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Über die humoristische Dichtkunst
Wert des Humors
Er ist die eigentliche Poesie des Komus; Laune, Satire, zum Teil Komödie sind mehr die Prose desselben. Der Humor ist ein Geist, der das Ganze durchzieht und unsichtbar beseelt, der also nicht einzelne Glieder verdrängt, mithin nicht stellenweise mit den Fingern zu zeigen ist. Er gewährt als echte Dichtkunst dem Menschen Freilassung und läßt, wie die tragische die Wunden, so die Sommersprossen und Lenz-, Herbst- und Wintersprossen unserer geistigen Jahrzeiten leicht vor uns erscheinen und entfliehen. Nach dem Weglegen eines humoristischen Buchs haßt man weder die Welt, noch sogar sich. Die Kinder fassen das Lächerliche auf, ohne zu hassen oder zu verachten, ja ohne weniger liebzuhaben. Der Humor läßt uns werden wie die Kinder. Daher kann man keine Sammlung von Epigrammen und Satiren, aber wohl gleich Wieland einen Tristram Shandy – wie ich in seiner Bibliothek selber gesehen – bis zum Abgreifen eines Buchstabierbuchs wiederlesen. Den Witz und den komischen Einfall erschöpft und entladet, wie den zickzackigen Blitz, der erste Schlag; aber der Humor ist ein still spielendes unschuldiges Wetterleuchten, nicht über unseren Haupte, sondern am fernen Horizonte, das schöne Tage verkündigt.
Nach Shakespeare hat unter allen Briten keiner die Nebel und Kohlendämpfe seines Landes so leicht durchflogen und von sich weggeblasen als Sterne, welcher eben darum durch sein echt poetisches und freies Gemüt, durch seine Heiterkeit, Leichtigkeit bis zu Nachlässigkeiten und durch seine Gabe der Rührung und Naturkunst wieder unter allen Briten sich unserem Goethe, obwohl in einer andern poetischen Luftschicht, am gleichförmigsten bewegt. Am unähnlichsten aber war er eben seinen Landsleuten selber, so lebensfroh lachte und spielte er nicht bloß auf dem Druckpapier – z. B. in seinen Reisen durch Frankreich –, sondern auch auf dem englischen Boden als Mensch, der gar als lebendiger Gegen-Anglizismus immer Gesellschaft haben und immer Gespräche führen wollte.
Humor des Selbstgesprächs
Ich finde den neuern Humor bei den Alten am meisten in ihren komischen Selbgesprächen, z. B. besonders bei Plautus in der Sklaven ihren, so bei Aristophanes z. B. in denen des Strepsiades in den Wolken. Das nämliche gilt ohnehin von den komischen Monologen der Neuern, z. B. im Don Quixote, in Shakespeare, sogar im Figaro. Der Grund davon ist der lyrische Geist, der aus den Humoristen spricht; dieser wirft sie immer auf das eigne Ich als den Hohlspiegel der Welt zurück.