen, Vereal töteten und das Haus stürmten. Später stellte sich heraus, daß der junge José und sein französischer Lehrer, Louis Gaspard, verschwunden waren. Zunächst glaubte man, sie seien in einem der von den Revolutionären niedergebrannten Gebäude umgekommen.

Diese Nachrichten wurden mir mitgeteilt, und ich begann sofort, mich zum Aufbruch nach San Triste zu rüsten, um die Verealschen Güter zu übernehmen, die mir als dem nächsten Erben zufielen. Man hatte mich bereits zu meiner Erbschaft beglückwünscht. In der darauffolgenden Nacht war ich so erregt, daß ich nicht im Hause bleiben konnte. Ich ließ daher ein Pferd satteln und ritt in die Gegend hinaus.

Dieser Ritt sollte sehr glückliche Folgen für mich haben. Ich hatte mich auf der nach Norden führenden Straße ungefähr zwei Meilen von dem Hause entfernt, als ich zwei Reiter auf müden Pferden auf mich zukommen sah. Als sie näher herankamen, sah ich, daß der eine ein Knabe und der andere ein alter Mann war. Bald erkannte ich Louis Gaspard und vermutete sogleich, daß der Knabe der junge José sei. Ihn hatte ich nämlich noch nie zuvor gesehen.

Als Gaspard mich erblickte, geriet er vor Freude ganz aus dem Häuschen. Ihre Strapazen seien jetzt beendet, sagte er, und Gott habe sie endlich nach einem langen, wilden Ritt gerettet. Der kleine José hörte kaum, was sein Lehrer sagte. Er saß zusammengekrümmt im Sattel und war vor Erschöpfung halb eingeschlafen. Während sechsunddreißig Stunden hatten sie die Sättel nur hin und wieder für kurze Zeit verlassen. Sie waren wie gehetztes Wild landeinwärts geflohen und hatten sich nirgends blicken lassen, da sie fürchteten, die Revolution habe sich überall ausgebreitet. Wenn sie den Aufständischen in die Hände fielen, würden diese kurzen Prozeß mit ihnen machen, um sich für den verlustreichen Angriff auf die Casa Vereal an ihnen zu rächen. Außerdem war die Familie viel zu reich, um in Revolutionszeiten ihres Lebens sicher zu sein.

Während ich den Worten Gaspards lauschte, gingen mir allerlei finstere Gedanken im Kopfe herum: Dort war ein alter Mann und ein Knabe, beide hilflos. Wenn sie aus dem Wege geschafft würden, konnte man mir immer noch zu meiner Erbschaft gratulieren. Das waren natürlich meine Gedanken.«

»Natürlich«, sagte der Kid gleichgültig. »Zwei Kugeln würden Ihnen den Weg frei gemacht haben.«

»Sie haben ein sehr zutreffendes Urteil, Señor. Auf diese Idee liefen meine Ueberlegungen natürlich hinaus. Aber selbst ein starker Mann hat zuweilen seine schwachen Momente. Als ich an diesem Abend einen solchen Schritt ins Auge faßte, kamen mir doch Bedenken – teils, weil ich es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren konnte, teils, weil ich unliebsame Folgen befürchtete. Ein kühner Mann wie Sie, Señor, würde sich nicht so viel Gedanken gemacht haben, nicht wahr?«

»Vielleicht nicht«, erwiderte der Kid, indem er eine neue Zigarette an dem brennenden Stummel der ersten entzündete.

»Der Mann war sehr alt«, fuhr Cabrillo fort, gleichsam seine Schwäche begründend. »Der Knabe war sehr jung. Uebrigens kannte ich Gaspard bereits seit einigen Jahren und hatte ihn als einen höflichen und zuvorkommenden Menschen schätzen gelernt. Kurz, es war mir nicht möglich, meinen Revolver auf die beiden in Anschlag zu bringen, obgleich ich gestehen muß, daß ich es gar zu gern getan hätte. Zum Glück kam mir bald ein anderer Einfall. Ich führte Gaspard etwas beiseite und sagte zu ihm: Louis Gaspard, Sie sind ein alter Mann.

Das bin ich, sprach er mit seiner sanften Stimme, indem er seine Augen, die von weißen, buschigen Augenbrauen beschattet wurden, zu mir aufschlug.

Sie haben indes noch viele Jahre vor sich, sagte ich. Sie sind gesund. Der Blick Ihrer Augen ist so klar wie der eines jungen Mannes. Sie haben gute Manieren. Sie trinken nicht zuviel und rauchen nur wenig.

Nur eine Zigarre pro Tag, bemerkte Gaspard. Aber warum erwähnen Sie das alles, Señor Cabrillo?

Weil mir Ihr Wohlergehen am Herzen liegt, erwiderte ich. Sie sind ein Mann, der sich mit hingebungsvollem Eifer seiner Arbeit widmet.

Wer würde das nicht tun? sagte er. Einige Leute finden ihr Vergnügen daran, den Boden zu bearbeiten, auf dem wir einherwandern. Sie düngen ihn, sie pflügen ihn, sie säen die Saat und verkaufen die Ernte. Andere kümmern sich um nichts weiter als um die Rinder- und Pferdezucht; sie sinnen nur darüber nach, wie sie die Zucht unter großem Arbeits- und Kostenaufwand verbessern können. Aber meine Lebensaufgabe ist weit wichtiger. Ich befasse mich mit dem Geist eines kleinen Kindes, dem ich den Weg ins Leben bahnen muß. Das ist etwas anderes als Ackerbau und Viehzucht. Ich muß einen unentwickelten Geist zum richtigen Denken anleiten; und ein klarer Kopf ist eine Macht, die die Welt regiert. Ein Mann, der zehntausend Meilen von uns entfernt lebt, kann zum Beispiel auf einen Gedanken kommen, der mit dem Moment, wo er ihn ausspricht, unser ganzes Leben umgestaltet. Meine Aufgabe ist es, den Geist des Knaben so anzuleiten, daß er im späteren Leben in geistiger Beziehung seinen Mann steht. Sie werden wohl einsehen, daß es in der ganzen Welt kaum ein wichtigere Obliegenheit gibt.

Ihr Beruf muß Ihnen eine große Befriedigung bereiten, sagte ich.

Er schüttelte den Kopf und seufzte tief auf. Es stellen sich mir zu viele Hindernisse in den Weg. Ich stehe im Dienste reicher Leute. Die Söhne reicher Leute sind meine Schüler. Sie wissen bereits in ihrer Jugend, daß ihre Zukunft gesichert ist, ohne daß sie eine Hand zu rühren brauchen. Weshalb sollten sie lernen? Sie erben genug, um jedes ihrer Bedürfnisse befriedigen zu können. Sie können sich gutes Essen, feine Kleidung, ausgezeichnete Diener leisten; und vor allem ist ihnen die Achtung ihrer Mitmenschen gewiß. Das ist ein undankbares Arbeitsgebiet für mich. Wo ich Weizensaat ausstreue, da sehe ich häufig geiles Unkraut aufschießen!

Ich sah, daß er ganz verzückt dreinblickte. Stellen Sie sich das einmal vor, Señor! Nachdem er tausend Gefahren entronnen war; nachdem er fast ununterbrochen ein und einen halben Tag herumgeritten war, so daß sein Pferd jeden Augenblick unter ihm zusammenzubrechen drohte, konnte dieser Franzose doch alles um sich herum vergessen und nur von seiner Arbeit sprechen! Damals wunderte ich mich genau so über ihn, wie Sie sich wohl jetzt wundern werden!

Durch seine Erzählung zeigte er mir unbewußt den Weg, auf dem ich ihm am besten beikommen konnte. Er gab mir einen Hebel in die Hand, mit dem sich seine Ehrlichkeit in den Fugen lockern ließ – einen kleinen Hebel, aber er genügte vielleicht.

Ich sagte zu ihm: Gaspard, angenommen, dieser Knabe, den Sie bei sich haben, würde all sein Geld verlieren. Was würde mit ihm geschehen, wenn Sie es sich leisten könnten, ihn umsonst zu erziehen?

Gaspard stammt aus der Normandie, müssen Sie wissen; und eine Normanne sehnt sich nach Geld wie ein Weib nach der Liebe.

Wenn ich es mir leisten könnte, ihn umsonst zu erziehen, allein für ihn aufzukommen, so könnte ich einen großen Mann aus ihm machen, Señor. Aber es ruht ein Fluch auf seinem Haupte, weil er seit dem Tode seines armen Vaters der Vereal ist!

Darüber mußte ich eine Weile nachdenken. Sie werden aus meinen Worten wohl entnommen haben, daß Gaspard ein seltsamer Kauz war; vielleicht war er nicht ganz richtig im Kopf. Unter uns gesagt, das geht vielen Leuten so, die sich zuviel mit ihren Büchern befassen. Bedenken Sie: Muß ein Mensch nicht verrückt werden, der immer nur zuhört und niemals sprechen kann? Das trifft auch für diese Leser zu. Sie hocken stundenlang über ihren Büchern, ohne ein Wort zu sprechen. Schließlich verlieren sie den Verstand. Dem armen Gaspard erging es ebenso. Seine Verrücktheit kam mir indes sehr zustatten.

Ich sagte zu ihm: Louis Gaspard, weil Sie ein ehrlicher Mann sind, dem nichts als das Wohl Ihres Schülers am Herzen liegt, könnte Ihnen geholfen werden. Auch mir, der ich nicht ganz so ehrlich bin und mehr an meine eigenen Interessen denke, würde gleichzeitig geholfen sein. Wie wäre es, wenn Sie mit dem jungen José in ein anderes Land zögen? Dort könnten Sie Ihren Wohnsitz nehmen und ein sorgenloses Leben führen. Sie würden von mir ein auskömmliches Gehalt beziehen. Wieviel verdienen Sie jetzt? Dreitausend Dollar? Sie werden das Vierfache erhalten. Ich werde Ihnen jährlich zwölftausend Dollar geben. Das ganze Geld können Sie ausschließlich für sich und den jungen José verwenden!

Er konnte mich nur eine Zeitlang sprachlos anstarren. Der Gedanke, daß ich ein Schurke sei, ließ ihn erröten; aber er erbleichte wieder, als er an die zwölftausend Dollar dachte. Uebrigens sah er meine Hand auf dem Griff meines Revolvers ruhn, und er dachte sich wohl, daß ich sie beide aus dem Wege räumen würde, wenn er meinen Vorschlag nicht akzeptierte. Nachdem er mich lange Zeit angesehen hatte, fragte er wie ein echter Normanne: Welche Gewißheit habe ich, daß Sie mir das Geld schicken werden?

Mein Ehrenwort, erwiderte ich.

Da unterstand sich der Schuft, mir frech ins Gesicht zu lachen.

Gut denn, sagte ich, ich werde Ihnen einen ordnungsmäßigen Kontrakt aushändigen.

Schön, entgegnete Louis Gaspard. Es geschieht schließlich zum Besten des kleinen José.

Sie müssen beide andere Namen annehmen, sagte ich.

Er nickte.

Sie werden sich an einen Ort begeben, den ich Ihnen noch namhaft machen werde, und sich dort ständig aufhalten. Sie müssen dem kleinen José zu verstehen geben, daß es jetzt wegen der Revolution gefährlich ist, unter dem Namen Vereal zu leben. Er ist kaum zehn Jahre alt und nicht allzu gewitzt; in ein paar Jahren wird ihm alles wie ein Traum vorkommen, wenn nicht gerade ein Ereignis eintritt, das seine Erinnerung wachruft.

Gaspard gab mir seine Zusage und erklärte sogar, daß er für zwölftausend Dollar im Jahr noch weit mehr garantieren wolle. Der junge Don José sollte unter einem anderen Namen aufwachsen und seine Abstammung vergessen lernen.

So gelang es mir, Louis Gaspard meinen Zwecken dienstbar zu machen. Um Ihnen zu zeigen, wie verrückt er war, möchte ich noch kurz auf folgendes hinweisen: Er hatte bedenkenlos sein Leben aufs Spiel gesetzt, um den jungen José vor den Revolutionären zu retten; aber er nahm keinen allzu großen Anstoß daran, seine Ehrlichkeit für ein jährliches Einkommen von lumpigen zwölftausend Dollar zu verkaufen, während er mir Millionen in die Hände gab! Ja, Señor, wenn ich daran denke, kann ich mich nicht genug über diesen Mann wundern! Für die Zinsen auf eine Summe von kaum zweihunderttausend Dollar überantwortete er mir den ganzen riesigen Besitz.

Bei meiner Seele, ich glaube, daß er sich das gar nicht überlegt hat. Zwölftausend Dollar bedeuteten eine Million für ihn, wie Sie sich wohl denken können. Es war sein Preis, der seinen Widerstand zum Schmelzen brachte. Wenn ich ihm mehr angeboten hätte, würde er seine Bedenken nicht haben überwinden können. Wenn ich weniger gesagt hätte, würde er sich vielleicht entrüstet haben und lieber für seine ehrlichen Prinzipien gestorben sein. So traf ich denn genau die Summe, die seine Sinne verwirrte, so daß er mir nicht widerstehen konnte!«


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