Gottlieb Conrad Pfeffel
Poetische Versuche
Gottlieb Conrad Pfeffel

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Zilia

                In Pegu (freilich ist es Schade,
Daß und in der Banisiade
Herr Ziegler nichts davon vertraut,)
Wählt sich der Kaiser seine Braut
Von altersher nach dem Geruche.
Am Tag der feyerlichen Wahl
Beruft sein oberster Eunuche
Der schönsten Mädchen goldne Zahl
In seinen großen Opernsaal:
Dann stimmt ein Chor von Sängerinnen
Ein halbes hundert Walzer an:
Die Mädchen tanzen wie von Sinnen,
Bis keine mehr sich regen kann
Und ihr Gewand von Schweiße thauet.
Nun führt man, um sich auszuziehn,
Die ganze Schaar vor ein Kamin
Von Jaspis, der Monarch beschauet
Ihr Linnen steif am Kerzenlicht,
Und welcher Hemd am besten riecht,
Die wird sofort ihm angetrauet.
Einst ließ der Kaiser diesen Ball,
Beym Lerm der Pauken und Karthaunen,
Durch seinen Oberhofmarschall
Auf allen Märkten ausposaunen;
Da kriegte Fräulein Zilia,
(Ein Dirnchen, seit der Helena
Und Lais glich ihr nichts auf Erden,
Es wäre denn Musarion,)
Auch Lust, Frau Kaiserin zu werden.
Doch wie trägt sie den Preis davon?
Mirakel sind für Versifexe
Und für Koketten, wie man weis,
Nur Kleinigkeiten. Eine Hexe
Verschafft auf immer ihrem Schweiß
Blos durch ein Prischen ihrer Dose
Den Balsamhauch der frischen Rose,
Und kurz ihr Hemd erhielt den Preis.
Der Kaiser wühlt mit geiler Nase
Im süßen Duft, und wie ein Hase
Hüpft er mit ihr der Kammer zu.
Von nun an führte man am Hofe,
Von der Vezierin bis zur Zofe,
Vom Kanzler bis zum Talipu,
Auf Büchsen, Bändern, Roben, Hosen,
Kalendern, Fächern, nichts als Rosen.
Im Tempel, in der Opera,
Und selber auf der Wachtparade,
Roch man nur Wasser und Pomade
Und Puder a la Zilia.
Doch in der Welt ist alles eitel:
So schrieb schon König Salomo;
Des Kaisers Wonnerausch entfloh.
Er kratzte sich den platten Scheitel
Und schwur, der eckle Rosenduft
Verpeste seines Harems Luft.
Die Favoritin ward verstossen
Und Magd der neuen Sultanin.
Einst lag sie traurig hingegossen
In einer Laube von Jesmin;
Da sah sie plötzlich Karabossen,
Die gute alte Zauberin,
Am ehrnen Gartengitter stehen;
Sie wagt es zu ihr hinzugehen,
Und klagt ihr weinend ihre Noth.
Getrost, mein Kind versetzt die Elfe,
Ich schwöre bey dem blassen Tod,
Daß ich aus deinem Kreutz dir helfe;
Nimm hin. Sie gab ihr einen Topf
Von schwarzem Thon: Laß beym frisieren
Mit dieser Salbe dir den Kopf
Vor Sonnenaufgang balsamieren
Und – Hier verschwand das Mütterlein.
Noch bleichte Lunens letzter Schein
Das kahle Haupt der braunen Berge,
So ließ die wache Zilia
Sich schon von ihrem treuen Zwerge
Den Topf mit magischem Latwerge,
Sonst heist es Asa fötida,
In ihre blonden Locken reiben,
Allein sie konnte vor Gestank
Nicht am entweihten Putztisch bleiben.
Sie flieht an Kopf und Herzen krank,
Um eine reinre Luft zu trinken,
Zur Gartenlaube von Jesmin,
Auf der Aurorens Thränen blinken.
Hier fluchte sie der Zauberin
Und rief, von Harm und innerm Grimme
Entgeistert, mit erloschner Stimme
Dem Tod. An seiner Statt erschien
Der Kaiser, den auf seiner Matte
Bis in die späte Mitternacht
Der Schnupfen hart geplaget hatte:
Kaum war er niesend aufgewacht,
So wünscht er Rosenduft zu riechen.
Gespornt von Amors Zaubermacht,
War er der Nymphe nachgeschlichen.
Itzt sprang er aus dem Busch hervor,
Küßt schmachtend ihre heißen Backen,
Beschniffelt ihren Marmornacken
Und stammelt: war ich nicht ein Thor,
So seltne Reitze zu verschmähen?
Ich lobe mir den Rosenduft!
Der Höfling trippelt auf den Zehen
Der Laube zu, bleibt schalkhaft stehen;
Und mancher hochgebohrne Schuft,
Ja selbst des Kaisers alte Base
Rief hustend mit verhaltner Nase:
Ich lobe mir den Rosenduft!

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