O laßt mich schlafen! o ruft mich
In die Gegenwart nicht zurück!
Mißgönnt ihr dem kranken Mädchen
Den Traum, den Schatten von Glück?
Was sprecht ihr mir zu? vergebens!
Mein Herz verstehet euch nicht.
Bin fremd in eurem Lande;
Hier schmerzt mich das Tageslicht.
Hier dehnt sich das flache Gefilde
So unabsehbar und leer,
Darüber legt sich der Himmel
So freud- und farblos und schwer.
Es sieht mein müdes Auge,
Umflort von bitterm Tau,
Nur blasse Nebelgestalten,
Verschwindende, grau in grau.
Es rauschen fremde Klänge
Vorüber an meinem Ohr,
Es zählet die innere Stimme
Nur Schmerzen und Schmerzen mir vor.
Der Schlaf nur bringt allnächtlich
Vor Tagesgedanken mir Ruh',
Es trägt mich der Traum mitleidig
Der lieben Heimat zu.
Und meine Berge erheben
Die schneeigen Häupter zumal
Und tauchen in dunkele Bläue
Und glühen im Morgenstrahl,
Und lauschen über den Hochwald,
Der schirmend die Gletscher umspannt,
In unser Thal herüber,
Und schauen mich an so bekannt.
Der Gießbach schäumet und brauset,
Und stürzt in die Schlucht sich hinab;
Von drüben erschallt das Alphorn, –
Das ist der Hirtenknab!
Aus unserm Hause tret' ich,
Dem zierlich gefügten, herfür;
Die Eltern haben's gebauet,
Die Namen stehn über der Thür;
Und unter den Namen stehet
Der Spruch, Gott segne das Haus
Und segne, die frommen Gemütes
Darin gehn ein und aus.
Ich bin hinaus gegangen – –
Weh' mir, daß ich es that!
Ich bin nun eine Waise,
Die keine Heimat hat.
O laßt mich schlafen, o ruft mich
In die Gegenwart nicht zurück!
Mißgönnt nicht dem kranken Mädchen
Den Traum, den Schatten von Glück! |