Adelbert von Chamisso
Gedichte
Adelbert von Chamisso

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Weiter nichts als ein Traum.

Aus dem Englischen.

           

Wie ich vom Stolz vom fränk'schen Reich,
    Vom Mann, deß Name dauern soll,
Von seinem Aufgang, wundergleich,
    Von seinem Sturze, jammervoll,
Vertieft las in der Kunde Licht,
Entschlief und sah ich ein Gesicht.

Ich sah ein stolzes Luftgebild
    Auf meerumtostem Felsensitz,
Wie der Sirokko glüh'nd und wild,
    Sein Atem und sein Blick ein Blitz;
Das Meer, das starrt' er zürnend an,
Es war ihm Feind, nicht Unterthan.

Zerbrochen war das Schwert der Macht,
    Die Krone lag vor ihm zerschellt;
Doch hatten treu um ihn zur Wacht
    Sich Heldenschatten aufgestellt.
Die ruh'ge Schärfe seines Blicks
Verriet den Mann mir des Geschicks.

Ein Andrer, der ihm ähnlich ganz,
    Stand harrend neben ihm und groß,
Doch in der Jugend Reiz und Glanz,
    Mit heit'rer Stirne, regungslos,
Der Stille gleich, die Sturm verspricht –
Ein Luftgebild war dieser nicht.

Da scholl ein dumpfer Klagelaut
    Herüber von Europa's Strand:
Den Völkern Weh! die je gebaut
    Auf Fürstenwort und Ehrenpfand!
Durch Meineid, Kerker und Schafott
Beherrschet Sklaven der Despot.

Und laut und lauter, donnergleich
    Und drohend schwoll das Wehgeschrei,
Und die Tyrannen wurden bleich;
    Sie wußten, was Verzweiflung sei,
Die wider Unterdrückung ringt
Und die Vergeltung spät erzwingt.

Noch lauschet ernst und still vielleicht
    Der mächt'ge Geist: »Wie lang es währt!«
Nun regt er sich aufatmend, reicht
    Dem Sohne das zerbrochne Schwert,
Das sich in starker Hand ergänzt
Und hell, wie einst bei Lodi, glänzt,

Und spricht: »Es ist nun an der Zeit!
    Um Freiheit kämpft die Welt, – brich auf!
Brich auf, mein Sohn, und in den Streit!
    Bezeichnet ist dein Siegeslauf;
Dein Vater saß auf einem Thron,
Du, Größrer, wirst ein Washington.«

Da jauchzet auf die luft'ge Schar
    Der Helden, die der Tod geraubt,
Sie huldigen dem jungen Aar
    Und rufen Segen auf sein Haupt;
Sie wünschen lebend sich zurück,
Zu schau'n nur seiner Schlachten Glück.

Aus jedem Ehrenfeld zur Stund',
    Vom Seinestrand zum Nilesthal,
Auf Spaniens, Deutschlands, Rußlands Grund,
    Erstehn die Toten allzumal;
Sie rufen segnend Glück ihm zu
Und legen wieder sich zur Ruh.

Und nun der Jüngling sich erhebt,
    Da hat der Patrioten Reih'n
Ein freud'ges: »Heil ihm! Heil!« durchbebt:
    »Des Vaters Flammengeist ist sein,
Von aller Herrschsucht abgethan, –
Der Sohn des Menschen führ' uns an!«

Er führt sie an, so weis' als stark,
    Für gleiches Recht und Freiheitsgut;
Wie fühlt sich jeder Arm voll Mark,
    Wie jedes Herz voll Lust und Mut.
Schon wogt verhängnisvoll die Schlacht,
Schon fließt das Blut – ich bin erwacht.

 


 


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