Gottlieb Conrad Pfeffel
Poetische Versuche
Gottlieb Conrad Pfeffel

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Viertes Buch

Der Fuchs, der Spürhund
und
der Luchs.

An meine Zöglinge.

                            Vor des Chroniden Thron erschienen
Der Fuchs, der Spürhund und der Luchs.
Sie baten ihn mit demuthsvollen Mienen
Um ein Gehör. Der Redner war der Fuchs:
Wir kennen, Herr, den Werth der hohen Gaben
Die wir von deiner Huld empfangen haben;
Kein Adler hat den Blick, den sie dem Luchs verlieh;
Der Spürhund riecht das Wild auf viele tausend Schritte,
Und mich erhobst du zum Genie;
Indessen würden wir, und dieß ist unsre Bitte,
Doch alle drey noch weit vollkommner seyn,
Wenn jeder unter uns auch das Talent empfienge,
Das die zween andern schmückt. Ich geh den Vorschlag ein,
Erwiedert Zevs, allein mit dem Bedinge,
So wills des Schicksals ewger Schluß,
Daß jeder seinem Freund von seinem eignen Pfunde
Ein gleiches Maaß ersetzen muß,
Als er von ihm erhält. Mit frohem Munde
Und einem tiefen Knicks nahm das Triumvirat
Die Klausel an; und Zevs mit Schöpfersblicke
Bestätigte den Tauschtractat:
Nun, sprach er, kehrt zur Brüderschaar zurücke,
Und sagt ihr, was der Vater der Geschicke
Für euern kühnen Ehrgeitz that.
Das Kleeblatt küßt entzückt dem Gotte die Sandale,
Und wie ein junger Arzt, der sich zum erstenmale
Dem Volk als Doctor zeigt, so steif, so naseweis
Drängt jeder sich in seiner Brüder Kreis
Und predigt seine mystische Geschichte.
Erstaunt vernahmen sie die prahlenden Berichte.
Doch ehe noch ein Tag verstrichen war,
Hieß es, der Fuchs ist vor den Kopf geschlagen,
Der Spürhund taugt nicht mehr zum Jagen,
Und Argus Luchs bekömmt den Star.

Geliebte, die Ihr theils mit fröhlichem Getümmel,
Wie holde Scherze mich umschwebt,
Theils weit von mir zerstreut, auch unter fremdem Himmel
Noch stets in meinem Herzen lebt!
Glaubt Eurem besten Freund auf Erden,
Wer alles werden will, wird nie was Rechtes werden.


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